Im Aufzug mit Iris Gavric und Matthias Renger

Wie arbeitet man als Paar gut zusammen?

Iris und Matthias sind ein Paar. Aber sie sind auch Geschäftspartner*innen: vom Podcast „Couple Of“ bis hin zur eigenen Agentur. Wenn sich Privatleben und Arbeit vermischen, kann das eine Herausforderung sein – in ihrem Fall hat es ihrer Beziehung sogar geholfen. Wir sprechen bei dieser Fahrt viel über den Wunsch nach Authentizität, die Balance zwischen Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit und Humor. Neben all den Projekten haben sie auch ein Buch geschrieben, in dem es um „Shitmoves“ geht. Das Auseinandersetzen mit alltäglichen Manipulationen hat ihren Blick auf zwischenmenschliche Beziehungen grundlegend verändert. Sie erzählen mir davon, wir fachsimpeln über Marketing und die Bedeutung von Selbsthilfegruppen. Los gehts: Mit Iris Gavric und Matthias Renger.

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Iris Herzensangelegenheit:

ARVC Selbsthilfe

Matthias Herzensangelegenheit:

Mukoviszidose e.V

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Raúl Krauthausen: Bevor es heute losgeht, du weißt bestimmt, was jetzt kommt. Wie immer der Hinweis auf Steady. Mit Steady kannst du diesen Podcast finanziell unterstützen. Mit einem kleinen monatlichen Beitrag hilfst du mir und dem Team, den Podcast Schritt für Schritt unabhängig zu produzieren. Jetzt unter www.im-aufzug.de informieren und Unterstützer*innen werden. So erhältst du zum Beispiel vorab Zugang zu neuen Folgen und wirst, wenn du das möchtest, namentlich im Podcast genannt. Diese Woche geht also der Dank an die Unterstützer*innen Anja, Katharina, Yvonne, Claudia, Nicola, Joy und Ralf. Vielen Dank für eure Wertschätzung. Und schon geht’s los. Iris und Matthias sind ein Paar, aber sie sind auch Geschäftspartner*innen, vom Podcast Couple of bis hin zu ihrer eigenen Agentur. Wenn sich Privatleben und Arbeit vermischen, kann das schon mal eine Herausforderung sein. In ihrem Fall hat es ihrer Beziehung aber geholfen. Wir sprechen bei dieser Fahrt viel über den Wunsch nach Authentizität, die Balance zwischen Leichtigkeit, Ernsthaftigkeit und Humor. Neben all den Projekten haben sie auch noch ein Buch geschrieben, in dem es um sogenannte Shitmoves geht. Das Auseinandersetzen mit eidgültigen Manipulationen hat ihren Blick auf zwischenmenschliche Beziehungen grundlegend verändert. Sie erzählen mir davon. Wir fachsimpeln über Marketing und die Bedeutung von Selbsthilfegruppen. Los geht’s mit Iris Gavric und Matthias Renger. Die Tür geht auf und da kommt rein. Ich war bei ihrer Lesung zu ihrem Buch „Shitmoves“. Herzlich willkommen im Aufzug Iris Gavrich und Matthias Renger. Schön, dass ihr da seid. 

00:01:57.000 

Iris Gavrich: Wir freuen uns auch. Vielen Dank für die Einladung. 

00:01:59.000 

Matthias Renger: Ja, danke Raul. Und hallo. 

00:02:01.000 

Raúl Krauthausen: Hi. Hattet ihr schon mal einen Awkward Moment in einem Aufzug? 

00:02:04.000 

Iris Gavrich: Einen Awkward Moment? Also… 

00:02:07.000 

Raúl Krauthausen: Also einzeln oder zusammen, keine Ahnung? 

00:02:09.000 

Iris Gavrich: Ich bin tatsächlich mal in Zürich, am Flughafen, am 

Flughafen bin ich im Aufzug stecken geblieben und seitdem fahre ich nicht mehr so gerne Aufzug. 

00:02:19.000 

Raúl Krauthausen: Hast du deinen Flug verpasst? 

00:02:20.000 

Iris Gavrich: Nee, aber es war, das war ganz, es war so ein ganz enger Alter, kleiner Aufzug, das war schon ein paar Jahre her und seitdem mag ich das nicht so und versuche immer die Treppe zu nehmen. 

00:02:31.000 

Matthias Renger: Ich hatte noch nie einen vergleichbaren Moment, ich bin nie stecken geblieben. Ich denke bei der Frage nur daran, dass ich eine der ersten Internet Erlebnisse ein, das verbinde ich damit, weil ich damals lustige Sachen, die heute überhaupt nicht mehr mich zum Lachen bringen würden, aber damals gab es Aufzugregeln. Das war, als das Internet für mich neu war, das wurde rumgeschickt und diese Aufzugregeln waren einfach kompletter Unsinn, dass man da drin einen Meeting-Tisch aufbauen soll und Leute begrüßen soll, fragen soll, ob sie einen Termin haben und so. Ich habe mich damals noch richtig weggeschmissen darüber, heute null. Das ist dann für mich eher so was, eine Frage bei der ich merke, okay, Humor verändert sich über die Zeit. 

00:03:11.000 

Raúl Krauthausen: Aber da gibt es tatsächlich witzige Spiele, die man machen kann. 

00:03:13.000 

Matthias Renger: Was noch? 

00:03:14.000 

Raúl Krauthausen: Einfach jeden Knopf drücken. 

00:03:15.000 

Matthias Renger: Ach so. 

00:03:16.000 

Raúl Krauthausen: Jede Etage verdient es gesehen zu werden. Oder soll ich Sie ein Stück mitnehmen? Ich zeige Ihnen, wie es nach oben geht. Also Aufzüge, weil du gerade gesagt hast, Iris ist der Aufzug am Flughafen Zürich. Ich hatte ein Aufzugerlebnis in München am Flughafen und der Münchner, ich weiß nicht, wo das war, aber der Aufzug war so unfassbar groß, da hätten zwei Autos reingepasst. Und wir waren aber irgendwie 

drei Fahrgäste in diesem riesigen Aufzug, dass man wirklich ein paar Schritte laufen musste, um zu dem Knopf zu kommen. 

00:03:54.000 

Iris Gavrich: Wahnsinn. 

00:03:55.000 

Raúl Krauthausen: Also unfassbar groß, so groß wie meine Wohnung eigentlich. Aber ich weiß nicht, warum in München die Aufzüge so groß sind. 

00:04:02.000 

Matthias Renger: Vielleicht weil die Wohnungen so klein sind. 

00:04:06.000 

Raúl Krauthausen: Oder weil 40 Leute mit Gepäckwagen damit fahren wollten, waren weit und breit nicht zu sehen. Ich bin ein großer Fan von eurem Podcast. Das Problem allerdings mit Podcasts ist, es gibt so viele Podcasts, dass ich inzwischen kaum noch dazu komme, irgendeinen komplett zu hören. Man hört dann hier mal rein und da mal rein. Wie erlebt ihr die Podcast-Welt? Ihr macht das ja schon eine Weile. Wie hat sich für euch verändert? 

00:04:34.000 

Iris Gavrich: Ich finde, damals konnte man eher einfach mal so ein Gespräch haben und dann haben viele Leute zugehört. Und heute gibt es so ein Überangebot an Podcasts, dass man genau wissen will, zu welchem Thema höre ich jetzt was. Also es ist, finde ich, fokussierter geworden, themenbasierter. 

00:04:55.000 

Matthias Renger: Wann hast du angefangen mit Podcasts, also sie zu hören. 

00:04:58.000 

Iris Gavrich: Ich glaube, mein allererster deutscher Podcast, den ich gehört habe, das war tatsächlich Olli Schulz und Jan Böhmermann damals. Und dann natürlich so ein paar von sowas wie Deutschlandfunk früher. Und dann viele amerikanische Podcasts. 

00:05:12.000 

Matthias Renger: Damit habe ich auch angefangen. Bei dir, Raul, du auch? Oder wann hast du angefangen überhaupt zu hören, Podcasts? 

00:05:19.000 

Raúl Krauthausen: Ich habe beim Radio gearbeitet, bei Radio Fritz. Und wir haben sehr viel mit der Früh schon mit Podcasts angefangen, einfach Sendungen, die aufgezeichnet waren, dann als Podcasts rauszuhauen. Und einer der erste Podcast, den ich gehört habe, war von Radio Fritz „Der Blue Moon“. Also einfach so eine mitgeschnittene Talksendung. 

00:05:39.000 

Iris Gavrich: Ja, den kenne ich auch. 

00:05:41.000 

Raúl Krauthausen: Genau, und das ist eigentlich total schön abends zum Einschlafen. Und da darf man, finde ich, auch einschlafen, weil er um 22 Uhr normalerweise im Radio lief, wo man eh einschläft. Deswegen das war tatsächlich mein erster Podcast. Und dann einige Moderatoren von damals, die jetzt selber Podcaster wurden, die dann aber eher so Laber-Podcasts machen. Und Deutschlandfunk ist ja ein einziger Podcast. Also brauchst du nur Radio anmachen. 

00:06:08.000 

Iris Gavrich: Das stimmt. 

00:06:09.000 

Raúl Krauthausen: 24 Stunden, 365 Tage im Jahr Podcast. Finde ich auch sehr gute Podcasts. Aber das ist mir alles schon so groß. Also Jan Böhmermann oder Felix Lobrecht, die kennt man halt. Ich frage mich immer, was sind denn so geile Geheimtipps, Nischen-Podcasts? Doch, zuletzt sehr gut fand ich, aus Politik und Zeitgeschichte von der Bundeszentrale für politische Bildung, das ist einfach so ein Geschichtspodcast, wo dann quasi auch Ereignisse aus der Gegenwart noch historisch eingeordnet werden. Wo kommt das eigentlich her? Und warum haben wir da gerade Struggle mit in Deutschland? Also zum Beispiel das Thema Kirche, das Status Kirche. Also was für eine Bedeutung hat Kirche heutzutage und wo kommt das eigentlich her? Fand ich jetzt gerade zuletzt ganz spannend. Ich höre gerne Podcasts zum Thema Raumfahrt, aber auch weil es sehr nischig und nerdig vielleicht auch ist. Aber was ich zum Beispiel gar nicht mehr hören mag, sind Podcasts über Sex. Aber nicht weil ich das Thema komisch finde, sondern ich kann dieses Gekicher nicht mehr haben. 

00:07:15.000 

Matthias Renger: Ah, okay. 

00:07:17.000 

Raúl Krauthausen: Also wie Teenager, die einfach nur kichern, „Hey, ich hab Penis gesagt.“ Und dann denke ich so, „Ja, da wirst du noch jetzt drüber sein.“ Das habe ich auch die falschen erwischt im Moment. 

00:07:29000 

Iris Gavrich: Ja, ich werde ja ganz oft, das finde ich wahnsinnig witzig, zu irgendwelchen Sex-Podcasts eingeladen. Und ich gehe nie hin, weil ich immer sage, das ist so das einzige Thema öffentlich, wo ich einfach gar nicht so viel beizutragen habe. Also da müsst ihr ja andere Leute fragen. Aber es ist ganz oft, wenn du auch als Frau Social Media machst, bist du sofort in dieser, also du wirst also am meisten davon angefragt. Das finde ich ganz faszinierend, obwohl ich ganz viele andere Themen habe, zu denen es viel wertvoller wäre, mit mir zu sprechen. 

00:08:03.000 

Matthias Renger: Ja. 

00:08:04.000 

Raúl Krauthausen: Das ist interessant. Ich werde immer nur über Behinderungen und Inklusion befragt und wundere mich auch, wo kommen die dann jetzt alle her? Und ich habe mir jetzt eine Regel gegeben. Und die Regel ist, ich komme nur noch, wenn ihr mindestens 20 Podcast-Folgen produziert habt, weil ich ganz oft angefragt werde für die erste Folge oder für die dritte Folge. Und dann bin ich vielleicht auch zu leicht zu haben. Also dass ich dann denke, ja, das ist ja ein nettes Thema, da kenne ich mich aus, da kann ich was zu sagen. Aber oft kripiert dann der Podcast nach der vierten Folge. Und dann habe ich quasi umsonst Zeit investiert, wenn es einfach nie eine Hörer-Innschaft gab. Versteht ihr, was ich meine? 

00:08:44.000 

Matthias Renger: Ja voll, na klar. 

00:08:45.000 

Raúl Krauthausen: Ich wähle selektiv wirklich aus, wo ich noch über das immer wieder gleiche Thema rede. Aber ich würde auch gerne mal über Social Media reden oder über das Internet als solches. Und nicht immer nur über Inklusion und Barrierefreiheit. 

