Gilt Gerechtigkeit nur für die, die sie sich leisten können?
Ronen Steinke ist Jurist, Journalist, Autor – und jemand, der mit seinen klugen Analysen immer wieder den Finger in die Wunde unseres Rechtsstaates legt. Wir sprechen über absurde Paternosterfahrten, verstaubte Amtsgerichte und warum Fairtrade-Siegel oft nur bis zur deutschen Werkstatttür reichen.
Doch es wird auch ernst: Ronen erklärt mir, wie soziale Ungleichheit vor Gericht fortgeschrieben wird, warum Ersatzfreiheitsstrafen oft Armut bestrafen, und wie sehr Inklusion noch immer als Sahnehäubchen behandelt wird, statt als Teilhabe-Recht für alle. Wir diskutieren die unsichtbaren Flecken der UN-Behindertenrechtskonvention, strukturelle Benachteiligung und warum der Verfassungsschutz in seiner jetzigen Form mehr Problem als Lösung ist.
Am Ende geht es aber auch um Zuversicht: Ronen glaubt an die Kraft der nächsten Generation, an strategische Prozessführung und an eine Gesellschaft, die sich ihre Gerechtigkeit immer wieder neu erkämpfen muss. Aufzugtür auf für Ronen Steinke!
Ronens Empfehlungen: Freiheitsfonds, Filme über Ruth Bader-Ginsburg
00:00:04,079 –> 00:00:20,920 [Schindler Aufzüge]
In Filmen klettern Helden oft durch eine Dachluke aus dem Aufzug. Aber gibt es diese Luke
wirklich oder ist das nur ein Hollywood-Mythos? Die Antwort gibt es am Ende dieser Folge.
Jetzt erst mal viel Spaß mit Raul im Aufzug wünscht Schindler.
00:00:20,920 –> 00:02:04,839 [Raul Krauthausen]
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Unterstützer*innen Rosina, Sabine und Agnes. Ihr seid die Besten. Wirklich. Und jetzt viel
Spaß mit der neuen Folge. Ronen Steinke ist Jurist, Journalist und Autor und jemand, der mit
seinen klugen Analysen immer wieder den Finger in die Wunde unseres Rechtsstaats legt.
Wir sprechen über absurde Paternosterfahrten, verstaubte Amtsgerichte und warum Fair
Trade Siegel oft nur bis zur deutschen Werkstatttür reichen. Ronen erklärt mir, wie soziale
Ungleichheit vor Gericht fortgeschrieben wird, warum Ersatzfreiheitsstrafen oft Armut
bestrafen und wie sehr Inklusion noch immer als Sahnehäubchen behandelt wird, statt als
Teilhaberecht für alle. Wir diskutieren die blinden Flecke der UN-
Behindertenrechtskonvention, strukturelle Benachteiligung und warum der
Verfassungsschutz in seiner jetzigen Form mehr Problem als Lösung ist. Am Ende geht es
aber auch Zuversicht. Ronen glaubt an die Kraft der nächsten Generation, an strategische
Prozessführung und an eine Gesellschaft, die sich ihre Gerechtigkeit immer wieder neu
erkämpfen muss. Also Aufzugtür auf für Ronen Steinke. Die Tür geht auf und der kommt
rein. Ich freue mich tatsächlich wirklich sehr, weil ich Ronen Steinke schon sehr, sehr lange
auf Instagram folge und mich sehr positiv überrascht hat, dass er als Jurist, als Autor
irgendwann über Inklusion sprach. Aber ich folgte ihm damals aus anderen Gründen, weil er
nämlich sehr kluge Sachen sagt über unseren Rechtsstaat und die Probleme, die wir haben.
Herzlichen Glückwunsch, Entschuldigung. Herzlich willkommen. Herzlich willkommen, Ronen
Steinke.
00:02:39,739 –> 00:02:41,999 [Ronen Steinke]
Dir auch herzlichen Glückwunsch. Danke dir.
00:02:41,999 –> 00:02:42,379 [Raul Krauthausen]
Danke.
00:02:42,379 –> 00:02:44,879 [Ronen Steinke]
Danke für die Einladung. Freue mich sehr.
00:02:44,879 –> 00:02:51,779 [Raul Krauthausen]
Ich bin ein bisschen aufgeregt, habe ich ja vorhin schon gesagt, weil ein bisschen Starstruck
bin ich dann doch. Hattest du schon mal einen Awkward-Moment in einem Aufzug?
00:02:55,039 –> 00:03:01,079 [Ronen Steinke]
Ich habe mit Aufzug immer so die Verbindung zu Pater Nostern. Also ich habe mit Pater
Nostern ganz viele emotionale Erlebnisse und das ist ja irgendwie die Fortentwicklung desPater Nosters, also die sicherere, verlässlichere, auch barrierefreie Fortsetzung. Und Pater
Noster, das waren ja früher diese Holzkisten, die einfach starre hoch-und runter fuhren und
man konnte das nicht steuern, man konnte da auch keine Knöpfe drücken oder irgendwas
und man musste halt es schaffen, da reinzuspringen und rauszuspringen.
00:03:23,599 –> 00:03:25,119 [Raul Krauthausen]
Wo gab es die denn in deinem Leben?
00:03:25,119 –> 00:03:34,419 [Ronen Steinke]
Also in der Süddeutschen Zeitung, wo ich ja hauptsächlich arbeite, die ist vor ein paar Jahren
umgezogen. Im alten Gebäude gab es einen Pater Noster, zwar nur auf fünf Etagen, aber das
war schon auch lustig genug.
00:03:34,419 –> 00:03:35,479 [Raul Krauthausen]
Und war der noch aktiv?
00:03:35,479 –> 00:04:08,939 [Ronen Steinke]
Der war noch aktiv und dem wurde auch sehr nachgetrauert, weil jetzt ist die SZ in so einem
bisschen Hightech, genau, so ein beatmungsaktives Glasgebäude, was natürlich top alle
Werte hat, aber vielleicht nicht diese Seele von dem alten Gebäude. Und dann habe ich vor
ein paar Jahren eine Zeit an der Uni Frankfurt geforscht, in einem uralten Gebäude, was mal
der IG Farben gehörte, diesem Chemiekonzern. Und da fahren heute auch noch Pater Noster
und das ist jedes Mal ein Thrill. Bisher ist mir noch nichts passiert, aber ja.
00:04:08,939 –> 00:04:12,979 [Raul Krauthausen]
Also ich kenne nur zwei Pater-Noster-Aktiv. Zumindest erinnere ich mich aktiv an sie im
Schöneberger Rathaus und beim Rundfunkgebäude vom rbb.
00:04:21,319 –> 00:04:23,719 [Ronen Steinke]
Genau, das ist eh ein tolles Gebäude.
00:04:23,719 –> 00:04:26,319 [Raul Krauthausen]
Aber ich glaube, die sind beide deaktiviert.
00:04:26,319 –> 00:04:36,779 [Ronen Steinke]
Ich bin im rbb, glaube ich, auch mal, Pater Noster, gefahren. Ja, kann man schon noch. Aber
da hat man zumindest die Wahl. Man muss nicht Paternoster, die haben jetzt aufgerüstet,
man kann auch Aufzug fahren. Das Schönere am Aufzug ist ja, du kannst Leuten die Tür
aufhalten. Du kannst sagen: „Komm doch rein, wir halten den kurz. Diese ganzen Dinge, die
kannst du in so einem starren Pater Noster natürlich nicht.
00:04:45,279 –> 00:05:03,019 [Raul Krauthausen]
Aber hast du jetzt nicht auch manchmal dieses beklemmende Gefühl, weil da, wo Pater
Noster sind, die sind ja oft so Verwaltungsgebäude.. Du bist wahrscheinlich sehr viel in
Verwaltungsgebäuden als Jurist. Dass diese Schuhkartons, in denen die Menschen dann
arbeiten… Also ich bekomme da wirklich Depressionen. Also wenn ich nur im Bürgeramt
bin, irgendwas zu beantragen, ja und mir dann dieses Büro angucke, da habe ich Mitleid.00:05:12,159 –> 00:05:14,019 [Ronen Steinke]
Du meinst, lieblos und klein, oder?
00:05:14,019 –> 00:05:23,259 [Raul Krauthausen]
Lieblos, klein, schlecht eingerichtet, die Möbel sind uralt, die Geräte sind uralt, die sie
benutzen. Jede Firma hat moderneres Equipment.
00:05:23,259 –> 00:05:38,059 [Ronen Steinke]
Das stimmt. Wird beklagt von Leuten, die zum Beispiel als Richter oder Richterin arbeiten.
Ich weiß aber nicht, ob das nicht auch ein Klagen auf hohem Niveau ist. Die klagen dann,
dass, wie du sagst, der Putz bröckelt von der Wand und die Tische sind irgendwie nicht der
neuste Standard. Dafür sollte man es ja auch nicht machen. Man sollte ja nicht wegen dem
Komfort und weil man da ständig gepampert wird, sondern man soll es ja wegen dem Inhalt
machen, der einem wichtig ist und irgendwie Sinn stiftet. Aber ja, das…
00:05:49,399 –> 00:05:51,519 [Raul Krauthausen]
Aber die Hardware könnte einen ja unterstützen dabei.
00:05:51,519 –> 00:05:53,039 [Ronen Steinke]
Das stimmt. Das stimmt, ja.
00:05:53,039 –> 00:06:05,172 [Raul Krauthausen]
Auf jeden Fall, es gibt ja sehr wenige moderne, neue Ämter, wo ich denke, jede Bahnlounge
ist schicker. Oder beim Schalter, sogar ist schicker als Bürgeramt.
00:06:05,172 –> 00:06:11,211 [Ronen Steinke]
Es sollte auf jeden Fall nicht so unwirtlich sein, dass man da keine Lust hat zu arbeiten. Das
schlägt ja dann auf die Qualität durch. Das wäre nicht gut.
00:06:11,211 –> 00:06:13,531 [Raul Krauthausen]
Wie kam es, dass du Jurist wurdest?
00:06:13,531 –> 00:06:34,012 [Ronen Steinke]
Ich war so ein politischer Teenager und war jetzt auch nicht total festgelegt, dass es
unbedingt Jura sein muss, aber es sollte auf jeden Fall so in die Richtung Politik und
Gesellschaft gehen. Und ich habe so Schülerzeitung gemacht und irgendwie in der Schule
ganz aktiv. Und dann war auch eigentlich erst mal die Idee, Politik zu studieren und dann
irgendwie war Jura auch noch eine Idee und dann habe ich das mal ausprobiert und hätte
auch schiefgehen können, ehrlich gesagt. Also im ersten Jahr habe ich auch ganz schön
gestrauchelt und auch ganz schön gezweifelt, ob das so eine gute Idee war. Aber dann, so im
zweiten, dritten Jahr, hat sich das dann als eine goldrichtige Entscheidung herausgestellt.
Und gerade wenn man so ein politisches Interesse hat, wenn man verstehen will, wie die
Gesellschaft, oder besser gesagt, wie der Staat funktioniert und wie Regeln gemacht werden,
wie sie umgangen werden, wie sie gedehnt werden, wie sie begründet werden, wie man sie
auch aushebeln kann. Also all diese Sachen, die ja sehr wichtig sind für unser
Zusammenleben, dann ist das schon sehr gut, wenn man da so ein Handwerkszeug lernt.
Und da ist Jura eigentlich sehr gut für.00:07:13,991 –> 00:07:19,411 [Raul Krauthausen]
Was war denn da im zweiten, dritten Jahr für eine Erkenntnis bei dir, dass du sagtest, jetzt ist
es richtig?
00:07:19,411 –> 00:07:41,211 [Ronen Steinke]
Ja, ich habe angefangen, also mit diesem, wie gesagt, so überschäumend politischen
Idealismus. Und ich dachte, Jura, da geht es ja Gerechtigkeit. Das war dann nicht unbedingt
so. Es ging ganz stark auch so technische Sachen, wie ein Mietvertrag aufgesetzt wird und in
welcher Sekunde ein Vertrag in Kraft tritt und was man da alles. Also mehr mathematische
Fragestellungen eigentlich als jetzt so ethische. Und das fand ich ziemlich kümmerlich und
ziemlich unansprechend und war auch schon fast in der Tür, mir was anderes zu suchen. Und
dann habe ich durch Zufall in der Bibliothek eine Geschichte gelesen, eine Anekdote
entdeckt in einer Zeitschrift, nämlich über den früheren Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der
in den Sechzigerjahren in Deutschland gewirkt hat. Und die Anekdote war sehr kurz, sondern
so vielleicht fünf Sätze. Da ging es darum, dass Adolf Eichmann, der NS-Verbrecher, der den
Holocaust organisiert hat, im Versteck in Argentinien war und dass jemand entdeckte, wo er
ist, also sozusagen sein Versteck entdeckte und diese Information dann nach Frankfurt
schickte. Und das landete auf dem Schreibtisch von Fritz Bauer, von diesem
Generalstaatsanwalt, und der hat dann sich letztlich die Frage stellen müssen: „Was mache
ich damit Weil, wenn ich da jetzt einfach den normalen Dienstweg mit beschreite und meine
Kollegen mit befasse und da ein Verfahren einleite, dann ist es völlig klar, was passiert.
Nämlich, es werden undichte Stellen sein, es werden Leute aus dem Apparat Verrat üben
und werden den NS-Verbrecher warnen, damit man den nicht verhaftet. Und dann hat er
stattdessen entschieden: „Nein, ich mache es nicht nach den Buchstaben des Gesetzes,
sondern ich umgehe das. Und stattdessen hat er sich dann an einen israelischen
Geheimdienst gewendet und hat dann gemeinsam mit denen diese weltberühmt gewordene
Aktion eingefädelt, Eichmann in Argentinien zu kidnappen und ihn vor Gericht zu stellen. So,
und das las ich als, was weiß ich, 20- oder 21-Jähriger. Und das war genau die Art von Mut
und die Art von „Reden wir mal über das Große Ganze, die mir so gefehlt hat. Und da war
Das war gut.
