Im Aufzug mit Tadzio Müller

Wie protestiert man erfolgreich?

Der Aufzug stand im Sommer still, aber jetzt läuft er wieder auf Hochtouren: Und das zelebrieren wir mit einer besonders langen und vielleicht auch anspruchsvolleren Fahrt, die mich noch eine ganze Weile beschäftigt hat.

Vor dem Gespräch war ich aufgeregt. Denn Tadzio Müller inspiriert mich schon lange und meine Liste an Fragen war lang. Und so hatten wir unglaublich viel zu besprechen: von Kapitalismus bis Aktivismus, von Klimadepression bis Hoffnung. Tadzio ist Aktivist durch und durch: Für ihn ist die soziale Bewegung, das Mittel, das ihn antreibt. Trotz oder gerade wegen des düsteren Bilds, das er über die Zukunft zeichnet, bleibt er nicht stehen. Wir haben darüber gesprochen, wie er das macht, was die Klimadebatte mit Trauer zu tun hat und wie effektiver Aktivismus geht. Was bedeutet ein Klimakollaps für uns konkret? Warum hat sich die Mehrheit unserer Gesellschaft noch nicht positioniert? Und welche Rolle spielt das kollektive Verdrängen in der Klimakrise? Am Ende dieses Gesprächs hat Tadzio nicht nur einige Zigaretten geraucht, auch unsere Köpfe haben gequalmt. Warum Olaf Scholz eigentlich eine Therapie machen müsste und warum Klimaaktivist*innen auch keine besseren Menschen sind, hört ihr in dieser Folge – mit Tadzio Müller.

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Der Aufzug stand, wie ihr wisst, im Sommer still. Aber jetzt läuft er wieder auf Hochtouren. Und das zelebrieren wir mit einer besonders langen und vielleicht auch etwas anspruchsvolleren Fahrt, die mich noch eine ganze Weile beschäftigt hat. Vor dem Gespräch war ich aufgeregt. Denn Tadzio Müller inspiriert mich schon lange. Und meine Liste an Fragen war extrem lang. Und so hatten wir unglaublich viel zu besprechen. Von Kapitalismus bis Aktivismus, von Klimadepression bis Hoffnung. Tadzio ist Aktivist durch und durch. Für ihn ist die soziale Bewegung das Mittel, das ihn antreibt. Trotz oder gerade wegen des düsteren Bildes, das er über die Zukunft zeichnet, bleibt er nicht stehen. Wir haben darüber gesprochen, wie er das macht, was die Klimadebatte mit Trauer zu tun hat und wie effektiver Aktivismus geht. Was bedeutet ein Klimakollaps für uns konkret? Warum hat sich die Mehrheit unserer Gesellschaft noch nicht positioniert? Und welche Rolle spielt das kollektive Verdrängen in der Klimakrise? Am Ende dieses Gesprächs hat Tadzio nicht nur einige Zigaretten geraucht, auch unsere Köpfe haben gekämpft. Warum Olaf Scholz eigentlich eine Therapie machen müsste und warum Klimaaktivistinnen auch keine besseren Menschen sind, hört ihr in dieser Folge mit Tadzio Müller.

Die Tür geht auf und wer kommt rein? Oh mein Gott, ich freue mich so unglaublich. Seit zwei Jahren versuche ich irgendwie Anschluss zu finden und jetzt haben wir es geschafft. Tadzio Müller, herzlich Willkommen im Aufzug.

00:02:24.000  

Tadzio Müller: Hi, vielen Dank, dass ich hier sein darf. Ich habe mich auch schon mega lange darauf gefreut, mit dir mal zu reden und jetzt fühle ich mich total privilegiert, hier zu sein und bin auch ein bisschen aufgeregt, weil ich auch deine Arbeit wirklich total bewundere.

00:02:35.000  

Raúl Krauthausen: Danke schön, das freut mich sehr. Wir haben viel zu besprechen für die, die dich noch nicht so gut kennen. Du bist Klimaaktivist, du bist Queeraktivist, du bist Politikwissenschaftler und vor allem bist du strategischer Vordenker von Ende Gelände. Und das finde ich natürlich alles mega spannend.

00:02:53.000  

Tadzio Müller: Dazu erstmal vielen Dank für diese Vorstellung. Ich würde sagen, ich bin nicht strategischer Vordenker von Ende Gelände. Also wenn man die Vordenkervokabel nutzen will, was mich natürlich sehr schmeichelt, ich versuche sozusagen am radikalen Flügel der Klimabewegung strategisch nach vorne zu denken.

00:03:07.000  

Raúl Krauthausen: Okay.

00:03:08.000  

Tadzio Müller: Was denn da, wo denn da die Ideen aufgenommen werden, ob das bei EEG ist oder, also letzte Generation oder bei Ende Gelände oder im XR-Umfeld. Mir geht es ein bisschen darum, dem radikalen Flügel Vorschläge zu machen, wie wir in einer zunehmend schwierigen Situation nach vorne agieren können, was ja echt immer schwieriger wird.

00:03:26.000  

Raúl Krauthausen: Und was ich halt gerade so spannend finde in diesem ganzen Kontext, dass du das ja wirklich auch aus professioneller Erfahrung tust. Du hast es studiert, du bist Politikwissenschaftler, du hast Bewegungen studiert, du kennst dich da sehr tief aus und stellst viele kluge Gedanken und Fragen in den Raum, wie wir sicherlich alles versuchen wollen, hier einigermaßen abzuhandeln. Aber bevor wir loslegen, hattest du schon einmal einen awkward moment in einem Aufzug?

00:03:54.000  

Tadzio Müller: Ja, es war in einem Hotel in Schöneberg, wo ich mit irgendjemandem die Nacht verbracht habe. Und dann sind wir wieder runtergefahren, um Zigarette zu rauchen, kamen wir da rauf, haben dann so im Aufzug rumgemacht und dann stieg jemand in den Aufzug ein, als ich nicht vollkommen präsentabel war. That was very, very, very awkward.

00:04:17.000  

Raúl Krauthausen: Und es hat aber glöpfelig ausgegangen, da hat niemand zu schaden gekommen.

00:04:21.000  

Tadzio Müller: Ich glaube, das ist ein gay-friendly Hotel, der stand dann einfach eher nur so etwas peinlich berührt da und dann so „Gott, I hope I can get off soon“.

00:04:29.000  

Raúl Krauthausen: Ja, Aufzüge sind Unorte. Oder wie nanntest du das? Non-places?

00:04:33.000  

Tadzio Müller: Genau, Non-places, Nicht-Orte. Also das haben wir im Vorgespräch kurz gehabt, dass Aufzüge sind ein bisschen so wie Airport-Lounges oder Wartehallen im Bahnhof. Die sind nicht Orte, wo man nichts tut, nicht mit Leuten interagiert, sondern die sind einfach so eine Art, die sind der Warteraum in der Zeit. Es ist einfach so eine Art, ja, ein Non-Place, der keinerlei Färbung, keinerlei Inhalt hat. Und deswegen finde ich es so spannend, dein Format.

00:04:58.000  

Raúl Krauthausen: Genau. Und das ist aber auch so ein Ort, wo alle in diesem Konsens sind, dass es auch okay ist, dass jetzt hier man sehr nah beieinander ist, vielleicht sogar Haut an Pasche sich berührt.

00:05:09.000  

Tadzio Müller: Und trotzdem nicht miteinander interagiert.

00:05:12.000  

Raúl Krauthausen: Genau.

00:05:13.000  

Tadzio Müller: Man berührt sich, man ist irgendwie, deswegen ist es wie so eine Art Mikrokosmos pass pro toto für die Gesellschaft. Man ist ganz, ganz nah beieinander, aber alle verfolgen irgendwie ihr eigenes Ziel und interagieren dabei nicht miteinander. Das ist eine Art Sinnbild für die schon viel zu spät kapitalistische Gesellschaft.

00:05:31.000  

Raúl Krauthausen: Da könnte man wahrscheinlich auch eine ganze Folge machen. Es gibt noch so viele andere Orte, die unangenehm sind. Neulich habe ich einen Artikel gelesen über den Hauptarchitekten des Potsdammerplatzes. Und er hat sich in diesem Artikel mehr oder weniger entschuldigt, dass dieser Ort nicht funktioniert hat, so wie er sich das gedacht hat.

00:05:51.000  

Tadzio Müller: Was war denn die Idee dahinter?

00:05:52.000  

Raúl Krauthausen: Er dachte, er könnte eine Art Begegnungsort schaffen, wo die Leute dann auch kulturell nach Feierabend miteinander interagieren. Aber das funktioniert scheinbar nicht gut.

00:06:06.000  

Tadzio Müller: Ich weiß gar nicht, wann der gebaut wurde. Der wurde in den 90er Jahren gebaut. Ich kann mich noch erinnern, ganz am Anfang, als der gerade angefangen wurde zu bauen, den Space gesehen zu haben, und dann kam ich 2007 nach Berlin und hab ihn dann gesehen. Und das Ganze ist ja im Grunde wie ein Raumschiff da gelandet. Und klar, da ist im Grunde keine Verbindung zum Rest der Räume, zu den sozialen und kulturellen Räumen. Ich sag das zu deinem naiv anzunehmen, dass man da einfach so ein Raumschiff hinfliegt und die Leute zu dem Raumschiff gehen, wenn sie doch ihre etablierten Orte haben oder dieses Raumschiff dafür da ist, dass sie ihre etablierten Orte verloren haben oder nicht dafür verantwortlich sind.

00:06:36.000  

Raúl Krauthausen: Aber es gibt ja nur noch diese Raumschiffe. Es gibt jetzt am Südkreuz Raumschiff, es gibt jetzt Europa City, es gibt Mercedes-Benz City. Überall sind jetzt diese komischen Raumschiffe hingesetzt worden.

00:06:47.000  

Tadzio Müller: Das stimmt, ja. Und die Art von Architektur, wo man wirklich so sagen kann, das sind vielleicht so Besatzungspunkte. Der Kapitalarmee in einem Raum Berlin, der immer noch nicht komplett dem Kapital unterworfen ist.

00:06:59.000  

Raúl Krauthausen: Und ich nenne es immer die Parkhausromantik. Also romantisch sind wie ein Parkhaus.

00:07:04.000  

Tadzio Müller: Ja, ja, total.

00:07:06.000  

Raúl Krauthausen: Du hast gerade gesagt, du bist 2007 nach Berlin gekommen. Wo warst du davor?

00:07:09.000  

Tadzio Müller: Also ich bin in Frankfurt am Main geboren, in dieser schrecklichen Kapitalistenhochburg. Und bin dann ein bisschen rumgezogen, Hamburg, Heidelberg, Boston, dann Stockholm. Und dann habe ich in Brighton, Südengland, also eine Stunde südlich von London an der Südküste, mein Master’s, meinen Doktor gemacht an der University of Sussex in Global Political Economy und dann International Relations. Und dann habe ich da eben bis Ende 2006 gelebt. Um mal gleich ins Persönliche zu kommen, ich habe ja keine public-private boundaries, sozusagen, da war ich mit meiner damaligen Freundin zusammen und dann habe ich gemerkt, dass ich immer mehr irgendwie auf Männer stehe. Und im Grunde also so ein hedonistischer, zunehmend auf Männer stehender Kommunist war Berlin immer so ein bisschen das gelobte Land. Das war immer das Mecker. Es gibt in der Schwulen-Geschichte immer so Orte der Freiheit, die uns anziehen. Das war in den 50er Jahren, war das Zürich interessanterweise. Dann in den 70er Jahren San Francisco natürlich, dann in den 90ern Amsterdam. Und seit 20 Jahren ist es eigentlich Berlin, ist so das queere Mecca.

00:08:05.000  

Raúl Krauthausen: Ich dachte es war Köln.

00:08:06.000  

Tadzio Müller: Köln ist eher so 80er, 90er Jahre Ralf König Schwulen-Szene. Also Ralf König Schwulen-Szene für die jüngeren Hörerinnen. Das war ein berühmter oder ist ein berühmter schwuler Cartoon-Zeichner, der so ein bisschen das schwule Lebensgefühl der 80er und 90er sehr, sehr gut oder zumindest das Lebensgefühl, irgendwie weißer Cis Schwuler in Deutschland, sehr, sehr gut eingefangen hat. Und Köln ist eher so ein bisschen retro. Berlin ist schon das internationale Queer-Experiment. Du hast wahnsinnig viele Queere-Migrantinnen in Berlin aus allen Teilen, also aus jedem Land der Welt, eben weil es uns halt anzieht. Weil Berlin, ich meine diese Art von Libertärer-Gesellschaft, die ja im Grunde, wir wissen es ja alle von den 1920ern, Berlin hat ja immer schon den Ruf, das ist das, was Leute anzieht. Und natürlich auch in der Welt, die immer dunkler wird, also angesichts der radikal eskalierenden faschistischen Offensive gibt es einfach immer mehr Orte, wo Queers nicht offen das sein können, was sie sind.Und Berlin ist halt immer noch ein Ort, ja, wir haben jetzt irgendwie eine rechte Stadtregierung, aber du kannst ja trotzdem noch irgendwie halbnackt drauf an der Leine von deinem Master durch Schöneberg irgendwie geführt werden. Und nobody, klar, es gibt auch antikirische Gewalt, aber die Gesellschaft der Stadt selbst sagt, okay, das ist erstmal okay. Und das ist auch in München nicht so, das ist in Stuttgart nicht so, das ist in Hamburg nicht so. Das ist was, was spezifisch für Berlin ist, dieses freiheitliche, hier kann man so ein bisschen sein, was man will. Ich weiß, das ist auch ein Mythos, den Berlin über sich selbst erzählt. Aber es stimmt halt, dass in Berlin lebensweltlich und auch auch ökonomisch noch sehr viel mehr Freiheiten sind als in anderen Großstädten Europas.

00:09:42.000  

Raúl Krauthausen: Freiheit dies Jahr zu verteidigen geht, heutezutage?

00:09:45.000  

Tadzio Müller: Absolut, ich meine wir haben jetzt eine Stadtregierung, die ganz klar von rechts kommt, wir haben eine rechte Sozialdemokratie, ist ja kein Zufall, das Sarrazin und wie hieß der Heinz Buszkowski, dieser Neuköllner und auch unsere geliebte Ex- wie heißt sie, Franziska Giffey. Genau, wir haben eine rechte SPD, die mit einer rechten CDU zusammen regiert zusammen regiert und innerhalb der rechten CDU ist der Wegner auch noch einer, der vom rechten Flügel kommt und die macht ganz harte Pro-Auto-Politik. Klar hat der Wegner jetzt auch beim CSD gesprochen, aber im Grunde ist es so, wer Pro-Auto-Politik macht, macht doch irgendwann Anti-Trans-Politik, macht doch irgendwann Anti-Klimapolitik, macht doch irgendwann Anti-Queere-Politik. So und das heißt, es gibt im Grunde Berlin ist einer der Kampforte, wo es so ein bisschen darum geht, gewinnt das links-grün versiffte Projekt noch an Raum, an Land oder sind wir überall dem rechten Backlash gerade ausgesetzt, der sich wie die ich in meinem Newsletter-Text über das Outing der „Coming Out der Arschlochgesellschaft“ geschrieben habe, ja jetzt unglaublich selbstbewusst gerade fühlt.

00:10:44.000  

Raúl Krauthausen: Ja, da komm ich später noch, da drauf. Dein Newsletter heißt „Friedliche Sabotage“. Kann ich sehr empfehlen, ist immer wieder ein Long Read, aber lohnt sich. Ich hab viele neue Gedanken da auch mitgenommen und von dir geschenkt bekommen. Vielen Dank dafür. Aber vielleicht vorher, bevor wir über diese Arbeit von dir sprechen, wer hat denn deine Werte geprägt. Du hast gerade gesagt, du warst in Brighton und hast da deine Doktorarbeit geschrieben. Was war der Auslöser?

00:11:11.000  

Tadzio Müller: Naja, also ich fange nicht mit sozusagen prägenden Köpfen an, sondern mit prägenden Fragen. Die Frage, die mich seit Beginn, also ich bin ’96, genau ’96 angefangen zu studieren, Politikwissenschaft, Geschichte, dann eben später, wie ich sagte, Global Political Economy und International Relations, was mich immer fasziniert hat, war die Frage, wo setzen wir mit Aktivismus eigentlich an, damit er effektiv ist? Also ich bin schon seit Mitte, Ende der 90er bin ich in sozialen Bewegungen aktiv. Und die Frage, die mich immer umgetrieben hat, ist, wo setzen wir an, um was zu verändern? Und wie organisieren wir diese Veränderung? Und das hat mich zuerst in die Globalisierungsdebatte reingezogen, weil Mitte der 90er war es so, wenn man irgendwie sagte, wir hätten gerne mehr Soziales, mehr Umweltschutz, mehr Gesundheit, wie auch immer, hat immer irgendjemand gesagt, ja das geht aber nicht, weil die neoliberale Globalisierung macht ja die Regulation des Kapitals unmöglich. Also habe ich angefangen mit so globalisierungskritischem Aktivismus, Gipfelprotesten, Proteste gegen Freihandel und Investitionsabkommen.

00:12:10.000  

Raúl Krauthausen: Attac und Co.

00:12:11.000  

Tadzio Müller: Genau, Attac sozusagen. Da war ich am linksradikalen Flügel, am autonomen Flügel der Bewegung. Und dann ist unsere Bewegung nach, vor allem nach 9/11, also das war so, das ist für die Hörerinnen, die das nicht mitbekommen haben, haben es gab von Ende 1999 bis August 2001 eine Hochphase antineoliberaler Gipfelproteste. Die Schlagwörter sind da so was wie, oder die Orte sind Seattle, Prag, Göteborg, Genua. Und diese Bewegung, die eine wirklich spannende globale Dynamik entfaltet hat, die ganz viele Bewegungen, ich glaube heute würde ich sagen intersektional, ganz viele Bewegungen zusammenbrachte, die gegen die neolimitaren Kapitalismus kämpften, die verschwand fast von einem Tag auf den anderen von den Headlines der Medien, weil 9/11, der Terroranschlag auf das World Trade Center auf die USA, dazu führte sich die Agenda komplett verschoben. Unsere Bewegung war im vollen Gange, es gab riesige Proteste, die wurden immer größer, immer stärker, mehr militanter, wurden mit immer mehr Repression beantwortet und plötzlich verschwanden wir komplett aus den Medien, waren überhaupt nicht mehr sichtbar, unsere Proteste wurden winzig klein, es gab massive Repressionen. Und dann habe ich mir die Frage gestellt, okay, wenn wir jetzt diese globalen Gipfelproteste nicht mehr haben, wo setzen wir eigentlich im Alltag an, um diese Kapitalismus-Scheiße zurückzudrängen? Also das ist immer meine Frage, wo setzen wir an, um effektiv zu sein? Weil ich habe meine allererste Aktivismus-Erfahrung war das Besetzen einer Uni gegen die Erhebung von Studiengebühren in Baden-Württemberg. Das war der Lucky-Streik 97/98. Und mir wurde dann irgendwann klar, nachdem wir im tiefsten Winter noch in diesem besetzten Unigebäude waren und keine Sau sich um uns kümmerte, also ich hatte am Anfang ganz viel Support und am Ende waren mir nur noch 20 Besetzerinnen in einem Unigebäude und der Rest der Kommilitoninnen hat wieder angefangen zu studieren, da fiel mir auf, naja, wir haben eigentlich wahnsinnig viel Energie in etwas gesteckt, was im Ende überhaupt nicht darin effektiv war, unser Ziel zu erreichen. Also who the fuck cares, dass ein paar linksradikale Studis ein paar Hörsäler an der Uni besetzt haben. Das war kein effektiver und kein effizienter Aktivismus, das war eine Zeitverschwendung und wir haben nicht so viel Zeit und Ressourcen. Das ist im Grunde zu sagen, die Frage, die mich umtreibt ist, wie kann man effektiv diese Kapitalismus-Scheiße bekämpfen. Denn ich bin dann doch sozusagen so Marxistisch, kam ich schon ein bisschen an die Uni, so aus der Schule, hatte ich es mitgenommen, der Gedanke, dass ganz viel von dem, was Scheiße in der Welt läuft, halt mit dem Kapitalismus zu tun hat. Nicht alles auf jeden Fall, aber so ein bisschen meine Fokussierung und deswegen habe ich mich dann in der Marxistischen Tradition weitergebildet, fand Denker wie Gramsci sehr interessant. Das ist eine der wenigen Marxisten, die nicht einfach nur an Unis geschrieben haben, sondern das war jemand, der im politischen, also wir kennen Gramsci von so aus wie Hegemoniebegriff, Zivilgesellschaft, Alltagsverstand und es war jemand, dessen Gedanke sich immer danach richtete, was sind gerade in konkreten politischen Kampf die Fragen, die es zu beantworten gilt. So und das ist das, was ich versuche, eine Art Gesellschaftsanalyse, die sich immer an konkreten strategischen Fragen orientiert, weil ich habe keine Lust auf Zeitverschwendung und ineffizienter Aktivismus ist halt Zeitverschwendung. Wenn ich ineffizienten Aktivismus noch hatte, dann kann ich auch meine Wochenenden irgendwie in Berlin vervögeln, also dann habe ich einfach anderes zu tun.