00:09:00.000 

Iris Gavrich: Raul, wir wollen auch bald mal Gäste einladen. Vielleicht hast du dann Lust, mit uns mal darüber zu sprechen? 

00:09:04.000 

Matthias Renger: Wir haben auch schon mehr als 20 Folgen gemacht. 

00:09:06.000 

Iris Gavrich: Ja. 

00:09:08.000 

Raúl Krauthausen: Reicht mir. Nee, sehr gerne, können wir gerne machen. Neulich habe ich gelesen von einer Autorin, ich glaube, es war Theresa Bücker. Ich bin gerade nicht sicher. Und die hat gesagt, dass sie manchmal das Gefühl hat, sie wird nur noch in Podcasts eingeladen, damit sie später das shared. 

00:09:28.000 

Matthias Renger: Ja, deswegen, ich wollte auch vorhin direkt sagen, als du meintest, dass du dir da jetzt diese Regel gemacht hast. Ich finde die völlig legitim. 

00:09:36.000 

Iris Gavrich: Ich auch. 

00:09:37.000 

Matthias Renger: Speziell bei einem Thema, dass es sich dann anfühlt wie Tokenism. Du sollst das jetzt halt hergeben, damit was wächst. So, ne. Und generell finde ich das auch total in Ordnung, dass man sagt, wenn viele Anfragen kommen, ich wähle aus und ich wähle nach diesem Kriterium aus, ich finde das total in Ordnung. Und richtig. 

00:09:55.000 

Raúl Krauthausen: Das Besondere an diesem Podcast ist, wir laden wirklich nur Leute ein, die ich wirklich spannend finde. Bzw. wo ich den Podcast irgendwie gerade gehört habe oder die Lesung wirklich mochte, aus eigenem Interesse und nicht weil ich will, dass sie danach was teilt oder shared oder so. Und wir haben auch keine Sponsoren, denen wir irgendwelche Rechenschaft ablegen müssen, sondern wir wollen einfach fragen. Und eine Frage, die ich mir aufgeschrieben habe, war, ich finde es manchmal schwierig, mit meiner Partnerin zusammen ein Business zu machen. Jetzt habt ihr quasi nicht nur das Buch geschrieben, ihr macht seit Jahren den Podcast zusammen und ihr habt eine Agentur gegründet, 2018, Arouse. Also habt ihr Privatleben mit Arbeitsleben so sehr gemischt, wie wie haltet ihr das aus? 

00:10:47.000 

Iris Gavrich: Es ist tatsächlich, also mir geht es zumindest so, ich habe mich nie gefragt, ob ich das mit Matthias aushalte. Ich war tatsächlich eher so ein, ich habe mir das immer gewünscht. Ich habe mir immer gewünscht, dass ich einen Partner habe, mit dem ich gemeinsam was 

aufbauen kann. Und ich wusste, alles, was ich so im Leben anpacke, soll sich für mich gar nicht so sehr nach Arbeit anfühlen, sondern nach einem größeren Projekt. Das hat bei der Agentur gar nicht hingehauen, weil die hat sich einfach nach 16 Stunden Arbeit am Tag angefühlt. Und es war dann auch schwierig. Wir hatten auch Phasen, die waren schwer. Aber was ich am spannendsten finde, ist, dass man plötzlich versteht, dass man ganz viele Rollen in einer Beziehung hat. Matthias muss manchmal mein Partner sein, mein privater Partner. 

00:11:36.000 

Matthias Renger: Immerhin muss ich doch manchmal aushalten. 

00:11:38.000 

Iris Gavrich: Dann manchmal muss er mein kreativer, total cleverer Partner sein. Dann soll er der strategische Kopf sein. Dann soll er mich zum Lachen bringen. 

00:11:49.000 

Matthias Renger: Bester Freund, so die Rolle. 

00:11:51.000 

Iris Gavrich: Genau, bester Freund. 

00:11:53.000 

Matthias Renger: Familie muss man auch sein, manchmal füreinander. Ich sehe es genauso. Es sind sehr viele verschiedene Rollen. Und die hat man, glaube ich, in einer Beziehung, auch wenn man nicht dann noch zusätzlich zusammen Business macht. Mich fordert das auf eine Weise, die ich will, die ich immer schon wollte, auch ähnlich wie du es beschreibst. Ich will, wenn ich so eine Herausforderung habe, viele verschiedene Rollen in einer Beziehung gleichzeitig zu spielen oder nacheinander zu spielen und das zu jonglieren, dann daraus das Beste machen. Daraus gucken, dass ich daran wachse und lerne. Eine Stagnation in der Beziehung ist für mich echt schwierig. Da halte ich es dann nicht gut aus. 

00:12:30.000 

Raúl Krauthausen: Aber zieht ihr auch Grenzen. Also mir ging es eigentlich eher so darum, dass jeder auch für sich ja noch eigene Erlebnisse, Erfahrungen sammeln können soll. 

00:12:38.000 

Matthias Renger: Total. Das ist uns sogar sehr wichtig. 

00:12:40.000 

Iris Gavrich: Ja, total. Das ist super wichtig. Ich glaube, das war schon 

gleich am Anfang. Es gibt da zum Beispiel bestimmte Bereiche in der Agentur. Das mache nur ich. Das macht Matthias nicht. Du hast auch eigene Projekte. Auch im Privatleben. Wir haben auch teilweise getrennte Freundeskreise, mit denen wir uns treffen. Es ist nicht immer alles nur eins. Aber ich glaube, was für mich die größte Herausforderung mit der Zeit war, war zum Beispiel, dass wir jede Woche einen Podcast aufgenommen haben. Und wenn du jeden Tag, 

00:13:11.000 

Raúl Krauthausen: Das kann auch stressen. 

00:13:12.000 

Iris Gavrich: Das kann total stressen. Und wenn du dann merkst, du willst es ja, wir machen ja nicht den Podcast einfach nur, weil wir Lust haben, uns zu zeigen, sondern die große Idee dahinter ist, mir fehlt es im Privatleben, genau die Leute zu erreichen, mit denen du irgendwie kreativ groß was gemeinsam aufbauen kannst. Und deswegen war es so Couple-Off mit jeder Woche ein neues Thema. Und wir bauen es ja auch immer so auf, dass die Leute dann mitdenken, Sprachnachrichten schicken und so. Man will ja begeistert dabei sein. Und manchmal haben wir aber eine Woche, die ist hart. Und dann, vielleicht haben wir auch vorher mal gestritten. Und dann musst du aber trotzdem zwei Stunden später dann da sitzen und professionell einen Podcast aufnehmen. Und das war eine Herausforderung. Und ich habe nicht gewusst, wie gut mir das auch getan hat. Also es war schwierig, aber ich habe jetzt was Professionelles mit Problemen bekommen durch den Podcast. Du auch? 

00:14:12.000 

Matthias Renger: Ja, ich finde auch, dass du es genau richtig beschreibst mit diesem eigentlich professionell begeistert sein. Aber das ist deshalb keine Lüge, nur weil es professionell ist. Weil man sagt, jetzt ist Podcastaufnahme und das ist nicht nur zwischen uns beiden. Das werden auch Leute hören. Und dann nehmen auch Leute dran teil, indem sie was schicken oder mitdenken. Das ist ja dann sofort öffentlich und professionell. Und trotzdem ist es ehrlich. Und dieser Kampf um die Ehrlichkeit in der Begeisterung ist wieder was, da bist du am Ende gerade gelandet, was ja was Gutes ist. Also was dir was bringt. Du bist ja hinterher. Wenn es dir gelingt, bist du nicht traurig, dass du dir diese Mühe gemacht hast. Und wenn es mal weniger gut gelingt als sonst, hast du auch das Gefühl, okay, ich habe aber gelernt oder ich habe verstanden, woran es lag. Gelingt mir nächstes Mal anders. Also ja, ich sehe da nur positive. 

00:15:02.000 

Raúl Krauthausen: Das könnte auch so eine Art Anker sein. Also ihr habt euch eine halbe Stunde vorher gestritten. Dann geht ihr jetzt in den Podcast und erlebt euch noch mal neu, beziehungsweise in der anderen Rolle und merkt, ach, eigentlich funktioniert es ja. 

00:15:15.000 

Iris Gavrich: Genau das. 

00:15:16.000 

Raúl Krauthausen: Dass dann entweder der Streit danach vielleicht neu bewertet wird oder anders oder schneller gelöst ist. Oder bringt ihr die Konflikte dann mit in den Podcast. 

00:15:24.000 

Matthias Renger: Das haben wir so nie gemacht. Das haben wir so nie gemacht. Wenn dann doch was gelingt ist, im Intro reden wir ja noch nicht immer über unser Thema, dass dann das Thema der Folge ist. In den ersten paar Minuten. Und da dann damit zu scherzen und zu sagen, du hast mich vorhin richtig aufgeregt, aber sofort mit der Distanz des Humors darüber zu reden, das geht. Das ist gut. Was wir nicht machen, ist noch etwas Ungelöstes und ohne diese Distanz und ohne Humor das in den Podcast zu bringen. 

00:15:52.000 

Iris Gavrich: Ja, das finde ich schwierig. Das macht einen so verletzlich und angreifbar, wenn man es selber noch nicht verarbeitet hat. Und ich finde, das ist auch so eine Regel, die wir uns gemacht haben, dass wir nur Geschichten erzählen. Teilweise sind es ja auch immer sehr persönliche Geschichten, die abgeschlossen sind. Also wo man einfach weiß, die hat man reflektiert und verarbeitet. Dann ist man noch ein bisschen geschützt. 

00:16:15.000 

Matthias Renger: Ja. 

00:16:16.000 

Raúl Krauthausen: Humor ist ein super Stichwort. Also ich versuche es mal aus meiner Perspektive zu erklären. Als Mensch mit Behinderung habe ich als junger Mensch vor allem als Schüler irgendwie für mich eine Strategie entwickelt, immer witzig zu sein. So nach dem Motto, ich brauche ein Umfeld, das mir hilft und deswegen sorge ich für gute Laune und das mache ich mit Humor. Und irgendwann hat meine Mutter zu mir gesagt, da war ich zwölf oder so, Raul, du musst nicht immer der Klassenclown sein. 

Die Leute werden dich auch mögen, wenn du nicht immer witzig bist. Und das war echt deep für mich als zwölfjähriger. Das habe ich erstens gar nicht hinterfragt, zweitens natürlich eine Trotzreaktion gehabt, so was wie. Aber ich bin halt so. Und ich glaube, ich bin auch so auf naht. Ich bin ein witziger Typ. Aber gleichzeitig habe ich mich auch ertappt gefühlt, dass ich teilweise auch Witze auf meine eigenen Kosten gemacht habe, nur um andere Menschen nicht in eine unangenehme Situation zu bringen. Aber es war halt auf meine eigenen Kosten. Wie geht ihr mit Humor um? 

00:17:18.000 

Iris Gavrich: Ich finde spannend, was du erzählst. Eigentlich war es ja für dich auf der einen Seite wahrscheinlich so eine Bewältigungsstrategie, weil du ja viel mit Menschen konfrontiert warst, die vielleicht auch gar nicht einen richtigen Umgang mit dir, mit der Begegnung gefunden haben. Und ich glaube, bei mir war das so, als ich klein war, auch sehr. Also bei mir war es, meine Mama hat ein Kiosk gehabt, mein Vater ist früh gestorben. Es war alles nicht so einfach. Wir kamen halt aus sehr einfachen Verhältnissen. Und jetzt, wo du das sagst, bei mir war das eigentlich ein bisschen ähnlich, dass ich so immer versucht habe, dass die anderen mich mögen, indem ich witzig bin. Und für mich ist auch Humor eine totale Bewältigungsstrategie. Also, dass ich versuche, wenn schwere Zeiten sind, auch jetzt so mit Familie, Krankheiten und wenn man einfach so ein paar Sachen einfach mitgemacht hat, dass man einfach versucht, einen lockeren, positiven Umgang mit anderen Menschen und auch mit sich selbst zu finden und da auch eine Zuversicht zu finden durch Humor. 