00:09:18,711 –> 00:09:22,471 [Raul Krauthausen]
Aber ist so was legal, jemanden….
00:09:22,471 –> 00:09:30,851 [Ronen Steinke]
Nein, das ist total illegal. Es ist mindestens illegal, wenn nicht sogar strafbar, weil das ist ja
letztlich eine Entführung mit Gewalt eines deutschen Staatsbürgers.
00:09:30,851 –> 00:09:32,671 [Raul Krauthausen]
Mit dem ausländischen Geheimdienst.
00:09:32,671 –> 00:10:04,011 [Ronen Steinke]
Geht also. Also rechtlich ist das total verboten. Aber man muss natürlich den Kontext sehen.
Es ist genauso auch verboten, solche Verfahren in Deutschland zu sabotieren, wie es damals
verständlich der Fall war. Also Fritz Baur war umgeben von lauter Altnazis, die in seinem
Justizapparat saßen, die jeden Tag auch das Gesetz gebrochen haben, indem sie diese
Verfahren boykottiert haben, sabotiert haben. Das ist auch verboten. Und er hat dann
sozusagen sich nicht anders zu helfen gewusst, wie so eine Art Notwehr. Er sagt: „Da mussich halt auch eine Regel brechen, damit ihr nicht mit euren Regelbrüchen am Ende das letzte
Wort habt.
00:10:04,011 –> 00:10:06,671 [Raul Krauthausen]
Oder nichts zu machen.
00:10:06,671 –> 00:10:11,511 [Ronen Steinke]
Das wäre die Alternative gewesen. Einfach die Hände in den Schoß legen und dann haben
halt die anderen gewonnen.
00:10:11,511 –> 00:10:24,371 [Raul Krauthausen]
Hast du aber eigentlich immer so dieses Gefühl, also jetzt in meinem Kopf super stark, dieses
Gefühl von: „Oh mein Gott, bei diesem Gespräch wäre ich gerne dabei, wie er den
Geheimdienst anruft und sagt: „Was machen wir denn jetzt?
00:10:24,371 –> 00:10:30,691 [Ronen Steinke]
Ja, also ich habe dann nur mit der Fantasie die Möglichkeit, das irgendwie auszumalen. Und
oft ist es ja so, dass die Fantasie…
00:10:30,691 –> 00:10:33,311 [Raul Krauthausen]
Also finde mal eine Telefonnummer vom Geheimdienst.
00:10:33,311 –> 00:10:36,631 [Ronen Steinke]
Ja, ich glaube, es war damals so: Mit dem Staat Israel gab es noch keine offiziellen
Beziehungen. Das heißt, man konnte nicht einfach in die Botschaft reinspassieren oder
anrufen. Es gab aber in Köln so eine Art Vorstufe zu einer Botschaft, also so eine Anlaufstelle.
Und mit denen hatte er vorher schon mal Kontakt gehabt und da hat er da angerufen. Also
es ging sozusagen zwei Ecken zum Geheimdienst.
00:10:56,891 –> 00:11:00,091 [Raul Krauthausen]
Ja. Und das hat dich dann motiviert,…
00:11:00,091 –> 00:11:04,571 [Ronen Steinke]
An der Stange zu bleiben. Ja, dann dachte ich mir: „Okay, das ist doch das Richtige. Und dann
habe ich auch mit der Zeit dann natürlich festgestellt, ich war doch nicht so alleine. Es gab
auch viele andere, die auch Jura nicht studiert haben, in Papas Fußstapfen zu treten und
irgendwie die Kanzlei zu übernehmen oder, unternehmensberater zu werden,
sondern, die Welt zu verändern auf die eine oder andere Weise. Und habe auch viele Leute
gefunden dann im Jura-Studium, die mit mir zusammen da sind. Und wenn es nur in Form
von Diskussionen, aber irgendwie so an diesen Themen zu arbeiten, an den großen
gesellschaftlichen. Und habe mich dann da sehr gut aufgehoben gefühlt und rückblickend:
Ja, es ist jetzt nicht alles spaßig gewesen, aber es ist halt wichtig, dass man nicht sagt, dieses
wichtige Handwerkszeug – und es ist so eine Art Machttechnik – so ein Handwerkszeug, mit
dem in unserer Gesellschaft wahnsinnig viel bewegt wird – dieses nicht anderen zu
überlassen, sondern zu sagen: „Wenn ich finde, es läuft nicht alles richtig in der Gesellschaft,
dann muss ich auch früh aufstehen und zu Not auch unter Schmerzen. Ja, muss ich auch hin
und was machen.00:12:03,963 –> 00:12:07,003 [Raul Krauthausen]
Hast du Kanzleierfahrung? Hast du in der Kanzlei gearbeitet?
00:12:07,003 –> 00:12:16,824 [Ronen Steinke]
Kurz nur. Also ich hatte im Jurastudium immer so begleitend als studentischer Mitarbeiter in
einer Strafverteidiger Kanzlei gearbeitet und dann danach auch während der Doktorarbeit so
ein bisschen. Das hätte ich mir auch gut vorstellen können. Also Strafverteidigung ist schon
ein sehr ehrenwerter und sehr interessanter Beruf.
00:12:22,443 –> 00:12:24,343 [Raul Krauthausen]
Was ich so schön finde, dass du als Journalist ja quasi nicht nur Journalist bist, sondern auch
Experte in Rechtssprechung, Rechtsfragen, juristische Fragen. Und manchmal habe ich das
Gefühl, wenn ich Artikel lese, egal wie, ich mich dann schon frage: Hat der Journalist, die
Journalistin eigentlich Ahnung von dem Thema, worüber er sie schreibt? Weil bei dir in dem
Thema würde ich dir quasi viel mehr vertrauen, wenn du was über, keine Ahnung, Urteile
schreibst oder so, als wenn es jemand macht der nach Gefühl schreibt.
00:13:00,663 –> 00:13:08,003 [Ronen Steinke]
Ja, das ist nett von dir. Das wird natürlich auch anders gesehen. Also das ist ja immer
Ansichtssache. Was heißt Ahnung? Ja, ich nehme das mal so als Kompliment, aber ich
glaube, das ist immer total vom eigenen Standpunkt abhängig, ob man jetzt findet, der eine
reimt sich was zusammen oder der hat genau den Kern der Sache erfasst. Das kann man
nicht objektiv sagen, glaube ich.
00:13:22,963 –> 00:13:25,643 [Raul Krauthausen]
Ein Thema, das dir die ganze Zeit, über das du viel redest, ist das Thema Klassenjustiz. Da
kommen wir auch gleich noch mal drauf zu sprechen. Aber du hast auch noch viele andere
Themen, nämlich Außenpolitik war lange dein Thema, Antisemitismus, vielleicht auch wegen
deiner Biografie, Rechtsextremismus, Sicherheitsbehörden, Verfassungsschutz sind deine
Themen. Alles spannend. Wir hätten da super viele Podcasts drumherum bauen können. Ich
versuche, mich ein bisschen zu konzentrieren auf, was könnten Gemeinsamkeiten sein und
wollte dich eingangs fragen: Was beeinflusst deine Arbeit mehr, die juristische Perspektive
oder die journalistische Perspektive?
00:14:14,243 –> 00:14:22,543 [Ronen Steinke]
Also ich glaube, dass die juristische Perspektive steht schon am Anfang. Also das ist
irgendwie so eine Prägung oder Deformation oder ich weiß nicht, das ist aber vielleicht auch
nicht schlimm ist, dass ich auf jeden Fall auf Themen immer mit so einer Linse schaue, was
ist daran gerecht oder was ist daran ungerecht? Man könnte ja auch mit so einer
ökonomischen Linse draufschauen: Ist das effizient? Mein Blickwinkel ist immer dieses
Gerechtigkeitsthema. Und dann das Journalistische ist dann eher die Öffnung, also die Art
der Umsetzung, dass ich finde, das kann man auch machen, dass man dann da juristisch
kämpft und dann wie so ein Anwalt, was sozusagen im nächsten Leben vielleicht, oder wenn
mein Leben ein bisschen anders verlaufen wäre, was auch sehr ehrenwert ist. Oder man
öffnet sich und sagt: „Wir diskutieren es. Wir stellen es zur Diskussion, und zwar so, dass wir
möglichst viele Leute mit reinholen, dass es viele Leute verstehen. Und dann entstehen da ja
oft ganz tolle Diskussionen.00:15:08,683 –> 00:15:13,983 [Raul Krauthausen]
Wie bist du denn auf das Thema Klassenjustiz gestoßen? Und was ist das vor allem?
00:15:13,983 –> 00:15:33,223 [Ronen Steinke]
Also kurz gesagt, geht’s darum, dass Menschen, die nicht viel Geld haben, nicht so viel
Gerechtigkeit bekommen vom unserem Justizsystem, was eigentlich nicht das ist, wie es
laufen soll. Also das Versprechen ist ja eigentlich von dem Gesetz: Sind alle gleich, egal ob du
reich oder arm bist. Die Gesetze sind für alle oder die Rechte sind für alle gleich gut.
Ich bin so darauf gekommen, dass ich als Journalist viel zu Prozessen gegangen bin am
Anfang, als Beobachter, über Prozesse geschrieben habe. Und ich bin immer zu den
Prozessen hingegangen, die aus meiner Sicht spektakulär waren. Also entweder
Kriegsverbrecherprozesse oder riesige Korruptionsfälle oder Gewalt. Und ich war dann
immer nicht alleine, sondern ich saß da mit einem Pulk von anderen Journalisten, weil alle zu
diesen vermeintlich großen Fällen hingehen. Vielleicht war ich dann irgendwann, als ich bei
der süddeutschen Zeitung war, vielleicht auch mit Verursacher dieses Herdeneffekts, dass
ich da vielleicht auch alle mitgezogen habe. Auf jeden Fall saßen wir da immer alle und das
Gerichtsgebäude ist aber viel größer und rundherum sind überall Sitze, wo niemand saß, weil
es niemand interessiert hat. Und ich habe mich dann irgendwann ertappt und jetzt im
Rückblick schäme ich mich fast, dass es so lange gedauert hat, dass ich da diese Sichtweise
einfach so unhinterfragt übernommen habe, dass das ja keine aufregenden Geschichten
sind, wenn es da kleine Summen geht, also Diebstahl von Mohrrüben und einer Packung
Gummibärchen. So was wird jeden Tag in Deutschland vor Gericht verhandelt, jeden Tag.
Also gibt’s hunderte solche Prozesse jeden Tag. Oder eine Zahnpastatube beim
Drogeriermarkt. Oder eine Packung Kerzen. So was wird jeden Tag angezeigt, vor Gericht
gebracht. Vielleicht nicht beim ersten, zweiten, dritten Mal, weil dann wird erst mal noch
eingestellt. Aber solche Prozesse laufen ganz, ganz häufig. Und das ist eigentlich die Masse
dessen, womit sich unser Strafjustizsystem beschäftigt. Also wir haben ja Amtsgerichte, so
flächendeckend in Deutschland, in jedem kleinen Ort. Dann haben wir darüber die
Landgerichte, die sich dann so ein bisschen die größeren Fragen herauspicken, wo es dann
schon auch ein bisschen die wichtigere Geschichten sind. Aber eigentlich die Masse spielt bei
den Amtsgerichten und die Masse sind Diebstähle. Das ist das häufigste Delikt in
Deutschland. Und als mir das dann klar wurde, dass das eigentlich die große Geschichte ist
unserer Justiz in unserer heutigen Zeit, habe ich angefangen, diese Prozesse ganz bewusst
aufzusuchen. Und die Dramen, die man da erlebt, die sind noch viel beunruhigender als die
Dramen, die man in den vermeintlich spektakulären Prozessen sieht, weil man da sich auch
die Frage stellen muss, was wir als Gesellschaft für eine Rolle spielen. Also wenn jemand
wegen zwei Mohrrüben oder einer Packung Gummibärchen verknackt wird, kann man sich ja
ausmalen, dass dahinter nicht auf Jux und Dollerei steht oder Sadismus, sondern dass da
eine persönliche Tragik, ein Unvermögen, eine Krankheit sehr oft, Armut und oft Depression
oder so was dahintersteckt. Und wenn dann der Staat diese Probleme nicht lindert, sondern
in dem Moment einfach nur mit dem Läuft, ja. Ja, so Vergeltungsgedanken auf das Thema
draufhaut und das Problem eigentlich noch vergrößert, dann hab ich ’n, also hab ich Fragen,
wenn das dann am Ende Urteile im Namen des Volkes sind, ob ich das dann wirklich so
mittragen will.
00:18:22,467 –> 00:18:26,007 [Raul Krauthausen]
Zumal ja auch nicht jeder sich ’n Anwalt, Anwältin leisten kann.00:18:26,007 –> 00:19:11,747 [Ronen Steinke]
Das kommt hinzu, genau. Also das denken ja auch viele in Deutschland, dass man so, wenn
man arm ist, automatisch ’n Recht auf’n Pflichtverteidiger hat und dann sozusagen
weichfällt. Aber es ist auch nicht so, sondern wir haben da ’n sehr viel kapitalistischeres
System eigentlich. Nur, wenn du wegen einer wirklich gewichtigen Tat beschuldigt bist, also
sagen wir mal Mord oder Vergewaltigung, diese diese Größenordnung, dann hast du das
Recht darauf, dass dir der Staat zur Not unter die Arme greift und eine Anwältin, ’n Anwalt
zur Seite stellt. Das ist aber selten. Und die Masse der Fälle, wo’s nur diese kleinen
Diebstähle geht oder auch kleine Prügeleien oder betrunken Auto gefahren. Diese Masse der
Fälle, neunzig Prozent der Fälle, da hast Du kein Recht auf ’n Anwalt. Und da hockst Du dann,
je nachdem, wie Du’s Dir leisten kannst, entweder mit ’nem Anwalt, den du selber bezahlst
oder halt in allermeisten Fällen hockst Du da alleine.