00:15:11.000  

Raúl Krauthausen: Find ich total interessant. Ich hab ein Buch geschrieben, das heißt „Wer Inklusion will, findet einen Weg und wer sie nicht will, findet ausreden“.

00:15:19.000  

Tadzio Müller: Ein sehr schön Titel übrigens.

00:15:20.000  

Raúl Krauthausen: Wir haben jetzt ausschließlich Inklusionsaktivismus als Thema und ich hab da die traurige Selbst-Erkenntnis gehabt, dass ich 15 Jahre lang eigentlich der falschen Idee hinterherhing, zu glauben, dass ich nur genug Leute aufklären müsste und dann würde sich die Gesellschaft schon ändern. Nach 15 Jahren kann ich sagen, ja, war halt nicht. Krasse Zeitverschwendung. So, und das tut weh.

00:15:47.000  

Tadzio Müller: Total.

00:15:48.000  

Raúl Krauthausen: Wie hat es dir wehgetan, zu sagen, Alter, ich hab da irgendwie die Uni besetzt und das und das gemacht und es hat alles nichts gebracht.

00:15:54.000  

Tadzio Müller: Ich meine, das war nur eine Sache, die hab ich für so ein halbes Jahr, diese Phase der Studiprotests. Ich hatte diese Erfahrung noch mal viel schlimmer mit der Antikohlebewegung. Die hab ich von 2008, als ich nach Deutschland gezogen bin, mit Leuten haben wir das erste Klima-Camp organisiert. Ich war ja im Grunde 2008 bis 2018 in der Antikohle-Bewegung und als wir da dann am Ende einen Kohleausstieg 2038 rausbekommen, was irgendwie 2018 sagt, eines der reichsten Länder der Welt, dass es mitten im fetten Hitzesommer, auch wir steigen in 20 Jahren aus dem dreckigsten aller fossilen Brennstoffe aus, das habe ich als eine massive Niederlage wahrgenommen und das zeigt dann auch, dass die Strategien, die wir benutzt hatten, nicht richtig waren, die haben nicht funktioniert und das hat mich im Grunde in eine ziemlich tiefe Depression reingedrückt. Für mich war dieses Gefühl, ich habe zehn Jahre meines Lebens was getan, was ich im Endeffekt als völlig ineffektiv herausgestellt habe. Paranthese, es war gar nicht völlig ineffektiv. Die Antikohle-Bewegung hat sehr, sehr viel erreicht. Unter anderem wurde ja auch das Prinzip, dass der Atomausstieg aufgestellt hat, nämlich soziale Bewegungen können von unten Ausstiegsdaten für dreckige Technologien verlangen und diese auch durchkämpfen. Das wurde noch mal affirmiert. Aber trotzdem war ich aus der Klimaperspektive eine massive Niederlage und der Gedanke, Ich habe 10 Jahre lang ein Spiel gespielt, das wir am Ende einfach komplett verloren haben, war einer der Gründe, warum ich später in meine öffentlich kommunizierte Polit- und Klimadepression reingerutscht bin. Es war einfach ein Gefühl von, was ich in meinem Erwachsenenleben getan habe, war alles für die Katz. Also, es ist ein unglaublich deprimierendes Gefühl.

00:17:19.000  

Raúl Krauthausen: Aber wenn ich diese Erkenntnisse habe, dann kommen dann ganz auf Leute so, ja gut, aber von außen als Zivilgesellschaft kann mir eh nix ändern, warum gehen wir nicht in die Politik? Warum bist du kein Politiker geworden?

00:17:31.000  

Tadzio Müller: Also ich bin Politiker, aber ich mache Politik in und durch soziale Bewegungen. Also in dem Sinne, ich bin politischer Akteur, der versucht, also nach Max Eber, ist, glaube ich, Politik, der versucht, der Einfluss auf die Machtverteilung in der Gesellschaft.

00:17:44.000  

Raúl Krauthausen: Ja.

00:17:44.000  

Tadzio Müller: Und ich heiße nicht, ich bin politischer Akteur, ich glaube, soziale Bewegungen sind politische Akteure, aber sie sind halt, sie funktionieren anders und an anderen Orten als politische Parteien. Es gibt ja nicht nur politische Parteien, man könnte ja auch in Vereinen Politik machen. Also Deutschland ist hier vor allem auch so eine Vereinsdemokratie. Und es gibt dann halt verschiedene Modi des politischen Arbeitens. Zum Beispiel ist es so, dass man in Parteien, ja, man kann solche Positionen erreichen wie Fraktionssprecher*in oder man kann eben in der Regierung landen oder man kann einfach in einer Fraktion, da hat man schon einiges an Ressourcen und kann natürlich auch im Bundestag ganz viel Diskursraum einnehmen. Aber zum Beispiel ist die Arbeit in Parteien oft wahnsinnig unangenehm. Also wer politische Menschen kennt, die in Parteien sind, der wird wissen, dass es ein absurdes Hauen und Stechen. Es gibt halt nur zum Beispiel eine Fraktionssprecherin für Klimapolitik. So, und ich stelle dir mal vor, du bist mit vier Klimaaktivistinnen zusammen in die, ich sag jetzt mal, grüne Fraktion oder linke Fraktion rein, und dann gibt es halt nur eine Sprecherin. Das heißt, du musst plötzlich, bist du mit deinen engsten Freundinnen und Genossinnen in einem Hauen und Stechen, wer diese Sprecherin wird. Und ich habe da sozusagen eine Geschichte ohne Namen. Ein guter alter Freund von mir, der erzählte, dass er in einem Ausschuss, sozusagen quasi gegen den rechten Flügel seiner Partei sich am auseinandersetzen war. Die Ausschusssitze waren 7 zu 7 verteilt. Und er sagte, alle seine Leute haben gesagt, wir stimmen für dich. Und am Ende hat er 8 zu 6 verloren. Und das war einer seiner engsten Mitarbeiterinnen, genossenen Freundinnen, der oder die ihn da betrogen hatte. Das würde mir jetzt total. Das Herz hat das mir gebrochen. Was für ein Gedanke, dass meine engsten Genossinnen mich verraten und mir das dann nicht mal sagen können. Weil wir haben hinterher auch noch gelogen. Und in Bewegungen ist es so, ich sage nicht, dass wir immer nur nett miteinander umgehen, aber es gibt halt nicht sozusagen den Kampf um die eine Sprecherinnenposition, sondern es gibt den Versuch, solidarisch am Ende zusammenzuarbeiten in flacheren Hierarchien. Das ist einfach die, also die Art der Zusammenarbeit ist eine, die mir sehr viel mehr gefällt in Bewegungen als in politischen Parteien und das ist total wichtig, dass man irgendwo ist, wo man sich wohlfühlt. Ich fühle mich in Parteien einfach nicht wohlfühlen. Zweitens sind soziale Bewegungen halt genau an den Punkten relevant, wo existierende Systeme, politische Systeme vor allem, sich mit Fragen nicht auseinandersetzen oder Fragen nicht beantworten können. Wenn du gesellschaftliche Krisen oder Problematiken hast, Fragen die sich stellen und das gegebene politische System darauf keine Antworten finden kann. Genau an dem Punkt, wo es also unmöglich erscheint im Sinne der gegebenen Strukturen diese Frage zu beantworten, entfalten soziale Bewegungen ihre Magie, die darin besteht, den Raum des Möglichen, die Grenzen des Unmöglichen zu verschieben. In dem Sinne, das Unmögliche möglich zu machen. Ich bin im Grunde in dieser post 68er französischen Tradition, „S’foyer réaliste du mondelle impossible“ seid realistisch, fordert das Unmögliche. Ich würde sagen, dass im Grunde soziale Bewegungen sind magische Kreaturen, die können Unmögliches möglich machen, Gesellschaften Räume eröffnen, die sie nicht für möglich erachtet hätten. Und das finde ich halt das Spannende.

00:20:34.000  

Raúl Krauthausen: Kannst du Beispiele machen? Der Atomausstieg.

00:20:38.000  

Tadzio Müller: Also der Atomausstieg auf einer ganz politischen Ebene. Es gibt in der ganzen Welt nur ein Beispiel, Bewegung eine von der Regierung unterstützte und vom Kapital unterstützte Technologie aus dem Energiesektor gekegelt hat. Also die Idee, dass Leute von unten sich zusammenschließen und in der Energiepolitik, was ganz traditionell ein sogenanntes herrschaftliches Politikfeld ist, also da lassen sich die Eliten, da lassen sich Staat und Kapital eigentlich nicht von Pöbel in die Karten schauen.

00:21:01.000  

Raúl Krauthausen: Was man daran erkennt, dass sie sich Versorger nannten.

00:21:04.000  

Tadzio Müller: Super, schöner Punkt. Auch daran, dass man 2009 oder 2010 hat Angela Merkel mit ein paar Energiefirmen in einem Hinterzimmergespräch einfach den Atomausstieg, erst mal den von 2002, also den rot-grünen Atomausstieg gekippt und in der Laufzeit haben einfach so ein Gentleman’s Agreement gemacht, genauso wie RWE und die Grünen miteinander, RWE und die NRW-Grünen miteinander so einen schönen kleinen Deal geschlossen haben, hatte okay, wir reden jetzt mal im Hinterzimmer, machen eben so ein Gentleman’s Agreement und dann lassen wir uns in die Karten schauen von unten. Die Anti-Atom-Bewegung hat etwas auf der globalen Ebene Einzigartiges geschafft, nämlich dass der Pöbel von unten bei der Energiepolitik mitreden konnte. Das kannte man noch gar nicht.

00:21:42.000  

Raúl Krauthausen: Hat aber auch 30 Jahre gedauert.

00:21:43.000  

Tadzio Müller: Hat natürlich 30 Jahre gedauert, absolut. Also 35 Jahre von, wie man sagen, von Wühl ’76, die erste große militante Anti-Atoma-Auseinandersetzung, bis zum Atom-Anstieg 2011 waren es 35 Jahre und Fukushima. So, da ist auf jeden Fall, und da vorne noch Tschernobyl. Aber trotzdem ist es ein Moment, wo man sagt, etwas Unmögliches wurde da möglich gemacht oder eine andere soziale Bewegung, die jetzt sagen, als Teil der queeren Bewegung, sind Bewegungen von Transmenschen. Wenn man sich mal anschaut, vor 10, 15 Jahren, wenn du die Sichtbarkeit von Transmenschen in der Gesellschaft anschaust, damals wurden die komplett unsichtbar gemacht. Bei mir ist auch ein Punkt, den ich in einem deiner Interviews gelesen habe, die Unsichtbarmachung von Behinderten als Minderheit, finde ich auch, ist ein sehr spannender Punkt, den du erwähnt hast. Aber basically, Transmenschen waren komplett unsichtbar, in dem sozusagen, weil natürlich sie mussten immer versuchen zu passen und so haben sie sich quasi auch selbst unsichtbar gemacht, weil es wirklich unglaublich angstbeladen war, offen trans zu sein, weil es sie ja nicht gab. Da dreht die Gesellschaft mit „Oh mein Gott, das darf nicht sein, was nicht sein darf“. Und da haben die Bewegungen von Transmenschen einfach gesellschaftliche Wahrnehmungen around the world verändert, haben Debatten forciert, die es davor überhaupt nicht gab, die haben die Welt verändert. Ohne die Bewegung von Transmenschen wüssten wir gar nicht, dass es nicht nur zwei Geschlechter gibt. Ich vereinfache jetzt mal ein bisschen. Das verändert die Welt auf der absoluten Fundamentalkategorie. Also Mann, Frau, weiß, schwarz, stark, schwach. Mann, Frau sind eine der absolut zentralen konzeptionellen Kategorien des Normalwahnsinns. Und daran rumzubohren, wirklich die, im Grunde genommen auch Leute zu zwingen, ihre Welt sich zu verändern auf einer fundamentalen Ebene. Das ist was total Krasses und das können soziale Bewegungen, das machen Parteien nämlich nicht. Denn Parteien versuchen immer Mehrheiten und auch wenn du ein mehr Parteien System und nicht nur ein zwei Parteien System hast, versuchen politische Parteien natürlich immer ihre Milieus abzudecken und da sozusagen so nochmal so auf der Mitte der Gaussverteilung liegende Positionen einzunehmen, also auf so einer bell curve nimmt man immer die mittigen Positionen, da die Mehrheit der Stimmen abzusahen.

00:23:45.000  

Raúl Krauthausen: Das heißt, es wird eine Angefälligkeit.

00:23:47.000  

Tadzio Müller: Na ja, im Grunde sozusagen ein sich anpassen an gegebenen Bedingungen. Ich meine die Grünen. Die Grünen, das sind ganz viele Leute. Ich habe mal mit Annalena Baerbock, das war vor sieben Jahren, im Leica in Neukölln eine Diskussion geführt nach dem Pariser Klimagipfel. Sehr kluge, sehr taffe Frau sieht man ja heutzutage. Und ganz ehrlich, auch wenn sie in der Klimadebatte total moderat war und ganz stark auf so marktbasierte Lösungen gesetzt hat. Eine Frau, der ich absolut 100 Prozent abnehme, dass sie die Klima-Thematik voll auf dem Schirm hat und genau weiß, was da passiert und wie dramatisch das ist. Aber jetzt ist sie halt in der Grünen die sagt, wir wollen sozusagen grüne Volkspartei werden, wir wollen alle ökologisch interessierten Menschen anziehen. Da kannst du halt dann nicht mehr die Dinge sagen, die adäquat radikal sind, um tatsächlich etwas am Problem auszurichten. Du musst die Dinge sagen, die dich nicht zu sehr von deinen Wählerinnen entfremden. Das ist jetzt gar keine moralische Kritik. Ich kritisiere, also ich kritisiere die Grünen gerne für viel Scheiße, die sie gebaut haben. Aber dass sie im Kern als politische Partei versuchen müssen, an sozusagen immerhin in gewissen Milieus an die Mehrheiten zu appellieren. Das ist völlig normal. Das ergibt sich auch aus dem Wählprozess eine andere Sache. Internationale Gerechtigkeitspositionen. Es ist allen in der Klimadebatte klar, dass ist massive Umverteilung von, also im Grunde als Teil der Anerkennung der ökologischen Schulden, die wir gegenüber dem Rest der Welt haben. Wenn man sagt, es gibt jetzt erstmal keine Reparation, müsste es zumindest massive Umverteilung als Klimafinanzierung für Adaptionen und so weiter an und loss and damage, also für jetzt schon auftreten Schulden und Verluste, müsste der globalen Norden, einzig Deutschland, wahnsinnig viel Geld in den globalen Süden umverteilen. Um ganz ehrlich zu sein, das fordert keine einzige Partei sehr lautstark.Also die Grünen und die Linken fordern das formell irgendwo, aber reden da nicht drüber. Warum? Ja weil Leute in Bangladesch halt hier nicht abstimmen können. Weil Leute auf den Philippinen, auf Maritzen usw, die wählen halt nicht in Deutschland. Das ist strukturell so bedingt, auch da wieder keine moralische Kritik, sondern aber das bedeutet als Partei musst du, bist du quasi in einen methodologischen Nationalismus, um einen Begriff aus der Sozialwirtschaft zu nennen, gefangen. Weil nur die Leute hier abstimmen können, die hier Wahlrecht haben, und das sind eben Leute, die nicht im Ausland wohnen oder geboren sind.

00:25:54.000  

Raúl Krauthausen: Das heißt, wir können nationale, globale Probleme nur bedingt politisch lösen.

00:25:58.000  

Tadzio Müller: Ganz genau, wir können sie auch nicht mal richtig politisch diskutieren. Weil ich meine, wenn ich jemand sagen würde, wir müssten, also ich war mal auf so einem alternativen Klimagipfel 2010, der hat gesagt, dass die Staaten des globalen Nordens ungefähr 6% ihres jährlichen BIPs an den Süden umverteilen müssten, um da ein bisschen Fairness herzustellen. Zeigt mir die politische Partei, die in der Lage ist, im politischen Diskurs zu sagen, ey Leute, ich weiß, hier ist alles ein bisschen schwierig von Inflation und so und wir haben nicht mehr so viel in den Budgets, aber ich habe eine ganz wichtige Sache, die ich euch sagen muss, wir wollen 6 Prozent des BIP umverteilen jedes Jahr. Ich meine, die Grünen wurden mit 5 D-Mark fürs Benzin irgendwie abgestraft. Stell dir mal vor, wir geben 6 Prozent unseres BIP an irgendwelche Leute im Ausland, die mit dem Kopf stehen hier. Das bedeutet, ich kritisiere gar nicht Menschen in den politischen Parteien, aber überhaupt nicht. Ich habe auch großen Respekt vor vielen Leuten, die da sind. Das ist wichtige Arbeit, weil soziale Bewegungen auch oft das Problem haben, dass unsere Forderungen halt in Gesetzesform gegossen werden müssen.Wir brauchen ja einheitliche Regeln. Wir können ja immer nur sagen, ich habe keinen Bock jedes Kohlekraftwerk einzeln mit unseren Körpern irgendwie dicht zu machen. Man braucht dafür gesetzliche Regelungen. Die Erfolge von Bewegungen müssen durch Gesetze verallgemeinert und dauerhaft gemacht werden. So, ganz genau. Und deswegen finde ich es total gut, wenn Leute auch in Parteien arbeiten, auch in diese Carola-Rakete-Offensive, jetzt die Linke nochmal aufzustellen. Da bin ich total dafür. Das finde ich super. Aber mein Modus der politischen Arbeit ist „Movimiento siempre“. Ich bin in Bewegungen politisch groß geworden. Ich arbeite seit 25 Jahren in Bewegungen, war schon in ganz vielen in verschiedenen sozialen Bewegungen aktiv. Die meisten auch scheitern sehen und trotzdem bin ich immer noch hier, weil ich denke, wenn irgendwas spannendes und Tolles auf der Welt passiert, dann kommt es zuerst von unten. Alles wahre, schöne, gute auf der Welt kommen von sozialen Bewegungen und mein Recht, meinen Ehemann, meinen Ehemann zu nennen, die man dann natürlich Straße zu laufen, das Recht Frauenwahlrecht, Wochenende, Gesundheitsversorgung, alles was das Leben schöner und angenehmer und gechillter macht und freier, wurde von Bewegungen zuerst erfordert und dann auch den Teilen erkämpft.

00:27:53.000  

Raúl Krauthausen: Was hättest du denn gerne als Stratege, Wissenschaftler, Aktivist früher gewusst, was du jetzt weißt? Also auch was andere Aktivisten im Plenum sogar als Shortcut lernen können?

00:28:06.000  

Tadzio Müller: Im ersten genau dasselbe, was du gelernt hast nach 15 Jahren. Leute überzeugen und ihre Zustimmung zu den eigenen Positionen zu erlangen, hat noch nichts damit zu tun, dass das Problem, über das wir reden, in irgendeiner Weise gelöst wird. Tatsächlich kann das uns zustimmen, also uns radikalen Aktivistinnen sogar ein Modus der Verdrängung des Problems sein, wie wir es bei Fridays gesehen haben. Ich bin Beispiel Antikohlebewegung. Wir haben 2008 angefangen mit diesem ersten Klimacamp in Hamburg. Dann ging es 2010 weiter und dann gab es die Hambi-Besetzung 2012, Ende Gelände ab 2014/15. Und in diesen zehn Jahren Antikohlekampf haben wir es geschafft, vor allem ab 2015, zwei Drittel bis drei Viertel der deutschen Gesellschaft solide gegen Braunkohle und für einen schnelleren Kohleausstieg aufzustellen. Wir hatten 2018 sogar 50 Prozent der AfD-Wählerinnen für einen schnellen Kohleausstieg. Das sind jetzt nicht meine Freundinnen und Freunde. Ich sage einfach nur, wie weit wir in die Gesellschaft reingereicht hatten. Und trotz dieser risiko- und zeugenguten Zahlen haben wir einfach klimapolitisch völlig absurd lächerlichen Kohleausstieg bekommen. Same mit Fridays, die Ende 2019 auch gigantische gesellschaftliche Unterstützung hatten. Gibt es irgendeine Form von Move Richtung Klimaschutz? Nein, gibt es nicht. Allein das Zustimmen selbst zum „Ja, ich finde Ende Gelände super, ich finde die Hambi super, ich finde Fridays super, wurde selbst ein Modus der Verdrängung der Tatsache, dass nichts getan wird. Es hat also was dem sozusagen tokenistisches oder fetischistisches in der Psychologie. Dann wird also ein Fetisch ist in der Psychologie streng genommen etwas, das man auflädt mit einer Energie und einer Bedeutung, die es nicht hat. Und wenn ich jetzt meine Unterstützung für Fridays oder Ende Gelände damit, ich lade die damit auf mit der Sicherheit, das bedeutet, dass das mit dem Klima schon gelöst wird. Dann habe ich mir dadurch, dass ich Fridays unterstütze, quasi eine Freikarte erkauft und kann einfach auch weiter die CDU wählen oder die FDP wählen oder die SPD wählen oder andere Betonparteien. Weil ich, das ist dieses Phänomen mit dem SUV zum Bioladen fahren, der Bioladen enthebt dich dann der Verpflichtung, irgendwas anderes weniger scheiße machen zu müssen.

00:30:06.000  

Raúl Krauthausen: Also so eine Art Ablasshandel.