00:18:28.000 

Matthias Renger: Für mich ist es ähnlich. Bei mir kommt noch dazu, ich muss gerade bei dieser Frage total dran denken, dass wir ab und zu mal, nicht in jeder Aufnahme, sondern, weiß ich nicht, alle 15 Folgen mal, so einen kleinen Moment haben, wo wir eine Pause machen in der Podcastaufnahme und es drum geht, wir reden gerade über was Komplexes, vielleicht auch was Ernstes. Haben wir genug Humor drin? Wollen wir mal wieder schauen, dass wir das ein bisschen auflockern? Weil wir das, da sind wir uns grundsätzlich einig, Humor nicht nur als Bewältigungsstrategie, sondern auch als eine Art Transportmittel. Dass du komplexe, ernste, schwierige Sachen so, ich nenne es jetzt immer blöd, würzen kannst, dass man das dann lieber konsumiert, dass man das gerne aufnimmt, besser folgt, besser versteht, was da gerade vermittelt werden soll in der Komplexität. Und dann gibt es aber dieses Verhandeln darum bei uns manchmal, dass es dann komm, wir müssen aber auch nicht die ganze Zeit witzig sein. Man hört sich das doch vielleicht auch gerade 

deshalb jetzt mal am Stück an, weil es ernst ist. Ja, stimmt auch. Also eigentlich ist es ein Ring um die Balance. Wie viel Leichtigkeit und wie viel Ernsthaftigkeit ist da drin? Das ist schon für uns auch wichtig, dass es kombiniert, also dass beides da ist. 

00:19:38.000 

Iris Gavrich: Kennst du das Raul, dass du auch manchmal so um diese Balance ringst, dass du dich fragst, bin ich zu ernst, bin ich noch leicht genug? 

00:19:48.000 

Raúl Krauthausen: Total, total. Und gerade, ich meine, Frauen kennen das ja vielleicht auch, dass das ja auch erwartet wird von einem, dass man irgendwie dann der anderen Seite das möglichst schmackhaft macht, das Thema Behinderung zu bewältigen oder das Thema, keine Ahnung, sexuelle Belästigung irgendwie bzw. Sexismus. Also es gibt genauso wie es die angry women gibt, gibt es auch den angry cripple. Also dass man immer Behinderung unterstellt wird als verbittert und so und immer alle wollen immer alle was, sind nie zufrieden. Und dann gibt es sehr viele Menschen mit Behinderung, die das dann mit Humor überspielen oder überlagern oder anders versuchen zu drehen. Und das ist mir manchmal ein bisschen zu viel. Meine Strategie ist dann eher so authentisch zu sein. 

00:20:39.000 

Matthias Renger: Ja. 

00:20:40.000 

Raúl Krauthausen: Mein erstes Buch, das ich geschrieben habe, das heißt Dachdecker wollte ich eh nicht werden. Also ist schon so eine Art humorvoller Titel, aber es ist eine Biografie über mein Leben. Und wir haben bei der Recherche ganz viele andere Bücher gelesen von Menschen mit Behinderung, die Biografien geschrieben haben. Und wir sind auf drei Autoren gestoßen, Wolfgang Schäuble, Samuel Koch und Udo Reiter. Und Udo Reiter war der frühere Intendant beim Mitteldeutschen Rundfunk. Und das waren damals die Bücher, die gerade auf dem Markt waren zum Thema Behinderung. Und das interessante war, dass alle drei Männer gläubig sind und alle in ihrem Leben im Laufe ihres Lebens eine Behinderung bekamen durch Attentat, durch Unfall oder so. Und ich bin aber geburtsbehindert und ich bin nicht gläubig. Und warum ist der Glaube wichtig? Weil die drei Autoren, die ich nannte, die haben ihren Schicksalsschlag mit dem Glauben bearbeiten können. 

00:21:42.000 

Matthias Renger: Genau. 

00:21:44.000 

Raúl Krauthausen: Die fanden dann da eine Lösung oder eine Antwort darin, warum ich und so, Gott hat eine Aufgabe für mich oder will das Größere vor. Und das habe ich ja gar nicht als Option, weil ich nicht glaube. Und es gibt einen Kapitel, das ist das sogenannte Beziehungskapitel. Und da geht es um die erste Liebe. Und das Kapitel endet mit keinem Happy End. Aber wir lösen das nicht auf. Wir sagen nicht irgendwie, jeder ist eines Glückesschmied und jeder topfindet einen Deckel und so. Glaub nur an dich, dann wirst du es schon schaffen. Sondern wir wollten eigentlich ein Buch machen, wo jeder Leser, jede Leserin für sich was die Frage mitnimmt und überlegt, wie würde ich reagieren in der Situation, wenn mein Partner oder Partnerin eine Behinderung hätte. Wie könnte ich das? Könnte ich mir das vorstellen? Ohne gleich in einem nächsten Kapitel zu sagen und am Ende wurde alles gut. Es gab auch kein Humor in dem Kapitel, aber in anderen Kapiteln. Ich glaube, es ist die Mischung, die es macht. 

00:22:44.000 

Iris Gavrich: Ich habe auch das Gefühl, es ist auch eher das, was viele momentan, wonach sie sich sehen. Also ich zum Beispiel sehne mich sehr danach, was Authentisches zu lesen. Und ich weiß nicht, wie es bei dir ist, bei uns auf jeden Fall so, dass wir auch sehr viel Rückmeldungen dazu bekommen, dass Menschen genau so was gerade suchen, dass es nicht alles beschönigt wird, dass man auch mal auch nicht die Dinge dramatisiert oder versucht, jetzt in unserem Fall ein bestimmtes Thema in den Vordergrund zu stellen und jedes Mal nur zu benennen, sondern dass man einfach versucht, möglichst echt aus verschiedenen Sichtweisen eine Sache zu, zu, wie soll ich sagen? 

00:23:27.000 

Matthias Renger: Zu besprechen. 

00:23:29.000 

Iris Gavrich: Ja genau. Und ich glaube irgendwie, das ist so diese Zeit. Ich glaube, das letzte Jahrzehnt war so das Jahrzehnt der Hedonisten. Man wollte irgendwie ganz viel Spaß in den Medien. Man hat sich nicht so tief mit den Themen beschäftigt und jetzt durch die Pandemie und alles, was gerade auf der Welt passiert. Ich habe das Gefühl, wir sind alle viel nachdenklicher und wir suchen alle mehr nach dem Echten, nach tiefen Bindungen. 

00:23:55.000 

Raúl Krauthausen: Wir haben ja auch gerade die Zeit, in der sowas geht. 

Also ich finde, durch gerade so Podcasts oder so, da kann man sich ja auch mal Zeit nehmen, um in ein Thema reinzugehen und das nicht in 1,30 oder 3,50 abzuhandeln, sondern eben auch mal sagen, wir widmen uns jetzt mal 45 Minuten oder 120 Minuten einem Thema, weil es gibt keinen Chefredakteur am Ende, die sagt, ja das passt hier aber nicht rein. 

00:24:21.000 

Matthias Renger: Genau. Ja. 

00:24:23.000 

Iris Gavrich: Und das finde ich so großartig. Ich finde das so großartig. 

00:24:25.000 

Raúl Krauthausen: Oder Newsletter. Ich bin großer Newsletter-Fan. Man arbeitet ja unabhängig von Algorithmen, die man sowieso gar nicht mehr beeinflussen kann und das alles nur noch so, keine Ahnung, wie so ein Horoskop ist. Kommt dieser Post durch, ja oder nein. 

00:24:40.000 

Iris Gavrich: Das finde ich auch. Ich finde das so stark, dass man momentan selber, wie du jetzt oder wir, dass man einfach so einen Podcast starten kann, Menschen damit erreicht, einfach überhaupt nicht regelkonform ist. Also zum Beispiel, wir merken das, wenn wir mit Redakteuren reden, die verstehen uns oft nicht. Also sie sagen dann immer, Moment mal, ihr seid lustig, aber ihr habt ja auch ernste Themen. Wie funktioniert das in einem Podcast? Oder auch mit den TikToks oder das Buch, dass sie das nicht zusammen bekommen, weil es gibt ja immer diesen Unterschied zwischen EU, Ernst und Unterhaltung. 

00:25:24.000 

Raúl Krauthausen: Das ist auch so ein deutsches Ding, oder? 

00:25:27.000 

Matthias Renger: Ja, ja. 

00:25:29.000 

Iris Gavrich: Und da merken wir, dass wir gerade in, ja, etwas machen, was für viele Redakteure einfach, was ist, was gar nicht geht. Und das sagen sie dann noch immer, wir müssen uns dann jetzt erstmal entscheiden, was wollen wir machen. Und wir sagen, nee, wir machen es genauso, wie wir es jetzt machen, weil wir das für den richtigen Weg sehen. 

00:25:49.000 

Matthias Renger: Also richtig interessant finde ich auch die Haltung, doch, 

doch, das geht und ich finde es toll. Ich glaube, ich verstehe es auch, was das ist für eine Mischung. Wir müssen nur gucken, wie wir es vermitteln. Also dass ich das wiederum meinen Vorgesetzten gut vermitteln kann, was ihr da macht. Damit habe ich Schwierigkeiten. Solche Sachen, die Leute, die sich dazwischen kommunizieren. 

00:26:09.000 

Raúl Krauthausen: Ich habe ja vorhin erzählt, dass ich beim Radio gearbeitet habe, das ist eine Jugendwelle, Radio Fritz, und da gab es immer den Spruch, wir müssen die Hörer*innen abholen, mitnehmen, freilassen. Also das war irgendwie so dieser Dreiklang. Und ich fand, das hatte was unfassbar Überhebliches, dass wir als Redaktion definieren, wo man jemanden abholt, wo man jemanden mitnimmt und wo man ihn freilässt. Und dann war wirklich die Ansage, ich glaube, das ist nicht mehr so, aber damals war die Ansage, wir orientieren uns am Autoschrauber oder Autoschrauberin in Cottbus und nicht an der Studentin in Berlin. Und da war auch schon so viel Klassismus drin, wo ich dachte, so, warte mal kurz, das heißt doch nicht, dass der Autoschrauber oder die Autoschrauberin in Cottbus sich nicht trotzdem für diese Themen interessiert. Und es hat sehr schnell was Bevormundendes. 

00:27:03.000 

Iris Gavrich: Ja, also ich kenne das ja auch aus der Werbung, da war das ja auch so. 

00:27:09.000 

Matthias Renger: Ja, ich auch aus dem Theater auch. Und Film, überall. 

00:27:13.000 

Iris Gavrich: Und das stimmt einfach nicht. Also das ist auch so, das ist ja auch deine Erfahrung gewesen, auch jetzt bei mir zum Beispiel im Kiosk. Bis ich 25 war, habe ich im Kiosk gearbeitet. Und da war es jeden Tag, da kamen die unterschiedlichsten Menschen rein. 

00:27:28.000 

Raúl Krauthausen: Auch ein geiles Podcast Setting. 

00:27:30.000 

Iris Gavrich: Ja. Und das war wirklich, wenn irgendein Thema gerade zu besprechen war. Es war immer jetzt zum Beispiel die Bildschlagzeile, die gerade besprochen worden ist. Und es war so oft so, dass dann zum Beispiel der Arzt reinkam, dann gab es aber irgendwie jetzt zum Beispiel irgendjemand, der in der Werkstatt gearbeitet hat. Und ganz unterschiedliche Leute, die haben dann alle angefangen mit meiner Mutter 

wild zu diskutieren. Und das war natürlich jetzt keine intellektuelle Diskussion. Aber trotzdem hast du gemerkt, alle beschäftigen sich mit diesen Themen, finden das interessant. Und du musst einfach nur einen Weg finden, solche Themen zugänglich zu machen. Und ich finde auch alles, was wir im Podcast besprechen, wenn Matthias zum Beispiel irgendwelche Mythologien auspackt. Ich weiß, dass auch der Handwerker in Cottbus das interessant findet, wenn du Zugang dafür findest. Und das fehlt mir manchmal so in der deutschen Medienlandschaft, dass man Verständnis dafür hat und dass es nicht so klassistisch aufgebaut ist. 

00:28:36.000 

Raúl Krauthausen: Nochmal zum Thema Humor. Ihr habt ja ein Buch geschrieben, das heißt Shitmoves. Und ihr definiert Shitmoves als Manipulationstaktiken, die man anbindet, wenn man seinen Gegenüber nicht mit Argumenten gewinnen will oder kann, sondern um jeden Preis den Streit für sich entscheiden will. Oft geht es dabei auch um Macht. Das kippt ja sehr schnell in Sarkasmus oder in Zynismus, weil es ja auch eine Form von Humor ist. Habt ihr auch das Gefühl, dass das durch das Internet irgendwie auch so richtig wie so ein Pilz sich verbreitet hat und wir eigentlich mit der Härte der Welt und auch mit Sarkasmus umgehen können? 