00:19:11,747 –> 00:19:16,727 [Raul Krauthausen]
Und die Anwälte, die eingestellt werden, sind wahrscheinlich auch nicht die Bestbezahlten.
00:19:16,727 –> 00:19:21,927 [Ronen Steinke]
Genau. Und denn ich will denen gar nicht unterstellen, dass sie sich weniger Mühe geben,
aber die haben natürlich dann auch weniger Ressourcen, weil
00:19:21,927 –> 00:19:24,067 [Raul Krauthausen]
Ja, viele Fälle gleichzeitig. Genau.
00:19:24,067 –> 00:19:37,147 [Ronen Steinke]
Du musst halt, dann deine Kanzlei finanzieren zu können, am Tag drei Fälle machen oder so.
Das ist natürlich dann nicht darstellbar, dass Du dich da so ins Zeug legst, wie wenn Du privat
bezahlter Anwalt bist, der dann so zwei, drei Prozesstage sich nur auf eine Sache
konzentriert.
00:19:37,147 –> 00:19:49,827 [Raul Krauthausen]
’ne Bekannte von mir ist, ähm, Familienanwältin und, ähm, setzt sich aber auch stark für
Geflüchtete ein. Und die Verfahren dauern ewig. Nicht jeder hat den Zugang zu ’ner
Anwältin, sie hat auch gar nicht unendlich viel Kapazitäten. Also das ist, das– Wenn man
wirklich in ’ner prekären Lage ist und ich würd jetzt mal sagen, ähm, Asylbeantragung und
dann das Amt zweifelt das an und so.
00:20:03,867 –> 00:20:04,147 [Ronen Steinke]
Ja.
00:20:04,147 –> 00:20:08,487 [Raul Krauthausen]
Das sind ja, das sind so fundamental essentielle Fragen, dass ich mir die gar nicht ausmalen
kann, was für’n Stress und Ungerechtigkeit da auch im System stecken.
00:20:15,727 –> 00:20:16,247 [Ronen Steinke]
Total.00:20:16,247 –> 00:20:21,107 [Raul Krauthausen]
Wie viele Leute abgeschoben werden, bevor er verurteilt wurde oder bevor ein Urteil
gesprochen wurde.
00:20:21,107 –> 00:20:52,947 [Ronen Steinke]
Also da gibt’s ja manchmal Anwälte, grade bei Abschiebungen, die sich das dann so, ähm, ja,
auf die Fahne schreiben, pro bono reinzugehen und diese Fälle, einfach weil sie’s wichtig
finden, zu machen. Und tatsächlich, also die entdecken dann, dass ganz viele, äh,
Abschiebeentscheidungen rechtswidrig sind. Also wenn man’s einmal mit der Lupe anschaut,
ist da eine ganze Menge Ungerechtigkeit. Und ich find, am Ende, das klingt manchmal so
kleinlich mit diesen Anwälten, ja. Es klingt so, ach ja, komm, da geht’s doch nur um Geld und
da geht’s Geschäfte und so. Nein, da geht’s die Frage: Hast Du Rechte, die aufm Papier
stehen oder sind die auch wirklich was wert?
00:20:52,947 –> 00:20:53,407 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:20:53,407 –> 00:21:01,147 [Ronen Steinke]
Und wenn Du nur im Gesetz irgendwelche Rechte hast, aber niemand, der das dann für dich
erkämpft vor Gericht, dann ist das nichts wert.
00:21:01,147 –> 00:21:17,707 [Raul Krauthausen]
Super Stichpunkt. Ähm, ich bin vor einigen Jahren auf Gary Haugen gestoßen, ähm, der lange
in der UN gearbeitet hat und, ähm, der ein TEDx Talk hält oder einen TED Talk hält über die
Frage, ähm, wie wir in der Entwicklungszusammenarbeit, äh, oft auch Fehler machen, ne.
Also dann gibt’s zum Beispiel, äh, grade in, in sogenannten, äh, Ländern des globalen Südens,
ähm, keine Ahnung, stellt man halt fest, die Brunnen, äh, sind, äh Also die, das Dorf braucht
einen Brunnen und dann baut man den Brunnen in die Stadt und dann haben halt die Kinder
das Wasser geholt und stellt halt fest, dass die Mädchen misshandelt wurden auf dem Weg
oder entführt wurden, missbraucht wurden, was auch immer. Ähm, und dann die einzige
Antwort, die dann viele NGOs haben auf dieses Problem, den Brunnen noch näher zu bauen,
noch näher ans Haus oder an, ans Viertel oder auch die Schule. Aber es passiert trotzdem,
dass die Kinder entführt oder vergewaltigt werden. Und das führt dann über die Jahre dazu,
dass die Kinder nicht mehr Wasser holen oder nicht mehr zur Schule gehen. Und, ähm, er
erzählte das so und er meinte, er versucht, in seiner Arbeit diesen NGOs dabei zu helfen,
nicht nur diese Recht auf Bildung oder Recht auf Wasser zu behandeln, sondern auch das
Problem dahinter, nämlich dass Kinder entführt und vergewaltigt werden-
00:22:34,447 –> 00:22:34,467 [Ronen Steinke]
Ja.
00:22:34,467 –> 00:22:41,347 [Raul Krauthausen]
-und das konsequenzlos bleibt, ähm, mit in die Betrachtung mit einzubeziehen, ähm, warum
wird das nicht besser dann?
00:22:41,347 –> 00:22:42,207 [Ronen Steinke]
Ja.00:22:42,207 –> 00:23:22,827 [Raul Krauthausen]
Und, ähm, dann erzählt er diesen Ted Talk wirklich sehr gut aufgebaut und sagt dann, „Ja,
und wir sitzen jetzt hier alle im Kinosaal in unseren Stühlen und glauben, das kann uns nicht
passieren. Wir können froh sein, dass wir ein funktionierendes Rechtssystem haben und so.“
Und dann spielt er, es ist in den USA, dann spielt er ’n, äh, Telefonanruf ab von einer Frau,
die beim Sheriff anruft und sagt, „Ähm, ja, ähm, da ist jemand an meiner Tür und droht mich
umzubringen.“ Und, ähm, die Frau im Callcenter vom Sheriff sagt, „Ähm, ja, verbarrikadieren
Sie sich am Bad. Wir haben gerade kein Benzin im Tank. Rufen Sie Montag wieder an.“ Und
die Frau war am nächsten Tag tot.
00:23:24,827 –> 00:23:25,327 [Ronen Steinke]
Mhm.
00:23:25,327 –> 00:23:43,647 [Raul Krauthausen]
Und die Geschichte ist quasi, dass er sagt, wenn wir Recht nur noch denen zugestehen, die in
städtischen Räumen wohnen, die Geld haben und, und Rechtsdurchsetzung, ähm, aber nicht
den Armen in ländlichen Gebieten, dann weiß irgendwann der Täter das auch.
00:23:43,647 –> 00:23:53,367 [Ronen Steinke]
Ja, ich find, das ist total wichtig. Äh, genau, es gibt ’ne, ’ne, ähm, ’ne, ’ne Verbindung
zwischen sozialer Gerechtigkeit und Sicherheit.
00:23:53,367 –> 00:23:53,627 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:23:53,627 –> 00:24:22,167 [Ronen Steinke]
Und das wird, äh, find ich gut, dass Du das aber ansprichst, weil das wird oft so, ähm, das
wird oft gar nicht gesehen. Ähm, das, das, ähm, Sicherheit nur für manche ist schon per se
ein Gerechtigkeitsproblem. Und also auch diese Frage mit, mit Anwälten, also unser System,
so kapitalistisch es ist, ja, aus meiner Analyse, also unser, unser Justizsystem, ist für mich mit
meiner ökonomischen Lage okay. Ja, also ich komm schon klar. Ich, kann, also ich kann auch
die Briefe lesen, die sind ja-
00:24:22,167 –> 00:24:23,247 [Raul Krauthausen]
Als weißer Mann.
00:24:23,247 –> 00:24:34,443 [Ronen Steinke]
Ja, einfach auf, mit meinem Einkommen, ja. Also ich kann mir auch einen Anwalt leisten,
wenn’s sein muss. Und auch wenn nicht, ich bin Muttersprachler. Ich kann mich da auch
irgendwie präsentieren vor dem Richter oder der Richterin. Aber man muss sich immer
klarmachen, das ist ja nicht der Maßstab. Und ich bin ja in keiner Weise stellvertretend für
die Masse Leute, die vor Gericht stehen. Und wenn du da mit Problemen stehst, nicht
Muttersprachler bist, dir eben keine Hilfe leisten kannst, auch vielleicht nicht die formale
Bildung hast, bei dieser Sprache mitzukommen, dann ist es nicht in Ordnung, das System.
00:24:52,603 –> 00:25:10,264 [Raul Krauthausen]
Also ich glaube, viele wollen das auch gar nicht wahrhaben, wenn man länger darüber
nachdenkt. Ich kenne das oft so, dass man sagt: „Aber eigentlich geht es uns ja ganz gut. Ja,aber es gibt vielen, vielen Menschen, denen geht es nicht gut. Und da schauen wir zu wenig
und zu selten hin. Was wären denn deiner Ansicht nach so große Hebel, die wir unbedingt
bewegen müssten, um zu mehr Gerechtigkeit zu sagen?
00:25:16,723 –> 00:25:25,424 [Ronen Steinke]
Also das mit den Anwälten, wie gesagt, ich gebe immer zu, das klingt so ein bisschen
kleinlich, da hab mehr Geld für Anwälte und so, aber das ist schon ganz wichtig. Also die
Vorstellung, dass man zu Leuten sagt, du kannst dich ja selber verteidigen, ist ein wirklich
zynischer Witz.
00:25:31,443 –> 00:25:33,223 [Raul Krauthausen]
Ich Traue mich ja gar nicht.
00:25:33,223 –> 00:25:37,863 [Ronen Steinke]
Ja, natürlich. Du hast ja auch Angst, was Falsches zu sagen. Das geht ja nach hinten los. Und
selbst wenn du sehr gebildet bist, das ist eine Kunstwelt, dieses Juristische, da musst du
echt… Nicht umsonst muss man das ein paar Jahre studieren. Also man kann nicht ernsthaft
erwarten, dass Leute sich selbst verteidigen können, sondern die sitzen dann da,
verständlicherweise eingeschüchtert, kriegen den Mund nicht auf und am Ende werden sie
vielleicht verurteilt, ohne dass ihre entlastende Seite der Geschichte gehört wird. Also das ist
total unerlässlich, dass man da was ändert. Ansonsten finde ich ziemlich empörend in
Deutschland, dass wir ganz viele Menschen einsperren, nur weil sie eine Geldstrafe nicht
bezahlen können. Das wäre, glaube ich, so das Zweite, was auf jeden Fall auch noch mal ein
Thema ist.
00:26:18,263 –> 00:26:21,623 [Raul Krauthausen]
Aber wie könnte man das lösen, ohne zu sagen, Gelddelikte werden nicht bestraft? Weil das
ist ja auch nicht in Ordnung.
00:26:25,223 –> 00:26:28,663 [Ronen Steinke]
Das stimmt. Man kann es jetzt nicht komplett einfach freistellen, ob man das bezahlen
möchte oder nicht. Aber man könnte, wenn Leute nicht bezahlen, was ja sehr oft passiert,
mehr Mühe aufwenden, zu forschen, warum die es denn nicht bezahlen. Und zurzeit haben
wir ein System, was da gar nicht groß nachfragt, sondern da kommt kein Geld, ja, das geht ja
wohl nicht. Und dann gibt es sofort eins auf den Deckel und dann gibt es sehr schnell auch
schon die Reaktion, dass man vorgeladen wird, in Haft zu gehen, um die Tage abzusetzen.
00:26:53,443 –> 00:26:56,303 [Raul Krauthausen]
Einmal illegal ÖPNV gefahren und dann…
00:26:56,303 –> 00:27:46,243 [Ronen Steinke]
Dann kriegst du eine Geldstrafe von, was weiß ich, fünfhundert Euro oder weniger oder
mehr. Und dann wird das übersetzt in soundso viel Tage Haft und die musst du dann
antreten. Aber wenn man sich die Mühe machen würde, mal nachzugucken, woran liegt es
denn eigentlich? Und mal zu differenzieren zwischen Leuten, die wirklich einfach dreist sind
und halt keinen Bock haben zu zahlen und bei denen, wenn du mich fragst, muss man auch
da nicht dann die große Geduld mit denen haben. Das ist dann auch schon in Ordnung, wenn
die dann eingesperrt werden. Aber ganz oft wird man ja dann feststellen, dass es Krankheit,Unvermögen, also dass es Leute sind, die es beim besten Willen nicht bezahlen können. Und
da bringt es auch nichts, wenn man denen droht und sie einsperrt. Das ändert auch nichts an
deren Lage. Und da muss es dann die Gesellschaft, finde ich, schon irgendwie drauf haben,
die Größe zu haben, dann denen eher mal zu helfen.
00:27:46,243 –> 00:27:52,643 [Raul Krauthausen]
Das heißt, Initiativen wie den Freiheitsfonds, die die Leute quasi freikaufen, findest du gut?
00:27:53,343 –> 00:28:11,463 [Ronen Steinke]
Finde ich großartig. Also falls, ich weiß nicht, ob das alle kennen. Das ist ein privater Verein,
die sammeln Spenden und gehen dann damit zu den Gefängnissen hin und sagen: „Hier, ihr
habt doch bestimmt Leute bei euch in der Haftanstalt, die nur wegen Fahren ohne
Fahrschein, also in der U-Bahn, im Bus sitzen. Wir möchten gerne deren Strafe bezahlen.“
Das darf man. Jeder darf in Deutschland für jeden die Geldstrafen bezahlen, ist völlig frei.