00:30:08.000  

Tadzio Müller: Ganz genau. Und das ist im Grunde, was ich, also ich dachte immer, wie die meisten Klimaaktivistinnen und Ökos im Allgemeinen, dass nicht, also einerseits die Aufklärung notwendig ist für die Klimakrise und zweitens war natürlich, dass Leute auch sehr da persönlich davon betroffen sind. Das ist ja in Deutschland spätestens, sagen wir mal seit 2018, aber eigentlich spätestens seit dem Ahrtal der Fall, dass wir wissen, dass wir davon auch hart betroffen sein können. Das heißt, ich dachte, dass eine Kombination aus mehr Bewusstsein und mehr Betroffenheit dann irgendwann zu quasi klimarationalem Verhandeln führen, Verhalten führen würde. Und davon gingen ganz viele aus. Und das hat nicht funktioniert. Das wäre im Grunde zu sagen, wenn ich den Leuten das klarmache, ist so, Leute, nur weil die Leute ihre Ansichten ändern, ändern sie nicht ihr Verhalten. Und ich glaube, das ist sozusagen einer der zentralen Punkte.

00:30:53.000  

Raúl Krauthausen: Ja, okay, ich verstehe, was du meinst. Aber ich glaube, da gehst du aber vielleicht ein bisschen hart ins Gericht mit den einzelnen Bürger*innen, die zu „Fridays for Future“ gegangen sind. In erster Linie, so habe ich es zumindest empfunden, als ich dort war, es war eine sehr krasse Selbstvergewisserung der Bewegung, zu sagen, ach ich bin nicht allein, es ist so wichtig, dass wir gemeinsam auf die Straße gehen, für das richtige Thema kämpfen. Hinzu kommt, wir haben eigentlich die ganze Zeit Eulen nach Athen getragen, weil selbst wenn unter den Leuten SUV-Fahrer*innen sind und morgen nach Bali fliegen, ist das Hauptproblem ja trotzdem nicht der eine SUV-Fahrer*in oder die Person, die nach Bali flog, sondern ganz andere Akteure, die aber die auf die Demo gehen.

00:31:36.000  

Tadzio Müller: Völlig klar, da muss man auch unterscheiden zwischen den Leuten, die auf die Demos gehen, wenn wir sagen 20.9.2019, 1,4 Millionen Leute, größte Demo in der BRD-Geschichte. Ich habe jetzt eher auf die Leute geschaut, die zu Hause sitzen und sagen, hey, das finde ich super. Das ist auch keine moralische Kritik per se. Ich habe jetzt ein bisschen von Verdrängung gesprochen, da können wir vielleicht auch später nochmal kommen. Ich habe dieses Konzept der Verdrängungsgesellschaft und im Grunde, ich verstehe völlig, dass Leute nicht wissen, wie sie in der Klimafrage agieren sollen. Unter anderem, weil, wie du gerade gesagt hast, es lange auch diesen Diskurs gab, hey, hier persönliche Verantwortung, ändert euer Konsumverhalten, ihr seid alles schlechte Menschen. Also 2019 haben ja sogar ein paar Klimas versucht mit dem Begriff Flugscham Politik zu machen.

00:32:14.000  

Raúl Krauthausen: Aber das Interessante ist ja, dass die Bürger*innen, die vielleicht vor dem Fernseher saßen oder sogar auf die Demo gingen, noch nicht mehr das Mandat hatten, RWE vors Haus zu kacken.

00:32:25.000  

Tadzio Müller: Klar, es ist im Grunde, weil Fridays halt eine Erzählung an den Start gebracht hat, die für die Gesellschaft auch sehr sehr sehr einfach zu hören war. Die war nämlich, hey wir sind jetzt hier, wir machen aufmerksam und deswegen, wenn ihr uns alle zustimmt und wir hier auf der Straße sind, dann wird sich schon was ändern, weil die Regierung sich dann daran anpassen wird. Und das war natürlich eine Geschichte, die total angenehm war zu hören, weil dann musste man auch als Zuhörer*in oder Zuschauer*in gar nichts anderes machen, als einfach nur ideell Fridays unterstützen.Und es brauchte gar kein erweitertes Kampfmandat zu sagen, okay wir versuchen jetzt mal RWE politisch und anderweitig Platz zu machen oder anzugreifen zumindest, weil die Grundannahme, ich habe auch sehr viel, also ich habe viel über Fridays nachgedacht, ich hatte ja auch mal, Ich habe auch so ein etwas kompliziertes Verhältnis zu Luisa Neubauer und ich haben ja großen Respekt voneinander, aber klatschen schon auch gelegentlich und das hat ja auch damit zu tun, dass ich irgendwie frustriert war, dass Fridays im Grunde da stehen geblieben ist, einfach nur nett nach mehr Klimaschutz zu fragen. Ich habe lange mir überlegt, warum war das so? Warum, als klar wurde, dass das nett Fragen nicht mehr hilft? Also 2019 hatten wir eben die größten Demos und im Moment, wo die Fridays-Führung, auf der, also die Fridays Leadership auf der Tribüne stand bei der Demo in Berlin. Im selben Augenblick gab es im Bundeskanzlerinamt eine Pressekonferenz, wo die Regierung ihr komplett unzureichendes Klima-Päckchen vorstellte. Das heißt sozusagen, es gab den massiven, den größten „Fuck you“ an die Bewegung. „Während ihr da steht und eure Reden haltet, werden wir unser unzureichendes Klima-Päckchen vorstellen.“ So an dem Punkt hätte Fridays verstehen müssen, all right, das funktioniert nicht mehr mit dem einfach nur „nett“ Fragen. Wir haben also wie man das in Bewegungen heutzutage gerne nennt, die falsche Theory of Change. Die Annahme war, wir protestieren, das verschiebt die Mehrheitsmeinung und das verändert das Regierungsverhalten.

00:34:09.000  

Raúl Krauthausen: Aber so hat es ja auch Jahrzehntelang funktioniert.

00:34:12.000  

Tadzio Müller: So hat es, nä, das hat beim Atomausstieg so funktioniert. Und da haben wir auch tatsächlich die Strategie, also wir haben die Strategie der Anti-Kohle-Bewegung im Grunde von der Anti-Atom-Bewegung abgeschrieben. Der zweite Punkt, auf den ich Leute hinweisen wollen würde, wäre, das Problem mit Strategien ist oft, dass man sich seine eigenen Moves überlegt, aber dass man die Moves der Gegenseite außer Acht lässt. Wir agieren ja nicht nur in einem Luftleerenraum politisch, sondern wir agieren, weil die Atomkraft ruht gesellschaftlich auf einem sehr schmalen Fundament. Das waren nicht viele Menschen, die da gearbeitet haben, und sie war auch nicht wahnsinnig populär. Die Kohlekraft hat eine ganz andere Geschichte in der Gesellschaft gehabt. Die Kohle-Arbeiter.

00:34:53.000  

Raúl Krauthausen: Die Kohle-Kumpel.

00:34:54.000  

Tadzio Müller: Genau, das sind sozusagen legendäre Subjekte, auch in der linken Geschichte. Von den 30ern in Asturias in Spanien, wo es die anarchistischen spanischen Kohle-Arbeiter waren, die ganz vorne gegen Franko gekämpft haben, über den Miner-Strike im UK in den 80er Jahren, der zwar besiegt wurde, aber einer der größten Streitbewegungen Europas der 80er Jahre war. Kohlearbeiter, ich sag mal vor allem Kohlearbeiter, Kohlekumpel sind meistens Männer, sind eine legendäre Figur auch auf der Linken und in den Gewerkschaftsbewegungen und haben eine hohe gesellschaftliche Legitimität. In der Lausitz zum Beispiel gibt es den Spruch „Ich bin Bergmann, wer ist mehr?“. Es ist total die Divalorisierung dieses Jobs als gefährliche. In der DDR gab es, ich glaube, da ist das 73, 74 oder 71, 72 so einen ganz krassen Winter. Und da sind dann halt Lausitzer und mittelrheinische Kohlekumpel zusammen mit der NVA, mit der DDR-Armee in die Kohlegruben gegangen und haben round the clock Sonderschichten gefahren, um da die Kohlebrikettes rauszuholen, damit die Mutchen, die Großmütter in Ostberlin oder in Dresden sich in den Altbauwohnungen erfrieren.

00:36:01.000  

Raúl Krauthausen: Das waren Held*innen.

00:36:02.000  

Tadzio Müller: Das waren Held*innen, ganz genau, absolut. Und als wir die dann angegriffen haben und damit auch so ein bisschen die Sicherheit der Gesellschaft angegriffen haben. Es gibt schon hier, Energie kommt immer, alles ist so wie vorher, wir müssen eigentlich nicht viel ändern. Da haben wir einen sehr viel stärkeren Gegner angefasst, die IGB CE, die Kohle-Gewerkschaft, wird von Michael Vassiliades geleitet, der ein unglaublich kluger Politstrategie ist. Jasmin Fahimi, die jetzt in die EGB leitet, ist eine Partnerin. Und hat wahnsinnig, im Grunde haben wir gegen die Kohle-Gewerkschaft den Kampf für einen frühen Kohleausstieg verloren. Und da wurde mir zum ersten Mal klar, wie stark die Gegenkräfte sind. Interessanterweise wurde mir auch da klar, dass wir nicht nur auf einer materiellen Ebene, das ist der Grund, warum Leute keinen Klimaschutz in Deutschland wollen, nicht nur materiell ist. Man kann ja sagen, klar, die Leute wollen keinen Klimaschutz, weil der uns was kosten wird. Das ist richtig. Aber interessanterweise ist mir in der Lausitz bei den Kohlearbeitern aufgefallen, die haben, waren nicht nur in einer Art Feindschaft mit der Klimawandel, weil wir ihre Jobs dicht machen wollten, sondern weil sie das Gefühl hatten, dass wir ihnen einreden, schlechte Menschen zu sein, dass wir sagen, ihr seid schlechte Menschen. Und das ist so ein ganz großes Problem in der Klimadebatte, dass sich Menschen von uns moralisch angegriffen und herabgesetzt fühlen. Das ist gar nicht so sehr nur unsere Schuld oder Verantwortung. Das hat gar nichts unmittelbar mit zu tun, wie wir sprechen, auch wenn eben solche Geschichten wie Flugscham eine ganz, ganz dumme Idee waren. Man schämt Leute nicht in besseres Verhalten hinein. Also da kann ich als queerer Mensch auf jeden Fall sagen, it doesn’t work. Nur weil man mich dafür geschämt hat, dass ich irgendwie eine kinky, schwule Sau bin, hab ich ja nicht aufgehört, das zu sein. Und das wäre dann möglicherweise der dritte Punkt, den ich noch nicht verwenden würde. Glaubt nicht, dass es in der Politik zu sehr um Rationalitäten geht. Wenn ich sage, hier das und das und das wollen wir, das kostet euch nicht viel, lasst uns das nochmal machen. Es geht unglaublich oft um Affekte, um Gefühle und Identität. Wer fühlt sich wie ein guter Mensch, wer wie ein schlechter Mensch? Politik hat viel mit Gefühlen zu tun als mit Rationalität, als wir denken. Wenn das vielleicht ein bisschen abstrakt klingt, ist es zwar eine Versuch, eine Zusammenfassung eines sehr langen Gedankengangs.

00:38:08.000  

Raúl Krauthausen: Aber weißt du, das ist so großartig. Du hast gerade so viele Themen aufgemacht.

00:38:12.000  

Tadzio Müller: Sorry, das kommt auch manchmal echt nicht zu Ende.

00:38:14.000  

Raúl Krauthausen: Wir fackeln hier gerade ein mega Ding nach dem anderen ab. Und über das Thema Scham, Angst, Arschlochgesellschaft, Verdrängungsgesellschaft, da kommen wir noch drauf, keine Sorge. Jetzt würde ich quasi fragen nach all dieser ganzen Bestandsaufnahme, wo wir gerade stehen, Tadzio Müller, wie ist die Lage der Nation?

00:38:36.000  

Tadzio Müller: Düster. Also ich glaube zwei Dinge sind in den letzten Monaten vielen mehr Menschen klar geworden, als es noch vorher der Fall war. Erstens, dass wir nicht nur so ein bisschen Klimakrise haben, sondern momentan Kollapsdynamiken sehen können. Das heißt also Zusammenbrüche von Systemen, diese berühmten Kipppunkte, die werden jetzt gerade im Moment überschritten. Ich hab gerade kurz vor wir angefangen haben ein Video gepostet, wo vor Neufundland ein riesiger Eisberg, das sieht aus wie ein Film, das sieht aus wie The Day After Tomorrow, vor Neufundland treibt ein gigantischer Eisberg im Wasser. Das sieht wirklich aus wie ein Film, but it’s not. It’s a live video from Newfoundland in Kanada. Das heißt, die Leute verstehen, dass wir jetzt am Anfang von Kollapsdynamiken stehen, krassen Hitze-Events, die es gegeben hat around the world. Und zweitens, und ich glaube das ist seit Sonnenberg, Sonnenfeld, Sonneberg, dieser Ort, wo der AfD Landrat geworden hat. Ich wollte immer Sonneborn sagen, das ist der Martin. Genau, also Sonnenberg. Seitdem versteht auch die bürgerliche Mitte, auch ihr konservativer Flügel, also jetzt sagen, es gibt so eine konservative Mitte, da sind nicht mehr viele Leute drin, aber die gibt es noch, versteht die gesellschaftliche Mitte, dass die Faschismusgefahr real ist und dass wir tatsächlich im Beginn von Klimakollapsdynamiken sind. Das heißt, wenn ich sage, das haben die Leute eingesehen, dann meine ich jetzt gar nicht noch die Mehrheit der Gesellschaft, denn diese Gefahren werden erst mal vor allem verdrängt. Aber ich glaube, langsam gibt es ein breiteres Verständnis dafür, auch eben in dieser berüchtigten Mitte der Gesellschaft, dass wir uns auf eine Zukunft, auf eine sehr nahe Zukunft von immer krasseren gesellschaftlichen Konflikten hinbewegen und dass es da auch notwendig sein wird, sich selbst zu positionieren. Was mich interessant zu machen an der Klimadebatte ist, dass sich im Grunde der Großteil der Gesellschaft noch gar nicht positioniert hat. Der Großteil der Gesellschaft sitzt diese auseinandersetzen noch aus und überlässt die in einem gewissen Sinne der letzten Generation ein paar wütenden Autofahrer, ein paar Cops und ein paar Journalistinnen. Ich vereinfache jetzt ein bisschen, aber diese ganzen großen Vereine, von denen ich vorhin sprach, aus denen Deutschland besteht. Also zwei der größten Institutionen in Deutschland sind der Deutsche Landfrauenbund und der Alpenverein. Die haben Millionen Mitglieder und klar schicken die gelegentlich mal irgendwie was über Klimawandel an ihre Mitglieder.

00:40:44.000  

Raúl Krauthausen: Und der ADAC?

00:40:45.000  

Tadzio Müller: Der ADAC, gigantisch. Ich glaube, der DFB ist auch nicht klein. Aber wo ist die Großdemo vom Alpenverein mit seiner 1 Million Mitgliedern für einen radikaleren Klimaschutz? Denn die sagen ja selbst, dass ihr was sie da machen. Die Alpen werden total als Ökosystem werden total gefickt vom Klimawandel, von der Klimakrise. Die Gesellschaft muss sich langsam positionieren. Und die Frage ist halt, in welche Richtung wird sich positionieren? Das ist die große Frage. Momentan ist glaube ich so, dass die gesellschaftliche Lage relativ düster ist. Ich meine, wir haben was ist die letzte Umfrage? 23 Prozent für die AfD, glaube ich. 26 Unionen, 23 AfD, 17 SPD. Das sind reale Zahlen. Niemand hier glaubt, dass es nächstes Jahr keine Landesregierung mit AfD-Beteiligung geben wird. Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen, irgendwo wird der Landesverband Richtung AfD kippen. Halt ich für völlig. Halt ich für sehr wahrscheinlich, dass es nächstes Jahr eine Landesregierung mit AfD-Beteiligung geben wird.

00:41:35.000  

Raúl Krauthausen: Aber heißt es jetzt auch im Hinblick auf unsere Prioritäten und auf unseren Fokus, wir sollten erst das Nazi-Problem klären, bevor wir das Klima retten?

00:41:44.000  

Tadzio Müller: Nein, ich sage nur, dass es zwei Gesetze für die Kipppunkte gibt. Wenn wir davon ausgehen, dass das Klima schon im Kollabieren ist, dass bestimmte Kipppunkte überschritten sind, kann man sich auch vorstellen, dass die Klimawandel nicht mehr nur noch antifossile Kämpfe macht, also versucht Kohlekraftwerke dicht zu machen, den Gaseausbau auf Rügen und so weiter zu stoppen, sondern sagt, okay, wir müssen in der Lage sein, das ich gerade mit ein paar jungen Aktivisten gesprochen, bevor wir hier angefangen haben, die so Anlaufstellen in verschiedenen Städten schaffen wollen, wenn es den klimabedingten Desaster gibt, so dass man irgendwie da hinfahren kann und da helfen kann oder in der Stadt selbst was tun kann, eben so eine Art Solidarier-Katastrophenhilfe. Denn je mehr die gesellschaftlichen Konflikte eskalieren, je mehr es Verteilungskämpfe gibt, und die werden ja alle stärker zur Zeit, desto mehr werden sich Menschen auch in irgendwelchen Gemeinschaften organisieren, um zu versuchen, Inputs, die man braucht, ob es jetzt, sagen, irgendeine Form von Sicherheit ist oder irgendwie Wohnen oder Essen oder Mobilität, was auch immer diese Inputs sind, zu organisieren, je mehr Kollaps, also Kollaps heißt nicht, dass wir alle sterben. Kollaps heißt, dass Selbstverständlichkeiten sich auflösen. Kollaps ist, wenn es keinen Manager mehr gibt, nach dem Karen rufen kann. Kollaps ist, wenn du nicht zur Arbeit fahren kannst, entweder weil du keine Arbeit mehr hast oder weil es keine Mobilität mehr gibt. Wenn du nicht mehr einkaufen kannst, entweder weil du keine Kohle hast oder weil es keine Produkte mehr in den Supermärkten gibt. Also das ist Kollaps. Und je mehr sich Dinge unserem einfachen Zugriff entziehen, desto mehr werden Leute anfangen, die im Grunde selbst zu organisieren. Die Frage ist, wollen wir, dass das in solidarischen oder in patriotischen Strukturen getan wird? Wollen wir, dass das in offenen Strukturen getan wird oder in solchen, die sagen, du brauchst einen deutschen Pass, um hier was Gutes zu kriegen? Das ist die Frage, die ich die Gesetze mehr und mehr stellen muss. Und in dem Sinne habe ich durchaus auch Hoffnungen, weil wenn wir sagen, wie verhält sich Deutschland im Fall einer faschistischen, also ich sage Machtübernahme, im Fall einer faschistischen Bedrohung, da haben wir ja nur N gleich 1. Und N gleich 1, also wir haben nur einen Fall, den wir analysieren können, lässt es nicht zu, Schlüsse zu ziehen, auf wie sich im zweiten Fall verhalten wird. Und auch wenn ich momentan glaube, dass es sehr, sehr, sehr starke Kipppunkte eben Richtung Faschisierung gibt, eine Sache, von der ich nicht weiß, wie sie laufen wird, ist, wie wird sich der Rest der Gesellschaft verhalten. Denn ich glaube eben, dass wir keine faschistischen Mehrheiten in diesem Land haben, vielleicht sozusagen ein Potential von bis zu 20, 25 Prozent erstmal.

00:44:04.000  

Raúl Krauthausen: Da antwortet in Gottes Ohren.

00:44:05.000  

Tadzio Müller: Inschallah. Genau. Aber ist ja auch klar, dass wenn die Mehrheit der Gesellschaft sich für Verdrängung des Problems entscheidet und einfach wie schon in den 20er Jahren sagt, la la la la la, die Nazis kommen, aber das wird schon alles nicht so schlimm. Oder eben sich relevante Elitenfraktionen mit den Faschistinnen verbünden, was eben in den 20er Jahren passiert und sagen, das ist ganz gut, weil die können dann die Klimakleber klein halten und die machen irgendwie das mit dem gendern weg und so. Also es gibt es ist eine Un- ich habe gesagt Düster. Aber in dem gewissen Sinne offen, denn es ist nicht klar, was die Gegenkräfte sein werden. Zum Beispiel hätte nie, also ich glaube niemand hätte 2014 die Willkommenskultur und ihre Wucht vorhergesagt. Das ist ein wichtiger Moment. Dieses „Wir schaffen das“ basiert ja nicht auf einem regierungsoffiziellen Statement von Angela Merkel, sondern war erstmal im Grunde eine sehr kluge strategische, sehr kluge Artikulation eines Wunsches, der in einer Praxis, die in der Bevölkerung existierte. Da sind Leute an die Grenzen gegangen, haben Leuten da geholfen, da sind Leute an die Bahnhöfe gegangen, haben da geholfen. Und es war eine gigantische, also es hat mir nie ganz zählen können, aber da waren über eine Million Menschen dran beteiligt an diesen Willkommenskultur-Strukturen.