00:29:18.000 

Matthias Renger: Ich würde da sogar direkt einen ganz großen Unterschied zwischen Sarkasmus und Zynismus machen, weil Sarkasmus noch eine Form von Humor ist und Zynismus ist schon eine Weltanschauung und zwar eine ziemlich dephätistische. Und Letzteres, ja, ist auf jeden Fall so eine Begleiterscheinung auch von Kapitalismus. Also gehört ja zusammen, wenn ein System, ich will das gar nicht jetzt pauschal und groß ideologisch aufladen oder so, aber es ist ja, glaube ich, kann wirklich jeder nachvollziehen, wenn du eine Welt hast und darin lebst, in der es sehr viel um das Produkt und um die Prinzipien des Marktes geht und so, dann sind das nicht die Prinzipien, die dich, ich nenne es mal naiv, seelisch ernähren oder so. Also ist eine Reaktion darauf, eine logische Reaktion, eine naheliegende, Zynismus. Und das muss noch nicht mal mehr witzig sein. Ich kriege einen der häufigsten Kommentare unter diesen PR-Berater-Videos, die ich mache, die ja satire sind und das nur Sarkasmus, selten Zynismus, ist trotzdem einer der häufigsten Kommentare lustig, wenn es nicht so traurig wäre. Und das finde ich, ist ja kein witziger Kommentar, das ist wirklich eine enttäuschte Weltanschauung, die da zum 

Ausdruck kommt. Und geht mir genauso, wie du fragst, Raul, ja, dass das sehr verbreitet ist. 

00:30:38.000 

Iris Gavrich: Ich sehe das ein bisschen anders. Ich gucke mir gerade so viele, ganz viele unterschiedliche Plattformen an. Und ich finde es total spannend, wie sich alles verändert. Zum Beispiel merke ich, dass – 

00:30:50.000 

Raúl Krauthausen: Jetzt bin ich gespannt. 

00:30:51.000 

Iris Gavrich: Ja, also alles bewegt sich Richtung Communities, finde ich. Also es ist viel, wir haben gar nicht mehr so richtig Massen-Content. Also durch die Algorithmen kommen wir in bestimmte Richtungen rein. Zum Beispiel, wenn ich jetzt, wenn du jetzt durch meinen TikTok gehen würdest oder durch meinen Instagram, dann würdest du sehr viel kreativen und lustigen Content sehen. Und ich werde immer weiter geschult. Ich merke richtig, dass mir eher Menschen angezeigt werden, die ein bisschen progressiver denken, kreativer denken. Und dann gehe ich in die Kommentarspalte und dann sehe ich viele neue Witze, neu, neu, neu gedachter Humor, sehe eine neue Form von Memes. So, wenn ich jetzt in verschiedenen Discords bin, das sind ja auch verschiedene Communities, merke ich auch richtig, da sind die besten Comedians teilweise. Also ich merke, da sind Leute, die zocken einfach abends, aber die sind so smart durch das Zocken und gleichzeitig durch das Kommunizieren, dass ich merke, verdammt, ich zocke nicht, ich kommuniziere nicht, ich bin schlechter als die. Also ich sehe das richtig, wie gut die sind. Und genauso geht es mir mit so verschiedenen Meme-Plattformen. Also wenn jetzt zum Beispiel, NineGag ist ja ein bisschen schwierig, aber jetzt zum Beispiel Reddit, NineGag, da sehe ich auch manchmal, manchmal gibt es da auch Bereiche, da merke ich, okay, es wird immer smarter vom Humor her. Aber klar, wenn ich jetzt so auf Twitter und so bin und ich gucke mir jetzt nur das Klassische an, was die Masse jetzt sieht, dann habe ich auch eher das Gefühl, es wird zynischer und es ist eher gespalten. 

00:32:33.000 

Matthias Renger: Würde ich voll zustimmen, das ist eine Frage, davon wo du hinschaust, ob du den Pilz sprießen siehst oder nicht. Du hast mir heute noch erzählt, dass du so ein Alex Jones Video gesehen hast mit den Kommentaren drunter, dass immer noch Leute sagen, er hat doch recht, mit dieser Sandy Hook Massaker Geschichte, was er leugnet und sagt, das wären nur Schauspieler. Und dass das Leute glauben, da sind wir heute in so ein Gespräch dann davon gerutscht, von dort ausgehend über Trump und über diese einfache Funktion, dass man einfach nur etwas laut, reichweitenstark behaupten kann und du wirst einen Prozentsatz der Leute 

dazu bringen, dass sie sagen, ja das stimmt, scheiß egal was du sagst, dass das funktionieren kann. 

00:33:18.000 

Raúl Krauthausen: Mir fallen gerade super viele Einsätze ein, was ich dazu sagen könnte, das Thema Communities, kennt ihr zufällig das Buch Netzgemüse von Tanja und Johnny Häusler? 

00:33:30.000 

Iris Gavrich: Leider nicht. 

00:33:31.000 

Raúl Krauthausen: Das sind ja die Macher*innen der Republika und der TINCON und die haben ein Buch geschrieben vor einigen Jahren, das heißt Netzgemüse und da erzählen sie quasi als Erwachsene, die sich mit dem Internet auskennen, wie sie in ihrer Familie mit ihren Kindern über das Internet reden, damit umgehen, der erste Porno, also solche Themen oder Handy beim Abendessen ja oder nein, was sind die Regeln, verbieten ihr Computerspiele, wenn ja wann und wenn ja welches oder zocken wir mit denen zusammen. Also schon ein sehr cooles Buch und da schreiben sie über WhatsApp und TikTok und Snapchat und was ich spannend fand war, dass sie gesagt haben, wenn wir unseren Kindern immer eingeredet haben, dass es gefährlich ist, was wir ins Internet schreiben, dann brauchen wir uns nicht wundern, wenn die Leute sich auf WhatsApp oder Snapchat zurückziehen, wo es entweder kleine Communities sind, wo eben das nicht viral geht oder aber nach 24 Stunden sich das Video löscht wie bei Snapchat, aber dann kriegen wir erst recht nicht mit was sie machen. Das fand ich total spannend, habe ich so noch nicht gesehen, haben sie auch schon vor vielen Jahren gesagt, aber ich beobachte zum Beispiel so Plattformen wie Be Real, aber Be Real überfordert mich so maßlos, was es von mir erwartet. Dabei ist die Idee eigentlich total geil, dass eine super kleine Community, die du um dich herum aufbaust und es geht gar nicht um Viralität und große Reichweiten zu erzeugen, dann einfach deine Freunde am Leben teilhaben lassen und ich glaube da geht auch die Reise hin. 

00:35:12.000 

Iris Gavrich: Das erinnert mich so ein bisschen an das Internet vor 10, 15 Jahren, also dass man einfach nur so seine Freunde hat und ich habe ja auch bei Be Real habe ich glaube ich sieben Kontakte und das sind meine engen Kontakte und wir zeigen uns gegenseitig lustige Fotos und das ist immer ein Quatsch und das vermisse ich richtig manchmal noch, solche Plattformen zu haben, wo man das noch machen kann. 

00:35:37.000 

Raúl Krauthausen: So wie früher Bloggen. 

00:35:39.000 

Iris Gavrich: Ja genau. 

00:35:41.000 

Raúl Krauthausen: Ja, arbeitet ihr mit externen Leuten zusammengehend, die guter sind oder Untertitel machen oder macht ihr alles selbst. 

00:35:50.000 

Matthias Renger: Alles selber ja. 

00:35:51.000 

Iris Gavrich: Wir machen alles selbst und mittlerweile kannst du ja eine ganze Menge mit KI machen, also zum Beispiel die Untertitel bei den Videos. 

00:35:56.000 

Raúl Krauthausen: Klar. 

00:35:57.000 

Iris Gavrich: Das ist ganz klasse, also die KI’s helfen bei solchen Sachen enorm aktuell. 

00:36:02.000 

Raúl Krauthausen: Ich hatte vor einigen Jahren, fast schon zehn Jahren, eine Begegnung mit Simon Unge. Kennen ihr noch Simon Unge? 

00:36:09.000 

Iris Gavrich: Ja klar. 

00:36:10.000 

Raúl Krauthausen: Den YouTuber, genau. Wir hatten einen Dreh zusammen für seinen Kanal und dann habe ich ihn irgendwann in der Pause gefragt, sag mal machst du eigentlich Urlaub? Du bist ja im Prinzip jemand, der nur dann Geld verdient bzw. nur dann gilt, wenn er sendet. Er meinte, ja schon lange nicht mehr gemacht und da war er in seinem Hamsterrad, aber da habe ich das noch gar nicht, zumindest damals, reflektiert, dass er in seinem Hamsterrad ist. Kennt ihr das Gefühl? 

00:36:39.000 

Iris Gavrich: Ja, sehr. 

00:36:42.000 

Matthias Renger: Wir haben unseren ersten Urlaub seit Ewigkeiten vor 

dieses Jahr. 

00:36:46.000 

Iris Gavrich: Ja und ich weiß auch nicht, ob es ein richtiger Urlaub wird. Das ist schwierig. Ich glaube bei uns ist das Problem immer gewesen, wir wollten die maximale Freiheit, wir wollten selbstbestimmt arbeiten, weil wir gemerkt haben, wie schwierig es ist, wenn man, zumindest bei mir war es so, ich fand es sehr schwierig, eine Angestellte zu sein. Ich fand es sehr schwierig, ich habe manche Regeln einfach nicht verstanden. Man hätte Dinge auch anders lösen können, effizienter lösen können und so weiter und so fort. Und das hat einfach einen sehr hohen Preis, wenn du nicht das Gehalt vorher so hast. Also ich wusste, ich muss immer ganz viel arbeiten, damit ich was zur Seite legen kann, damit ich mir die Selbstständigkeit aufbauen kann. Und jetzt war es zum Beispiel so, als wir das Buch geschrieben haben. Das hat uns, natürlich haben wir Geld für das Buch bekommen, aber es hat uns auch viel Geld gekostet, weil wir ja nicht andere Projekte machen konnten und jetzt merken wir, wie das eigentlich so ist, wenn man sich als Künstler/Künstlerin aufbaut, dass man einfach nicht sehr viel Geld hat und man muss viel arbeiten in der Zeit. Also ich spüre das Hamsterrad schon sehr, aber ich finde, es ist ein schönes Hamsterrad. Es sieht schön aus, fühlt sich gut an. Kennst du das auch? Hast du das Gefühl manchmal? 

00:38:09.000 

Raúl Krauthausen: Ja und wir versuchen immer wieder vorzuproduzieren, damit man eben auch mal zwei Wochen Zeit hat oder so. Und das ist gar nicht so einfach, vorzuproduzieren, einfach weil so viel ist oder weil dafür brauchst du ja dann an einer Woche doppelt so viel Zeit, um etwas vorproduzieren zu können, weil du ja sowieso schon die ganze Zeit am Produzieren bist. Und ich versuche immer mehr Aufgaben so zu gestalten, dass sie auch übertragbar sind auf andere. Also das ist schon sehr hilfreich, jetzt mit einer Agentur diesen Podcast zu machen, weil die dann einen Großteil der Terminkoordination übernehmen können oder Vorrecherchen und Untertitel machen, Transkriptionen, was ich sonst alles selber gemacht hätte und auch kann, aber es ist vielleicht auch nicht meine Expertise. 

00:38:59.000 

Iris Gavrich: Ja, das hilft schon enorm, wenn man das so aufbaut. 

00:39:02.000 

Matthias Renger: Das ist bei uns vielleicht der nächste Schritt, der ansteht. Ich merke, da steht mir bei unserem Podcast wirklich was im Weg, das 

einfach zu entscheiden und zu machen, das an jemanden abzugeben. Das war immer schon so. Wir hatten das mal eine Phase, bestimmt ein Jahr lang sogar, dass ich den Rohschnitt sozusagen einer Podcastfolge abgegeben habe an einen Mitarbeiter von Arouse. Und das war alles in Ordnung. Das ist gut. Ich musste aber trotzdem noch einmal drüber gehen, weil ich das sehr schwer abgeben kann, weil ich weiß, er kann im Sinne dessen, was wir gerne haben, die verkackten Satzanfänge, die keinen Mehrwert sind, die dir nicht beim Denkprozess helfen, sondern die einfach für sich wie Fehler anhören, die rauszunehmen. Aber dramaturgisch, dass wir vielleicht mal kurz fünf Minuten über was reden, was ich dann rausschneide, weil ich finde, ne, ne, wir müssen fortsetzen, was wir da angefangen haben, das ist viel interessanter. Das muss irgendwie immer noch bei mir bleiben. 

00:40:04.000 

Iris Gavrich: Aber das bist du, Matthias, du bist da einfach ganz Regisseur. 

00:40:05.000 

Matthias Renger: Ja. 

00:40:12.000 

Raúl Krauthausen: Gleich geht’s weiter. Wenn du diesen Podcast unterstützen möchtest, dann kannst du das mit einem kleinen monatlichen Beitrag tun. Im Gegenzug kannst du alle Folgen vorab hören und du wirst, sofern du das möchtest, hier im Podcast namentlich genannt. Alle Infos findest du unter www.im-aufzug.de. Ende der Service-Durchsage. Viel Spaß beim zweiten Teil der Folge. 