Und die Anstalten sind sogar ganz happy darüber, weil die sehen auch keinen großen Sinn
darin, Leute einzusperren, die eigentlich keine gewichtige Straftat begangen haben. Und
dann spazieren da nach so einer Zahlung einfach mal zwölf Leute raus, die dann frei sind.
00:28:31,323 –> 00:28:38,683 [Raul Krauthausen]
Also sehr krass, dass es dann private Initiativen braucht, da wieder eine gewisse
Gerechtigkeit herzustellen.
00:28:38,683 –> 00:28:39,083 [Ronen Steinke]
Total.
00:28:39,083 –> 00:28:41,303 [Raul Krauthausen]
Das Problem ist ja hausgemacht.
00:28:41,303 –> 00:28:49,243 [Ronen Steinke]
Ich finde es besonders absurd, dass es die Haftanstalten so freut, dass die inzwischen schon
sich selber an diesen privaten Verein wenden.
00:28:49,243 –> 00:28:50,243 [Raul Krauthausen]
Hier haben wir wieder einen.
00:28:50,243 –> 00:28:52,443 [Ronen Steinke]
Wahnsinn.
00:28:52,443 –> 00:28:55,203 [Raul Krauthausen]
Wie kam es denn, dass du dann in deiner Arbeit auf das Thema Inklusion und Behinderung
gestoßen bist?
00:29:01,383 –> 00:29:20,003 [Ronen Steinke]
Also ich bin da nur ein bisschen oberflächlich eigentlich. Ich würde mir jetzt nicht anmaßen,
dass ich das schon so tief durchdrungen habe bislang, aber ich habe mich letztes Jahr
zusammen mit einer Kollegin, Nora Markard, ein Buchprojekt gemacht. Wir haben
verschiedene Bereiche des Rechts versucht, verständlich zu machen.00:29:20,923 –> 00:29:24,223 [Raul Krauthausen]
Das Buch heißt „Jura not alone“. Ein großartiger Titel.
00:29:24,223 –> 00:29:49,223 [Ronen Steinke]
Die Idee ist so eine Einladung. Man muss also niedrigschwellig, man muss da nicht schon
irgendwelche Semester gemacht haben, sondern man kann das einfach so lesen und
hoffentlich einfach so weglesen wie ein normales politisches Buch. Und wir werfen auf zwölf
Bereiche son jeweiliges Schlaglicht und einer ist auch das Sozialrecht. Und ich glaube, was
ein bisschen das Problem ist bei Inklusion in der politischen Verkaufe oder so in unserem
politischen System, warum das so wenige Leute interessiert, ist, dass es so ganz stark über
Empathie und Mitleid wahrgenommen wird. Ja, da geht es irgendwie um Almosen für Arme.
Das ist überhaupt ein Problem unseres ganzen Sozialrechts. Das Sozialrecht, da geht es ja
immer darum, Leute bekommen irgendwie einen Zuschuss für eine Rampe, damit das Haus
barrierefrei wird oder Leute bekommen einen Zuschuss, damit sie irgendwie Pflege zu Hause
bekommen. All diese Dinge werden wahrgenommen, glaube ich, von der Politik und von
vielen Leuten als: „Na ja, das sind so Almosen. Wenn man Geld übrig hat, dann kann man es
geben. Wenn nicht, dann nicht. Und wann hat man schon mal Geld übrig? Actually,
eigentlich nie.
00:30:28,523 –> 00:30:29,383 [Raul Krauthausen]
Ja, genau.
00:30:29,383 –> 00:31:08,203 [Ronen Steinke]
Und ich glaube, das ist eigentlich falsch. Eigentlich muss man es ganz anders auftreiben, weil
eigentlich geht es eine Frage der Freiheit. Also eigentlich, wenn ich es richtig verstehe,
korrigier mich, geht es doch darum: Wir alle haben das Recht auf Teilhabe. Wir alle haben
das Recht, irgendwie am Leben teilzunehmen. Und ja, es geht eigentlich darum, also mit
einem Rollstuhl, mit einem barrierefreien Umbau der Wohnung und so weiter oder mit einer
Pflegebetreuung, uns die Freiheit zu geben, uns da zu entfesseln, dass wir das auch wirklich
machen können, dass wir von diesen Barrieren befreit sind. Und ich glaube, wenn man das
so positiv dreht, dann können sich da viel mehr auch Menschen mit identifizieren, die nicht
selber betroffen sind. Und dann könnte man das, also so müsste man es eigentlich sehen,
glaube ich.
00:31:08,203 –> 00:31:09,783 [Raul Krauthausen]
Also wenn ich jetzt die FDP wäre-
00:31:09,783 –> 00:31:10,803 [Ronen Steinke]
Ja, ein tolles, freies Thema.
00:31:10,803 –> 00:31:44,603 [Raul Krauthausen]
Wäre das doch ein super Thema, aber haben sie auch nicht hinbekommen, weil die, was mir
auffällt, in dem ganzen Kontext Inklusion, ist doch, wie du sagst, das ist so das
Sahnehäubchen auf der Torte, solange wir es uns leisten können. Die Torte schmeckt auch
ohne Sahnehäubchen. Ähm Das ist das Erste, was gestrichen wird, wenn kein Geld mehr da
ist. Das Letzte, was installiert wird, wenn gerade Geld da ist. Ähm Und vor allem so dieses,
ähm es bleibt so ein Charity. Es ist nicht tief in der DNA, es ist nicht der Teig von der Torte.00:31:44,603 –> 00:32:24,103 [Ronen Steinke]
Und wenn du jetzt FDP ansprichst, also ich greife das mal auf, weil gerade wenn man in so
einer Leistungsdenke jetzt wäre und es geht einem um irgendwie Potenziale und Talente
und wer kann, wer ist leistungsfähig und leistungswillig? Also es gibt ja auch ganz viel
Forschung darüber, dass Leute, wenn du sie in so einem, wenn du ihn nur einen ganz kleinen
Radius lässt, wenn du ihn nur ganz wenige Möglichkeiten gibst, dich zu entfalten, na ja gut,
dann passt man sich halt um. Also wenn du in der Werkstatt bist und dir wird irgendwie nur
angeboten, irgendwelche Kleiderbügel zu biegen, ja, okay, dann wirst du halt nie darüber
hinauswachsen. Wenn man dir aber die Chance gibt, genau wie andere, the sky is the limit,
ähm deine Sachen zu verwirklichen, ja, staunt man.
00:32:24,103 –> 00:32:26,683 [Raul Krauthausen]
Und das heißt ja nicht, dass wir jetzt alle Astronauten werden.
00:32:26,683 –> 00:32:31,723 [Ronen Steinke]
Ja, aber leistungsfähig und willig sind also verdammt viel mehr Menschen, als man es ihnen
ermöglicht.
00:32:31,723 –> 00:32:41,403 [Raul Krauthausen]
Ich sage immer, dass CDU, FDP, SPD inzwischen auch, ehrlich gesagt, Inklusion nur solange
gut finden, wie es kein Geld kostet.
00:32:41,403 –> 00:32:41,763 [Ronen Steinke]
Tja.
00:32:41,763 –> 00:32:46,583 [Raul Krauthausen]
Also man zeigt sich auch gern mit Behinderten auf dem presse Foto und so, aber das ist jetzt
nicht… Verantwortung dafür will man nicht haben.
00:32:50,583 –> 00:33:25,303 [Ronen Steinke]
Ich weiß noch nicht mal, ob man selbst da, wo es nichts kostet, in der Schule beispielsweise.
Ähm Klar, es kostet irgendwie Geld, die Aufzüge – da sind wir schon wieder beim Thema –
einzubauen. Ähm Und manchmal kostet es irgendwie auch Aufwand, da mehr pädagogische
Betreuung zu haben. Aber am Ende, wenn du es so auf Lebenszeiten betrachtest, also jetzt
mal wieder rein ökonomisch, ähm jemanden zu haben, der autonom ist, der sein Leben im
Griff hat, das hat so viele positive Effekte auf das gesamte Umfeld. Mich würde es wundern,
wenn die Rechnung nicht eigentlich aufgeht.
00:33:25,303 –> 00:33:47,303 [Raul Krauthausen]
Aber so ein bisschen wie beim Klima. Du willst, du müsstest jetzt super teure, viele
Maßnahmen machen, wovon man als Umweltminister:in niemals profitieren würde in der
eigenen Legislatur ähm und wird dann sogar abgewählt, weil alles so teuer wurde und alle
müssen sparen und keine Ahnung was. Ähm Aber der Effekt zahlt sich erst Jahre später aus.
00:33:47,303 –> 00:34:01,383 [Ronen Steinke]
Das ist wahrscheinlich in ganz vielen Bereichen so. Also auch bei Kriminalprävention sagt
man das immer. Also die beste Möglichkeit zu verhindern, dass Menschen Opfer vonKriminalität sind, ist ja eigentlich mit den Tätern zu arbeiten, also denen irgendwie zu einem
Job zu verhelfen, zum Beispiel, damit sie nicht so rückfällig werden.
00:34:01,383 –> 00:34:29,523 [Raul Krauthausen]
Was mir auffällt, ähm ich habe jetzt neulich ein Video mit dir gesehen, dann ging es um
Diskriminierung und dann meintest du, ja, irgendwie aufgrund von Geschlecht, aufgrund von
Ethnie, aufgrund von Glaube. Ähm Und du hast Behinderungen nicht genannt. Das ist jetzt
nicht nur bei dir, sondern das ist ganz oft so, dass ähm wir reden über Vielfalt und Diversität
und Gerechtigkeit und die Dimension Behinderung ist die Letzte, die genannt wird, oder die
Erste, die vergessen wird.
00:34:29,523 –> 00:34:30,803 [Ronen Steinke]
Ja, da hast du recht. Ja.
00:34:30,803 –> 00:34:33,083 [Raul Krauthausen]
Woran glaubst du, liegt so was?
00:34:33,083 –> 00:34:40,923 [Ronen Steinke]
Also rein formalistisch, im Grundgesetz ist das ja so ein bisschen nicht in dieser Artikel drei
ist ja unser Gleichheitsrecht. Ist es nicht in dieser Aufzählung der Eigenschaften.
00:34:40,923 –> 00:34:42,683 [Raul Krauthausen]
Das ist ein extra Absatz.
00:34:42,683 –> 00:34:53,623 [Ronen Steinke]
Ja, so ein Satz, der am Ende angehängt wird, aus eigentlich ganz grammatisch ganz
verständlichen Gründen, aber dadurch ist es sozusagen nicht ganz im zentralen Fokus. Aber
ich glaube, du sprichst ja was viel Größeres an. Also es ist wirklich eine, eine… Es ist nicht so
auf dem Schirm und das ist nicht richtig.
00:35:00,583 –> 00:35:33,983 [Raul Krauthausen]
Also mir fällt es einfach immer wieder auf und ich bin es auch sehr dankbar, weil man das
dann eben immer wieder ansprechen kann und die Leute das ja auch sofort verstehen, dass
das nicht richtig ist. Es gibt ja gar keine Leute, also es gibt sehr wenige Leute, die sagen:
„Nee, ist richtig so.“ Ähm Das heißt, mir als Aktivist, das ist immer ein schönes Einfallstor, um
dann noch mal anders ah ähm mit den Leuten ähm zu diskutieren. Ähm Wenn du jetzt aber
von Klassenjustiz sprichst, dann, und Geld natürlich ein großes Thema dann immer ist, auch:
Sind behinderte Menschen aber wirklich nicht auch noch anders diskriminiert, selbst wenn
sie Geld hätten?
00:35:43,943 –> 00:35:54,203 [Ronen Steinke]
Ja, also bestimmt. Also das ist ja eh so eine Binse, dass man so in verschiedenen
Dimensionen gleichzeitig mal, dass man privilegiert in einer anderen Eigenschaft ist man mal
benachteiligt. Ähm Ja.
00:35:55,163 –> 00:36:03,823 [Raul Krauthausen]
Also, dass Anwältinnen, dass Richter:innen einem das nicht zutrauen, ist ja erst mal keine
Geldfrage.00:36:03,823 –> 00:36:04,383 [Ronen Steinke]
Ja.
00:36:04,383 –> 00:36:08,923 [Raul Krauthausen]
Oder dass man Milde walten lässt, weil er ist ja eh schon behindert. Oder sie?
00:36:08,923 –> 00:36:13,143 [Ronen Steinke]
Ja. Ist das eine Diskriminierung? Schon irgendwie, ne?
00:36:13,143 –> 00:36:14,043 [Raul Krauthausen]
Ja, positive Diskriminierung.
00:36:14,043 –> 00:36:35,943 [Ronen Steinke]
Positive, ja. Nee, ich hab– Also was ich so als Beispiel total plastisch finde, ähm da gibt es
einen großartigen Fernsehspot. Ab und zu wird mir der so in Social Media entgegen gespült,
von einer Frau mit Down-Syndrom, die an der Bar ein alkoholisches Getränk bestellen will
und dann wird ihr irgendwie nur so ein Kindersarg hingestellt.
00:36:35,943 –> 00:36:36,483 [Raul Krauthausen]
Ah ja, der Reader.
00:36:36,483 –> 00:36:43,423 [Ronen Steinke]
Ja. Und dann sagt sie: „Wenn ihr es mir nie zutraut, werde ich nie irgendwie wachsen.“ Auch
ihren Eltern sagt sie es und in der Schule und im Job und so weiter.
00:36:44,075 –> 00:36:59,375 [Raul Krauthausen]
Ich habe jetzt gerade milde Balken lassen, gesagt, positive Diskriminierung. Aber viel ernster
und viel schlimmer ist ja auch, das gab es jetzt auch gerade vor kurzem den Fall in Berlin, wo
eine Frau mit Behinderung gewonnen hat vor Gericht, dass sie von einer Pflegerin
misshandelt wurde und die Richterin das einfach nicht glaubte am Anfang. Oder überhaupt
die ja das System ihr nicht glaubte, weil sie ist ja behindert war. Und dass dann sich eine
Anwältin dem annahm und das nochmal klar gesagt hat, na ja, also nur weil sie vielleicht
anders spricht, heißt ja nicht, dass das falsch ist.