00:45:09.000  

Raúl Krauthausen: Was ich an der Sache wirklich mega faszinierend finde, letzte Woche habe ich im Deutschland Funk einen Politikwissenschaftler gehört, der gesagt hat, wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass die Nazis Mehrheiten brauchen, um einen Staat zu zerstören.

00:45:23.000  

Tadzio Müller: Richtig, ja.

00:45:24.000  

Raúl Krauthausen: Weil es reicht letztendlich ein Steigbügelhalter, der letztendlich an die Machtposition bringt, von dort, wo sie dann die Sachen zerstören können. Wenn wir jetzt keine Ahnung sehen, es reicht irgendwann genug, Leute von der AfD im Europaparlament zu haben, um Europa abzuschaffen. Dafür brauchst du keine Mehrheiten. Und ich finde das insofern faszinierend und auch gruselig, mega düster, wie du sagst, weil sich diese Narrative fortsetzen, wenn wir uns jetzt überlegen, man hört vereinzelt Leute, die sagen, wenn wir das Thema retten, haben wir auch weniger Geflüchtete. Und da sind dann dann doch so rechte Tendenzen irgendwie drin.

00:46:03.000  

Tadzio Müller: Auf jeden Fall. Ich meine, ja, also diese rechten Tendenzen, die gibt es nun mal. Ein Freund von mir hat was Kluges gesagt, er sagte, die AfD ist die Antwort auf das politisch existierende, das politische Repräsentationsdefizit schlechter Menschen in Deutschland.

00:46:16.000  

Raúl Krauthausen: Die Arschloch-Partei.

00:46:17.000  

Tadzio Müller: Die Arschloch-Partei. Also genau, die AfD ist die Volkspartei der Arschloch-Gesellschaft. Sagen, Arschloch definiert als analytischer Begriff jemand, der gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit toll findet. Also sozusagen, wenn du der Meinung bist, dass du als Hethe mir und meinem Ehemann direkt Schwuchtel hinterher rufen darfst oder das N-Wort benutzen darfst oder deine Frau mal eine knallen darfst, wenn sie sich daneben verhält, in Anführungsstrichen, dann bist du ein Arschloch. So, das ist sozusagen, wenn du siehst, wenn du andere Menschen gruppenbezogen für weniger Wert hältst als dich und die deinen, dann bist du ein Arschloch. Ich kann man glaube ich analytisch so festlegen als Definition. Und im Grunde hat das deutsche Parteiensystem ganz lange diese Menschen nicht abgebildet, denn jede Partei, auch die FDP und auch die CDU und so weiter hat versucht, ihre Position auch wenn die total real menschenfeindlich waren, also der Sozialabbau ist menschenfeindlich. Investitionsschutzabkommen mit dem Kapital zu verhandeln, in dem die alles machen dürfen, dem Kapitalistinnen alles machen dürfen, was sie wollen und die Arbeiterinnen keine Rechte und Möglichkeiten haben, sich dagegen zu organisieren und zu wehren, das sind menschenfeindliche Politiken. Aber sie haben die immer noch in der Sprache des bürgerlichen Humanismus, des Universalismus begründet in irgendeiner Form, als wäre das gut für uns alle. Der Unterschied zwischen der Verdrängungsgesellschaft und der Arschlochesellschaft, dass die Arschlochgesellschaft sagen kann, die muss sich gar nicht mehr mit Verweis auf universalistische Werte legitimieren. Die kann einfach sagen, ja klar lassen wir die Leute im Mittelmeer absaufen, das ist genau das Ziel, die sollen ja nicht hierher kommen. Und diese sozusagen, also wir kennen diese Studie über die verrohte Mitte, diese verrohte Tendenz gab es schon immer in der deutschen Gesellschaft und die AfD artikulierte jetzt. Und daraus zieht sie eine unglaubliche Kraft, weil sie mit einer im Grunde verdrängten Identität arbeitet. Also deswegen habe ich diesen Begriff „coming out“ verwendet. „Coming out“ kommt daher, dass Queers sagen, wir mussten im Schrank leben. Wir mussten, wir haben uns geschämt, wir haben uns vor uns selbst geschämt und vor anderen und deswegen haben wir versteckt, wer wir sind. Und im Grunde jemand, der das N-wort benutzen will offen, jemand, der seiner Frau eine schlagen reinhauen will, wenn er gerade Bock hat oder der eben Schwule beleidigen will. Der musste sich ganz lange, hatte das Gefühl, ich muss mich zurücknehmen, weil es eine Art gesellschaftlicher Sanktion gegen mein Verhalten gibt. Wenn ich auf der Straße offen das N wort benutze, dann werden mich die Leute zumindest wie in Neandertaler angucken, wenn ich irgendeine junge linke Zecke sage, hey sei mal nicht so ein Rassist. So und das heißt, die haben das Gefühl, ich und meine Identität als jemand, der sich wie ein Mann verhalten will und einfach mal und so weiter, diese Identität wurde in den Schrank gesperrt und die kommt jetzt raus und daraus kommt eine unglaubliche Dynamik, das Gefühl, endlich kann ich schamfrei ich selbst sein und eben wie die Pechstein in Kopfuniform auf dem CDU-Parteitag über Sinti und Romarade brechen, als wären es hier die frühen 30er.

00:48:48.000  

Raúl Krauthausen: Und machen wir jetzt quasi permanent, auch medial, den Fehler diesen Menschen zuzuhören, Aufmerksamkeit zu geben, alles neu zu diskutieren, dass dann Dinge plötzlich sagbar werden, wie die Zeit dann irgendwann getitelt hat, oder soll man es lassen? Also um das Betten von Menschen aus mehr zu geben.

00:49:06.000  

Tadzio Müller: Genau. Das ist momentan erleben wir das massive Verschieben von diskursiven Grenzen. Also ich meine, in den letzten Tagen hatten wir Thomas Frei, der das individuelle Grundrecht auf Asyl in Europa abschaffen wollte. Lindemann, der für Schnellgerichte gegen Freibadprügler war. Weidel, die Goebbels Zitate verwendet, AfD-Kandidatinnen, Kandidatinnen und Kandidaten für die Europawahl. Die sagen, sie wollen Deutschland zu einer Großmacht machen. Und Ramsauer, Ex-Verkehrsminister, der von Ungeziefer spricht, wenn er von Wirtschaftsgeflüchteten redet. Also aus Wirtschaftsgründen flüchtenden Menschen redet.

00:49:46.000  

Raúl Krauthausen: Und niemand von denen wird sanktioniert.

00:49:48.000  

Tadzio Müller: Genau. Und im Grunde ist das passiert. Klar gibt es da teilweise Shitstorms, aber im Grunde ist es so, alle von denen machen weiter wie bisher.

00:49:55.000  

Raúl Krauthausen: Und die sind ja vorprogrammiert, die willst du ja. Diese Shitstorms.

00:49:58.000  

Tadzio Müller: Ganz genau. Denn ich meine, das wissen wir von Trump, es gibt keine negative Publicity. Wenn Leute darüber reden, wie scheiße dein Statement war, reden sie halt immer noch über dein Statement. Und performen so, dass genau das, was du willst, nämlich dass das Sagbare verschoben wird. Dadurch, dass man über etwas redet, über eine These, legitimiert man sie auch in der Kritik. Das verstehen viele Leute auf Twitter nicht, da bist du ja auch unterwegs. Die Anzahl von Leuten, die irgendwie von diesem rechtsradikalen Newsportal, in anfangs der schlichten News, N-I-U-S, immer wieder Sachen posten oder welche Screenshots von dieser Reichelt Kröte, das ist ein weiter Verbreiten von deren Propaganda, auch wenn ihr euch dann clever kritisch ein bisschen auseinandersetzt. Dadurch, dass wir uns ständig darüber aufregen, was für eine scheiße Leute reden, die eh nur scheiße reden, legitimieren wir deren Scheiße. Das Weidel und Reichelt rassistische, faschistische Scheiße reden, ist genauso überraschend, wie Tadzio hatte mal wieder Sex mit irgendeinem Kerl. Das ist halt so, nobody cares. Ich muss jetzt nicht jeden irgendwie jedes Date von mir posten online, man muss nicht jeden Scheiß reproduzieren, den Weidel oder Reichelt sagen.

00:51:03.000  

Raúl Krauthausen: Also einfach die Aufmerksamkeit abdrehen oder was wäre jetzt.

00:51:06.000  

Tadzio Müller: Genau, also zum Beispiel, ich meine ganz viele US-Medien haben nachdem Trump an die Macht kam, gesagt, ey, da waren wir irgendwie mit Schuld dran. Denn die haben dem ja gratis Öffentlichkeit gegeben. Also ich beziehe mich jetzt mal gerade tatsächlich auf einen Shitstorm, der mir zugeschlossen ist, dieser Shit Happens Shitstorm. Also nachdem ich diesen absurden Tuen geschrieben habe, hier Frau wurde lebensgefährlich verletzt, aber Shit Happens. So, war total scheiße, war total, war im Grunde Menschenverachtend von mir. Und Parenthese, die Gegenseite, ist so darauf angesprungen, weil sie in meiner Menschenverachtung, ihre eigene Menschenverachtung gespiegelt sah. Denn Shit Happens ist ja quasi das Grundprinzip unserer Wirtschaft. Also zu sagen, das ist ja Autosektor Shit Happens. Paar Zehntausend vorzeitige Todesfälle durch Diesel-Skandal. Shit Happens ist halt unsere wirtschaftliche Basis. So, das war richtig scheiße von mir. Daraufhin gab es einen massiven Shitstorm. Wozu hat dieser Shitstorm geführt? Drei Interviews in großen Zeitungen und Online-Plattformen und noch ein paar Hundert Euro für einen Artikel, den ich in der Zeitung schreiben durfte. Und riesige Aufmerksamkeit für meinen Newsletter und so weiter. Ich sag das nicht, weil ich damit meinen Tweet abfeiern will. Ich will aber nur sagen, da hab ich einen richtig blöden Tweet geschrieben, es gab einen richtig harten Shitstorm und es hat mir medial mehr Raum eingebracht. Dieses Prinzip müssen wir doch verstehen. Je mehr man über etwas redet, desto mehr Raum gibt man denen. Das ist aber noch keine Antwort auf die Frage, wie geht man mit dieser faschistischen Gefahr um. Wenn wir ganz ehrlich sein müssen, genau wie die Klimabewegung einsehen muss, dass ihre Strategien bisher gescheitert sind, ist es so, dass die Antifa-Strukturen, die ich kenne, einfach kein Rezept haben. Das waren im Grunde minoritäre Strategien gegen eine minoritäre radikale Bewegung. Also ein paar Linksradikale haben irgendwie versucht, den Nazis den Raum wegzunehmen oder zu verneinen. Aber wie man damit gegen eine Partei kämpft, die über 20 Prozent in den Umfragen hat und natürlich auch dadurch Sprechraum hat. Also no platform geht ja im Grunde auch nicht mit der AfD, denn sie hat ja nur eine Plattform, sondern im Bundestag. Und hat deswegen auch eine Plattform in den öffentlich-rechtlichen Medien, was ich ja nachvollziehen kann. Aber wie, also es gibt momentan, glaube ich, auch noch keine effektiven Strategien und ich würde von der Antifa-Bewegung im Grunde einen ähnlichen Strategieprozess mir erhoffen wie von der Klima-Bewegung, der auch öffentlich geführt wird. Wie gehen wir eigentlich mit dieser neuen Situation um?

00:53:13.000  

Raúl Krauthausen: Finde ich total spannend und bitte verzeih mir kurz diesen Ausflug zu Gerhard Schröder.

00:53:18.000  

Tadzio Müller: Go, go, go.

00:53:19.000  

Raúl Krauthausen: Aber Gerhard Schröder hat doch damals den Aufstand der Anständigen ausgerufen. So und ich frage mich die ganze Zeit, wo bleibt eigentlich dieser Aufruf von der Mitte der Gesellschaft. Früher gab es dieses „Wir sind mehr“ irgendwie große Konzerte und Skape-Tings.

00:53:37.000  

Tadzio Müller: 90er Jahre Lichterketten.

00:53:39.000  

Raúl Krauthausen: Ja, mega Ding.

00:53:40.000  

Tadzio Müller: Fettes Teil.

00:53:40.000  

Raúl Krauthausen: Wo ist das? Wo ist das alles? Wo ist Olaf Scholz, der sagt, Leute, es reicht?

00:53:45:000  

Tadzio Müller: Also erst mal der Aufschrei wird von den Verdrängungstendenzen verschluckt. Denn ich komme zurück zur Klimakatastrophe. Man müsste ja davon ausgehen, dass mehr Klimakatastrophe zu mehr Klimaschutz führt. Also je näher die Klimakatastrophe kommt, eskaliert, desto mehr müssten Leute anfangen sich rational zu verhalten. Das tun sie aber nicht, weil es so verdammt schwer ist, sich rational zu verhalten. Deutschland müsste ja zum Beispiel die Autoindustrie massiv in der Größe reduzieren. Sie müsste komplett vom Verbrenner auf den Elektromotor umschalten und unglaublich in ihren Produktionskapazitäten eingeschränkt werden, was ja auch Arbeitsplatzverluste mitbeinhalten würde. Wir müssten eben, wie ich schon sagte, einen großen Teil uns als erheblichen Teil unseres BIP jedes Jahr in den globalen Süden umverteilen. Wir müssten ganz viel machen, um klima- rational zu handeln. Und das ist einfach zu schwer. Ich beziehe mich sehr gerne auf meine Beziehungskonflikte. Also mein Ex-Partner, also nicht mein Ehemann, sondern mein Ex-Partner. Wie viele queere Männer hatte der massiven, sagen, Knacks von zu Hause mitbekommen? Also sein Vater hat ihn einfach richtig scheiße behandelt und hat ihm unglaublich viele Traumata eingeprügelt, literally. Und das heißt, da hatte sich Mir auch in der Beziehung scheiße verhalten. Und immer, wenn ich ihm das gesagt habe, bitte änder mal dein Verhalten, ist diese Verhaltensänderung bei ihm auf die Grenze getroffen, dass er diese ganzen Traumata hatte. Und er müsste unglaublich viel Therapiearbeit machen, um anzufangen, sich mir über die Scheiße zu verhandeln. Das heißt, die Kosten, sich an meine Kritik anzupassen und sich so zu verhalten, dass er sich nicht scheiße verhält, waren zu hoch. Die waren prohibitiv hoch. Und wenn man sein Verhalten an Kritik nicht anpassen kann, dann verdrängt man sie halt lieber.

00:55:18.000  

Raúl Krauthausen: Und dann wird man zum Arschloch.

00:55:20.000  

Tadzio Müller: Ganz genau, weil man dann irrational wird und dumm wird. Also wenn man sich anschaut was für drängende Subjekte sagen, als Olaf Scholz einen Zwischenruf eines Klimaaktivisten, der sagte „Sie reden Schwachsinn“, was ja nun ganz wirklich für aktivistische Zwischenrufe sogar noch verhaltensmäßig freundlich ist, da haben wir auch schon andere Sachen gerufen, „Hö, Drecksfaschisten, Schwein!“. Das geht auch anders, Olaf. Und auf diesen freundlichen Zwischenruf hat er ja mit einem Nazi-Vergleich geantwortet, er hat wirklich einen Aktivisten, der sagte „Hey, Sie reden Schwachsinn“, mit faschistischen Terrorschwadronen aus den 20er und 30ern verglichen.

00:55:49.000  

Raúl Krauthausen: Aber das zeigt ja, dass der selber gnadenlos überfordert war.

00:55:52.000  

Tadzio Müller: Genau, das zeigt, dass er verdrängt. Er verdrängt nämlich, dass er kein Klimakanzler ist. Er verdrängt, dass er diese Politik völlig außer Acht ist, wo er Leuten versprochen hat, ich bin Klimakanzler. Dafür schämt er sich im stillen Kämmerlein zu Hause. Und wenn ihm dann ein Aktivist darauf hinweist, dass er eben nicht der Klimakanzler ist, dann flippt er aus. Genau hat es mein Ex gemacht. Wenn ich sagte, ey, du verhältst dich gerade total scheiße, dann wurde er oft noch scheisser. Weil, also was dann psychologisch reinkommt, ist einmal, dass man desozialiert, dass es eine Dissoziation ist, wenn dein Kopf aufhört, rational denken zu können. Oder dass man projiziert, dass man im Grunde den Angriff, den man selbst auf den anderen gerade durchführt, beim anderen sieht. Also wenn man dem anderen Brutalität zufügt, dann wirft man dem anderen vor, gegenüber einem selbst brutal zu sein.

00:56:35.000  

Raúl Krauthausen: Und das meinst du dann mit Scham? Also Olaf Scholz schämt sich im stillen Kämmerchen dafür, dass er nicht der ist, der er gerne wäre.

00:56:43.000  

Tadzio Müller: Ganz genau. Dass er nicht der ist, der er gerne wäre. Da hast du genau den Verweis auf das mit dem Queer-Sein. Die Distanz zwischen dem, was wir sind und was wir gerne sein wollen. Zwischen unserem realen Verhalten und unserem Wollen und unseren Werten. Das ist ja das, was zu so genannter kognitiver Dissonanz führt.  Und dies führt das Subjekt sehr unangenehm. Und Olaf Scholz ist jetzt niemand, der will, dass die Welt in der Klimakatastrophe versinkt. Er tut Dinge dafür, dass es weiter passiert. Aber das will er ja nicht.

00:57:12.000  

Raúl Krauthausen: Das heißt, du bist dann quasi in dieser Scham, dann verdrängst du solange du kannst und danach wirst du ja entweder zum Arschloch oder begehst Suizid.

00:57:22.000  

Tadzio Müller: Dann hast du also etwas verdrängt. So, jetzt nehmen wir an, dass der Verdrängungsmechanismus funktioniert. Jetzt schaltet Aktivismus dazu. Aktivismus im systemischen Sinn ist Kommunikation. Wir wollen über die Klimakrise so kommuniziert werden, dass es nicht ignoriert oder verdrängt werden kann. Genau darauf ist Aktivismus eingestellt, zum Beispiel auch in der Inklusionsfrage. Aktivismus, du hast es ja selbst geschrieben, dass im Grunde die Gesellschaft das Problem mit den Sonderschulen, also die Gesellschaft will eigentlich das Problem eher aus den Augen, aus dem Sinn haben. Die Sonderschulen sind nicht für die Menschen mit Behinderung da, die Sonderschulen sind für die ohne Behinderung da, damit die verdrängen können. Das hat total Resonanz gehabt. Das heißt, der Aktivismus ist da, um Verdrängtes ins Gehirn zurückzurufen oder ins Bewusstsein, vom Unterbewusstsein ins Bewusstsein. Da würde dann das ausgelöst, was Freud die Rückkehr des Verdrängten nennt. Das ist ja das, weil Dinge ja aus dem Grund verdrängt werden. Wenn man sie fühlt, fühlt man sich scheiße. Wenn das dann zurückkommt, dann ist es wirklich so wie so eine Dynamik, die das Subjekt quasi überschwemmen kann. Das heißt, man versucht, dass die Rückkehr des Verdrängten mit allen Mitteln zu verhindern. Entweder sich im Grunde die Finger in die Ohren stecken, Dissoziation einfach nicht hinhören oder einfach sozusagen abschalten. Das ist wirklich so eine Notabschaltung des Hirns. Die wird gar nicht bewusst durchgeführt.

00:58:34.000  

Raúl Krauthausen: Oder zu sagen, aber die Linken.

00:58:34.000  

Tadzio Müller: Genau, aber Aber die Linken sind sozusagen so ein Verdrängungsmännchen, ich nehme es ganz genau. Aber wenn die trotzdem weiter auf dich einreden und immer bessere Argumente haben und die Kritik immer vernünftiger vortragen, dann musst du denen halt einfach irgendwann aufs Maul hauen. Und das ist im Grunde genommen das verdrängende Subjekt versucht die Verdrängung mit aller Macht zu verteidigen. Wir müssen mit aller Macht gegen die Verdrängung arbeiten. Und deswegen sind wir am Ende dann die Cassandra oder eben der The Messenger, der dann getötet wird.

00:59:02.000  

Raúl Krauthausen: Aber jetzt zwei Fragen. Also eine Frage, die ich da für mich auslöse, Es gibt ja noch einen anderen Weg, den man wählen kann, der sich so schämt. Das ist der Suizid.

00:59:11.000  

Tadzio Müller: Und das ist tatsächlich in einem gewissen Sinne der dritte Weg. Also meine Analyse von Scham und so weiter ist auch so ein bisschen inspiriert. Von Wilhelm Reichs Faschismus-Analyse. Und ein berühmtes Werk, das er in der deutschen Soziologie in den letzten Jahrzehnten aufgenommen hat, sind die Männer-Fantasien von Klaus Teweleit. Wo er und by the way, ich habe das Buch nie gelesen, das steht nur auf meinem Schrank rum. Und ich gucke es die ganze Zeit an, denke ich würde es gerne lesen. Ich will es gar nicht damit angeben, aber ich habe mir eine Rezension angeschaut. Also dann basically Tevelite, ich will nicht so intellektuell rummachen, aber so weit ich weiß, Tevelite folgendes. Als sein 44 war es völlig klar, 43/44, waren den Deutschen zwei Dinge klar. Erstens, der Krieg wird verloren und zweitens, oh dear, es gibt überall im Land Vernichtungslager. Scheiße. Und wir haben nichts gemacht dagegen. Und man wusste im Grunde, es gab auch eine Studie, die haben US, GIs haben nach dem Kriegsende gefragt, wer wusste von den Vernichtungslagern. riesige Mehrheit Deutschlands sagte ja wussten wir. Dieselbe Studie wurde mehrere Jahre später wieder gemacht. Plötzlich wussten nur noch ganz ganz wenige von den Vernichtungslagern.