00:40:40.000 

Raúl Krauthausen: Dann mal zum Thema Buch, Shitmoves. Wie würdet ihr sagen, hat sich eure Kommunikation verändert, seitdem ihr so viel über Shitmoves nachdenkt? Also reflektiert ihr auch euer Handeln zum Beispiel? 

00:40:56.000 

Matthias Renger: Oh ja. 

00:40:57.000 

Iris Gavrich: Extrem. 

00:40:58.000 

Matthias Renger: Geht auf neue Levels, ne? Also ich glaube wirklich vor dem Buch haben wir nie, muss ja nicht immer gleich Streit sein. Es reicht 

ja schon Diskussionen. Wir hatten Diskussionen, Meinungs-verschiedenheiten, unterschiedliche Ansichten und so vor dem Buch nicht in der Form, dass wir auf einer Metaebene beide überlegt haben, ob das gerade ein fairer Punkt ist oder nicht, ob es da noch um die Sache geht oder nicht. Das haben wir seitdem ganz extrem und schön. Also ich empfinde das als total angenehm. 

00:41:30.000 

Iris Gavrich: Ich glaube, was sich bei mir extrem verändert hat, ist dieses Strategische. Ich habe früher, also im Job hatte ich das schon immer, dass ich irgendwie wusste, strategisch konnte man Sachen vorausdenken, teilweise auch ein Jahr oder zwei Jahre voraus. Aber jetzt in einem Gespräch hatte ich keinen blassen Schimmer. Da war ich einfach emotional und da wollte ich etwas und wenn die andere Person das nicht wollte, dann hat mich das verärgert. Und durch das Buch, also sowieso durch die Beziehung mit Matthias in den letzten acht Jahren, neun Jahren, aber jetzt auch noch mal durch das Buch, merke ich richtig, dass ich bei Konflikten, wenn der Konflikt schon losgeht, dass ich mich frage, was ist die Intention der anderen Person, was ist gerade mein Gefühl dabei und wo soll das Ganze überhaupt hinsteuern? Und dass ich binnen von Millisekunden schon innerhalb des, wenn der Konflikt losgeht, schon diese Gedanken habe, das ist komplett neu. Das hatte ich früher nicht. Und dass ich schon manchmal denke, okay, ich weiß schon, wo jetzt, wenn ich mich jetzt mit Matthias streite, dann weiß ich schon, worauf das hinausläuft, was eigentlich das Problem ist. Und dass es wirklich so eine Entscheidung plötzlich ist, habe ich jetzt Bock, dass ich jetzt so richtig mit ihm mich fetze oder versuche ich jetzt einfach den Konflikt effizienter zu gestalten und es nicht eskalieren zu lassen. 

00:42:56.000 

Raúl Krauthausen: Und was könnte das sein, dann zu sagen, ich spüre gerade gut in mir, wollen wir da nicht morgen drüber reden? 

00:43:03.000 

Iris Gavrich: Zum Beispiel in letzter Zeit habe ich es so gemacht, dass ich ihn mit Scharm und Humor abgeholt habe. Und dann, ich wusste schon, also eigentlich hat er mich genervt. Eigentlich habe ich gedacht, okay, der packt gerade Shitmoves aus, der nervt mich, aber wir haben zum Beispiel in einer halben Stunde einen Podcast und jetzt habe ich keine Zeit für Emotionalität. Und dann habe ich einfach ihm Komplimente gemacht, ihn verstanden, ihn komplett manipuliert, um dann… 

00:43:34.000 

Raúl Krauthausen: Das hast du ihm verstanden, obwohl du ihn gar nicht verstehen wolltest. 

00:43:36.000 

Iris Gavrich: Ja. 

00:43:39.000 

Matthias Renger: Das ist gut zu wissen für nächstes Mal, ja. Nein, deine Frage ist ja genau richtig, Raul. Wie macht man es, weil uns beiden und ich behaupte, das gilt wirklich für viele Menschen, es zuwider ist, wenn es so heilig und so daherkommt, wenn man zum Beispiel sagt, du missverstehst mich da gerade und wir haben auch nicht die Energie, jetzt diesen Streit anzufangen. Du weißt, wir nehmen gleich auf. Das bringt einen ja noch mehr auf die Palme, wenn du jetzt das Gefühl hast, dann nimmt den Gegenüber jetzt hier so eine heilige Verantwortung. Wie war der Spruch, mitnehmen, abholen, mitnehmen, freilassen? 

00:44:13.000 

Raúl Krauthausen: Freilassen, genau. 

00:44:14.000 

Matthias Renger: Das ist ja furchtbar. Also das muss schon auf eine Weise kommen, dass man es auf der anderen Seite auch annehmen kann und nicht das Gefühl hat, hier wird die Augenhöhe verlassen. 

00:44:22.000 

Raúl Krauthausen: Ja, bzw. wenn Iris jetzt sagen würde, ja, ich hab dich lieb, aber ohne Wirklichkeit irgendwie, sie stinkt sauer ist, das verliert ja auch irgendwann an Kraft, wenn man das jedes Mal macht. 

00:44:35.000 

Iris Gavrich: Genau, deswegen ist Form die Kreativität, dann immer wieder anders zu sein. 

00:44:40.000 

Matthias Renger: Genau, genau. 

00:44:42.000 

Raúl Krauthausen: Das finde ich total spannend. Leon Windscheid hat in einem Podcast hier mal erzählt, dass wenn man Wut fühlt, dann ist die auch berechtigt. Also das Gefühl als solches hat eine Berechtigung. 

00:44:55.000 

Matthias Renger: Absolut. 

00:44:56.000 

Raúl Krauthausen: Man sollte nicht irgendwie versuchen, dann diese Wut freien Lauf zu lassen, sondern sich zu fragen, welche Funktion hat sie gerade. Also ist es die Funktion, mich vor etwas zu schützen oder dass ich vielleicht einen Abstand brauche oder irgend so und ohne gleich die Person zu attackieren. Und ich lerne gerade super viel auch durch die Arbeit, wo dann auch manchmal Dinge man so stehen lassen kann und dann vielleicht am nächsten Tag eher anspricht, weil sonst wird es ganz schnell so ein Du aber auch oder Ja aber. 

00:45:31.000 

Iris Gavrich: Genau. Ich habe auch durch das Buch merke ich auch, das ist nicht so, dass ich dann jetzt zum Beispiel einfach abgeklärt bin, sondern ich merke, dass ich, ich habe eine ganz neue Fähigkeit bekommen, die die Situation schneller einzuschätzen und auch ganz viele Hintergründe zu verstehen. Also zum Beispiel weiß ich, wenn ich nehme jetzt wieder dich als Beispiel, Matthias, wenn Matthias sich mit mir streitet und da weiß ich nicht, vielleicht auch ein paar Tage vorher was passiert ist und ich einfach weiß, ihm geht es gerade eigentlich nicht gut und was das eigentlich für einen riesigen Rattenschwanz mit sich zieht, dass ich sofort eine unglaubliche Empathie in der Situation bekomme oder in anderen Auseinandersetzungen, dass ich einfach merke, ok, vielleicht verstehe ich zu wenig von dem Thema und brauche mich gar nicht jetzt so getroffen fühlen, sondern ich weiß nicht, ich kriege einfach einen größeren Blick auf alles und eine größere Gelassenheit und irgendwie fühlt sich das so frei an. Das ist ein sehr schönes Gefühl plötzlich. 

00:46:41.000 

Raúl Krauthausen: Das kann ich total gut nachvollziehen. Ich versuche gerade einen Vergleich zu finden, aber das fällt mir gar nicht so leicht. Aber das glaube ich geht so ein bisschen in die Richtung, wir sind ja immer auf der Suche und vielleicht auch beschleunigt durch das Internet, nach richtig und falsch, aber so ist die Welt ja nicht. Die Welt ist ja eine einzige. 

00:46:59 

Matthias Renger: Genau das ist falsch. 

00:47:02.000 

Raúl Krauthausen: Und das auszuhalten und zu entdecken und zu erforschen ist glaube ich genau die Aufgabe unserer Zeit. Im Großen wie im Kleinen. Klingt jetzt auch so meta, aber ich glaube, das ist so das, was mir zu diesem Thema einfällt. 

00:47:17.000 

Matthias Renger: Stimmt, das ist richtig. 

00:47:21.000 

Raúl Krauthausen: Du hast gerade gesagt, Iris, deine Mutter hatte einen Kiosk, finde ich ja total faszinierend. Ich kann mir nur etwas vorstellen, dass deine Mutter dann auch einfach zu allem irgendwas sagen konnte. Also Schlagfertigkeit, dadurch ja auch trainiert. Und die Frage, die ich mir gestellt habe, wie tief stecken wir in unserer Sozialisierung fest? Also was auch Humor angeht oder Schlagfertigkeit. Ich glaube, ich wäre nach 10 Minuten genervt, wenn ich jedes Mal über die nächste Bildschlagzeile mit den Kundinnen reden müsste. Aber deine Mutter hatte ja keine andere Wahl und hat dann eine eigene Strategie entwickelt. Und das wird schon jetzt besser als, wie heißt der, Ditsche, Olli Dittrich, der in der Köln wo es wurde sitzt. Was ist die Sozialisierung? Was hat die da für einen Einfluss drauf? 

00:48:10.000 

Iris Gavrich: Das ist eine total gute Frage. Ich glaube, einen massiven Einfluss. Meine Mama hat mir immer beigebracht, schon als ich klein war, dass ich die anderen Menschen genau beobachten muss und dass ich für jeden Menschen, dass ich den verstehen muss. Also sie hat immer gesagt, es gibt nicht von Natur aus böse Menschen. Die haben alle eine Geschichte. Und das ist mir zum Beispiel total klar geworden, dass jeder Mensch eine Geschichte hat. Also zum Beispiel, wir hatten eine Zeit lang, am Ende war es ja wirklich nur so ein Kiosk, wo wir Naschtüten verkauft haben, aber als ich noch klein war, gab es wirklich so eine Trinkhalle dazu. Also da sind morgens um 6 Uhr die Leute gekommen und haben ihr zum Beispiel ein Herrengedeck bestellt. Das war dann eine Flasche Bier und einen Dornkart und haben da halt getrunken den ganzen Tag. Und da war das schon sehr spannend, so diese ganzen Geschichten zu sehen, schon als ich klein war, dass ich gesehen habe, krass, da kam zum Beispiel Mitte 20-Jährige mit ihren Eltern und die haben den ganzen Tag mit ihren Eltern getrunken. Oder es gab Menschen, die waren eigentlich super kreativ. Eine zum Beispiel, da glaube ich heute, ich bin mir nicht sicher, ich will auch nicht diagnostizieren, aber ich glaube, da war in irgendeiner Form ein Autismus oder so was da und sie kam einfach im normalen Arbeitsleben nicht zurecht. Und sie hat wahnsinnig viel getrunken irgendwann mal. Und man hat so diese Probleme plötzlich verstanden. Also ich habe bei jedem Menschen verstanden, woher das kam, warum und wie wir als Gesellschaft oft versagen, weil wir nicht aufeinander aufpassen. Und ich glaube, das hat mich total sozialisiert, diese bei jedem 

Menschen zu verstehen, woher kommt er, was ist die Geschichte, dass wir aufeinander aufpassen müssen, füreinander da sein müssen, dass ich auch eine gesellschaftliche Aufgabe habe. Und daraus entsteht auch so mein Humor, glaube ich. 

00:50:18.000 

Raúl Krauthausen: Bei dir auch so oder bei deinen Sozialisationen? 

00:50:21.000 

Matthias Renger: Ja, meine ist anders. Warte mal, ich fange kurz an mit dem, was ich aufnehme von dir, was du gerade gesagt hast, Iris, weil ich wirklich merke, dass in den letzten paar Jahren, dieser Gedanke, andere Menschen haben ihre eigene Geschichte, das kann man so sagen. Damit wachse ich dann, also ich bin zum Beispiel mit viel kirchlichem Kram, ich bin auf eine katholische Schule gegangen, du ja auch, ein katholisches Internat sogar. Und da hörst du Sätze wie „Nächstenliebe“ und „Verständnis haben für den anderen“ und so weiter, die hörst du. Aber was sie wirklich bedeuten, und zwar nicht nur für Sonderfälle, die vielleicht auf den ersten Blick, wo du merkst, okay, die Person ist komplett anders als ich, hat auch sicherlich eine komplett andere Geschichte, sondern jeder Mensch ganz andere Vorstellungen in Ansichten und manchmal sogar Themen, wo man nicht mal das gleiche Vokabular haben kann, dasselbe unter denselben Wörtern versteht, sondern was sehr anderes versteht und fühlt. Das wird mir in letzter Zeit erst immer, immer, immer klarer für den Alltag, für jede Situation, für jeden Austausch. 