00:37:26,275 –> 00:37:27,855 [Ronen Steinke]
Ja, völlig richtig.
00:37:27,855 –> 00:37:35,995 [Raul Krauthausen]
Und ich glaube, davon gibt es so viele Fälle. Wir hatten, kannst du ja bestimmt
mitbekommen, diese Morde in Potsdam. Ich fand es super erschreckend, wie schnell dann
Leute auch in den Medien sich äußerten und Verständnis zeigten für die Täterin. Nach dem
Motto, jetzt ist ja auch ein anstrengender Beruf mit den Behinderten. Und dass da auch, das
nicht mal klar eingeordnet wird vom Journalismus oder auch von Anwälten.
00:37:58,895 –> 00:38:53,115 [Ronen Steinke]
Also ich fürchte auch, dass da, wenn man mal ganz ehrlich ist, auch so dieses
menschenverachtende Denken in lebensunwertem Leben vielleicht auch weiter verbreitet
ist, als man als man denken würde. Und dass es vielleicht auch bei manchen deswegen soeine Art Mitleid mit der Täterin gibt, genau nach dem Motto, man kann es ja irgendwo auch
verstehen. Das ist natürlich das Allerschlimmste, wenn es also bei so einer Gelegenheit von
so einem grauenhaften Verbrechen dann eher noch affirmiert wird in der Gesellschaft. Ich
finde auch übrigens, ähm ich habe mich viel beschäftigt mit der Debatte den
Abtreibungsparagrafen in Deutschland, 218. Ich finde auch das eigentlich ein
unterbelichtetes Thema. Es ist in Deutschland ja immer noch so, wenn das ungeborene
Leben, der Fötus, wenn da festgestellt wird, dass es eine Behinderung geben wird, aller
Wahrscheinlichkeit nach, dann gibt es in Deutschland Regeln, wonach du bis zum Tag der
Geburt abtreiben darfst. Und was heißt abtreiben bei einem acht Monate alten Fötus?
00:38:53,115 –> 00:38:56,775 [Raul Krauthausen]
Neun von zehn diagnostizierten Trisomien wurden dann abgetrieben.
00:38:56,775 –> 00:39:02,795 [Ronen Steinke]
Ja. Oder inzwischen gibt es ja auch so die Möglichkeit, dass man so screent und dann schon
von vornherein irgendwie ähm oder bei künstlicher Befruchtung wird das dann auch immer
schon vermieden. Also das finde ich wirklich ’ne Debatte, die fehlt mir. Die müssten wir
eigentlich mal. Und gerade von Menschen, die gegen Diskriminierung und die ähm sehr stark
ihr Herz erwärmen können für die reproduktiven Rechte von Frauen und für eine gerechtere
Gesellschaft, dass man da nicht trotzdem auch dazu bereit ist zu sagen, es geht aber nicht,
dass wir weiterhin es erleichtern, eine Abreibung zur Verhinderung letztlich, dass jemand mit
Behinderung auf die Welt kommt im Vergleich zu jemand anderem.
00:39:38,755 –> 00:40:07,535 [Raul Krauthausen]
Da gibt es ja tolle Initiativen, No-nipt-Initiative beispielsweise, die sich da stark für einsetzen.
Ähm Ich habe meinen ah YouTube-Beitrag gedreht für so ein Funkformat. Ähm Und da
haben wir uns aus verschiedenen Perspektiven mit diesem Thema auseinandergesetzt. Und
was ich tatsächlich so interessant fand, war, dass nach dem dritten Monat die
Schwangerschaft abzubrechen, das ist ja nicht, ich nehme eine Pille, ja sondern das ist ja ein
richtiger operativer Eingriff und ganz, also schlimm. Und es wird ganz oft argumentiert, dass
ähm gesagt wird, na ja, Paare, die ein behindertes Kind haben, trennen sich mit einer
höheren Wahrscheinlichkeit als Paare, die kein behindertes Kind haben. Aber es gibt keine
Untersuchungen darüber, wie viele Paare sich nach einer Abtreibung getrennt haben. Das
heißt, wir vergleichen auch Dinge, die vielleicht gar nicht, also dass es nicht funktioniert als
Vergleich.
00:40:40,275 –> 00:40:46,255 [Ronen Steinke]
Ja, und was ist denn das für ein Argument? Also die Chance, dass sich das Paar trennt, steigt.
Ja, um Gottes willen.
00:40:46,255 –> 00:40:46,355 [Raul Krauthausen]
Ja.
00:40:46,355 –> 00:40:52,455 [Ronen Steinke]
Da kriegen wir Tränen vor den Augen. Das ist doch jetzt nicht ernsthaft ein Argument dafür,
dass das Lebensrecht weniger gewichtig ist.00:40:52,455 –> 00:41:03,695 [Raul Krauthausen]
Exakt. Und es gibt auch so was wie als Extremform natürlich, wenn du wirklich nicht in der
Lage bist, das Kind zu erziehen, dann gibt es ja Babyklappe.
00:41:03,695 –> 00:41:04,115 [Ronen Steinke]
Genau.
00:41:04,115 –> 00:41:11,175 [Raul Krauthausen]
Also es muss nicht immer eine Abtreibung sein. Und ich kenne so viele Menschen mit
Trisomie, die sind glücklich. Ähm Und das ist nicht, also Wenn ich sehe, dass die glücklich
sind, ja oder müssen auch nicht übertrieben glücklich sein, aber einfach zufrieden und das
nicht infrage stellen, ihr Leben, das muss doch schon wertvoll genug sein. Und der
Kompromiss, den wir dann rausarbeiteten in dieser Videoreeportage, war: Ähm Behinderung
darf einfach kein Merkmal sein, länger abzutreiben.
00:41:37,495 –> 00:42:05,515 [Ronen Steinke]
Also genau, inzwischen ist es auch ein bisschen schamhaft, nur noch im Gesetz. Also früher
war das ganz offiziell einfach so die Linie des Gesetzes. Heute ist dann die Rede davon, dass
es eine psychische Belastung für die Mutter sein könnte. Und da kommen dann so
Argumente rein wie: Ja, Trennungsrisiko steigt oder es ist Challenging oder wie auch immer.
Ähm Aber am Ende läuft es weiterhin genau auf das raus, was du anprangerst und was ich
finde echt, ähm also wo mir noch zu wenig Kritik geübt wird in der Gesellschaft.
00:42:05,515 –> 00:42:31,555 [Raul Krauthausen]
Ja, oder ich meine, das ist mir egal, warum du bis zum dritten Monat dich gegen ein Kind
entscheidest. Also das würde ich jetzt ja den Frauen dann natürlich auch jetzt nicht mehr
Verantwortung geben, weil du es behindert bist oder nicht, sondern einfach bis zum dritten
Monat ist der Grund egal. Aber danach soll es keine Ausnahmen geben. Äh Und die
psychische Belastung der Eltern ist unfair. Ich finde es einfach unfair.
00:42:31,555 –> 00:43:18,807 [Ronen Steinke]
Ja, also ich bin da, wie gesagt, in diesen Debatten ähm sehr äh auf Seiten der Liberalisierung.
Also wegen mir muss nicht nach dem dritten Monat dieser magische Moment sein. Man
kann auch zum fünften oder sechsten, das ist dann eine medizinische Frage, genau aber
wann der Fötus so weit fortgeschritten ist. Ähm Und natürlich gibt es da auch später, ne, also
auch wenn es, wenn es ähm schon weiter fortgeschritten ist, immer noch Argumente,
Notfallargumente, ja also das Vergewaltigung oder die Gefahr für das Leben der Mutter. Klar,
dass du da in schwierigen ethischen Abwägungen steckst und dann auch sagen kannst:
„Okay, dann… Aber die reine Tatsache. Ich ekle mich oder ich habe Angst davor, dass mein
Kind behindert sein könnte. Und ich habe keinen Bock auf die Debatten, die das dann in
meinem sozialen Umfeld geben könnte. Also ich sag es jetzt ein bisschen flapsig. Ja, also das
ist ja auch wirklich vielleicht Angst, dass man da überfordert ist. Aber das, finde ich, kann gar
kein Argument sein.
00:43:26,267 –> 00:43:42,127 [Raul Krauthausen]
Ja, und wir müssen die Frage stellen: Wo kommt denn die Überforderung her? Was sind
denn die Überforderungen? Ist es das einfach immer alle sagen: „Hast du es nicht vorhergewusst? Wie stellst du dir das vor?“ Das ist ja alles schlimm, verstehe ich auch total. Aber
das ist ja das Problem. Das Problem ist ja nicht ein behindertes Kind.
00:43:44,927 –> 00:43:45,927 [Ronen Steinke]
Genau richtig, ja.
00:43:45,927 –> 00:43:54,407 [Raul Krauthausen]
Gut, aber ich meine, wir beide als Männer. Ich fühle mich oft auf rohen Eiern, wenn ich dann
so hart über so was spreche.
00:43:54,407 –> 00:44:34,027 [Ronen Steinke]
Ja, ich meine, es muss halt klar sein, in welchem Kontext. Also wir, also ich habe dich jetzt
auch so verstanden, äh sind ja für das Recht auf Abtreibung und auf freie Entscheidung und
eigentlich auch auf viel mehr als derzeit. Also ich kritisiere immer wieder, dass diese
komische Kriminalisierung, die wir in Deutschland haben, dass das alles im Strafgesetzbuch
ist. Da muss man unbedingt ähm mehr dahin kommen, dass das einfach eine
Gesundheitsdienstleistung ist, die man so einfach in Anspruch nehmen kann. Aber kann
nicht sein, dass es da unterschiedliche Maßstäbe gibt, je nachdem, ob das ähm das
zukünftige Kind oder das werdende Leben behindert ist oder nicht.
00:44:34,027 –> 00:44:36,487 [Raul Krauthausen]
Bleiben wir doch beim Thema Behinderung noch mal kurz jetzt nicht zum Thema Abtreibung,
aber danach. Ähm Ich bin seit fünfundzwanzig Jahren in dem Bereich unterwegs und ähm ich
höre sehr oft immer wieder die gleichen Floskeln, auch in der Community ne. Da wird halt
gesagt, „Niemand darf benachteiligt werden, so Grundgesetz wird dann zitiert. Oder Artikel
drei, Absatz drei, ähm wird dann auch zitiert. Oder jetzt relativ neu, äh wir haben ja die UN-
BRK. Das ist doch jetzt alles ein Menschenrecht.
00:45:10,227 –> 00:45:11,427 [Ronen Steinke]
Also die Behindertenrechtskonvention.
00:45:11,427 –> 00:45:15,787 [Raul Krauthausen]
Genau. Und das stimmt auch alles, aber warum fühlt sich das trotzdem so träge an, dass sich
eigentlich nichts verändert hat?
00:45:24,107 –> 00:45:51,047 [Ronen Steinke]
Ja, also da muss ich als Jurist leider unser großes Geheimnis verraten. Das sind alles nur wie
eine Art Werbeprospekte. Also das heißt noch lange nicht, dass du die Ware bekommst, die
da im Projekt in dem Prospekt drin ist. Das ist ein Versprechen, also dass alle Menschen vor
dem Gesetz gleich sind, so steht es im Grundgesetz. Also schon seit Beginn dieser Republik
ist ja noch lange nicht eingelöst. Da fallen uns tausend Beispiele ein, die das widerlegen. Das
sind halt Ziele oder Versprechen oder Ansprüche, die wir an einen Staat haben. Und jetzt
geht es darum, das zu erkämpfen. Und das ist ganz viel eine Frage von Macht in der
Gesellschaft, von Ressourcen.
00:45:57,767 –> 00:46:14,827 [Raul Krauthausen]
Ich kann ja auch ein Land wie Deutschland nicht ins Gefängnis stecken. Also versuche ich das
immer zu erklären, dass es ganz viele einzelne Schritte sind, die es braucht, dass manDeutschland wahrscheinlich, wenn es die um die UN BRK geht, ähm äh nur an der Ehre
packen kann. Also zu sagen, ihr führt euch weltweit auch wie die Moralpolizei, aber bei den
Behinderten, der nimmt es nicht so ernst. Das kann ja auch nicht sein.
00:46:24,967 –> 00:46:38,327 [Ronen Steinke]
Ein konkretes Beispiel: Inklusion in der Schule. Wir sind gesetzlich, also laut der
Behindertenrechtskonvention, verpflichtet, dass es vollkommen offen ist für Menschen mit
Behinderung, auf eine in Anführungszeichen normale, also auf eine Regelschule zu gehen,
wenn man das möchte.
00:46:38,327 –> 00:46:41,187 [Raul Krauthausen]
Da sagst du in deinem Buch, dass es eine große Errungenschaft sogar ist.
00:46:41,187 –> 00:47:10,227 [Ronen Steinke]
Das finde ich auch total richtig und trotzdem wird es ja nicht umgesetzt. Da haben Leute
dafür gekämpft, dass es auf Papier steht, aber damit ist halt noch nicht viel erreicht, sondern
da muss man dafür kämpfen, dass es auch in der Realität umgesetzt wird. Und ja, genau wie
du sagst, man müsste halt irgendwie den Dreh finden, dass das der Bundesrepublik peinlich
wird. hm Ich weiß nicht, ob man da mit Sanktionen, wahrscheinlich kommt man da nicht so
weit, äh aber ja, man muss das politisch peinlich machen. Es steht uns als dieses reiche Land
sollte sich ein bisschen schämen. Das ist der Punkt.
00:47:10,227 –> 00:47:25,967 [Raul Krauthausen]
Meine aktuelle Theorie ist, die ändern sich ja auch über die Jahre, aber meine aktuelle
Theorie ist, dass immer dann, wenn wir von Inklusion und Barrierefreiheit sprechen, ähm
irgendjemand daherkommt, der sagt: „Wir müssen die Barrieren in den Köpfen senken, was
nichts kostet.