01:00:10.000  

Raúl Krauthausen: Und das rät sich ja durch bis heute.

01:00:12.000  

Tadzio Müller: Ganz genau. Und im Grunde hat Deutschland schon damals gelernt zu verdrängen, wenn es Scheiße gebaut hat. Und in dem Fall, warum haben die Leute mit den Nazis weitergekämpft? Wenn sie sagen können, naja gut, ok, du schämst dich halt, aber es ist immer noch besser, irgendwie nicht im Volksturm zu verrecken. Also es ist immer noch besser, irgendwo sich zu schämen, als im Volksturm zu verrecken. Nein, weil ein sich schämendes Subjekt tatsächlich sogar den Thanatos, den Tod, manchmal der Rationalität oder der Auseinandersetzung mit der Scham vorziehen kann. Du musst dich so verstellen, Schuld ist auch schon irrational, aber Schuld appliziert auf eine einzelne Handlung. Du bist Schuld daran, weil du das gemacht hast.

01:00:48.000  

Raúl Krauthausen: Ja, ich verstehe was du meinst.

01:00:49.000  

Tadzio Müller: Schuld sagt, diese Handlung war schlecht. Scham sagt, du bist schlecht. Du bist schlecht, du bist falsch. Und es kann sich für das Subjekt so zerstörerisch anfühlen, dass der Suizid der Tarnatos, der kollektive Tod auf dem glorreichen Schlachtfeld des Faschismus eine attraktivere Option sein kann als die rationale Auseinandersetzung mit der Scham und mit der Verantwortung, die man für die Situation hat. Weil Scham ist ja gar nicht der rationale Modus, sich mit der Auseinandersetzung, man will ja Verantwortung übernehmen.

01:01:15.000  

Raúl Krauthausen: Ich meine es tatsächlich so, dass, keine Ahnung, wenn du dein Leben lang als behinderter Mensch diskriminiert wirst oder als queerer Mensch und du dich dafür schämst, behindert zu sein oder queer, dann gibt es ja auch Menschen, die sich da umbringen. Also auch das ist ja Scham und dann Prinzip.

01:01:32.000  

Tadzio Müller: Genau. Und im Grunde ist es so, weil dieser Mensch sagt, ich werde lieber mich umbringen, als mein Leben offen und selbstbewusst zu leben, weil man da durch unglaublich viele Schambarrieren durchbrechen muss. Und das ist so viel Arbeit. Ich meine, ich habe dieses Durchbrechen von Schambarrieren, das ist was, was mir. Ich habe ja auch viel öffentlich über meine Sexualität gesprochen, die jetzt ziemlich exzessiv ist und eben auch Substanzen und so weiter beinhaltet und so BDSM, Unterwerfungsdominanzgeschichten. Und da hab ich gemerkt zum Beispiel, wie schwierig, also was für eine Energie und Wucht man braucht, über bestimmte Schambeilige und rüberzuspringen und nämlich zu sagen, ja, das finde ich toll und sexy, das macht mich an. Also irgendwie druff in High Heels und Strapsen durch Schöneberg laufen und von Typen irgendwie angeguckt werden, ob Hass erfüllt oder notgeil, keine Ahnung. Das macht mich total an. Das hätte ich lange nicht sagen können, weil es natürlich für mich, mit meinen, ich bin zwar irgendwie weder linksradikaler, aber ich komme aus einer total großbildungsbürgerlichen Familie, ich bin auf beiden Seiten dritte Generation doktoriert, das sage ich nicht um anzugeben, ich komme aus einer gesellschaftlichen Eliteposition und dann zu sagen, ich bin gerne eine öffentliche Drogenschlampe, das ist schon, das ist schambehaftet. Und sich da durchzudrücken braucht viel Kraft und manchmal ist es einfach einfacher, sich dem ganzen zu entziehen.

01:02:53.000  

Raúl Krauthausen: Wie hilft mir denn jetzt Olaf Scholz bei der Trauerbewältigung der Erkenntnis, dass er sich schämt?

01:02:59.000  

Tadzio Müller: Das ist ein interessanter Punkt. Trauer, da habe ich auf meinem von dir freundlichen Newsletter „Friedliche Sabotage“ geschrieben, wo ich auch den Leuten mal rate, draufzuschauen. Die könnte sowohl gratis als auch als Unterstützerin abonnieren, gerne auch gratis, weil das ist eine Bewegungsressource. Ich will das alles lesen können. Aber es ist auch eine der Art und Weise, wie ich meinen selbstständigen Vollzeitklimaaktivismus finanziere. Und da habe ich in den Text geschrieben, wo ich gesagt habe, naja, im Grunde ist die ganze Klimadebatte gar keine rationale, im Sinne von wo wir über Politik reden, was kosten die, was nützen die und wie setzen wir sie durch. Sondern wir haben eigentlich eine Klimadebatte, die sich in diesen fünf Stadien der Trauer, wie heißt das Stadien der Trauer dieses Kübler-Ross-Modell „Five Stages of Grief“. Das ist Denial, Anger, Depression, ne Bargaining Depression, Trauer. Also Leugnung, Wut, Verhandeln, Depression, Akzeptanz. Und also diese fünf Stadien der Trauer. Im Grunde, wenn du mir anschaust, okay, wir haben Leugnung, ist ein ganz großer Teil der Klimadebatte. Entweder Leugnung des gemäßchen gemachten Klimawandels oder Leugnung der Radikalität der Herausforderungen oder Leugnung der ineffektivität der Lösungsmechanismen. Zweitens haben wir dann.

01:04:07.000  

Raúl Krauthausen: Inklusive der Idee des Elektroautos rettet die Umwelt. Inklusive der Idee zu sagen, ja, das ist, wir müssen das Technologie offen machen und Wirtschaftswachstum da weiter erhalten bleibt.

01:04:18.000  

Tadzio Müller: Genau, obwohl ich das eher in die Phase drei, Bargaining verhandeln tun würde. Also zwei Zorn kennen wir auch von der letzten Generation, die Leute, die Autofahrer hier dann durchdrehen. Bargaining ist im Grunde jede reale Politikdiskussion im Klimafeld. Das ist eigentlich nur so eine Verhandlungsgeschichte. Die Analyse von Kübler-Ross, die auch schon mit vieler Hinsicht hinterfragt wurde, kommt aus dem Analysieren von Trauerprozessen von zum Beispiel Leuten, die anerkennen müssen, dass sie einen tödlichen Krebs haben. Das kennen wir sozusagen verhandeln, ist dann der Teil der Krebsbehandlung, wo der Patient sagt, ja, wenn ich das noch mache, vielleicht habe ich noch ein bisschen mehr Zeit, wenn ich jetzt aufhöre zu rauchen, vielleicht kann ich dann dem ganzen Krebs noch entkommen oder so. Man im Grunde versucht zu sagen, ja, ich erkenne das Problem an, aber ich kann das doch ganz leicht lösen, indem ich einfach das und das und das mache und dann verschwindet das Problem. Das ist im Grunde verhandelt. Die Dinge, die du gerade genannt hast, sind alle hilflose Versuche, das Problem einerseits anzuerkennen, aber zu sagen, wir müssen gar nicht so viel verändern. Und das heißt, im Kern steht zwischen uns und einer rationalen Klimadebatte. Und eine rationale Klimadebatte, würde ich sagen, ist eine, wo es auch so was wie Policy-Konkurrenz zwischen Konservativen und Sozialdemokraten und Liberalen und Grünen gibt. Wo die eine Partei sagt, hey, wir haben diese halbwegs vernünftige, aber vielleicht sehr unsoziale Policy-Option. Andere sagen, ja, wir brauchen aber einen sozialen Klimaschutz. Das wäre eine vernünftige Policy-Konkurrenz. Aber wir haben ja keine Rationale Debatte, wir haben ja so eine Verdrängungsdebatte. Also steht zwischen der rationalen Klimadebatte und uns vor allem eine Art Trauerprozess, in dem wir der Zukunft der Moderne adieu sagen. Die Zukunft der Moderne ist eine, wo es immer mehr gibt. Also in der Aufklärung, in der kapitalistischen Moderne produzieren wir immer mehr Waren und Dienstleistungen und die sollen uns irgendwie aus dem Zustand der Armut, der Naturgebundenheit und so weiter herausführen. Sowohl Konservatismus als auch Liberalismus als auch Sozialismus gehen alle davon aus, dass es durch ständigen ökonomischen Fortschritt, Entwicklung der Produktivkräfte, mit Marx gesprochen, mehr gibt, dass wir das dann verteilen können oder anders organisieren können, sodass wir alle ein besseres Leben haben. Das heißt, die Zukunft von immer mehr. Es gibt immer mehr für uns alle, es gibt auch immer mehr auf der individuellen Ebene, also in unseren Lebenswegen. Wenn wir 40 sind, erwarten wir, dass wir mehr konsumieren können, als wenn wir 20 sind. Das heißt, wir haben selbst diese Erwartung von einem aufsteigenden Konsumpfad in unser Leben eingebaut. Und jeder Policy Vorschlag, der realistisch sich zum Klimakrise verhält und sagt, das sind Dinge, die müssen wir durchsetzen und die haben tatsächlich ein bisschen Effekt, würde im Grunde sagen, wir müssen Richtung einer Degrowth Wirtschaft gehen. Es gibt keinen Klimaschutz an einem Wachstumskapitalismus. Wir müssen uns von dieser Idee der Zukunft verabschieden und dafür brauchen wir eine Art Trauerprozess. Wie wird der angeleitet? Ich glaube nicht von der Therapeutin, weil ganz ehrlich 82 Millionen Menschen auf einer Couch stelle ich mir schwierig vor. Aber zum Beispiel diese Vereine, die ich vorhin genannt habe, Stell dir mal vor, darin würde es organisierte Diskussionen über Degrowth in der Klimakrise rational wirtschaften geben. Vielleicht wäre das dann leichter für uns Radikale mit unserer Position durchzudringen. Grundsätzlich würde ich bei Olaf Scholz sagen, da ist Hopfen und Malz verloren, weil jemand mit so einer Arbeitsbelastung zu sagen, so jetzt machen wir gerade kurz einen Trauer- und Therapieprozess, ist völlig unrealistisch. Im Grunde, ohne dass wir anhalten, können wir nicht trauern und anhalten geht halt den Kapitalismus nicht.

01:07:11.000  

Raúl Krauthausen: Gleich geht’s weiter. Wenn Du diesen Podcast unterstützen möchtest, dann kannst Du das mit einem kleinen monatlichen Beitrag tun. Im Gegenzug kannst Du alle Folgen vorab hören und Du wirst, sofern Du das möchtest, hier im Podcast namentlich genannt. Alle Infos findest Du unter www.im-aufzug.de. Ende der Service-Durchsage. Viel Spaß beim zweiten Teil der Folge.

01:07:44.000  

Raúl Krauthausen: Das heißt, ich habe mal den Begriff der Sattelzeit gelernt.

01:07:49.000  

Tadzio Müller: Sattelzeit?

01:07:50.000  

Raúl Krauthausen: Ja, wir befinden uns in einer Phase im Moment, wo die Ereignisse in immer kürzeren Abständen offenbar auf uns wiederprasseln und wir nähern uns gerade dem Höhepunkt des Sattels. Danach geht es halt knallhart runter und der Höhepunkt oder Kurve oder wie auch immer und der Höhepunkt ist quasi, es knallt. Also irgendeine Unruhen, dritter Weltkrieg, ich habe keine Ahnung, Und die einzige Hoffnung, die wir jetzt vielleicht haben könnten, wäre, dass wir durch die Technologien, die wir haben, Internet und Co., zum ersten Mal historisch begreifen, dass wir uns in einer Sattelzeit befinden, was wir früher vielleicht gar nicht mitbekommen hätten, weil das Internet nicht existierte und wir nicht mitbekommen haben, dass in Neufundland dieser Eisberg gerade vor uns herschippert. Verstehst du, was ich meine?

01:08:39.000  

Tadzio Müller: Total. Aber jetzt nimmst du immer noch diesen Moment an, wo Verdrängung in Rationalität umschlägt, wo im Grunde wir durch mehr Information, im Grunde rekurrieren wir alle. Das ist total einfach. Wir rekurrieren alle auf dieses Modell. Wenn Leute mehr wissen, können sie sich rationaler verhalten. Aber das Interessante ist, dass in der Verdrängungsgesellschaft mehr Wissen nicht zu rationalerem Verhalten führt, sondern nur zu mehr Verdrängung. Du musst die Verdrängung wirklich wie einen physikalischen Prozess vorstellen, je mehr Gewicht du verdrängen musst, desto mehr Kraft musst du aufwenden. Das ist interessanterweise, das heißt du musst tatsächlich davon ausgehen, dass je mehr die Leute über die Klimakatastrophe wissen, dass die wahrscheinlichere und realistischere und einfacheren Option ist, einfach noch mehr zu verdrängen. Ja, da musst du mehr Kraft für aufwenden, aber immer noch nicht so viel Kraft wie du aufwenden müsstest, um die Gesellschaftsfundamental mit zu verändern. So und das ist genau der Punkt, dass wir wissen zwar, genau wie mein Ex wusste, dass er sich scheiße verhält. Er wusste, glaube ich sogar, warum er sich scheiße verhält. Aber er konnte das Verhalten nicht ändern, weil es zu anstrengend war, weil es sowohl individuell als auch gesellschaftlich viel zu hohe Kosten mit sich bringt. Und Kosten heißt hier nicht nur ökonomische Kosten, sondern eben auch zum Beispiel die emotionalen Kosten. Allein so Trauerarbeit zu machen, selbst sozusagen Self-Care, also emotionale Arbeit mit und an sich selbst zu machen, ist ein riesiger Kraftaufwand. Das wird jeder wissen, der die schon mal irgendwie länger in der Therapie war, wie viel, also oft denken ja Leute, man geht zur Therapeutin und dann löst die alle die Probleme. Das stimmt überhaupt nicht. Das beinhaltet unglaubliche individuelle Kraftakte.

01:10:08.000  

Raúl Krauthausen: Ok, krass. Das heißt, es muss knallen.

01:10:12.000  

Tadzio Müller: Also im gewissen Sinne knallt es natürlich momentan schon, wenn du jetzt mal aus der Perspektive der letzten Generation Aktivistinnen das siehst, dann knallt es schon.

01:10:21.000  

Raúl Krauthausen: Aber das fühlt sich doch so ein bisschen an wie Kindergeburtstag knallen.

01:10:23.000  

Tadzio Müller: Ok, wenn jetzt von großem Kladerardatsch, wie das glaube ich der August Bebel mal nannte, oder Eber. Jedenfalls muss es knallen. So rum. Ich bin jetzt mal ganz direkt. Das wahrscheinlichste Szenario der Zukunft Deutschlands ist, eines in dem wir nicht das Klima schützen und Faschisierungstendenzen immer stärker werden. Das ist jetzt mal eine Perspektive, die ich bis Mitte der 30er nächstes Jahrzehnt vorzeichne. Das ist das wahrscheinlichste Szenario. Aber wenn wir jetzt mal ein optimistischeres Szenario reden wollen, weil wenn es knallt, dann haben die anderen einfach zu viele Waffen. Also sagen die anderen, wir sind nicht die mit den Waffen und den Netzwerken, die irgendwie Todeslisten für andere haben. Das sind die Rechtsradikale, das sind die Nazis. Aber wie könnte man so eine Explosion, in der es unglaublich viele Tote, Verletzte, unglaublich viel Leid geben wird, verhindern? Dafür bräuchte man eine Positionierung der Mehrheitsgesellschaft. Eben zum Beispiel, wo sind die ganzen, also diese Lichterketten, wieder für die jüngeren Zuhörerinnen, als es Anfang der 90er zu massiven anti-Ausländer-Pogromen kam in Deutschland, also nicht nur, by the way, im Osten, wie viele denken, sondern auch in Mölln und Solingen und ähnlichen Orten. Da gab es durchaus eben, der Aufstand der Anstehung war später. Das war unter Schröder. Es gab verschiedene Wellen, so pogromwellen, in Deutschland Anfang der Nuller, da gab es auch noch mal genauso rum. Da kam der Aufstand der Anständigen. Wobei, es gibt einen schönen Song, in dem gesagt wird, was nützt uns der Aufstand der Anständigen, stand da an einer Hauswand, was Sie hier brauchen, ist ein anständiger Aufstand. Im Grunde glaube ich, dass wir dieses Szenario verhindern müssen, in dem Leute jetzt schon, wenn es eine AfD-Demo gibt. Letztes Jahr im Oktober gab es eine große AfD-Demo und als Gegendemonstranten waren ein Zehntel von den Nazis, von den AfD Leuten auf der Straße. Es waren nur 1500 Leute. Es muss halt der AfD klar gemacht werden, dass eine solide Mauer gegen sie steht. Also diese ganzen Brandmauer des Gründens. Es gibt ja keine Brandmauer. Aber es wäre mal schön, wenn die zum Beispiel konservative Mitte eine Brandmauer mitten durch die Union zieht und sagt, wer hier mit der AfD zusammenarbeiten will, der muss in eine andere Partei gehen. Das können die auch gerne in ihrem Parteifraktionen sagen, werden sie natürlich nicht. Aber das wäre sozusagen ein, dass die Mitte sich positioniert. Die im Grunde genommen, diese schweigende Mehrheit ist vor allem eine Mehrheit, die schweigt, weil sie sich nicht positioniert. Das ist ja so wie sagen immer die Rechten sagen, die schweigende Mehrheit ist eigentlich rechts. Ich glaube ganz ehrlich, die Mehrheit weiß noch nicht, wo sie hin will. Und das ist die große Frage. Ich kann die Tendenzen Richtung Klimakatastrophe und Faschisierung leicht analysieren. Die Sache, deswegen habe ich vorhin eben die Willkommenskultur erwähnt, die wir nicht wissen, ist, was sind die Gegenkräfte? Weil, das ist eine offene Frage.

01:13:07.000  

Raúl Krauthausen: Und das war aber schon immer so, dass wir die Gegenbewegung nie analysieren konnten.

01:13:12.000  

Tadzio Müller: Genau, weil wir sie selbst organisieren müssen. Also das ist quasi was, was wir nicht analysieren können, weil es von Variablen abhängt, die wir selbst noch zu beeinflussen haben.

01:13:20.000  

Raúl Krauthausen: Aber hast du die Hoffnung, dass wir Arschlöcher wieder zu verdringern kriegen?

01:13:24.000  

Tadzio Müller: Wenn man das Ganze mal in diesem Saul Alinsky, das Spectrum of Allies, das war ein US-Community Organizer, der hat gesagt, die Gesellschaft kannst du dir an jedem Punkt, zu jeder Frage, aus fünf Tortenstücken bestehen. Sie hat so einen Halbkreis aufgemalt. Ganz links sind deine aktiven Unterstützerinnen. Nächstes Tortenstück sind die passiven Unterstützerinnen. Das sind dann die Millionen, die zu Hause sitzen und sagen, hey, Fridays auf der Straße ist voll cool. Dann hast du die undecideds, die Unentschiedenen. Dann hast du die passiven Gegnerinnen und die aktiven Gegnerinnen. Diese fünf Tortenstücke gibt es. Das Ziel des politischen Organizers ist, Leute auf diesen, oder des linken Organizers, diesen Tortenstücken nach links zu schieben. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass du aktive Gegnerinnen gleich zu aktiven Unterstützerinnen machen kannst. Vielleicht kannst du aktive Gegnerinnen zu passiven Gegnerinnen machen. Wichtig für uns ist aber, glaube ich, du hast sozusagen diese Faschistinnen-Arschloch-Allianz, die ist solide. Und die hat, sagen wir, 20-25 Prozent der Gesellschaft. Unser Ziel muss erstens mal sein, von unseren passiven Unterstützerinnen mehr auf die Straße zu bringen und andererseits viele von den Verdrängenden in unser Themenfeld reinzuziehen. Und das ist halt wirklich schwierig, weil eben ein verdrängendes Subjekt will erstmal nicht zuhören. Also die wollen auch den anderen nicht zuhören, die wollen einfach weghören und das ist so ein bisschen das Problem, dass wir nicht genau wissen, wie wir da durchkommen, durch so eine Verdrängungsmauer.

01:14:46.000  

Raúl Krauthausen: Ich habe in einem Podcast gehört, das ist eine israelische Forschergruppe, die versuchen, Ansätze der Paartherapie auf nationale Konflikte anzuwenden.

01:15:00.000  

Tadzio Müller: Wow!

01:15:01.000  

Raúl Krauthausen: Und leider erfinde ich den Artikel nicht mehr.

01:15:03.000  

Tadzio Müller: Schade!