00:51:22.000 

Raúl Krauthausen: Also wir haben ja alle unsere Vorurteile und unsere Klischees in unseren Köpfen und die habe ich natürlich auch. Und ich wohne in Berlin und bin sehr selten am Rand von Berlin unterwegs, war aber dann mal auf dem Weg ins Freizeitindunterholungszentrum im Osten der Stadt, FWZ, kennt ihr vielleicht. Und ich bin also wieder S-Bahn dahingefahren, also in die letzten Stationen, da steigt ja kaum noch jemand ein und aus. Und das sind ja dann auch Menschen, die in der Platte wohnen, wo ich dann auch meine Vorurteile hatte. Und dann stieg eine Familie ein, vierköpfige Familie und hatten ihre Lidl-Tüten in der Hand und so. Alle Klischees, die man sich so erstmal im Bild vorstellt. Und dann fragte die Tochter, die war fünf oder so, Papa, warum ist der Mann so klein? Und zeigte auf mich. Und ich dachte dann, okay, jetzt ist mal spannend, was die antworten, die Eltern. Das ist ja immer das Spannendste. Bei den Kindern ist mir das egal, die Fragen sind sehr ähnlich. Habe ich eigentlich auf alles vorbereitet. Das Kind wird bestraft, 

dass es guckt oder man erklärt dem Kind irgendwie komischen Lügen, hat ein tolles Auto oder so. Keine Ahnung. Gibt manchmal eine sehr merkwürdige Beschreibung. Und der Vater hat die beste Beschreibung, die ich je in meinem Leben gehört habe, auf die Frage gegeben, warum ist der Mann so klein? 

00:52:50.000 

Matthias Renger: Jetzt bin ich gespannt. 

00:52:51.000 

Raúl Krauthausen: Und dann sagte er zu ihr, der Mann ist aus dem gleichen Grund so klein, warum du ein Mädchen und kein Junge bist. 

00:52:59.000 

Iris Gavrich: Ist gut. 

00:53:00.000 

Matthias Renger: Sehr gut, ja. 

00:53:01.000 

Raúl Krauthausen: Und ich habe es, also weißt du, dass ich mir manchmal da einen abgestammelt habe, um einem Kind zu erklären, warum ich klein bin. Ich habe natürlich jetzt auch meine Phrasen mir zurechtgelegt, weil die Frage mindestens einmal im Tag kommt. Aber die war so, sie war politisch korrekt, sie war biologisch richtig und sie war kindgerecht. 

00:53:22.000 

Iris Gavrich: Ja, die ist wirklich gut, die Antwort. 

00:53:25000 

Matthias Renger: Sie hat dem Kind auch noch, also die Antwort hat dem Kind auch noch eine Verantwortung zum Was-damit-anstellen mit der Antwort gegeben. 

00:53:34.000 

Raúl Krauthausen: Genau. Der andere, der Sohn, der dabei war, der meinte, und ich bin ein Junge. Dann war das Thema plötzlich auch ganz anders geframed. Und dann hat man über Vielfalt gesprochen und Haarfarben und so. Aber das fand ich wirklich, ich habe mich richtig geärgert über meine Vorurteile. Und fand es gleichzeitig so schön, wie diese Familie das in dem Moment gelöst hat. 

00:53:58.000 

Matthias Renger: Voll. Richtig guter Moment. Was sind Lügen, die du in so einem Moment schon mal gehört hast? Weil du meintest, du hörst auch manchmal Eltern ihre Kinder dann anlügen. 

00:54:06.000 

Raúl Krauthausen: Ja, so was wie der Art Aua oder guck mal, der hat aber ein tolles Auto oder wenn die fragen, warum ist der so klein? Ganz oft die Antwort, du bist ja auch noch klein. Aber Kinder wissen ja, dass es nicht das Gleiche ist und dass sie noch größer werden wahrscheinlich. Und deswegen, das meine ich mit Lügen. Also, sie wollen ihre Kinder irgendwie vor etwas bewahren, wovor sie sie gar nicht bewahren müssen. Dann merkt man, wenn ich einen schlechten Tag habe, dann gehe ich da auch rein und sage dann, ihr Kind wird schon aushalten, dass es kein Auto, sondern ein Rollstuhl ist. Oder ihr Kind wird aushalten, dass das noch wächst und ich vielleicht nicht. Sagen sie es ruhig. Ja. Ich glaube, sagt er was über die Eltern aus als Kinder. 

00:54:55.000 

Matthias Renger: Ja, genau. Glaube ich auch. Hattest du schon mal, dass Eltern ihre Kinder ermutigt haben, dich selber zu fragen? Und wie würdest du es finden, wenn das so ist? 

00:55:02.000 

Raúl Krauthausen: Ja, da speiten sich auch die Geister. Also ich hätte damit glaube ich kein Problem, obwohl das ein bisschen tagesformabhängig ist. Aber ich kann Menschen mit Behinderungen, die das grundsätzlich ablehnen, so nach dem Motto, wir sind jetzt auch nicht euer Erklärbär. Und ich habe das so ein bisschen als Angry Cripple gelesen. Sowas wie, ja komm jetzt tu dir noch mal den Gefallen und entlaste in dem Moment die Situation. Kannst ja mal erklären. Aber dann habe ich mich eines Tages im Regionalexpress wieder gefunden, wo eine Kindergartengruppe einstieg und die Erzieherinnen offensichtlich erleichtert waren, dass die Kinder von mir so fasziniert waren, dass ich sie unterhalten habe. Und die Erzieherinnen konnten mal verschnaufen und die haben halt mich immer alle die Frage gefragt, warum bist du so klein, warum bist du so klein, warum bist du so klein. Und ich habe sie bestimmt hundertmal beantwortet und habe dann irgendwann böse zu den Erzieherinnen geguckt und gesagt, warte mal, ich mache hier gerade euren Job so, es nervt jetzt auch. Und das haben die halt nicht gesehen. Deswegen verstehe ich auch, wenn es nerven kann. Ja krass, how did we get there? Aber ja, Shitmoves. War es ein Shitmove der Erzieherinnen nichts zu machen und die Kinder einfach mir zu überlassen? 

00:56:30.000 

Matthias Renger: Ich finde ja, das was wir beim Quitmove beschreiben ist ja auch wirklich, also Quitmove ist aus dem Streit aussteigen, beispielhaft was viele wahrscheinlich kennen, zu sagen, ach komm lass gut sein, dabei 

ist überhaupt nichts gut, abhauen, rausgehen, weggehen. Und das kann natürlich auch einen von vornherein die Verantwortung gar nicht erst nehmen sein, würde ich schon sagen. 

00:56:51.000 

Iris Gavrich: Ja, würde ich auch sagen. 

00:56:52.000 

Raúl Krauthausen: Gibt es etwas, was ihr an anderen kritisiert, aber selber euch selber nicht gelingt? 

00:56:57.000 

Matthias Renger: Boah, das ist eine gute Frage und ich kann sie gar nicht spontan beantworten, ich muss gerade richtig gucken, warte mal. Weißt du direkt was? 

00:57:05.000 

Iris Gavrich: Ich mag es nicht so gerne, wenn andere sehr urteilend sind, aber manchmal morgens, wenn ich meinen ersten Kaffee getrunken habe, kann ich schon mich erstmal über ein paar Dinge aufregen und sehr urteilend sein, sagen, warum haben die bei dem Fernsehsender schon wieder das Format gemacht? Warum macht… 

00:57:28.000 

Raúl Krauthausen: Haben sie wieder Höcke eingeladen? 

00:57:30.000 

Matthias Renger: Und dann lädst du Höcke ein. 

00:57:33.000 

Iris Gavrich: Nein, aber ja, oder ich reg mich manchmal wahnsinnig über andere Creator, Influencer, Promis auf, dass ich mich manchmal frage, warum macht ihr das so, wie ihr das macht? Und eigentlich will ich ja gar nicht urteilen. Ich will ja eigentlich die Leute ihr Ding machen lassen, aber da bin ich auch nicht so gut da drin, würde ich sagen. 

00:57:58.000 

Matthias Renger: Von mir ist es vielleicht was oberflächlicheres. Geräusche, würde ich sagen. 

00:58:02.000 

Iris Gavrich: Geräusche? 

00:58:03.000 

Matthias Renger: Ja, Geräusche sind was, was mich ja manchmal nerven kann, wenn ich das Gefühl kriege, dass Leute richtig… Es sind oft „Es“ 

Geräusche, ja, die mich dann so ein bisschen… Ich bin dann so ein bisschen… Wie ist das Wort? Miso… Nee. 

00:58:17.000 

Iris Gavrich: Misophonie? 

00:58:19.000 

Matthias Renger: Ist es Misophonie? Ja, wahrscheinlich. Ja, das bin ich ein bisschen und ich bin ganz sicher, dass ich selber nicht leiser bin. Das ist wirklich eine Fokusfrage, ob es mir gelingt wegzuhören. 

00:58:23.000 

Raúl Krauthausen: Ja, meine Mutter hat immer zu mir gesagt, oft stören einen die Eigenschaften an anderen Menschen, die man selbst in sich trägt. Besser bis dabei oder schmatzen oder was. Da soll man erstmal bei sich selber gucken, was man selber davon eigentlich macht. Aber es fällt, ja, es ist leicht gesagt als getan. Was auch ein Shitmove ist übrigens, zu sagen, ja, kehr doch mal von deiner eigenen Tür. 

00:59:00.000 

Matthias Renger: Jo. 

00:59:01.000 

Raúl Krauthausen: Was gar nicht so leicht ist und auch ein Vorwurf ist schnell gemacht, aber da bei der Lösung des Komplex beizutragen, das ist halt dann die Arbeit. 

00:59:08.000 

Iris Gavrich: Ja. 

00:59:09.000 

Matthias Renger: Ist ja auch einfach eine komplette Verweigerung von einer Kritik, die vielleicht total gerechtfertigt ist. Am schlimmsten ist es, wenn sie sogar annehmbar und konstruktiv formuliert ist, dass man jemanden wirklich so eine tolle, wertvolle Kritik gibt und dann als Antwort bekommt, aber selber. 

00:59:28.000 

Raúl Krauthausen: Stimmt. Und da musste ich mir auch an meine Nase fassen, wenn man diesen Satz vielleicht mal gesagt hat, du aber auch. 

00:59:36.000 

Matthias Renger: Ja. 

00:59:37.000 

Raúl Krauthausen: Ihr habt ja diesen Podcast gemacht und das Buch geschrieben, oder stelle ich euch jetzt mal, autodidaktisch. Also ihr habt jetzt irgendwie angefangen, macht das jetzt einfach und habt euch dann dieses Thema, was ja auch Psychologie ist, irgendwie reingenerdet. Also ist ja auch legitim. Aber habt ihr nicht auch mal die Beobachtung, dass wir jetzt mit Worten um uns werfen, so wie toxisch oder narzisstisch, ohne die eigentliche Bedeutung zu meinen, sondern das einfach so als Beleidigung oder als sagt man jetzt halt so, mich triggert das, aber das sind Trigger, ganz andere Sachen oder viel größere Sachen. Ist das nicht auch eine Entwertung der Disziplin, Psychologie? 

01:00:19.000 

Iris Gavrich: Ja, ich finde auch, dass diese Wörter wie Trauma und Trigger so inflationär produziert werden, das finde ich ganz schwierig oder dass wir einfach jetzt super schnell sagen, die Person ist ein Narzisst. Das kann ich sofort sehen. Also wir diagnostizieren um uns herum und das finde ich ganz schwierig aktuell, dass man da einen guten Weg findet, dass man einfach auch weiß, ich kann nicht eine Person einfach als einen Narzisten diagnostizieren. Da gehört wahnsinnig viel Wissen dahinter und man hat nicht die Expertise, um das zu tun. 

01:00:59.000 

Matthias Renger: Und dazu haben wir ja auch noch erst kürzlich gelernt, wir haben eine Folge nur über Narzissmus gemacht und dabei festgestellt, es gibt doch dieses ICD, dieses Diagnosehandbuch und das wird immer mal wieder geupdatet und in der neuesten Version sind diese Schubladen wirklich klare Etikettierungen, Diagnosen, das ist Narzissmus. Das ist nicht mehr so, das wird nicht mehr so gemacht in der eigentlichen Anwendung. Das heißt aber, das ist die Vorgabe und das bedeutet noch lange nicht, dass alle Menschen, die in dem Beruf praktizierend sind, in welcher Form auch immer, gerade in Psychiatrien, dass die das sofort umsetzen, weil sie vielleicht sagen, Moment, mit allem was davor Vorgabe war, bin ich sehr erfolgreich gefahren, da bleibe ich dabei. Aber es ist eben die neue Norm und diese Diagnosen gibt es also in der Gesellschaft zunehmend, während sie in der Praxis abnehmen. 