00:47:25,967 –> 00:47:26,987 [Ronen Steinke]
Genau, was nichts kostet.
00:47:26,987 –> 00:47:37,627 [Raul Krauthausen]
Das ist so eine Floskel. Markus Söder sagt solche Sachen. Olaf Scholz sagt so was ne. Oder
auch wahrscheinlich die kommenden Politikerinnen sagen das. Und das ist ja ruinöse
Empathie, weil es stimmt. Alle klatschen, alle nicken. Aber es ist konsequenzlos.
00:47:46,507 –> 00:47:47,647 [Ronen Steinke]
Perfekt Politiker reden.
00:47:47,647 –> 00:48:09,427 [Raul Krauthausen]
Genau, wenn ich dann Markus Söder fragen würde, was heißt es, wenn wir jetzt das Studio
verlassen? Was soll ich tun? Dann hat er darauf keine Antwort. Und dann gibt es
Spezialistinnen, selbsternannte Spezialistinnen aus Wohlfahrtsverbänden, Soziallotterien
und so weiter, die dann auf die Frage: „Was heißt das? Sagen: „Wir müssen aufklären. Und
dann kleben die Plakate, machen Werbespots und so weiter und so fort. Aber wenn man
sich die Kommunikationserzeugnisse anschaut, die sie produzieren, dann sind das immer
Binsenweisheiten, die sie erzählen. Also was die Kinder mit Behinderungen haben ein Rechtauf Spielplätze, auf Schule, auf Freizeit, wo man denkt wie: „Ja, zeig mir das Arschloch, dass
das nicht so sieht.
00:48:31,607 –> 00:48:35,347 [Ronen Steinke]
Aber sind alle schon so weit, meinst du? Also hat das nicht doch noch irgendwo eine
Wirkung?
00:48:35,347 –> 00:49:07,387 [Raul Krauthausen]
Na ja, also das Arschloch, das das nicht so sieht. Wird von dem Plakat nicht umgestimmt
werden, sondern das, was wirklich die Veränderung bringen würde, wäre die Begegnung.
Und die setzt doch Barrierefreiheit im Bau oder in den Medien voraus. Also es ist
andersherum. Es wird niemals der König der Behinderten auf den Balkon schreiten und
sagen: „Halleluja, wir haben genug aufgeklärt, lassen wir jetzt Aufzüge bauen. Sondern wir
brauchen erst die Aufzüge, damit überhaupt die Vorteile sinken können.
00:49:07,387 –> 00:49:11,687 [Ronen Steinke]
Ja, du überzeugst mich total. Also eigentlich beginnt es mit der Inklusion in der Schule am
besten, ne?
00:49:11,687 –> 00:49:23,971 [Raul Krauthausen]
Ja, im Kindergarten oder auf dem Spielplatz ist dann egal. Aber wenn wir sagen, wir müssen
die Barrieren in den Köpfen senken. Dann kommt auch superschnell irgendein Pädagoge
Pädagogin daher und sagt: „Oh, für Behinderte bin ich nicht ausgebildet“.
00:49:23,971 –> 00:49:28,331 [Ronen Steinke]
Was ja okay ist. Also je nachdem. Und da muss man halt dann einfach anderes Personal noch
hinzuholen.
00:49:28,331 –> 00:49:33,791 [Raul Krauthausen]
Ja, oder einfach mal sagen, das ist meine These: Eltern hatten vorher auch keine Ausbildung.
00:49:33,791 –> 00:49:35,072 [Ronen Steinke]
Ja, auch guter Punkt.
00:49:35,072 –> 00:49:39,351 [Raul Krauthausen]
Da muss man es halt lernen. So, das ist kein Rosinen picken.
00:49:39,351 –> 00:49:44,331 [Ronen Steinke]
Oder man muss dann die Ansprüche auch runterschrauben. Ist dann auch nicht verlangt,
dass das alles tipptopp immer läuft.
00:49:44,331 –> 00:49:57,592 [Raul Krauthausen]
Inklusion ist immer die Auseinandersetzung von Verschiedenheit. Kompromisse finden,
Streit, das, zu glauben, dass es irgendwie, wir müssen alle Freunde werden, ist auch in die
eigene Tasche gelogen, ehrlich gesagt.00:49:57,592 –> 00:50:07,291 [Ronen Steinke]
Mir fällt jetzt auch ein, die Parallele könnte man ja auch machen: Ähm, Willkommensklassen,
ne? Oder überhaupt, äh, Schüler, Schülerinnen, die aus anderen Ländern herkommen, kein
Wort Deutsch können.
00:50:07,291 –> 00:50:08,171 [Raul Krauthausen]
Ja.
00:50:08,171 –> 00:50:10,051 [Ronen Steinke]
Natürlich ist das auch super herausfordernd.
00:50:10,051 –> 00:50:13,531 [Raul Krauthausen]
Es macht aber keinen Sinn, alle, die kein Deutsch können, in einen Raum zu stecken.
00:50:13,531 –> 00:50:14,271 [Ronen Steinke]
Ja, genau.
00:50:14,271 –> 00:50:15,392 [Raul Krauthausen]
Weil sie dann auch kein Deutsch lernen.
00:50:15,392 –> 00:50:32,251 [Ronen Steinke]
Also es leuchtet trotzdem ein, dass die Schulen das irgendwie handeln. Und dann erwartet
man auch nicht von Tag eins an, dass alles tiptop läuft. Aber dass man das als
Herausforderung annimmt, erwartet man schon. Und ich glaube, wenn das geht mit Leuten,
die gar kein Deutsch können, dann, ja, fallen mir auch nicht viele Gründe ein, warum nicht
auch Inklusion…
00:50:32,251 –> 00:50:45,851 [Raul Krauthausen]
Die Antwort ist der Schlüssel. Also wie hoch ist der Schlüssel von Kindern, die kein Deutsch
können, eine Behinderung haben? Und da gibt es großartige Literatur, unter anderem von
Jutta Schöler beispielsweise, ähm, die sagt, dass, ähm, kleine Klassen und mehr Pädagogen
neunzig Prozent aller Inklusionsherausforderungen lösen würden.
00:50:53,771 –> 00:50:54,871 [Ronen Steinke]
Was heißt Kleinklasse?
00:50:54,871 –> 00:51:18,611 [Raul Krauthausen]
Fünfundzwanzig Kinder bei zwei Lehrer*innen. Das ist der ideale Schlüssel, weil man auch
nicht vergessen darf, und sie ist Lehrerin, ne, weil man nicht vergessen darf, dass Kinder
auch untereinander sich was beibringen. Und wenn es zu wenige sind, dann ist die
Wahrscheinlichkeit, dass sich Grüppchen bilden, größer. Ähm, und wenn Lehrer die
Schüler*innen als Ressource einsetzen: „Erklär dem das doch noch mal oder setz dich mal
neben den oder so“, ähm, dann kann das funktionieren. Und vor allem würden von kleinen
Klassen und mehr Pädagogen, vor allem die Nichtbehinderten, profitieren, weil sie die
Mehrheit sind.
00:51:28,211 –> 00:51:28,711 [Ronen Steinke]
Ja.00:51:28,711 –> 00:51:37,011 [Raul Krauthausen]
Und niemand will in ’ner Klasse unterrichten oder sein mit einunddreißig Schüler*innen
alleine als Lehrer *hin. Und dann hast du auch Zeit, um das Wissen, was du brauchst, weil
das Kind, keine Ahnung, blind ist und du nicht weißt, wie du Mathe unterrichtest, dieses
Wissen halt aufzuschaffen. Aber eben im Jahr ein Kind und nicht im voraus vorher alles
gelernt haben wollen. Weil das haben Sonderschullehrer*innen auch nicht.
00:51:57,231 –> 00:52:00,991 [Ronen Steinke]
Und wie viele Kinder mit Behinderung pro Klasse ist so empfohlen?
00:52:00,991 –> 00:52:44,831 [Raul Krauthausen]
Da wird gesagt, zwei bis drei. Auch nicht, also… Da ist der Schlüssel interessant, ähm, weil
sonst gibt es wie an Sonderschulen auch so was wie eine Abwärtsspirale oder eben auch,
man spricht dann von sogenannten Schonraumpfaden. Da wird dann so sehr geschont, dass
dann auch keine Forderung mehr stattfindet oder Inspiration von anderen, etwas auch zu
versuchen, die Grenze zu verschieben, ähm, so wie wir vorhin als Thema hatten. Und vor
allem, und das ist tatsächlich das, was auch wieder wahrscheinlich uns zusammenbringt:
Ähm, wie hoch ist eigentlich der Schüler*innen mit Migrationshintergrundanteil an
Sonderschulen? Ähm, da gab es ja auch interessante Fälle in Nordrhein-Westfalen. Der Fall
Nenad beispielsweise, der sich seine ganze Schullaufbahn gegen die Beschulung in der
Sonderschule, äh, ähm, geklagt hat und am Ende seiner Schullaufbahn recht bekam, dass er
falsch beschult wurde, äh, und dann Schmerzensgeld bekam für unterlassene
Lebenschancen oder versagte Lebenschancen. Ähm, und wenn man mal schaut, und das ist
immer das, was ich Sonderpädagoginnen sage, wenn sie gerade in der Ausbildung sind:
Schaut mal wirklich, wie hoch ist eigentlich der Anteil von Kindern mit
Migrationserfahrungen aus nicht europäischem Ausland? Und warum klatschen wir bei dem
französischen Kind, das zweisprachig aufwächst-
00:53:34,671 –> 00:53:35,771 [Ronen Steinke]
Ja.
00:53:35,771 –> 00:53:37,331 [Raul Krauthausen]
Aber nicht beim syrischen Kind?
00:53:37,331 –> 00:53:46,791 [Ronen Steinke]
Das ist eine schöne Sprache oder eine gebildete Sprache. Genau, da gibt es jede Menge so
Vorurteile gegen gute und schlechte und vermeintlich schlechte Sprachen. Mir fällt ein, weil
du das Beispiel mit dem Menschen in Nordrheinwestfalen gestellt hast, der das durchgeklagt
hat. In dem Buch „Jura Not Alone“ schildern wir auch eine Jura Professorin, Theresia
Degener, die sich unheimlich für Disability Rights stark gemacht hat, die, ähm-
00:53:59,911 –> 00:54:01,211 [Raul Krauthausen]
Die UN-BRK mitschrieb.
00:54:01,211 –> 00:54:23,951 [Ronen Steinke]
Ja, die wahnsinnig viel bewegt. Und die wäre überhaupt nicht Professorin, die hätte nicht
studiert, die hätte kein Abitur gemacht und nichts, wenn es nach dem Schulsystem gegangen
wäre. Ihr Vater hat damals sozusagen mit der Brechstange die Schule gezwungen, also denLehrer mehr oder weniger, ja, ich sag’s jetzt mal so, also, erpresst letztlich, du musst mein
Kind nehmen sonst. Und deswegen hat sie all diese Chancen gehabt und hat immer es
abgelehnt, irgendwo so eingekastelt zu werden, in so einen Schonraum.
00:54:32,771 –> 00:54:49,931 [Raul Krauthausen]
Ich war jetzt vor ein paar Monaten in Spanien im Urlaub und hab da ein bisschen Zeitung
gelesen und, äh, sah dann, das ist, keine Ahnung, war Zufall, da gab es dann irgendwie ein
Porträt über eine junge Frau, ähm, die Down Syndrom hat und studiert. Und da fiel mir ein:
„Wow.“ Ich kenn in Deutschland niemanden mit Trisomie einundzwanzig, der oder die
überhaupt ein Abitur geschafft hat.
00:54:57,271 –> 00:54:58,431 [Ronen Steinke]
Ja.
00:54:58,431 –> 00:55:06,451 [Raul Krauthausen]
Also vielleicht gibt es das. Also meldet euch gerne. Ich hätte viele Fragen. Ähm, aber so
dieses, ähm, wie kann es denn sein, dass es in Spanien offensichtlich in der Zeitung steht und
in Deutschland, als jemand wie ich, der sich sehr viel mit dem Thema auseinandersetzt, das
noch nicht gefunden habe?
00:55:19,823 –> 00:55:26,243 [Ronen Steinke]
Also ein Thema, wo wir auch im internationalen Vergleich echt keine gute Figur machen,
selbst im europäischen Vergleich.
00:55:26,243 –> 00:55:32,423 [Raul Krauthausen]
Die Frage, die ich mir aufgeschrieben habe, weil das glaube ich auch etwas ist, das auch ein
Teil des Problems sein könnte: Wer bildet eigentlich die Richterinnen fort in Bezug auf UN-
Behindertenrechtskonvention und so weiter und so fort?
00:55:44,103 –> 00:55:47,904 [Ronen Steinke]
Das Problem ist, dass Richter und Richterinnen nicht zwangsweise irgendwie Fortbildungen
bekommen, sondern die bekommen so ein Angebot, so ein Menü und suchen sich dann aus,
was sie wollen. Das ist als Teil der richterlichen Unabhängigkeit, dass sie das frei entscheiden
dürfen, dass man die nicht irgendwie in eine Richtung stupsen darf. Und ja, dann hast du halt
das Ergebnis, dass sie dann meistens das wählen, was irgendwie einfach aufgrund so
allgemeinen Interesses gerade interessant ist oder vielleicht politisch gerade interessant ist.
Und wahrscheinlich gehen da recht wenige zu solchen Angeboten.
00:56:18,144 –> 00:56:34,283 [Raul Krauthausen]
Ja, und dann stelle ich mir, die haben dann wahrscheinlich auch ältere Vorstellungen,
Vorstellungen über Behinderungen und so, dass es dann vielleicht auch oft schnell Charity ist
oder auch der Glaube, das Kind hat es an der Förderschule besser als an der Regelschule.