01:15:05.000  

Raúl Krauthausen: Bitte, wenn ihr was findet, schickt es gerne mal rum. Aber die Idee war bei einer Paartherapie, dass es ja oft so ist, dass man versucht sich auf ein anderes Thema zu konzentrieren, als den ewigen Konflikt immer wieder nach vorne zu holen. Und die Idee dieser Ansätze war zum Beispiel, ich glaube sie nannten es den Pink Rabbit, also wir konzentrieren uns jetzt alle auf den Pink Rabbit. Und dann lernen wir uns auf der Ebene neu oder anders kennen. Und die These war, dass die ISS im Weltall, die, keine Ahnung, Kernfusionreaktoren, die Suche nach außerirdischem Leben, dass das alles so Themen sind, die uns dann doch wieder zusammenbringt als Menschheit, Jenseits der nationalen Konflikte.

01:15:50.000  

Tadzio Müller: Das ist ja im Grunde die Independence Day Idee. Also auch wieder, wer den Film Independence Day gesehen hat. Da ist es so, da hat man halt die Welt, die wird dann von Aliens angegriffen, und da gibt es eine wahnsinnig inspirierende Szene, wo irgendwie die Amis, die natürlich Kontrolle des Widerstands, die stärkst natürlich im Widerstand sind, irgendwie über Funken mit russischen Soldaten reden, mit israelischen Soldaten, mit irakischen Soldaten, und chinesischen, und dann sozusagen der Weltwiderstand die Aliens uns alle zusammenbringt. „Today we celebrate our Independence Day“. Das ist diese Idee, dass es eine externe Bedrohung gibt. Das Dumme ist, dass das wieder so ein bisschen in so eine Kategorie reinfällt, die ich magisches Denken nenne. Momentan ganz ehrlich so, dass wie ich schon gesagt habe, das wahrscheinlichste Szenario der gesellschaftliche und klimatische Kollaps ist und diese beiden greifen halt eng ineinander. Es ist einfach, to be perfectly honest, richtig schwer, sich gerade nachhaltige Wege aus diesen Dynamiken rauszudenken. Deswegen ist es wahnsinnig verführerisch ein magisch realistisches Element dazu zu schalten. Das ist bei mir zum Beispiel die Bewegung. Wenn ich sage, wenn irgendjemand einen Ausweg finden kann, dann ist es die Bewegung. Dann ist es ein reines Statement von Glauben. It’s a pure Statement of Faith im gewissen Sinn. Bewegung ist mein Glaube, meine Kirche, meine Gemeinde sozusagen. Andere Leute haben da andere magisch realistische Tools. Der Wasserstoff, der grüne Kapitalismus, Die Entkopplung, das qualitative Wachstum, wie auch immer man das denn nennen will, ob es eine Technologie ist oder eine gesellschaftliche Praxis oder eine abstrakte Idee, wie der gemeinsame Feind. Wir haben alle magischen Elemente, die uns erlauben, mit einer gewissen großen Wahrscheinlichkeit eintreten in Kollapsdynamik, dass wir uns damit rausdenken wollen aus dieser Dynamik. Und wir müssen aber eigentlich gucken, was sind die realistischen Geschichten, an die wir andocken könnten. Und da finde ich eben eine Analyse von SOS wie der Willkommenskultur wirklich interessant. Klar, damals ist viel nach rechts gekippt, aber da wurden Netzwerke, da entstanden Netzwerke, die ganz reellen Menschen geholfen haben.

01:17:46.000  

Raúl Krauthausen: Und die immer noch existieren.

01:17:48.000  

Tadzio Müller: Und die immer noch existieren, ganz genau. Das heißt, ich habe schon irgendwie eine recht durchs Zukunftsperspektive gerade, aber ich sage immer ganz bewusst, da gibt es eine große Unbekannte, das ist eben die sich noch nicht positionierende Mehrheits- und Verdrängungsgesellschaft. Deswegen kommen wir zurück zu der Frage, die du gestellt hast, wie kriegen wir diese Leute in unser Feld gezogen? Und das ist glaube ich eine der zentralen Fragen gerade. Wenn ich an deinem Gedanken mit dieser Paartherapie jetzt weiterdenke, was wenn wir sagen, ok die Klimadebatte ist so festgefahren, da geht gerade nix. So, da kommen wir auch mit der Gesellschaft nicht zusammen, weil wir von der Gesellschaft da wahnsinnig viel verlangen. Was wenn wir sagen, ok vielleicht ist die Faschismusdebatte noch nicht so festgefahren.

01:18:19.000  

Raúl Krauthausen: Und deswegen sage ich, müssen wir erst die Nazis besiegen?

01:18:22.000  

Tadzio Müller: Nee, wir müssen uns erstmal gegen die Nazis organisieren und dann in diesen Strukturen, die wir dafür bauen, wieder die Klimadebatte neu führen. Weil wenn ich zum Beispiel sage, es geht gegen Nazis, dann habe ich zum Beispiel meinen Vater, und Konzerthier Sozialdemokrat und neoliberaler Wirtschaftsanwalt voll auf meiner Seite. Der ist ein neoliberamittiger Soze und findet da Antikapitalismus überhaupt nicht attraktiv. Aber wenn es gegen die Nazis geht, ist er solide dabei. Also er steht nichr  auf der Straße, aber auf den Barrikaden, aber er ist auf jeden Fall ein Antifaschist.cUnd ich glaube, wenn wir als Klima- und Antifa-Bewegung, die jetzt ja im Größten auch ganz eng zusammenarbeiten müssen, zuerst mal sagen, lass es mal zusammen gegen die Faschisten kämpfen und dann nicht sie besiegen, weil das wäre wir nicht schaffen. Aber in diesen Netzwerken dann zusammen über die Klimafrage nochmal anders reden. Das finde ich auch schade, dass dieser Artikel nicht mehr zu finden ist, weil im Grunde rede ich genau davon. Die Klimabewegung und die Mehrheitsgesellschaft müssen in die Paartherapie, weil wir halt in einer Situation gelandet sind, wo das so ist wie in so einem Couple-Konflikt, wo einem dann irgendwann alles, was die andere Seite macht, unglaublich nervt. Also dann kann es ja nicht die Zahnbürste sein, die ein bisschen falsch da liegt und man rastet voll aus. Dann geht nichts mehr weiter. In der Klimadebatte geht gerade nichts mehr nach vorn.

01:19:31.000  

Raúl Krauthausen: Du hast in deinem Newsletter, muss ich ehrlicherweise gestehen, ich habe jetzt diesen Podcast zum Anlass genommen, alle Folgen deines Newsletters des letzten Jahres noch mal zu lesen.

01:19:42.000  

Tadzio Müller: Wow!

01:19:43.000  

Raúl Krauthausen: Weil ich einfach dachte, ich bin mir jetzt echt vorbereitet.

01:19:46.000  

Tadzio Müller: Das ehrt mich wirklich.

01:19:47.000  

Raúl Krauthausen: Und da hast du gesagt, da hast du gesagt, dass aber genau dieses Jahr wir müssen das machen und wir müssen das machen, wir müssen hier noch mal analysieren, auch eine kapitalistische Denkweise des Aktivismus ist. Also dass der Aktivist nur besser sein muss und Lösungen entwickeln muss und dadurch ja auch wieder kapitalistisches Denken drinsteckt.

01:20:07.000  

Tadzio Müller: Ja, ich muss selbst sagen, dass ich so ein bisschen eine Schwäche habe für kapitalistisches Denken manchmal, weil ich finde so ein Effizienzgedanken sehr sehr wichtig. Und so was wie, ich rede immer gerne mit meinen Genossinnen über Transaktions- und Opportunitätskosten, das sind total neoklassische Geschichten, wo man sagt, der Wert einer Handlung bemisst sich nicht an ihren Kosten, sondern am Wert dessen, was man nicht getan hat. Worauf ich mich da bezogen habe, war vor allem dieses „Wir müssen moralisch nicht besser sein“. Nicht besser sein und immer neue Lösungen finden, sondern eher dieses. Ich glaube, da kommt viel von dieser Schamdynamik her. Also wenn wir mal zurückgehen zur Frage, wie kriegen die die Verdrängenden dazu, dass sie sich mehr der Thematik öffnen? Dann brauchen wir ein Reden, das ohne Shaming auskommt.

01:20:46.000  

Raúl Krauthausen: Was in der aktivistischen Blase gar nicht so einfach ist.

01:20:47.000  

Tadzio Müller: Ganz genau. Völlig richtig. Oft ist es aber auch gar nicht unsere Verantwortung, weil es auch so ist, wenn ich mit Leuten über Öko-Fragen rede. Also ich habe, heute war ich bei meinem Arzt, um meinen dreimonatigen Bluttest zu machen. Das schmeiße ich nur kurz rein, weil ich bin ja HIV-positiv und erkläre gerne kurz mal Leuten, dass wenn man HIV-positiv ist und regelmäßig Medikamente nimmt, man überhaupt nicht ansteckend ist und völlig normales Leben leben kann. Und unter anderem deswegen gehe ich halt alle drei Monate zum Arzt, um meine Blutwerte zu checken. Da war ich heute Morgen. Alles gut. Und dann erwähnte ich irgendwie kurz Klimaaktivismus und mein Arzt, den ich schon ganz lange kenne, fing plötzlich an mich zu fragen, ach ja, du bist aber auch vor ein paar Jahren noch ganz viel für die Europas Luxemburg-Stiftung durch die Welt geflogen und warst irgendwie viermal im Jahr transatlantisch unterwegs oder so. Ich so, hä? Peter, warum kackst Sie mich gerade so an? Ich meine, ach ja, richtig, weil du dich schämst, weil du irgendwie denkst, dass du jetzt irgendwie mir sagen musst, ich sei ja auch kein besserer Mensch. Dabei hab ich überhaupt nicht, er wählte nur Klimaaktivismus und sofort fühlte der sich geschämt und hat das quasi dann auf mich projiziert. Das heißt, es ist auch schwer, bisschen wie wenn Antirassistinnen mit Menschen über, wenn Antirassistinnen of color mit weißen Menschen über Rassismus reden. Es ist wahnsinnig schwer. Ich meine, das wirst du mit deinen Diskursen über Behinderung und Inklusion ja auch kennen. Es ist super schwer, so zu reden, dass die Leute sich nicht angefasst und angegriffen fühlen. Aber es ist auf jeden Fall wichtig, dass wir das versuchen, denn wenn die Leute anfangen sich zu schämen, dann machen sie zu. Wenn wir sagen, wir Klimaaktivistinnen sind gar nicht die besseren Menschen. Ich bin zum Beispiel mit meinem oben genannten Ex-Partner, der hat mich dann irgendwie nach Griechenland eingeladen in Sommerurlaub und ich wollte ihm eine Freude machen, da bin ich mit ihm mitgeflogen. Vor zwei Jahren, glaube ich, war das ganz genau so. Und ich bestelle auch mal ganz gelegentlich was bei Amazon, obwohl ich auch einen Buchhandel hier direkt um die Ecke habe, in den ich gehen könnte.

01:22:31.000  

Raúl Krauthausen: Da, wer ohne Fehler ist, der werfe den ersten Stein.

01:22:34.000  

Tadzio Müller: Richtig, genau. Und das ist eine Sache, die wir leider, weil wir uns teilweise, damit wir unsere eigenen Subjektivitäten als radikale Klimaaktivistinnen und -aktivistinnen stabilisieren können, es ist oft so, dass dass wir uns selbst in so ein „wir sind moralisch besser“ irgendwie reindenken, weil es das einfacher macht, ständig Widerstand zu leisten gegen die moralisch Schlechteren. Aber es ist halt was, was uns von diesen anderen Menschen ziemlich entfremdet. Und deswegen müssen wir erst mal aufhören, uns als die besseren Menschen zu sehen und auch so zu reden, als wären wir das, um dann mit den Menschen unterhalb dieser Scham in Gespräche zu kommen, okay, was machen wir jetzt zusammen, um das Problem zu lösen? Das ist jetzt alles noch recht naiv. Aber im Grunde ist es einfach ein wichtiger Teil, wir dürfen nicht so tun, als wären wir die besseren Menschen. Wir können das gerne versuchen zu sein für uns selbst. Aber es darf nicht Teil unseres Sprechens sein, weil sobald Leute sich von uns moralisch degradiert fühlen, machen sie halt zu.

01:23:17.000  

Raúl Krauthausen: Lassen Sie mich doch mal kurz den Aspekt des magischen Denkens aufgreifen. Ist es ein Teil des magischen Denkens, wenn wir sagen, wir brauchen eine positive Erzählung, was Klima angeht?

01:23:30.000  

Tadzio Müller: Ich würde sagen mittlerweile ja. Mittlerweile ist eine positive, optimistische Erzählung erst mal unrealistisch. Das heißt, man erzählt den Leuten grundsätzlich teilweise Schmodder. Man sagt, wir sind ganz nah an den 1,5 Grad, aber wenn wir noch alles machen, dann kriegen wir so einen, der sagt „No, the 1.5 degree ship has sailed“. Das ist durch. Dass den Leuten noch erzählen ist tatsächlich einfach Bullshit und wir müssen ja wohl als linke Bewegung immer noch uns an die Wahrheit festklammern. Wir sind ja keine Rechten und postfaktisch. Zweitens kommt diese Idee, man muss den Leuten Positives erzählen, aus einer Soziologie, ganz ehrlich nicht besonders viele empirische Datenpunkte hat, um das zu beweisen. Es ist diese Idee, dass wenn man Leuten negative Sachen sagt, die sie in Angst machen, dass sie dann alle dadurch gelähmt werden. Das ist historisch einfach nicht wahr. Da gibt es wahnsinnig wenig empirische Belege für. Die Anti-Atom-Bewegung hat ganz stark auch mit Angst und mit Drogungsszenarien gearbeitet und war wahnsinnig mobilisierungsstark. Die antifaschistischen Mobilisierungen deutsch-internlich auch spielen da viele Ängste mit rein von Leuten, die keinen Bock haben auf Faschisten auf der Straße. Die Idee, dass man Leuten optimistische Erzählungen vermitteln muss, damit sie irgendwas machen, die kommt so ein bisschen aus der – ich glaube, die kommt im Nachhinein aus der Einsicht der Klimamenschen, die das schon seit den 90ern machen, dass die Leute, dass es wahnsinnig schwer ist, den Leuten die Klimatransformationsgeschichte zu verkaufen, weil sie wissen, dass man da, dass das richtig schwierig werden wird. Das hat man im Grunde versucht, die Leute so ein bisschen zu bescheißen. Aber man hat vergessen, dass man mit so einer optimistischen Geschichte eigentlich die Verdrängungsdynamiken vorantreibt. Denn das war das, was wir nicht gesehen haben. Wir dachten, okay, die Leute sind zu ignorieren, das Thema, bis sie sich irgendwann rational so verhalten können, dass es ihnen auch noch ein bisschen was bringt, dass sie das Klima retten. Das war halt nie wahr, hat aber den Leuten den Eindruck, naja, wenn es so einfach mit ein bisschen Emissionshandel zu machen ist, dann wird das schon nicht so ein großes Problem sein und das wird da oben schon gelöst werden. Also ich finde diese Idee, aber auch erst mal eine optimistische Erzählung, ist einfach falsch. Ganz konkretes Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung. Ich habe in den letzten Jahren, letzten Monaten mich eben sehr viel mit dieser Frage „Okay, ist der Kollaps jetzt da?“ und die Faschisierungsgefahr, also mit ganz dunklen Dynamiken beschäftigt. Und wir erleben ja wohl alle in den letzten Monaten, also alle progressiv denkenden Menschen sehen das ja, dass in den letzten Monaten gefühlt jeden Tag irgendwie eine weitere Umdrehung nach rechts gegangen wird. Irgendeine neue Tabu, neuer Tabubruch, irgendein Scheiß passiert, irgendwo gibt es wieder massive Klimakatastrophen, es eskaliert alles ständig und wird immer schlechter. Ich kenne jetzt ganz viele Leute, die versuchen sich jeden Tag auf diese neue eine schlechte Situation einzustellen, das ist emotional total anstrengend. Ich dagegen kann mich darauf viel leichter einstellen, weil ich im Grunde davon ausgehe, dass wir keinen Klimaschutz machen werden und die Faschisierung erstmal einfach laufen wird, die selbstlich nach rechts drehen wird. Diese Meta-Awareness, dieses Wissen, okay, es wird zur Zeit dauernd schlechter, macht es für mich total leicht, mich an eine neue, schlechte Situation anzupassen, weil ich mich quasi an die erste Ableitung der Funktion angepasst habe. Ich muss nicht jeden Tag sagen, oh Gott, was ist denn heute wieder scheiße passiert, und ich kann sagen, ah ok, es wird heute wohl scheiße sein, was ist denn das? Ach, das ist das. Ich glaube, dass wir den Leuten eine Auseinandersetzung mit den negativen Affekten nicht ersparen können. Trauer, Angst und so weiter. Und wenn man sich da mal auseinandergesetzt hat, ist es tatsächlich auf der anderen Seite leichter sich zu verhalten. Also in dem Sinne wieder, the truth will set you free, an diesem Punkt. Die emotionale Wahrheit, nicht die inhaltliche Wahrheit.

01:26:45.000  

Raúl Krauthausen: Das ist eine andere magische Erzählung. Das ist das, was ich in meinem letzten Buch und Podcast auch immer wieder diskutiert habe. Das Buch heißt „Wie kann ich was bewegen? Die Kraft des konstruktiven Aktivismus“. Wo alle Aktivistinnen, mit denen ich sprach, zusammen mehr oder weniger wortgemäß gesagt haben, „Scheiß doch auf eure Bürgergärte. Das bringt alles einfach nichts.“ Und das ist auch eine magische Erzählung. Die glauben, wir müssen nur die Bürger*innen beteiligen und dann wird das alles schon.

01:27:12.000  

Tadzio Müller: Richtig, das ist die List der Demokratie. Es gibt sozusagen die List der Vernunft bei Hegel, es gibt die unsichtbare Hand des Marktes bei Adam Smith und bei uns ist das die List der Demokratie. Man nimmt quasi einen demokratischen Kontext, wirft unauflösbare Problematiken da rein und die Demokratie durch ihre Magie der Verteilung und Diskussion durch so eine habermasianische „alle kommen zusammen und haben rationalen Diskurs“ wird diese Probleme lösen. So ist es nicht. Wenn wir uns Mehrheiten im globalen Norden anschauen, sind diese Mehrheiten solide gegen Klimaschutz, der Leute hier was kostet? Und das werden auch die Bürgerinnenräte entscheiden. Die Bürgerinnenräte, da gibt es auch ein Studium zu, je näher die an tatsächlicher Durchsetzungsfähigkeit sind, also je näher die tatsächliche Macht an tatsächlicher Macht sind, desto weniger radikal sind ihre Vorschläge, je weiter sie von tatsächlicher Macht weg sind, desto radikaler sind ihre Vorschläge. 

01:28:01.000  

Raúl Krauthausen: Aber das setzt die Politik ja auch gezielt an.

01:28:04.000  

Tadzio Müller: Ganz genau.

01:28:06.000  

Raúl Krauthausen: Also sagst Du ja mal, wir müssen auch die Strategien der Gegenseite bedenken Und dann sagt Olaf Scholz, ja wir machen jetzt die Bürgerräte und so. Und hält dann die Leute auch irgendwie fern bzw. beschäftigt.

01:28:15.000  

Tadzio Müller: Genau. Und es gibt ja diesen, ich glaube, wenn die Ärzte deine Schuld, das ist irgendwie, lass uns drüber reden, Worte tu niemandem weh, lass uns drüber reden, Diskussionen sind okay, geh mal wieder auf die Straße, geh mal wieder leben, man muss drehen. Also dieses Worte tu niemandem weh. In unserer sogenannten korporatistischen Verbändedemokratie ist das Miteinander an einem runden Tisch reden selbst wieder ein Modus der Einbindung von Bewegungen, der Entradikalisierung von Bewegungen und der Verdrängung. Weil sozusagen da sitzen und reden. Ich meine, wenn ich mal die Kohlekommission anschaue, da hat man dann Umweltverbände, Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften, Regierungen, Wissenschaft zusammengesetzt. Was haben wir bekommen. Ein Kohleaufstieg 2038. Das war das, was dieser Verbänderat zumindest produziert hat. Es ist genau wie du sagst, es ist wieder eine magische Technologie, eine magische Sozialtechnologie, die uns erlauben soll, uns aufs Problem herauszudenken. Das reale Problem ist, dass Menschen im globalen Norden mehrheitlich kein Interesse, weder ökonomisch noch psychologisch, daran haben, sich mit dieser Problematik auseinanderzusetzen und die Gesellschaft wirklich zu transformieren, die uns im Vergleich zu den meisten anderen auf der Welt immer noch relativ gut versorgt.

01:29:23.000  

Raúl Krauthausen: Und wenn wir die Bundesregierung verklagen, was der Fridays for future gemacht hat?