01:01:50.000 

Iris Gavrich: Ich finde, das Problem, was wir momentan haben, ist, wir versuchen auch durch Social Media immer schneller eine Meinung zu haben von einer Sache, aber dabei lernen wir gerade so viel und uns wird so viel offenbart, dass wir eigentlich viel mehr Fragen haben müssten. Also 

so geht es mir auch bei den meisten Themen, dass ich merke, Wahnsinn, ich weiß so wenig über das Thema, umso mehr ich davon erfahre, dass ich eigentlich noch viel mehr Fragen stellen müsste, anstatt jetzt schon eine fertige Meinung zu haben. 

01:02:20.000 

Matthias Renger: Ich würde aber auf jeden Fall noch Vorteile daran auch mit reinwerfen in die Waagschale, weil diese Wörter, es ist selbstverständlich so, wenn das inflationär genutzt wird und vor allem, wenn man damit jemandem was wegnimmt, weil man Label draufpappt und sagt, du bist ein Narzisst, sind wir ja im Grunde alle. Also eine narzisstische Züge hat man, sobald man ein Ego hat und ich kenne niemanden, der keins hat. Aber die Frage des Ausmaßes kommt dazu und ob krankhaftes Verhalten, ob man anderen schadet, das ist alles klar. Aber eine Sprache zu haben, die man vielleicht aus so einer Disziplin wie der Psychologie entlehnt, die einen ermächtigt, weil man Worte für etwas findet, wofür man vorher keine Worte hatte, wenn man das für sich selber gewinnbringend nutzt, finde ich das eigentlich auch eine tolle Entwicklung. 

01:03:06000 

Raúl Krauthausen: Ja klar, also dass wir nicht immer wieder neu beschreiben müssen, was gemeint ist, sondern dass das quasi mit einem Wort abgekürzt werden kann. 

01:03:13.000 

Matthias Renger: Ja, es ist ein neues Werkzeug und wie mit allen Werkzeugen ist dann immer die Frage, wie setzt du es ein? 

01:03:19.000 

Raúl Krauthausen: Ich habe mir mal den Spaß erlaubt, weil ich habe auch mal den Vorwurf gehört, ich wäre ein Narzisst und habe dann gedacht, ok, ich kannte das Wort nicht und mir wurde das halt vorgeworfen und dann habe ich gegoogelt. Narzissmus, Hilfe, ich bin ein Narzisst, wie werde ich mein Narzissmus los? Und das interessant ist, und da wurde ich skeptisch, dass es quasi nur Ratgeber gibt für Leute, die mit Narzissen zu tun haben, aber es gibt null, wirklich null Lektüre für Menschen, die selber dagegen arbeiten wollen, Narzisst zu sein. 

01:03:56.000 

Matthias Renger: Ja. 

01:03:57.000 

Raúl Krauthausen: Und das heißt, das ist ein Shitmove, das ist ein Totschlattergument, du Narzisst, weil du kannst damit nichts dagegen 

machen, du bist einfach das Arsch. Und das finde ich immer gefährlich, wenn es so eine Sackgasse ist. 

01:04:10.000 

Matthias Renger: Ja. 

01:04:11.000 

Iris Gavrich: Das stimmt schon, als wir auch die Recherche für unsere Folge gemacht haben, da habe ich wenn, dann nur YouTuber gefunden und ein paar TikToker, die selber von sich aus erzählt haben, dass sie Narzisten sind und dann erzählt haben, wie sie denken, fühlen, wie sie es besser machen können, aber eigentlich, es stimmt, was du sagst, es war immer nur, wie gehst du mit Narzisten um? 

01:04:33.000 

Matthias Renger: Das ist vielleicht dann in den Personen, noch nicht in Literatur, zumindest kenne ich es auch nicht so, aber in diesen Personen, die wir da gefunden haben, da war doch einer dabei, der gesagt hat, er ist ein sympathischer Narzisst. War das das Wort sympathischer? Aber auf jeden Fall einer, der angenehm und funktionierend für die soziale Interaktion umgeht mit seinem Narzissmus. Daran kann man sich dann vielleicht orientieren, wenn einem das vorgeworfen wird, so jemandem zuzuhören, warum sagt er, dass er es angenehm und sympathisch und funktionierend behandelt? 

01:05:04.000 

Raúl Krauthausen: Also in meinem Kopf ging dann so Fragen weiter, wenn ich jetzt hier also google, dass ich mein Narzissmus loswerden will, bin ich deswegen kein Narzisst? Oder aber auch, ist die Person, die den Vorwurf geäußert hat, vielleicht selber Narzisstin oder Narzisst, weil das einfach genau das Toxische ist. 

01:05:25.000 

Matthias Renger: Das ist leider echt so ein richtig, das ist glaube ich auch ein Sonderfall bei dem Punkt Narzissmus. Es wird wirklich gerne von Narzisten als Vorwurf verwendet. Wobei ich jetzt ja nicht einen konkreten Fall kenne und gerade auch Ja gesagt habe, wenn sie die Personen jetzt zuhören und sagen, ja der bestätigt einfach, ich bin hier der Narzisst, weiß ich ja nicht, aber dass das häufig vorkommt, beobachte ich auch. 

01:05:48.000 

Raúl Krauthausen: Also auf jeden Fall finde ich es sehr spannend, dass man quasi mit diesen neuen Worten auch wieder neue Waffen in der Hand hat, die auch Schaden anrichten können und gerade wenn es dann so 

autodidaktisch ist, man auch Verantwortung trägt. Spürt ihr diese Verantwortung? 

01:06:04.000 

Iris Gavrich: Schon, ich glaube deswegen machen wir auch so diesen regen Austausch mit der Community, weil ich das Gefühl habe, man muss sich die ganze Zeit weiterbilden. Ich weiß nicht, wie es bei dir ist Raul, ich finde es schwierig, wenn man selbstständig ist und eigene Projekte macht, dass man sich permanent weiterbildet und ich finde zum Beispiel so ein Podcast jetzt und immer wieder im Austausch sein und sich immer wieder mit neuen Themen beschäftigen und dann auch immer viel Feedback von der Community haben, mich bringt das total weiter. Und ich merke auch dadurch erst eine wachsende Verantwortung. 

01:06:40.000 

Raúl Krauthausen: Ja total, also vielleicht auch weil ihr Fragen stellt. 

01:06:44.000 

Matthias Renger: Genau. 

01:06:45.000 

Raúl Krauthausen: Also wenn man keine Fragen stellt, bzw. wenn man Fragen stellt, für deren Antworten man sich gar nicht interessiert, das gibt es ja auch gerne auf Social Media, schreibt es in die Kommentare. Wie findet ihr das? Kennt ihr das, diese Fraglöcher mit der AskRoy oder Fraglöcher? Und dann interessiert sich die Marke oder die Person aber gar nicht, wie die Antworten. Wenn man sich dafür interessiert, ist die Lernkurve sehr steil. 

01:07:10.000 

Matthias Renger: Bei psychologischen Sachen ist bei uns auch nochmal, ich habe die Möglichkeit, beide meine Schwestern haben Psychologie studiert, arbeiten mit dem Beruf, dass ich, wenn wir was sagen wollen, weil wir es interessant finden und nicht als Frage formulieren, dass ich da nochmal abklopfen kann, ist das okay, wenn wir das so sagen oder machen wir da was völlig falsch? Also diese Absicherung ist auch nochmal da, um mit der Verantwortung umzugehen. 

01:07:35.000 

Iris Gavrich: Ich merke schon manchmal eine totale Überforderung bei manchen Themen. Also zum Beispiel, ich hatte, das ist vor zwei Jahren passiert, ich hatte eine junge Schülerin, die mir geschrieben hat auf Instagram und die war, ja, sie war schon richtig begeistert und irgendwann mal fing es dann an, dass sie halt erzählt hat, dass ihr Lehrer 

sie anfasst und was sie dagegen machen kann und sie war 13 und ich war halt immer sehr höflich und habe irgendwie versucht, herauszufinden, wie, also am Anfang, bevor sie mir das mit dem Lehrer erzählt hat, da habe ich immer nette und höfliche Antworten geschrieben, weil ich wusste, es ist ein junges Mädchen und ich antworte da drauf und schubs sie nicht weg, weil es kann ja sein, dass so jemand auch das falsch verstehen könnte. Dann fing es aber an, dass sie mir das mit dem Lehrer erzählt hat und ich war total, ich bin heute noch überfordert, ich merke es richtig, weil ich das gar nicht richtig erzählen kann gerade. Ich wusste nicht, was ich machen sollte, weil sie hat plötzlich davon erzählt, sie will sich umbringen. Und dann habe ich die Polizei halt eingeschaltet und habe halt gesagt, okay, ich habe hier ein junges 13-jähriges Mädchen und ich habe die folgende Daten, also auf welche Schule sie gegangen ist und der Name und dann hat der Polizist gesagt, sie gibt es wirklich und dann wurde sie da auch von der Polizei zu Hause dann besucht, weil es halt, weil sexueller Missbrauch im Raum stand und dass sie sich umbringen will. Und ich hatte, ich bin bis heute mit mir, ich denke öfter an den Fall und denke dann, war das richtig, direkt die Polizei anzurufen oder war es vielleicht was anderes, wollte sie nur Aufmerksamkeit, dann bin ich im nächsten Moment genau bei dem Gedanken, ist es überhaupt richtig von mir zu denken, dass sie nur Aufmerksamkeit wollte. Also versteht ihr, wie ich meine, es fängt so ein Kettenkarussell an Gedanken an und ich kriege öfter Nachrichten, die sehr intensiv sind in so einer Form und da merke ich schon, das ist manchmal schon sehr überfordernd und ich habe für alles noch nicht eine Antwort. Das sind so Themen, die unterschätzt man total, wenn man anfängt mit als Creator zu arbeiten oder Podcaster, weil sich ganz viele Menschen melden, die Hilfe brauchen und das kann manchmal sehr, also es ist bereichernd, extrem bereichernd, aber es ist manchmal auch sehr herausfordernd. 

01:10:06.000 

Raúl Krauthausen: Der Aufzug ist irgendwie fast angekommen und wir sind in unserem deepen Thema drin, dass ich jetzt die ganze Zeit überlege, wie gehen wir mit dem Gefühl raus oder mit was für einem Gefühl wollen wir rausgehen. Ist auch okay, legitim zu sagen, krass, gibt es ein Thema, könnte eine zweite Folge dazu machen oder man könnte irgendwie noch mal eine Perspektive aufzeigen und da fällt mir die Frage ein, was sind denn eure, jetzt aus den jahrelangen Podcasts, eure Top- Tipps, die ihr habt, um in einem Konflikt nicht in eine Shitmove-Falle zu tappen oder um solche schwierigen Situationen auch zu meistern? 

01:10:47.000 

Matthias Renger: Wenn du eine ehrliche interessierte Frage stellst, dann 

schützt dich das davor Bullshit rauszuhauen, weil du einfach sagst, ich weiß, das ist so, ich habe das recherchiert und dann hast du Quatsch recherchiert. Wenn du es ehrlich als Frage meinst, wenn du ehrlich sagst, habe ich dich da richtig verstanden, sonst erklärst mir noch mal, verstehst du mich richtig, verstehst du meine Lage, also diese Fragehaltung wäre der erste Tipp, der mir einfällt. 

01:11:11.000 

Iris Gavrich: Mein Tipp wäre auch, dass man versucht, wir sagen ganz oft den Satz „Keep your identity small“, den haben wir von Daniel Shapiro, also dass du versuchst, deine Identität klein zu lassen und das finde ich einen richtig, richtig guten Tipp, weil du dadurch versuchst auch den Wertekompass, die Identität des anderen Menschen zu verstehen, wo kommt er her, was definiert ihn, warum argumentiert diese Person jetzt so, was ist die Intention dahinter und dass man nicht nur bei sich seinen Werten und seinen Bedürfnissen bleibt und wenn man das schafft, das ist Übung, dann kann das wahnsinnig wertvoll sein und die Konflikte können dadurch wahnsinnig bereichernd werden. 