00:56:34,283 –> 00:56:41,543 [Ronen Steinke]
Richter, Richterinnen sind da Teil der Gesellschaft und wahrscheinlich gibt es da genau
dieselben Vortureile wie auch sonst.00:56:41,543 –> 00:56:43,623 [Raul Krauthausen]
Benutzt du viel künstliche Intelligenz?
00:56:43,623 –> 00:56:45,123 [Ronen Steinke]
Gar nicht bislang.
00:56:45,123 –> 00:56:55,503 [Raul Krauthausen]
Könntest du dir so was vorstellen? KI Anwälte oder so? Dass es das irgendwann mal gibt?
Gleich geht es weiter. Wenn du diesen Podcast unterstützen möchtest, dann kannst du das
mit einem kleinen monatlichen Beitrag tun. Im Gegenzug kannst du alle Folgen vorab hören
und wirst, wenn du das möchtest, hier im Podcast namentlich genannt. Alle Infos findest du
auf im-aufzug.de. Ende der Servicedurchsage. Viel Spaß beim zweiten Teil der Folge.
00:57:23,703 –> 00:57:27,843 [Ronen Steinke]
Ja, ich kann mir schon vorstellen, dass so ganz viele technische Handgriffe, die allgemeinen
Geschäftsbedingungen schreiben oder durchsuchen oder irgendwelche Verträge aufsetzen,
dass man so was, ja, dass das so mit Prompts irgendwann funktioniert. Die große Sorge, die
man ja immer hat, ist, ob das bei Lebensentscheidungen eher ein Fortschritt an Rationalität
ist oder eher nur ein Scheinfortschritt. Also wir haben ja heute auch so Entscheidungen,
Prognoseentscheidungen, KI ist ja immer Prognose, wird der Mensch wieder straffällig
werden? Also Richterinnen und Richter müssen sich fragen: „Lasse ich den jetzt vorzeitig aus
dem Gefängnis raus oder nicht?“ Und die entscheidende Frage, die sie beantworten müssen,
ist: „Wie hoch schätze ich das Risiko ein, dass der wieder rückfällig wird? Kann kein Mensch
beantworten. Das ist die Zukunft. Ja, aber so, dann haben wir da so ein Bauchgefühl plus wir
haben so ein paar Daumenregeln, was so dafür spricht, was dagegen spricht, dass jemand
rückfällig wird. Ja klar, wenn er in einer festen Beziehung ist, ist es immer gut, das ist eher
stabilisierend. Wenn er eine Sucht hat, dann ist es eher schlecht. Aber am Ende, tja. Jetzt ist
die Frage, wenn wir eine KI hätten, die all diese Faktoren – und vielleicht sind es dann am
Ende nicht drei oder fünf, sondern 100 – einberechnet, ob das dann wie so eine Art
Superbrain zu der perfekten Prognose kommt. Das ist so die Utopie und die Sorge, die ich
hätte und viele andere auch, dass man sich das nur einredet, dass das zu super
wissenschaftlich präzise ist. Und in Wirklichkeit wären dann nur dieselben
Bauchentscheidungen und vielleicht auch Vorurteile ein bisschen geadelt durch die
vermeintliche technische Versiertheit.
00:59:00,143 –> 00:59:24,903 [Raul Krauthausen]
Warum ich das frage? Weil ich habe ähm gesehen, dass du ja nicht nur das Thema Schule
und Inklusion als Thema hast, sondern auch das Thema Arbeit und Menschen mit
Behinderungen und Werkstätten, da schon viele Sachen zu gesagt hast. Und ich habe dann
Chat GPT gefragt: Ähm Wie kann es eigentlich sein, dass Menschen, die in Werkstätten
arbeiten, für weniger als den Mindestlohn, ähm von Fair Trade beauftragt werden, Kaffee zu
verpacken?
00:59:30,203 –> 00:59:32,743 [Ronen Steinke]
Fair Trade, ja. Mmm00:59:32,743 –> 00:59:35,803 [Raul Krauthausen]
Und dann hieß es, dass ähm ich weiß nicht, ob das stimmt, aber das war jetzt für mich die
schnelle Antwort, dass dann die KI geantwortet hat, dass Fair Trade vor allem für im Ausland
produzierte Sachen zählt und nicht für in Deutschland dann ahhhm produzierte Dinge. Und
das fand ich tatsächlich ganz interessant. Also klang plausibel, weiß nicht, ob das stimmt, ja
aber so das ist ja eigentlich Fair Trade nicht zu Ende gedacht.
01:00:02,623 –> 01:00:09,063 [Ronen Steinke]
Also der Kaffeebauer in Kolumbien bekommt einen Mindestlohn und ja dann die Verpackung
hier wird von Leuten unterm Mindestlohn gemacht, geschuftet ja.
01:00:09,063 –> 01:00:20,243 [Raul Krauthausen]
Ja. Und das, finde ich, wird auch viel zu wenig diskutiert, dass ähm Menschen mit
Behinderungen, die in Werkstätten weniger als den Mindestlohn verdienen. Ähm also dass
das die einzige Gruppe ist der Menschen, die arbeiten, die weniger als den Mindestlohn
verdienen dürfen. Selbst Praktikantinnen verdienen Mindestlohn.
01:00:30,803 –> 01:00:32,243 [Ronen Steinke]
Ja, wobei ähm.
01:00:32,243 –> 01:00:34,003 [Raul Krauthausen]
Die gelten nicht als angestellt.
01:00:34,003 –> 01:00:37,163 [Ronen Steinke]
Ja, ähm mir fallen noch die Strafgefangenen ein.
01:00:37,163 –> 01:00:39,943 [Raul Krauthausen]
Aber die haben ja jetzt vor Gericht Recht bekommen.
01:00:39,943 –> 01:00:50,603 [Ronen Steinke]
Genau, die haben jetzt ein bisschen mehr Geld, aber ist immer noch unter dem Mindestlohn.
Ja, aber gut, bei den Gefangenen, kann man sagen, ist auch ein bisschen Teil der Strafe. Ich
weiß nicht, was man bei Menschen mit Behinderung sagen kann.
01:00:50,603 –> 01:00:57,023 [Raul Krauthausen]
Na, da wird immer gesagt, das ist Rehabilitation. Und die sind ja auch nicht angestellt,
sondern beschäftigt.
01:00:57,023 –> 01:01:18,323 [Ronen Steinke]
Ja, und da haben wir dann genau das Problem, dass das dann die Haltung ist, mit der die
Leute behandelt werden ja und dann, wie sagtest du, Schonraum. Und ähm ja, wenn das
keinen Wert für euch hat, dann gibt es eben keinen Job. Also irgendwie muss man schon
auch als Unternehmer, wenn man ’n Fair Trade Cafe zum Beispiel verpacken lässt, muss man
auch sagen: „Entweder ist mir die Arbeit das Geld wert oder nicht.
01:01:18,323 –> 01:01:22,323 [Raul Krauthausen]
Ja, oder auch Fair Trade. Könnt ihr dann die Frage stellen: „Vergeb ich das Siegel dann oder
nicht?01:01:22,772 –> 01:01:26,031 [Ronen Steinke]
Wer macht das eigentlich? Da gibt es bestimmt ein deutsches Institut, das das irgendwie
beaufsichtigt.
01:01:26,031 –> 01:01:26,352 [Raul Krauthausen]
Ja genau.
01:01:26,352 –> 01:01:28,092 [Ronen Steinke]
Könnte man denen mal sagen.
01:01:28,092 –> 01:01:46,972 [Raul Krauthausen]
Ja, also, das, ähm, die reden sich dann eben raus, weil, ähm, das ist halt in Deutschland so
Gesetz. Und alle zeigen immer mit dem Finger auf den anderen. Das ist, glaube ich, auch so
ein Grundproblem, ähm, was mich zur nächsten Frage führt, ähm, dass ich selber als Person,
die in der Öffentlichkeit steht, sehr viele Mails bekomme von Menschen, die Hilfe suchen
und Hilfe brauchen und ich selber viel zu oft mit leeren Händen dastehe, den Menschen zu
helfen. Also viele Fragen, kann ich nicht helfen, weil ich bin kein Anwalt, bin kein Jurist, ich
habe keine Zeit dafür. Ich kenne super wenige Anwälte, ähm, die sich diesem Thema
widmen, wahrscheinlich auch, weil es gar nicht so viele gibt. Und dann weist man immer, oft
verweist man immer auf die gleichen Organisationen hin. Und ich habe dann schon
Bauchschmerzen, weil ich weiß, die werden denen auch nicht helfen.
01:02:27,191 –> 01:02:27,831 [Ronen Steinke]
Ja.
01:02:27,831 –> 01:02:34,751 [Raul Krauthausen]
Was würdest du jetzt sagen, wenn jemand sagt, er sieht in der Einrichtung nebenan, ähm,
Misshandlungen, er ist selber aber nicht betroffen oder hat jetzt nicht die Kapazitäten, ähm,
wo er oder sie hingehen kann?
01:02:41,411 –> 01:04:17,651 [Ronen Steinke]
Ja, also wirklich eine sehr, sehr große Frage und sehr schwierige Frage, weil, ähm, also ich
stecke auch oft in der Situation, dass mich Leute mit Hilferufen anschreiben. Und nicht
immer sind das dann Emails, die so in perfektem Deutsch sind und manchmal wirken die ein
bisschen wirr und so, aber das ist ja eigentlich alles kein Grund, den nicht zu glauben,
sondern das kann ja auch eigentlich Teil der Glaubwürdigkeit sein. Also allein aufgrund der
Menge, ähm, kann man dann nicht vielen gerecht, nicht allen gerecht werden oder vielen
nicht gerecht werden. Aber ich denke immer an einen Kollegen von mir, der hat in diesem,
auch immer solche viele Mails bekommen und der hat einmal einer Mail richtig konsequent
nachgegangen. Der hatte aus der Psychiatrie, ähm, ’n Brief bekommen, wo jemand also
gesagt hat, der sei zu Unrecht eingesperrt. Und solche Briefe bekommen viele Journalisten,
aber der ist dem mal nachgegangen und das war dann am Ende der Fall Gustl Mollath. Das
war ein riesen Justizskandal und also im Landtag gab es da Riesenanhörungen und so weiter
und stellt sich wirklich heraus, eine Verschwörung. Dieser Mensch war pathologisiert
worden. Dem war also aufgrund von verschiedenen Verstrickungen, ähm, gerichtlich zu
Unrecht bescheinigt worden, dass der eine Gefahr für sich oder andere darstellt. Und er
wurde gegen seinen Willen eingesperrt. Und, ähm, nur weil dieser Journalist, ja, weiß nicht,
zufällig oder weil er mal, sozusagen das Herz sich gefasst hat, dem mal richtig nachzugehen,dem Menschen erst mal zu glauben, nur deswegen ist der dann freigekommen, also weil sich
da ein Journalist für eingesetzt hat. Und ich weiß nicht, wie viele solcher Waren und
irgendwie Geschichten, die es wert sind, aufgedeckt zu werden, in unserem-
01:04:17,651 –> 01:04:18,091 [Raul Krauthausen]
In Dunkel zu verharren.
01:04:18,091 –> 01:04:28,351 [Ronen Steinke]
Ja, in unseren Posteingängen und vielleicht nicht ernst genommen werden. Also ich, ich
schaffe es auch oft nicht und ich lege auch die Briefe oft weg, aber immer mit so nem
nagenden schlechten Gewissen eigentlich.
01:04:28,351 –> 01:04:34,631 [Raul Krauthausen]
Und da, also, gibt es so was wie ne Gilde der guten Anwälte, Anwältinnen?
01:04:34,631 –> 01:04:38,731 [Ronen Steinke]
Nee, also weil gut er auch Ansichtssache ist, ne, gibt es nicht. Also es gibt, ähm-
01:04:38,731 –> 01:04:40,111 [Raul Krauthausen]
Der progressiven Linken.
01:04:40,111 –> 01:05:04,971 [Ronen Steinke]
Das gibt es schon. Es gibt so einen republikanischer Anwaltverein. Also früher gab es ja mal
diese rechtsradikale Partei, die Republikaner. Damit hat es also gar nichts zu tun, sondern
das knüpft an an die Weimarer Zeit und republikanisch im Versus kaisertreu.
Republikanische Anwaltsverein machen vor allem sehr viel so Strafverteidigung, politische
Sachen, ja, irgendwelche Demo-Straftaten oder, ähm, Streitigkeiten mit der Polizei. Und
sozusagen, wenn man in dieser Richtung jemanden sucht, ist das aber auch in anderen
Punkten, ist das sicherlich eine gute Anlaufstelle. Das sind auf jeden Fall so progressive
politische Anwälte.
01:05:15,331 –> 01:05:26,331 [Raul Krauthausen]
Ein anderes Thema, mit dem du dich sehr viel auseinandersetzt, ist das Thema
Verfassungsschutz. Ähm, eine Frage, die mir jetzt spontan in den Sinn kam, als ich das las:
Kennst du Spione?
01:05:26,331 –> 01:05:28,831 [Ronen Steinke]
Ja, also beruflich kenne ich schon einige, ja.
01:05:28,831 –> 01:05:32,051 [Raul Krauthausen]
Stellt man sich hier so vor wie bei James Bond? Nee, wahrscheinlich nicht.
01:05:32,051 –> 01:05:42,451 [Ronen Steinke]
Nee. Ähm, also der Verfassungsschutz ist ja der Inlandsgeheimdienst in Deutschland, also
der Auslandsgeheimdienst, James Bond mäßig, das ist bei uns der Bundesnachrichtendienst.
Und, ähm, der Verfassungsschutz ist überall in unseren Städten. Also in jeder großen Stadt
gibt es ein Büro des Verfassungsschutzes.01:05:49,951 –> 01:05:50,891 [Raul Krauthausen]
Mhm.