01:29:28.000  

Tadzio Müller: Richtig. Und das führte zu einem Bundesverfassungsgericht Urteil im April 2021, in dem das Klimaschutzgesetz als verfassungswidrig bezeichnet wurde. Das war ein erheblicher Erfolg. Tatsächlich muss ich sagen, dass in den letzten Jahren rechtliche Strategien durchaus einige Teilerfolge eingefahren haben. Da gibt es auch sozusagen das Urteil gegen Shell aus Holland. Es gibt mehrere Urteile gegen Regierungen, die halt alle die Zukunft der Generation nicht mitgedacht haben. Und ich würde sagen, dass, wenn man sich mal den Staat anschaut und seine drei Gewalten, die Exekutive, die Legislative und die Judikative, dann ist es so, dass die Exekutive eh nie unser Freund war. Die ist ja sozusagen der Büttel der Normalität. Die Legislative ist aber auch nicht mehr unser Freund, wenn die Mehrheiten gegen Klimaschutz sind. Dann ist es interessanterweise so, dass die Judikative traditionell der Feind der radikalen Linken und der radikalen Aktivisten eventuell einer der Bereiche ist, wo man sogar noch Wege nach vorne machen kann. Die Judikative, das sieht man in den USA so, sieht sich durchaus als Teil, der die Gesellschaft ziehen kann. Der US Supreme Court, klar, der zieht die Karte nach rechts. Der agiert nicht mit gesellschaftlichen Mehrheiten im Rücken. Es gibt keine gesetzlichen Mehrheiten in den USA für ein Abtreibungsverbot, aber der Studentenkurs versucht das durchzusetzen, weil man in der Judikative, gerade weil die geschützt ist von direktem Übergriff, es versucht die israelische Regierung gerade abzuschaffen, die Judikative ist geschützt vom direkten Übergriff der Exekutive und der Legislative und deswegen glaube ich, dass man da an einigen Punkten durchaus relevante Teilerfolge erzielen.

01:30:50.000  

Raúl Krauthausen: Aber es ist auch brandgefährlich, weil wenn das Bundesverfassungsgericht empfiehlen hätte, ja, nee, alles in Ordnung, dann wäre die Klimabewegung weg.

01:30:57.000  

Tadzio Müller: Ich glaube nicht weg, aber es hätte auf jeden Fall Fridays ist noch mal sehr viel mehr geschwächt. Also so hat sie ja gestärkt, diskursiv.

01:31:03.000  

Raúl Krauthausen: Aber das ist unumkehrbar. Also ein Bundesverfassungsgericht Urteil ist erst mal der über Jahrzehnte fest.

01:31:08.000  

Tadzio Müller: Genau, aber es gibt immer noch die Frage, wie wird das denn im gesellschaftlichen Kampf genutzt? Das Bundesverfassungsgericht Urteil hat ja erst mal auch noch keine realen Effekte gehabt.

01:31:15.000  

Raúl Krauthausen: Ja, das stimmt.

01:31:17.000  

Tadzio Müller: Es ist eher so eine Diskursverschiebung und das kann man gewinnen oder verlieren, aber jeder politische Move ist in seinem Outcome unterdeterminiert. Es wäre kein politischer Move. Wenn ich weiß, wo es landen wird, dann ist es kein politischer Move, dann ist es ein Verwaltungsakt sozusagen. Also ein politischer Move beinhaltet auch die Gefahr des Scheiterns. Das ist völlig klar.

01:31:34.000  

Raúl Krauthausen: Aber es kann die Bewegung zurückwerfen, wenn das Bundesverfassungsgericht 20 Jahre bleibt, das so?

01:31:38.000  

Tadzio Müller: Naja, bleibt das so? Der Staat, mit dem marxistischen Staatstheoretiker Polanzas gesprochen, ist die materielle Verdichtung gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse. Das bezieht sich auf alle Gewalten in verschiedenen Ausformungen, denn die haben alle ihre verschiedenen relativen Autonomien gegenüber den gesellschaftlichen Kräfte, Verschiebungen. Aber im Grunde, es bleibt nicht unbedingt 20 Jahre so. Es könnte zum Beispiel auch ein Fanat für die radikale Klimabewegung gewesen sein. Klar, es hätte möglich, es hat Fridays, es hätte auf jeden Fall geschwächt. Aber was wäre denn das dazu geführt, dass die Hälfte von Fridays für den Radikal übergelaufen wäre?

01:32:11.000  

Raúl Krauthausen: Ja, das stimmt.

01:32:12.000  

Tadzio Müller: Das ist eben unterdeterminiert. Man kann es nicht sagen im Vorfeld. Und nach jedem gewonnen oder verlorenem Kampf gibt es immer noch die Frage, wie geht man mit dem Erbe des Verlusts, also Lützerat. Materiell haben wir Lützerat verloren. Remember, die Häuser stehen nicht mehr da. Aber wir haben es in der Debatte danach geschafft, den grünen Wien-Mühlstellung um den Hals zu hängen und haben zum Beispiel die Spaltung zwischen grüner Partei und Klimawahl vertieft, die uns glaube ich handlungsfähiger macht, also in einem begrenzten Rahmen. Aber nur zu sagen, da kann man auch mit scheitern, ist kein Grund es nicht zu machen und wenn die Stakes halt hoch sind, was sie in dem Urteil waren, dann kann man auch ordentlich auf die Mütze kriegen. Aber ich würde lieber sagen, das lasst uns, ich meine risikoreiche politische Strategien sind die einzigen, die uns noch übrig bleiben. Die LG hat ein riesen Risikoeingang. Man kann die letzte Generation auch gerne dafür kritisieren, dass sie manchmal nicht ausreichend genau hinhört, wenn es sozusagen viel kritisches Feedback auch von Verbündeten gibt. Aber dass sie etwas gemacht haben, was notwendig war, nämlich zu versuchen, die Gesellschaft sozusagen mit einem letzten Fanal aufzudecken, dem würde glaube ich niemand widersprechen. Das hat nicht funktioniert, wie man gedacht hat. Aber politische Strategien in der Katastrophensituation, in der wir gerade leben im Übrigen Sinne, sind immer auch riskante Strategien. Also deswegen, Das meine ich eben mit dem Anpassen an die Kritik. Es ist richtig schwierig momentan noch diese positive Perspektive zu sehen. 

01:33:29.000  

Raúl Krauthausen: Ja und da fällt mir auf ein Gedanke, was den Aktivistinnen, mit denen ich spreche und sprach, immer wieder sehr schwer fällt, ist das Gefühl der Selbstwirksamkeit zu führen. Also der Wirksamkeit des eigenen Handelns. Und jetzt beobachte ich zwei Phänomene. Die einen, die werden radikaler. Also dann sagt dann Margarete Stokowski im Gespräch zu mir, also sie ist inzwischen an einem Punkt, wo sie sagt jemand, der, sagen wir mal ein Auto anzündet, aus Wut, klimawandelmäßig, dass da so wenig passiert, würde sie die Person nicht mehr aufhalten. Sie würde das Auto vielleicht nicht anzünden, aber sie würde die Person nicht mehr aufhalten. Dann gibt es aber immer die Leute, die sagen, da muss auf jeden Fall Gewalt frei sein. Und wenn ich dann frage, ja, aber haben wir dann nicht eigentlich schon verloren, wenn wir der Welt versprechen, wir sind gewaltfrei, wenn die andere Seite bereit ist, Gewalt anzuwenden?

01:34:20.000  

Tadzio Müller: Ja, in der Frage steht ja wahnsinnig viel drin. Erstmal will ich kurz zu diesem Wirkmächtigkeit oder dazu was sagen?

01:34:26.000  

Raúl Krauthausen: Ja, ja, ja.

01:34:27.000  

Tadzio Müller: Und dann komme ich zu der Frage von Gewalt und von Sachbeschädigung. Erstmal zur Frage von Wirkmächtigkeit. Um das einfach noch mal ganz kurz ein bisschen emphatisch zu unterstreichen, was du gesagt hast. Es geht beim Aktivismus nicht nur darum, bestimmte politische Veränderungen durchzusetzen, die man erreichen will oder bestimmte Dinge zu verhindern, sondern es geht auch darum sich selbst zu ermächtigen in einer Welt in der man allzu oft atomisiert, vereinzelt und eben entmächtigt sich fühlt. Und das interessante an sozialer Bewegung, ich rede ja vorhin über die Art der Zusammenarbeit, dass es einfach angenehmer ist als Parteien.Ich habe ein Element ausgelassen, das ist gar nicht so mein Stil ist nämlich, oder normalerweise zentriere ich immer ganz stark die Frage, dass so massenhaft und ungehorsam Aktivismus, wie ich in den 25 Jahren mache, in Massenaktionen Sachen blockieren und ich sozusagen selbst körperlich ermächtigen in so einer politischen Ansetzung, wirklich das geilste High ist, das ich kenne. Und bekannterweise kenne ich mich ja recht gut mit Highs aus und verschiedenen. Und ich weiß nur, als wir 2015 oder auch 1999 in Seattle, als wir 2015 in Endegelände in der Grube waren, alle unsere Aktionsfinger, also Aktionsgruppen in der Grube waren und wirklich komplett jeden Bagger dicht gemacht hatten, der da war. Und ich mich so umschaute und alle Bagger, von dem ich von sieben oder acht oder neun Bagger waren, alle dicht standen, alle still unserer Wegen, Ich kann mich noch an diesen Moment erinnern, es war wirklich so, als würde ich eine Batterie voll pure Lebensanfassen und mich daran aufladen. Also das ist ein MDMA, bester MDMA-Trip auf dem Berghain-Floor ist nichts gegen den Trip von so einer kollektiven Ermächtigung in so einer Aktion. Wirklich der totale Wahnsinn. Also ich bin im Grunde auch in sozialen Wirkungen aktiv, weil die diese Art von High ermöglichen, ganz anders als die etwas bürokratisiertere Parteiarbeit das tut. Das heißt, diese Wirkmächtigkeit, das ist wie quasi die zentrale Substanz, das ist die Essenz von Aktivismus. Wirkmächtigkeit, weil das ja nur die Machtvariable aus individueller Perspektive beschrieben ist. Man will sich ermächtigen damit. Und eine Ermächtigung, von der jetzt die Stockhoffi zum Beispiel redet, ist eben zu sagen, wir zerstören die Mittel der Zerstörung des Planeten. Ich habe da auch eine Zeit lang drüber geredet, ich habe diesen friedlichen Sabotagebegriff gesetzt, das ist eben noch der Name meines Blogs, meines Newsletters, vielleicht gar nicht mehr der allerbeste Name, weil ich momentan auch sagen würde, Sabotagekampagnen gegen kritische Infrastruktur sind in der momentanen Situation tatsächlich sehr, sehr schwer zu verkaufen. Also zu verkaufen, meine ich, zu legitimieren. Aber das Zerstören, der Mittel der Zerstörung, auf eine Art und Weise, wo ganz klar keine Menschen sagen, wo die nicht darauf abzieht, Menschen zu verletzen und das mit aller Kraft vermeidet, dass das passiert, das halte ich für eine legitime Reaktion auf die Zerstörung, die um uns herum vorgeht.

01:36:57.000  

Raúl Krauthausen: Aber ein Nazi ist bereit einen Ausländer weh zu tun.

01:37:05.000  

Tadzio Müller: Richtig, genau. Es ist halt so, dass. Also zuerst mal, ich rede jetzt noch vom Klimakampf.

01:37:07.000  

Raúl Krauthausen: Ja, ja.

01:37:07.000  

Tadzio Müller: Und da ist es halt so, dass wir tatsächlich Infrastruktur haben, Gegenstände, Dinge, deren friedliche Sabotage, oder sozusagen das friedliche Entwaffnen dieser Gerätschaften, eine völlig legitime Handlung in der momentanen Auseinandersetzung um die Zukunft der Welt ist. So, die Frage der Gewalt gegen Menschen stellt sich in der Klimabewegung erst mal noch nicht so sehr. Und da bin ich auch sehr froh drüber, weil Gewalt gegen Menschen, auch wenn sie natürlich gegen Nazis immer wieder auch legitim ist, hat schon auch keine sehr positiven Effekte auf die, die sie verüben. Also da gibt es auch Ethnographien von datalamerikanischen Widerstandsbewegungen, wo zu den 80er Ethnologen dabei waren, die abgefeiert haben und in den 90er noch mal hingefahren sind, um zu gucken, was es eigentlich mit diesen Kommuninale in Lutscher gemacht hat. 10, 15, 20, 30 Jahre Bürgerkrieg wie in Guatemala und das hat die halt gesellschaftlich total zerrüttet. Also Gewalt gegen Menschen ist nichts Schönes. Auch wenn sie gegen Nazis legitim ist, ist sie keine schöne Handlung. Klar, sie kann auch mal ermächtigend sein, aber im Grunde tut das dem Subjekt nicht gut, Menschen zu verletzen. Und natürlich würde ich sagen, in der Auseinandersetzung gegen Nazis ist körperliche Gewalt als Selbstverteidigung und als Erweiterte Selbstverteidigung legitim. Aber es ist natürlich auch ein Schritt in die weitere gesellschaftliche Eskalation hinein und vor der habe ich durchaus Angst. Das heißt ich würde hoffen, dass wir Modi finden des Widerstandes, die effektiv sind oder des Kampfgegens und Faschismus, in denen wir nicht zu viele Menschen irgendwie verprügelt werden. Aber ich stimme dir völlig zu, sich dieses Mittels komplett zu entledigen und zu sagen, wir werden nie Gewalt gegen Menschen anwenden. Halt ich für irrational und by the way auch einem Notstand nicht angemessen. Einen Notstand.

01:38:45.000  

Raúl Krauthausen: Und vor allem braucht der Gegner, wir tun dem Gegner ja gefallen, wenn wir das versprechen, wenn wir aber selber unberechenbar sind, weil wir Gegner sind es ja auch.

01:38:54.000  

Tadzio Müller: Völlig klar. Im Grunde ist es ja auch so, genau deswegen will ja die liberale Gesellschaft von uns auch das Versprechen, dass wir keine Gewalt anwenden. Also bei mir würde ich unterscheiden, gegen Gegenstände kann man keine Gewalt anwenden. Es gibt strukturelle Gewalt. Man kann also, wenn ich das Haus eines Menschen zerstöre, habe ich sozusagen strukturelle Gewalt gegen ihn oder sie angewendet. Aber man kann Gegenständen per se erstmal keine Gewalt antun, weil es halt Gegenstände sind. Und wenn ich jetzt hier einen Holzstab zerbreche, ist es keine Gewalt, sondern Sachbeschädigung. Also mache ich was kaputt, einen Gegenstand.Der liberale Staat, der ja selbst im Grunde aus gewalttätigen Revolutionen entstand, also die USA wurden ja nicht herbeigekuschelt oder man hat ein Pokerspiel gemacht und dann gab es die USA. Das wurde im revolutionären Krieg entschieden, dass es die USA gibt. Dito, die Französische Revolution, der liberale Staat ist selbst begründet meistens in gewalttätigen Revolutionen und versucht dann allen anderen zu sagen, so jetzt darf niemand mehr gewalttätig sein, weil jetzt ist es so wie wir es gerne hätten. Das heißt natürlich gehen gesellschaftliche fundamentaler Veränderungen immer auch mit gewaltvollen Prozessen einher. Und zu sagen, wir werden uns überhaupt nie physisch mit Menschen auseinandersetzen, wäre völlig irrational. Und ist ja der Wunsch des Systems, ist ja, dass wir uns diese Möglichkeit aus der Hand, dass wir diese Möglichkeit aus der Hand geben und es wäre irrational wegen, weil auch in dem Notstand ist es so, dass wenn jetzt ein Haus brennt und irgendwie ein Hausbesitzer hat nebenbei einen Pool und ich sage, wir gehen jetzt auf dein Grundstück und holen Wasser aus dem Pool, um das Haus zu löschen. Und wenn der sich jetzt vor mich steht und sagt, ne, ihr dürft meinen Pool nicht irgendwie anzapfen, dann würde ich den durchaus zur Seite schubsen und auch weiterhin aus unserem Weg fernhalten, wenn ich an dieses Wasser, also in einem Notstand, verschieben sich die ethischen Regeln ständig. Und im Grunde ist es so, ich weiß, das ist jetzt reduzio ad absurdo, aber wenn jetzt jemand sagt, man darf nie Gewalt anwenden, heißt das, dass man Hitler nicht hätte töten dürfen? Das erscheint mir wie ein absurder Punkt. Das heißt, der Punkt Gewalt ist nie legitim, legitim ist durch das Hitler-Beispiel widerlegt oder das Diktatorenmord. Das heißt, physische Gewalt gegen Menschen ist an bestimmten Punkten legitim und zu sagen, sie ist es nie, ist ein völlig absurder Punkt, der weder Realitäten noch die Geschichte, noch ethische Theorie sinnvoll abbildet.

01:41:42.000  

Raúl Krauthausen: Ich würde noch mal ganz kurz auf den Aspekt der Selbstwirksamkeit zurückkommen. Es gibt nur ein Phänomen, das ich beobachte, das sehen wir sehr häufig in Shitstorms, in den eigenen Reihen. Das, weil wir uns ohnmächtig nach außen gegenüber den Klimaschändern, gegenüber den Nazis, drehen wir unseren Aktivismus nach innen und machen Call-out von Menschen, die angeblich nicht so vogue sind, wie man es selber ist. Und da fühlen wir dann eine Wirksamkeit, weil dann, wie bei deinem Shit-happens-Beispiel, du dich entschuldigen musst und dann hat ja die Person, die dich kritisiert hat, quasi ein Gefühl von Wirksamkeit. Ist das ein Phänomen, das wir überwinden müssen?

01:41:45.000  

Tadzio Müller: Ich habe nur gerade gesagt, das ist total witzig, das ist genau meine Analyse. Diese internen im Alten Linken, sprich, sektirischen Selbstzerfleischungskämpfe, die wir irgendwie auf Twitter kennen, die wir aber auch in der Klima-Bewegung kennen, die tauchen meist dann auf, wenn Bewegungen im Abschwung begriffen sind. Also zum Beispiel die Auseinandersetzung in der radikalen Linken in Deutschland zwischen den Antideutschen und den Antinperialistinnen, die tauchte in den 90er Jahren auf, als die Linken in Deutschland im Grunde nach der Wiedervereinigung und durch den massiven Rechtsruck besiegt waren erst mal. Ich habe gerade so gelächelt, dass ich gesagt habe, cool, du hast ja genau dieselbe Analyse. Die Selbstzerfleischen ist die Suche nach Wirkmächtigkeit, Selbstwirksamkeit in den Situationen, um sie in den politischen Kämpfen, in den großen politischen Fragen nicht mehr haben kann. Also ich sage, eine sehr tragische Figur ist da, finde ich, jetzt muss ich noch mal einen Namen nennen, finde Jutta Ditford, die ganz, ganz, ganz viel Tolles gemacht hat in ihrer Karriere, natürlich den größten Kampf ihrer Karriere gegen die Moderatisierung der Grünen durch Joschka Fischer und seine Leute verloren hat. Also ein Kampf, wo sie eine ganz wichtige, tolle Rolle gespielt hat. Hier ist so eine Genossin geworden, die sich teilweise, so viel auch mit anderen intern kämpft, verkämpft, wo du dir denkst, wirklich das Gefühl, dass, Jutta, das scheint das zu sein, wo du die noch eben Selbstwirklichkeitserfahrungen holst, aber das ist überhaupt nicht positiv für die Bewegung. Auch wenn die einzelnen Debatten da gelegentlich positiv sein können, ist es so, dass dieses Selbstverbrechen, ich meine in der Klimawirkung hat man das teilweise über die Frage der Dekolonialität, der Postkolonialität, des Antirassismus. Das gab es auch schon 2012 in den No-Border-Camps. Ich will jetzt auch gar nicht jemand sein, der immer sagt Unity, Unity, Unity. Manche haben ortspolitische Auseinandersetzungen. Aber ich glaube, was wir oft machen, ist es wie im Grunde, weil wir die externen Kämpfe nicht mehr gewinnen können, Menschen darauf festklopfen, sich als Individuen perfekt zu verhalten. Und da kommen wir wieder zurück in dieses „Wir sind nicht die bessere Menschen“. Es stellt das Subjekt unter unglaublichen Druck, sich ständig perfekt verhalten zu müssen. Und deswegen, also ich will jetzt gar nicht sagen, diese Kämpfe sind nicht der Grund dafür, dass wir schwach sind. Sie sind, wie du sagst, das Resultat davon. Aber sie können dann sozusagen eine Dynamik entwickeln, wo sie unsere Schwäche fortschreiben. Und da muss man jeweils sozusagen von Bewegungsbewegung nicht unterscheiden, aber im Grunde ist so momentan hat die Klimabewegung so viel zu tun, dass sich auf unseren Strategiekonferenzen unglaublich viel mit uns selbst beschäftigen und die Frage von Klimagerechtigkeit im Grunde als Frage von Zugangsgerechtigkeit zur Klimabewegung in Deutschland zu verhandeln. 

01:44:13.000  

Raúl Krauthausen: Und das krasse. 

01:44:14.000  

Tadzio Müller: Das ist keine unwichtige Frage, aber es kann nicht die primäre Frage sein.

01:44:17.000  

Raúl Krauthausen: Aber das krasse ist ja, du hast mal gesagt, wir haben keine Zeit für Defensive. Wir dürfen uns nicht mehr damit aufhalten, dass wir uns verteidigen gegenüber den Leuten, die uns kritisieren. Wir dürfen uns nicht mehr damit aufhalten, dass wir den Status quo eigentlich nur erhalten wollen. Carola Rakete hat gesagt, dass das, was Fridays for Future fordert, ist urkonservativ, nämlich die Einhaltung von Regeln. Und das ist ja ein urkonservativer Wert. Und wir kämpfen in dem ganzen Aktivismus, sei es gegen die Nazis, sei es gegen den Klimawandel, eigentlich nur gegen Verschlechterung und wir erwirken kaum noch Verbesserungen.