01:12:00.000 

Matthias Renger: Gestern Abend haben wir noch was zufällig gesehen, woran ich auch sofort wieder denken muss, was helfen kann. Da hat eine, selber ist sie Therapeutin und sie hat eine Art Supervisor, sie hat ihn gefragt, wie sie damit umgehen soll, wenn sie mit Leuten spricht, die sie als verbohrt, engstirnig und festgelegt empfindet. Und er fragt sie zurück, er sagt, wie geht es denn dir, was macht das denn bei dir, wenn du jemanden vor dir sitzen hast, der eigentlich Hilfe von dir will oder annehmen sollte und du fühlst, diese Person ist verbohrt, engstirnig, lehnt mich ab. Und darauf antwortet sie, naja, das frustriert mich. Und hat er gesagt so, glaubst du dein Gegenüber merkt, dass du frustriert bist? Und was macht das wiederum mit deinem Gegenüber, mit der Person? Vielleicht dann wird es so ein Teufelskreis. Allein das sehe ich klar zu machen, dass das, was ich im anderen sehe, was mich nervt beim anderen, auch was du vorhin meintest, das stimmt sicherlich nicht in 100% der Fälle, aber oft stört uns ja das, was irgendwie, ich würde es mal lockerer formulieren, das muss deshalb nicht auch unser eigener Fehler sein. Und dieses, was auch immer mich emotional macht, aufregt, frustriert, provoziert, hat was mit mir zu tun, ist super hilfreich, wenn man das weiß. Ich glaube nicht, dass man das in Realzeit mitten im Streit auf einmal alles organisieren und 

regeln kann, aber das ist jedenfalls ein Tipp für wiederkehrende Streits, für Dinge, die immer wieder dich aufregen, dass du dich in ruhigen Momenten fragen kannst, warum, was hat das eigentlich immer wieder mit mir zu tun? Kann ich da Schritte vorwärtskommen? 

01:13:37.000 

Raúl Krauthausen: Ich habe mal gelernt, dass es sehr hilfreich sein kann, um eben nicht in diese Ja-aber- Falle zu tappen, einfach sich auch Zeit zu erbitten, darüber nachzudenken, weil einen das getroffen hat oder weil das neuer Gedanke ist, den man so noch nicht gedacht hat, um an der Reaktion überzugehen. Und selbst wenn man ein Aber-Argument hat, ist es oft besser, das erst 48 Stunden später zu sagen, als gleich als Reaktion. 

01:14:03.000 

Matthias Renger: Ja, und guck mal, eigentlich müsste es ja sogar in Ordnung sein, wirklich ohne Begründung, nur um Zeit zu bitten, einfach zu sagen, ich brauche einen Moment Zeit, aber du hast gerade zwei Begründungen mit dazu angeboten, zu sagen, weil mich da gerade was getroffen hat oder weil das ein neuer Gedanke für mich ist. Wenn dir das gelingt, das ist ja, also ich könnte das super annehmen, selbst wenn ich gerade wirklich aufgebracht bin, aber wenn mir jemand sagt, mir muss noch nicht mal viel liegen an der Person, wenn mir jemand sagt, ich brauche Zeit, mich hat was getroffen, ich könnte das wirklich gut annehmen, glaube ich. 

01:14:36.000 

Raúl Krauthausen: Hoffen wir es. Ich lerne daran auch. Eine Frage, die ich alle Gäste frage, weil ich das wirklich als Teil meiner Verantwortung sehe, gibt es irgendeine Organisation, irgendein Projekt oder Personen, die den Hörer*innen empfehlen würdet, die man sich mal anschauen könnte oder sollte oder unterstützen könnte oder sollte, was nicht ein eigenes Projekt ist? 

01:15:01.000 

Iris Gavrich: Bei mir wäre es die ARVC Selbsthilfegruppe. Die ist sensationell und zwar, das ist ein Herz, also es ist ein Herzthema. Ich beschäftige mich ganz viel mit dem Herz, weil ich selber was mit dem Herzen habe und weil familienbedingt und so. Und die ARVC Selbsthilfegruppe, die haben sich zusammengeschlossen, weil das ist eine ganz verrückte Genmutation im Herzen. Dein Herz verformt sich zu Fett und daran stirbst du. Also ganz vereinfacht gesagt. Und das gibt es. Und wenn wir zum Beispiel ganz oft im Fernsehen sehen, junger Sportler, einfach zusammengebrochen, tot, dann kann es sein, dass dieser Gendefekt 

dahintersteckt und der ist super selten, aber er ist bisher einfach noch nicht richtig gut erforscht. Und dass solche seltenen Dinge nicht erforscht werden, hat ja mit verschiedenen Faktoren zu tun, zum Beispiel, weil es nicht Gelder gibt dafür, weil es eben zu selten ist. Und diese Selbsthilfegruppe hat sich zusammengetan. Und da gibt es auch eine Webseite dafür, die heißt ARVC Selbsthilfegruppe, die ist super gut organisiert. Ich finde es toll, dass man merkt, dass so Menschen mit seltenen Herzfehlern, Herzgeschichten, sich auch da zusammentun und man ganz viel darüber lernen kann. Also zum Beispiel so Herzmuskelentzündungen. Man denkt immer, das gibt es und es verheilt dann einfach, aber man weiß gar nicht, dass ganz viele Kardiologen und Kardiologinnen gar keine Ahnung haben, woher das kommt. Also das ist noch gar nicht richtig erforscht. Und das ist einfach ein total spannendes Thema und ich glaube, diese Organisation oder bzw. auch diesem 

Aspekt mehr Aufmerksamkeit und vielleicht auch Geld zu widmen, fände ich gut. 

01:16:52.000 

Raúl Krauthausen: Und bei dir Matthias? 

01:16:53.000 

Matthias Renger: Du hattest mich ja zwischendurch danach gefragt, wie eigentlich bei mir die Sozialisierung war, wie ich aufgewachsen bin. Und da bin ich kurz drüber gegangen, habe gesagt, warte, ich will erst anknüpfen an das, was Iris gesagt hat. Bei mir ist es so, dass ich mit einer älteren Schwester aufgewachsen bin, die Mukoviszidose hat. Und da merke ich immer wieder, dass das was ist, was nicht nur sie jetzt persönlich dann freut und berührt, wenn mal irgendwo erwähnt wird, dass es den Mukoviszidose-EV gibt, sondern dass das, es ist einfach ein Thema. Ich glaube, das ist ein tolles Argument dafür, sich damit zu beschäftigen und da vielleicht was zu unterstützen, wenn es geht. Es ist eine Krankheit, auch eine Erbkrankheit, bei der große Fortschritte durch Forschung möglich sind. Weil sie immer, jetzt ist sie etwas über 40 und sie war immer in einem Alter, in dem es hieß, da liegt die statistische Lebenserwartung. Als sie geboren wurde, hieß es ja, damit wird man geboren, das war es. Und so, immer in dem Alter, wo sie gerade ist, jetzt ist es gerade Pan 40, die durchschnittliche Lebenserwartung, weil Forschung echt was bringt. Mukoviszidose-EV. 

01:18:02.000 

Raúl Krauthausen: Das sind zwei super spannende Organisationen. Ich kann selber als jemand, der auch in mehreren Organisationen ist, Mitglied auch 

noch ergänzen, dass Forschung eine Sache ist. Aber es ist auch sehr heilsam und hilfreich zu sehen, wie andere Leute mit einer ähnlichen oder dergleichen Diagnose umgehen. Da geht es nicht unbedingt um Heilung oder Überwindung oder Erlösung, sondern einfach auch zu sehen, okay, es gibt verschiedene Lebensmodelle, auch damit oder Strategien, damit umzugehen. Und das hat mir sehr geholfen. Ich erzähle immer wieder gerne die Geschichte. Also ich habe halt Glasknochen und bin kleinwüchsig und habe mich halt immer in dieser Selbsthilfegruppe von Menschen mit Glasknochen gesehen. Ich habe mich da angemeldet und meine Eltern haben mich da schon angemeldet. Und da gehe ich halt regelmäßigen ab und zu. Und dann war ich eingeladen zu einer Lesung beim Bundesverband der Kleinwüchsigen. Ich habe mich nie als Kleinwüchsig identifiziert, sondern als der mit Glasknochen. Und habe dann da eine Lesung gehabt und dann haben die mich gefragt, ob ich Mitglied werden will. Und habe gesagt, wieso, ich habe doch Glasknochen. Und die meinten, ja, wir wollen dir nicht zu nahe treten, aber du bist auch klein. Genau, dieser Humor auch. Obviously. Und das macht so Sinn. Natürlich kann man in mehreren Fällen Mitglied sein, auch wenn du nur teilweise oder anders betroffen bist. Aber das fand ich super. Ich habe super viel von denen gelernt. 

01:19:35.000 

Matthias Renger: Ja, sehr gut. 

01:19:36.000 

Raúl Krauthausen: Wenn die Tür jetzt aufgeht vom Fahrstuhl, wo, welche Etage ist es und wo geht es bei euch weiter? 

01:19:43.000 

Iris Gavrich: Das Erdgeschoss. Jetzt wird erstmal weiter gearbeitet. 

01:19:49.000 

Matthias Renger: Das ist auch meine erste Antwort gewesen, das Erdgeschoss. Na klar. Das Ganze hat auch geerdet. Ich nehme schon was mit, von dem, worüber wir gesprochen haben, von dem Gefühl auch. Weil wir schon diese Ernsthaftigkeit in einigen der Themen dann auch ausgehalten haben, finde ich auch, fand ich genau richtig, das zu machen. Aber das tun wir in unserer Arbeit auch. Also das ist jetzt kein komplettes Umschalten für mich, für dich. 

01:20:15.000 

Raúl Krauthausen: Und das ist das Coole, weil die Podcasts, die es mit euch, über euch gibt, da redet man dann schnell über die Definition von 

Shitmove und liest mal was vor und sagt mal und so. Und das ist ja beim Thema Inklusion genauso. Ja, wann willst du denn das, erzähl mal, wie war das für dich? Und Mobilität und Reisen und wie machst du das? Und ich versuche halt, die Menschen kennenzulernen. Beziehungsweise Motive und so. Heute habe ich das Gefühl, haben wir eine Ebene gefunden, die uns auch verbunden hat. 

01:20:44.000 

Matthias Renger: Ja. 

01:20:45.000 

Iris Gavrich: Total. Das war richtig schön. Vielen Dank, dass du uns eingeladen hast. 

01:20:49.000 

Raúl Krauthausen: Ja, danke für eure Zeit. 

01:20:51.000 

Matthias Renger: Steigst du auch im Erdgeschoss aus oder wie ist es bei dir? Wie gehst du jetzt weiter? 

01:20:55.000 

Raúl Krauthausen: Ich steige auch im Erdgeschoss aus und muss so krass was essen. 

01:20:58.000 

Iris Gavrich: Ja. 

01:21:00.000 

Raúl Krauthausen: Ich habe einfach Hunger. 

01:21:02.000 

Matthias Renger: Alles klar. 

01:21:04.000 

Iris Gavrich: Vielen, vielen Dank. 

01:21:05.000 

Matthias Renger: Ja, danke dir auch. 

01:21:06.000 

Raúl Krauthausen: Ja, ich danke. Auf bald. 

01:21:07.000 

Matthias Renger: Auf bald. 

01:21:11.000 

Raúl Krauthausen: Danke fürs Mitfahren. Wenn ihr mögt und euch diese Folge Spaß gemacht hat, bewertet diese Folge bei Apple Podcasts, Spotify oder wo auch immer ihr zuhört. Alle Links zur Folge, sowie die Menschen, die mich bei diesem Podcast unterstützen, findet ihr in den Show Notes. Schaut da gerne mal rein. Wenn ihr meine Arbeit unterstützen möchtet, würde ich mich freuen, euch bei Steady zu begrüßen. Mit einer Steady-Mitgliedschaft bekommt ihr exklusive Updates von mir und die Gelegenheit mich zweimal im Jahr persönlich zu treffen. Im Aufzug ist eine Produktion von Schönlein Media. Ich freue mich auf das nächste Mal hier im Aufzug. 

ALT-Text: Das Bild zeigt ein fröhlich lächelndes Paar, Matthias Renger und Iris Gavric, die nebeneinander stehen und in die Kamera blicken. Matthias trägt ein dunkelblaues Shirt und hat dunkle lockige Haare, während Iris ein kobaltblaues Oberteil trägt und lange dunkle Haare hat. Über ihnen steht der Schriftzug "IM AUFZUG". Unterhalb des Paares ist ein Zitat abgebildet: "Uns melden Menschen zurück, dass sie sich nach etwas Authentischem sehnen." - Folge 51. Im unteren Bereich ist der Hinweis "Finanziert durch Steady" zu sehen. Der Hintergrund ist in einem neutralen Blauton gehalten, was die beiden Personen hervorhebt.

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Dieser Podcast ist eine Produktion von Schønlein Media.
Produktion: Fabian Gieske , Anna Germek
Schnitt und Post-Produktion: Jonatan Hamann

Coverart: Amadeus Fronk

1 Kommentar zu „Im Aufzug mit Iris Gavric und Matthias Renger“

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