01:44:55.000  

Tadzio Müller: Das ist richtig. Das hat, also wenn ich es aus der Klimaperspektive erst mal betrachte, liegt es daran, dass wir auf den Kern der Problematik keinen Zugriff haben. Die Kern der Klimaproblematik ist das kapitalistische Wachstum. Also auf einem unendlichen Planeten kann es kein endliches Wachstum geben, das glauben nur wahnsinnige oder Ökonomen. Die zentrale Erklärung dafür, dass es Treibhausgasemissionen gibt, sagen, je mehr Wachstum mehr Treibhausgasemissionen, die ist zu weniger Wachstum, je weniger Wachstum ist zu weniger Treibhausgasemissionen. Darauf haben wir keinen Zugriff. Diese Dynamik rollt einfach immer weiter und deswegen fühlen wir nur diese Abwehrkämpfe gegen den Ausbau fossiler Brennstoffe an einigen Punkten. Aber wir haben keinen Zugriff auf den Kern des Problems, weil wir nicht wissen, wie wir diese Wachstumsdynamik runterfahren können. Das war so ein bisschen das Resultat meiner Doktorarbeit, dass wir als antikapitische Wirkung das Problem haben, dass unser Gegner kein Zentrum mehr hat. Denn die ganze Zeit, Gramsci sein ganzes theoretisches Werk geht da eigentlich nach Lenin und den Bolschewiki von der Frage aus, wie schaffen wir den Kapitalismus ab, wenn es keinen Winterpalast mehr gibt, den wir stürmen können? Wenn wir sagen, unser Versuch ist, den Klimakollaps abzuwehren, dann sind wir da erst mal gescheitert, weil wir das Problem nicht behandeln konnten. Deswegen glaube ich, dass im Grunde eine nach Vorwärts weisende Strategie der Klimabewegung gar nicht mehr nur noch der antifusilische Kampf muss weiter fortgeführt werden, weil jedes Zehntelgrad Erwärmung den Kollaps noch verschlimmert und verschnellert. So, klar. Aber ich glaube tatsächlich, dass wir anfangen müssen als Bewegung, uns auf diese Verschlechterung, die ich vorhin als Kollaps bezeichnet habe, einzustellen und der adäquate Strategien zu entwickeln. Diese adäquate Strategien zu entwickeln.

01:46:23.000  

Raúl Krauthausen: Aber das ist die Klimaanpassung. Wir können hier nicht mehr verändern mit Klimawandel, sondern nur noch anpassen.

01:46:31.000  

Tadzio Müller: Genau, also tatsächlich traditionell wurde das Klimafeld in drei Politikfelder eingeteilt. Das eine war Mitigation, also Emissionsreduktion. Das zweite war Anpassung, Anpassung an die Klimawandel, wenn er kommen wird. Und drittens war Finanzierung, Verluste und Schäden für Dinge, die schon passiert sind. Bei der Emissionsreduktion sind wir einfach erstmal weitgehend gescheitert. Es gibt keinen Klimaschutz, weder global noch in Europa noch in Deutschland. Und das müssen wir im gewissen Sinne auch erst mal anerkennen, dass wir da verloren haben. Ich kämpfe ja momentan auch nicht dafür, den Kohleausstieg nochmal aufzumachen, sondern ich versuche mich gerade an anderen Fragen abzuarbeiten. Und ich glaube, dass diese Frage von wie stellen wir uns auf eine zunehmend durch Katastrophen ständig aus dem Gleichgewicht geworfen. Das ist in einer Gesellschaft, die aus dem Gleichgewicht geworfen ist, fundamental. Wie stellen wir uns da politische Praxis vor? Eine Sache, die ich an der Klima-Memorie sehr bewundert habe, ist unsere Strategiefähigkeit. Weil wir ein ständiges Gefühl haben, dass wir unter Zeitdruck stehen. Haben wir Strategien angepasst und verändert, schneller als jeder andere Bewegung, die ich je erlebt habe. Dieses Anpassen an die Kollapsdynamiken, damit fangen wir gerade erst an, überhaupt über Kollaps zu reden. Was bedeutet das praktisch, was bedeutet das emotional? Und wie agieren wir da drin? Zum Beispiel war die allererste Klinik. Also Katrina, können wir uns vielleicht alle noch erinnern, das war 2005, ein riesiger Wirbelsturm-Hurricane, der hat New Orleans teilweise unter Wasser gesetzt und bekannterweise war es so, dass die tiefer liegenden Viertel natürlich die waren, wo die Armen gelebt haben und auch die Viertel, wo die Schleusen aufgemacht wurden, damit die anderen Teile New Orleans nicht überflutet wurden. Also es war eine Klimaungerechtigkeitskatastrophe, Katrina. Und alle Public Services, also Sozialdienstleistungen, Gesundheitsdienstleistungen, waren im Grunde ausgenockt. Die Leute, die als Allererstes eine funktionierende öffentliche Klinik aufgebaut haben, war so ein Haufen Anarchistinnen, die in Seattle 1999 schon die Orga gegen die WTO gemacht haben bei den Protesten. Und wie hätte das Ahrtal politisch ausgesehen, wenn Ende Gelände, gut das war noch Corona, das war alles sehr viel schwieriger, stell dir vor, da wäre Ende Gelände in den bekannten weißen Maler-Anzügen gewesen und hätte da mit ein paar hundert Leuten Katastrophenhilfe vor Ort geleistet. Das hätte auch nochmal eine ganz andere Perspektive darauf, was Klimaaktivismus ist, geschaffen. Das ist kein Vorfall, das ist was, da kommen wir erst jetzt hin, aber sowas zum Beispiel. Wenn Katastrophen eintreten, dass die Klimawirkung zeigt, wir helfen hier solidarisch, wir helfen allen und alle helfen, das wäre doch eine attraktive Story. Ganz ehrlich, es wird bei solchen Klimadesastern immer mehr solche Bürgerwehren oder Hilfe von unten geben. Und wie schon gesagt, entweder wird die nach so einem offenen solidarischen Prinzip organisiert oder nach einem nationalpatriotischen, sozusagen hier „Deutsche helfen Deutschen“ nach dem Motto „Deutsche helfen Deutschen“. Das ist zwar eine Perspektive, wo ich glaube, das ist kein defensives Denken, aber es ist realistisches Denken. Wir sagen, Naomi Klein hat ja Anfang der Zehner dieses Buch „Schockdoctrin – Desasterkapitalismus“ geschrieben. Da hat sie gesagt, dass die andere Seite, die neoliberalen, im Grunde so Momente gesellschaftlicher Schockzustände ausnutzt, um Veränderungen durchzuprügeln. Weil das sind tatsächlich Momente von emotionaler und psychologischer Offenheit. Weil ja eh schon alles so ein bisschen kaputt ist, also kann man da auch Veränderungen durchsetzen. Was, wenn wir diese Momente nutzen, um bei den Leuten zu zeigen, hey, wir zeigen hier, wie Bewegungen von unten das Leben für alle besser machen können.

01:49:43.000  

Raúl Krauthausen: Ist eine von den Linken aufgestellte Carola Rakete als Europaabgeordnete eine dieser Ideen, also eine, die vom Feld kommt quasi, ist das so eine Idee?

01:49:54.000  

Tadzio Müller: Genau, ich denke, das ist dieses gemeinsame Neuprojekt, wo Leute aus den Klima- und Migrationsbewegungen und antirassischen Bewegungen sich in der Europawahl auf die Liste der Linken setzen lassen und zu sagen, wir wollen zusammen mit den guten Kräften in der parteiösen, von wem ich rede und von wem ich besonders nicht rede, zusammen versuchen die Linke zu einer tatsächlich modernen, oder, brauchst man dann, ökologischen, sozialen, feministischen, internationalistischen Kraft zu machen, wie sie eigentlich sein sollte, denn, das ist wichtig, wir haben als Klima- und Antikohlbewegung lange versucht, sagen wir, wir wussten, dass die Linken, dass die Grünen, also wir, so, wenn eine soziale Bewegung nur Zugang zu einer Partei hat, macht, gibt es dieser Partei wahnsinnig Macht im Verhältnis zur sozialen Bewegung, weil wir können ja nirgendwo anders hin. Es wäre total, einer unserer langfristigen strategischen Versuche war, die Linken und die Grünen quasi äquidistant zur Klimabewegung zu haben und die dann so ein bisschen gegeneinander auszuspielen. Also dass man quasi sagen kann, okay, die Grünen, ihr müsst mal bessere Politik machen, weil ansonsten wählen wir alle die Linken und das supporten die Linken. Und sind die Linken genauso. Und das hat uns die Linke dadurch und möglich gemacht, dass sie einfach die letzten Jahre mega scheiße war. Das war natürlich erheblich die Verantwortung von Bartsch und Wagenknecht, aber auch andere. Ich hab ja lange für die Rosalux-Stifung gearbeitet, da bin ich teilweise zu sehr in den Details drin. Aber das Wichtige ist, dass man versucht wieder eine parlamentarische Repräsentation für eine radikale Gerechtigkeit und eine radikale ökologische Stimme auch zu schaffen.

01:51:18.000  

Raúl Krauthausen: Aber sehen wir nicht an Greenpeace und Fridays for Future und Co., das finde ich total spannend. Greenpeace muss sich doch einen Arsch ärgern, was für ein Erfolg Fridays for Future hatte, in wie viel kurzer Zeit, auch am Spendenvolumen und so weiter. Und Greenpeace hat aber die ganzen Leute jetzt in der Politik sitzen, bei den Grünen, jetzt bei Anna-Lena Baerbock sitzt die ehemalige Greenpeace-Chefin. 

01:51:44.000  

Tadzio Müller: Jennifer Morgan, genau.

01:51:45.000  

Raúl Krauthausen: Genau. Das heißt, wird man da als Aktivist dann nicht eher verzerrieben im politischen System?

01:51:52.000  

Tadzio Müller: Genau, also ich würde mal sagen, es ist wichtig jetzt nicht, dass jetzt nicht alle Klimabewegungskader oder antifizischen Kader in die Linke strömen. Wir brauchen starke soziale Bewegungen, weil die Idee ist ja, dass man eine starke soziale Bewegung hat, die dann eben zum Beispiel diese Parteien so ein bisschen auch gegeneinander spielen kann. Das meine ich jetzt gar nicht im negativen Sinne, sondern so eine Art. Das haben wir früher sozialistische Konkurrenz nannte, sozusagen der Wettbewerb um die bessere politische Position, den müssen wir anfangen können zwischen Parteien. Es ist aber schon auch wichtig, dass Parteien eben Stimmen im Parlament zum Beispiel haben. Und das bedeutet auch, dass wir zum Beispiel Abgeordnete haben, die Jobs an Klimabewegungskader geben, sodass wir auch in der Krisensituation ein paar ökonomische Strukturen hinter uns haben. Ich meine, die Heinrich-Böll-Stiftung und die Roseluxburg-Stiftung sind beide im Grunde von der Finanzierung immer dabei, wenn es darum ging, das Bildungsprogramm auf Klimacamps zu organisieren. Und ich will jetzt gar nicht zu sehr in die Details gehen, aber ich weiß, dass politische Stiftungen ganz stark mitarbeiten auch Finanzierung von sozialen Bewegungen zu ermöglichen als sozusagen Orte politischer Bildung. Das muss ich dazu sagen, weil diese politischen Schiftungen dürfen eine politische Bildung machen. Aber basically wir sehen, irgendwann damals in der Rosa-Stiftung, haben wir Bewegungen als Orte der politischen gemeinsamen Bildung gesehen, also konnten wir sie auch teilweise finanzieren. Und das sind nicht irrelevante Finanzierungsströme, das heißt Jobs in Fraktionen, Gelder von Stiftungen und so weiter. Das hängt alles auch damit zusammen, ob die Linke noch im Parlament bleibt zum Beispiel. Und jetzt sagen, man geht als Bewegung rein, um dafür zu sorgen, dass diese Struktur erhalten bleibt und man vielleicht mittelfristig auch wieder eine linksökologische Kraft im Parlament hat. Das ist nicht, wenn man sagt, das ist die einzige Strategie, dann wäre das ein Desaster. Aber als Strategie, die sozusagen verschiedene Elemente hat zu sagen, wir wollen auch diesen Teil der gesellschaftlichen Machtbasis ausbauen, das finde ich nicht falsch. Also ich finde das tatsächlich ein super Versuch. Ich bin schon seit 15 Jahren so ein bisschen im Umfeld oder in der Nähe der Partei Die Linke. Ich war nie ein Parteimitglied, werde es auch nicht sein, aber ich habe lange in der Partei in der Stiftung gearbeitet und ich habe in den 15 Jahren, wo ich nah an der Partei war, noch nie einen Versuch gesehen, die wieder gescheit aufzustellen, der so viele Volksmöglichkeiten hatte wie der von Carola Rakete und ihren Leuten. Deswegen bin ich dir da wirklich dankbar und finde es total super.

01:54:00.000  

Raúl Krauthausen: Wir sind jetzt zwei Stunden in diesem Aufzug unterwegs, was ja eine sehr lange Aufzugfahrt ist, fast bis zum Mond wahrscheinlich. Grüße an Elon Musk.

01:54:10.000  

Tadzio Müller: Den haben wir da rumgetroffen.

01:54:11.000  

Raúl Krauthausen: Eine Frage, die ich in diesem Podcast immer wieder mit den Gästen diskutiere, ist, gibt es eine Organisation, die vielleicht man auch nicht so gut kennt, die du empfehlen kannst, die unsere Hörerinnen und Hörer vielleicht sich mal anschauen könnten, wieder Mitglied werden, unterstützen oder einfach mal Texte lesen? 

01:54:32.000  

Tadzio Müller: Also ich sag mal gerade im Moment arbeite ich mit einer kleinen Gruppe zusammen, die – die haben noch keinen richtigen Namen – die heißen „Collaps Cafe“. Das sind Leute, die treffen sich online und reden darüber – also einerseits machen sie ein bisschen politische oder politische Arbeit und andererseits reden sie auch weiter darüber, was dieser Collaps für sie bedeutet, entwickeln da gemeinsame politische Positionen. Klima-Collaps Cafe ist ein Begriff, der andere ist Just Collapse. Das ist eine Gruppe, glaube ich, aus Australien. Schaut euch mal sozusagen Gruppen an, wie eben das Klima-Collaps Cafe oder Just Collapse, die sich mit dieser Frage von Collapse außen her setzten, nicht, weil ihr denen unbedingt zustimmen müsst. Setzt euch mal deren Diskursen aus und guckt euch mal an, was das mit euch macht. Also ich muss jetzt tatsächlich auch noch, weil ich eben daraus auch meine Arbeit finanziere, Leute nochmal auf mein Newsletter verweisen. Du hast ihn ja schon sehr freundlich anmoderiert. Und schaut mal drauf.

01:55:19.000  

Raúl Krauthausen: FriedlicheSabotage.org.

01:55:21.000  

Tadzio Müller: FriedlicheSabotage.net?

01:55:22.000  

Raúl Krauthausen: Net, genau, sorry.

01:55:23.000  

Tadzio Müller: Vielleicht schreiben wir es auch drunter in die, wie heißt das?

01:55:24.000  

Raúl Krauthausen: Show notes? Unbedingt, Show notes, ja.

01:55:26.000  

Tadzio Müller:   Klar, da könnt ihr mich unterstützen und das ist sehr wichtig und das würde ich sehr schätzen, aber vor allem finde ich es auch super, wenn Leute das einfach lesen und damit in der Bewegung agieren und diskutieren. Ich bin als jemand, ich bin ja nicht Chefstrateger einer Gruppe, ich bin nur jemand, der Sachen schreibt und sagt und die sind nur relevant, wenn ihr die auch sozusagen rezipiert und nach außen tragt und wenn ihr darauf Bock habt, schaut euch gerne mal an, was ich schreibe und ich freue mich auf Kommentare und alles. Aber ich gebe diese Gruppen „Just Collapse“ und „Klimakollapscafé“, schaut mal dahin, findet ihr auf Google und setzt euch mit dieser Frage des Kollaps aus und sagt, was macht es mit euch?

01:55:59.000  

Raúl Krauthausen: Super, super, super, super spannend. Tadzio, das war unfassbar erreich, unfassbar deep.

01:56:06.000  

Tadzio Müller: Das war ein krasser, krasser Ritt durch viele verschiedene, die mich auch gerade völlig geflasht haben. Super, super spannendes Gespräch. Tolle, tolle Fragen.

01:56:13.000  

Raúl Krauthausen: Können wir gerne mal fortsetzen? Da habe ich auf jeden Fall noch viele weitere Fragen. Danke, dass du mein Gast warst.

01:56:20.000  

Tadzio Müller: Danke für die Einladung. Ich freue mich total, das online zu sehen und auch mal weiter in dein Podcast reinzuhören. Und genau, wir sehen uns bald wieder, wir laufen uns ja immer wieder über den Weg, aber vielleicht können wir uns dann beim nächsten Mal auch zu einem Getränk noch irgendwo hinsetzen.

01:56:32.000  

Raúl Krauthausen: Unbedingt sehr gerne in Berlin-Schöneberg, wo auch immer Motzstraße da. In der Nähe hab ich früher mal gewohnt. Da

01:56:38.000  

Tadzio Müller: Da bin ich ja durchaus gelegen. Nun muss ich da mal etwas nüchterner sein als sonst.

01:56:43.000  

Raúl Krauthausen: Wenn die Tür jetzt gleich aufgeht, wo geht’s für dich jetzt weiter?

01:56:46.000  

Tadzio Müller: Wo es für mich weitergeht, ist, ich werde ein Buch. Also ich möchte ein Buch über die Verdrängungsgesellschaft schreiben. Der Arbeitstitel ist „Die Verdrängungsgesellschaft, warum wir das Klima nicht schützen werden“. Im Grunde, wo geht es für mich weiter politisch, diese verschiedenen Kollapsdynamiken akzeptiert haben, wie geht es jetzt so weiter, dass wir trotzdem noch dieses Gefühl von Ermächtigung und Selbstwirksamkeit und Relevanz verspüren können, ohne uns da irgendwelchen overoptimistisch, overoptimistisch Bullshit einzureden. Ich glaube, das ist dann eine meiner jetzigen Fragen, weil Aktivismus ohne dieses euphorische Gefühl von Selbstermächtigung, dann könnte ich auch gleich in der Partei sein.

01:57:21.000  

Raúl Krauthausen: Wow, dann ist auch ein gutes Schlusswort.

01:57:23.000  

Tadzio Müller: Aber mega, mega cooles Gespräch. Ich bin jetzt halt dankbar. Wo geht es denn jetzt für dich weiter?

01:57:26.000  

Raúl Krauthausen:  Für mich geht es jetzt weiter. Ich muss unbedingt auch was essen. Ich habe zu wenig gegessen heute. Und dann der wohlverdiente Feierabend nach diesem großartigen Gespräch. Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist.

01:57:28.000  

Tadzio Müller: Richtig, genau. Arbeiten wir jetzt auch nicht mehr? Dann machen wir jetzt einmal gemeinsam Feierabend. Und ich danke dir total für die Einladung und das Gespräch. Und freue mich tatsächlich sehr auf weitere Fortsetzungen davon. Wo ich dir auch mal ein paar mehr Fragen stelle.

01:57:50.000  

Raúl Krauthausen:  Sehr gerne.

Danke fürs Mitfahren. Wenn ihr mögt und euch diese Folge Spaß gemacht hat, bewertet diese Folge bei Apple Podcasts, Spotify oder wo auch immer ihr zuhört. Alle Links zur Folge, sowie die Menschen, die mich bei diesem Podcast unterstützen, findet ihr in den Show Notes. Schaut da gerne mal rein. Wenn ihr meine Arbeit unterstützen möchtet, würde ich mich freuen, euch bei Steady zu begrüßen. Mit einer Steady-Mitgliedschaft bekommt Ihr exklusive Updates von mir und die Gelegenheit, mich zweimal im Jahr persönlich zu treffen. Im Aufzug ist eine Produktion von Schönline Media. Ich freue mich auf das nächste Mal hier im Aufzug. 

»Es gibt keinen Klimaschutz in einem Wachstums-kapitalismus.« TADZIO MULLER, - FOLGE 35

Tadzios Herzensangelegenheit:

Klima Kollaps Café und Just Collapse

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Dieser Podcast ist eine Produktion von Schønlein Media.
Produktion: Fabian Gieske , Anna Germek
Schnitt und Post-Produktion: Jonatan Hamann

Coverart: Amadeus Fronk

1 Kommentar zu „Im Aufzug mit Tadzio Müller“

  1. @Wegner, Berliner Regierungschef:
    „Wer Pro-Auto-Politik macht, macht doch irgendwann Anti-Trans-Politik, macht doch irgendwann Anti-Klimapolitik, macht doch irgendwann Anti-Queere-Politik. “
    Verdammt, warum hat er da so Recht?

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