01:05:50,891 –> 01:06:13,871 [Ronen Steinke]
In den Landeshauptstädten haben die ihre Zentralen. Es gibt sechzehn Landesämter. Die
sehen aber auch oft unspektakulär aus. Also sie sind dann in irgendwelchen, entweder in so
so, ähm, Behördengebäuden mit son Parkplatz davor und sieht also, oder manchmal steht
auch nur dran Außenstelle des Innenministeriums. Und in unseren Städten sind es oft so
getarnte Büros, die einfach aussehen wie irgendeine Softwareklitsche. Und da gehen die
dann ein und aus mit irgendwie Karohemd und Jeans und gehen mittags zum, zum
Restaurant wie alle anderen, essen da Business Lunch für fünf Euro neunzig. Und die
Nachbarn links und rechts ahnen gar nicht, dass das Spione sind. Und Spione auch nicht, die
gehen dann nicht, äh, in irgendwelche Atomkraftwerke und, äh, klauen irgendwelche Chips,
sondern, ähm, die gehen auf politische Treffen, ähm, von irgendwelchen politischen
Gruppen, Bürgerinitiativen, äh, oder auch virtuell versuchen sie, in diese Gruppen
reinzukommen und n bisschen zu lauschen, was da, ähm, politisch gedacht und gemacht
wird.
01:06:47,511 –> 01:06:53,071 [Raul Krauthausen]
Und dein Kritikpunkt ist, dass das quasi ohne jede Kontrolle passiert.
01:06:53,071 –> 01:07:12,531 [Ronen Steinke]
Ein noch größerer Kritikpunkt ist eigentlich, dass das sich gegen legales politisches Agieren
richtet, richten darf in Deutschland. Also in allen Ländern der westlichen Welt gibt’s das, dass
natürlich die Polizei auch mal in Karohemd und Jeans unauffällig rumläuft, um Kriminalität,
äh, zu bekämpfen. Du musst auch mal dich anschleichen können und mal irgendwie
undercover.
01:07:12,531 –> 01:07:13,711 [Raul Krauthausen]
Der Polizist in Zivil.
01:07:13,711 –> 01:07:55,087 [Ronen Steinke]
Ja, das ist also völlig okay, da habe ich kein Problem mit. Und ich, also auch sich ein, äh,
nisten in so Gruppen und undercover, da versuchen, das Vertrauen… Alles okay. Aber das
Besondere in Deutschland ist-Dir kann als Bürger, als Bürgerin sowas passieren, dass du so
ausspioniert wirst, selbst wenn du dich an alle Gesetze hältst, selbst wenn du der
allerbravste Politaktivist bist, der also sagt, ich möchte hier ganz schön brav meine
Flugblätter drucken und meine Einladungen zu Diskussionsabenden oder möchte ich
kommunalpolitisch kandidieren. Alles legal. Mit Gewalt habe ich nichts am Hut. Und
trotzdem kann der Staat, und das ist eine deutsche Besonderheit, das gibt es auch in Europa
nirgends, kann der Staat trotzdem sagen, das ist uns zu gefährlich, das gucken wir uns mal
genau an.
01:07:55,087 –> 01:08:00,567 [Raul Krauthausen]
Aber ist dann bei all der Merkwürdigkeit mit den Schwurblern Königreich Deutschland
extrem abgedrehten Menschen dann ein Versagen des Verfassungsschutzes, wenn man
gleichzeitig denkt, wie die mit Klimakleber innen umgegangen sind oder Leute, die gegen die
100 kämpfen?01:08:19,287 –> 01:08:31,727 [Ronen Steinke]
Also von den Leuten, die keine Gesetze brechen, also viele von den Königreich Deutschland
Leuten sind ja selber eher Opfer von Gehirnwäsche oder sonst was. Da muss man sich
klarmachen, ja, es gibt auch eine ganze Menge Leute, die politisch vielleicht sogar ganz
wertvolle Sachen machen und die trotzdem ins Visier des Verfassungsschutzes geraten. Also
ich habe für mein Buch um Verfassungsschutz einen Abgeordneten der Linkspartei
interviewt, der war 12 Jahre im Bundestag. Der hatte ein tiptop sauberes Strafregister. Der
ist aus dem Bundestag ausgeschieden und hat dann Jura zu Ende gemacht, also
Referendariat gemacht und in dem Rahmen bei der Polizei auch hospitiert. Also den haben
sie wirklich durchleuchtet. Der hat null Straftaten in seinem Leben begangen und trotzdem
ist er seit teenager Zeiten beim Verfassungsschutz aktenkundig. Hat er mal Akteneinsicht
genommen und hat dann rausgefunden, es lag daran, dass sie festgestellt haben, er hat als
glaube ich 16, 17 jähriger in einer Schülerzeitung gefordert, man solle Schulnoten
abschaffen.
01:09:26,167 –> 01:09:26,967 [Raul Krauthausen]
Wow.
01:09:26,967 –> 01:09:28,407 [Ronen Steinke]
Und Cannabis legalisieren.
01:09:28,407 –> 01:09:29,867 [Raul Krauthausen]
Habe ich auch gefordert.
01:09:29,867 –> 01:09:36,247 [Ronen Steinke]
Also Schulnoten abschaffen haben wir glaube ich alle mal gefordert und ist auch weird, wenn
man das nie sich gewünscht hat. Und was war das dritte? Ja und die Wehrpflicht abschaffen,
die damals noch aktiv war. So und das sind alles Forderungen. Also Cannabis legalisieren hat
ja die Ampel unter dem Revolutionär Olaf Scholz am Ende gemacht. Wehrpflicht abschaffen
hat der Freiherr zu Guttenberg gemacht von der CSU. Also ist jetzt auch nicht gerade
linksextrem. Und trotzdem haben diese Vorwürfe genügt, dass dieser Mensch vom
Geheimdienst ausspioniert und da wurden Akten angelegt und er sich eingeschüchtert
wurde.
01:10:07,927 –> 01:10:09,267 [Raul Krauthausen]
Wie hat er das rausgefunden?
01:10:09,267 –> 01:10:12,047 [Ronen Steinke]
Der hat dann Jahre später Akten an sich genommen. Das kann man.
01:10:12,047 –> 01:10:14,387 [Raul Krauthausen]
Ich könnte jetzt anrufen. Wen ruf ich denn an?
01:10:14,387 –> 01:10:24,147 [Ronen Steinke]
Du kannst einen Brief hinschreiben, du hast ein Recht darauf. Du kannst dich auf diesen
Paragrafen berufen und kannst sagen, ich möchte bitte, dass sie mir sagen, was sie über
mich haben. Und dann kriegst du das auch.01:10:24,147 –> 01:10:27,207 [Raul Krauthausen]
Interessant. Und das müssen die geben? Oder gibt es dann auch.
01:10:27,207 –> 01:11:23,767 [Ronen Steinke]
Manchmal winden sie sich dann und dann musst du dir vielleicht einen Anwalt nehmen oder
eine Anwältin, die dir dann hilft. Und gut, der war Bundestagsabgeordnete, bei dem hat er
sich vielleicht auch nicht getraut, da irgendwelche Spielchen zu spielen. Aber im Prinzip hast
du den Anspruch. Und das Beispiel finde ich halt nur so eindrucksvoll, weil sobald du einmal
die Tür öffnest und sagst, unser Staat darf uns ausspionieren, wenn er einfach unsere Politik,
unsere politischen Forderungen suspekt findet, dann mag das sein, dass sich das dann zehn
Mal gegen Leute richtet, deren politische Meinungen du und ich wirklich übel finden, aber
die halt egal, aber trotzdem wir übel finden. Aber es wird sich am elften, zwölften Mal auch
gegen Leute wie den besagten Linkspartei Abgeordneten richten. Und diese Tür haben wir
geöffnet und da ist mir nicht wohl mit. Zumal wenn ich nicht weiß, wer in fünf oder 10
Jahren Innenminister ist. Der Innenminister gibt ja die Kommandos unter Verfassungsschutz.
Möchte ich, dass ein Staat so eine Macht hat? Also in Frankreich, in England, in anderen
europäischen Ländern ist die Antwort Nein, wollen wir nicht.
01:11:23,767 –> 01:11:26,347 [Raul Krauthausen]
Verstehe ich. Und doch.. Also was mich überzeugt hat am Ende, als du gesagt hast, es ist egal
welche Partei an der Macht ist, auch wenn sie es im Wahlkampf versprochen haben, dass sie
das regeln wollen, wurde das nicht gemacht. Weil wahrscheinlich, wenn man an der Macht
ist, man davon auch irgendwie profitiert.
01:11:44,707 –> 01:11:45,867 [Ronen Steinke]
Ja.
01:11:45,867 –> 01:11:54,867 [Raul Krauthausen]
Das hat mich überzeugt. Und wenn ich dann ein AfD Politiker bin und Innenminister werde,
dann wird das gegen, also werde ich das natürlich auch nutzen.
01:11:54,867 –> 01:11:57,227 [Ronen Steinke]
Dann werden die Grünen beobachtet.
01:11:57,227 –> 01:12:08,527 [Raul Krauthausen]
Das hat mich überzeugt. Aber auf der anderen Seite, wenn es jetzt darum geht, die AfD
verfassungsschutzmäßig zu beobachten, wenn es das nicht gäbe, wer würde es denn dann
tun?
01:12:08,527 –> 01:12:32,567 [Ronen Steinke]
Ja, also ich glaube in der Antipathie gegen die AfD, da nehmen wir uns nichts untereinander.
Ja, aber der Punkt ist doch, profitieren wir so sehr davon, dass der Verfassungsschutz uns da
jetzt Dinge aufschreibt? Also weiß ich ehrlich gesagt gar nicht. Alles, was ich über die AfD
weiß, weiß ich auch schon aus der Zeitung von klugen Menschen an Unis oder die Bücher
schreiben. Der Verfassungsschutz kommt da eher so hinterher, hinter der Welle, mit
ziemlichen Jahren Verspätung oder wie auch immer. Auf jeden Fall ist er nicht da vorne weg,
sondern eher hinterher und schreibt das alles behördenmäßig sauber zusammen. Wenn man
wollte, also warum braucht man das? Warum will man sowas? Ich will das schon, weil ich.Weil ich finde, man muss gucken, ob es nicht Zeit für ein Verbotsverfahren ist. Aber wenn
man will, kann man das jederzeit bei drei Professoren und Professorinnen in Auftrag geben.
Man muss da eigentlich nicht ein stehendes Heer von Spionen in allen deutschen Städten
haben, und zwar 8000.
01:13:01,827 –> 01:13:40,611 [Raul Krauthausen]
Ja, guter Punkt. Du hast in dem Gespräch aber auch gesagt, dass du findest, dass bestimmte
Sachen diskutiert werden sollten, also auch gesellschaftlich öffentlich diskutiert werden
sollten. Wie gehen wir mit A, B oder C um? Und ich habe manchmal aber das Gefühl, dass in
einer so polarisierten Gesellschaft, in der wir uns auch immer mehr polarisieren, Debatten
kaum noch möglich sind. Ich bin tatsächlich verunsichert, ich bin verunsichert, dass ich
denke, wenn wir alles diskutieren, dann werden Dinge sagbar. Dann kommt da plötzlich ein
Höcke und sagt: „Inklusion ist doof. Und dann wird es genauso verbreitet wie andere
Meldungen und fällt dann auf fruchtbaren Boden bei Leuten. Und dann auf einmal werden
Dinge sagbar, die vor zehn Jahren nicht sagbar waren.
01:13:51,891 –> 01:14:17,951 [Ronen Steinke]
Ja, also ich bin da, glaube ich, für das offene Wort, ehrlich gesagt. Weil wenn diese Gedanken
da sind, die gehen ja nicht weg, wenn man die nicht ausspricht, sondern die gehen. Dann
kann man vielleicht Leute zu einer besseren Einsicht bewegen, wenn das mal auf den Tisch
kommt. Also bei Höcke habe ich jetzt diese Hoffnung nicht, aber bei vielen anderen hätte ich
die Hoffnung schon. Wenn man das mal offen ausspricht und wenn man von vornherein
sagt: „Nein, das darf erst gar nicht ausgesprochen werden, wird man als Gesellschaft dann
nicht vorankommen.
01:14:19,971 –> 01:14:22,212 [Raul Krauthausen]
Welche Verantwortung haben die Medien deiner Ansicht nach?
01:14:22,212 –> 01:14:25,352 [Ronen Steinke]
’ne riesige. Also vielleicht nicht mehr so sehr wie vor ’ner Generation noch, weil heute ist das
die Zahl der Kanäle, über die die Leute irgendwas loswerden können, viel größer. Und das ist
auch richtig so. Es gibt nicht mehr diese Gatekeeper-Funktion, die es früher mal gab. Wenn
du jetzt unten durch bist bei allen großen Zeitungen, das hindert dich heute nicht daran,
trotzdem ein Publikum zu finden. Aber ich glaube trotzdem, dass es so eine
Orientierungsfunktion gibt, dass viele sich auch danach orientieren, was die Großen in
Anführungszeichen oder die etablierten Medien machen, auch was für ein Wording sie
wählen.
01:14:59,791 –> 01:15:00,611 [Raul Krauthausen]
Mhm.
01:15:00,611 –> 01:15:05,771 [Ronen Steinke]
Das ist ja auch nicht einheitlich, das wird auch nicht abgesprochen. Aber natürlich gibt’s
dann so ein bisschen, ähm, da schleifen sich dann so Konsenser ein. Und ich glaube, dass
man da schon so eine Verantwortung hat, irgendwo, ähm, Vorbild zu sein.01:15:15,011 –> 01:15:18,491 [Raul Krauthausen]
Ich finde tatsächlich erschreckend, wie sie über jedes Stöckchen springen, dass ihnen die AfD
hinhält und dann Meldungen groß machen, die vielleicht gar nicht dem entsprechen, was sie
groß sind.
01:15:30,371 –> 01:15:35,251 [Ronen Steinke]
Das ist aber besser geworden. Also, ich erinnere mich, ganz zu Beginn… Oder so gedacht:
Der erste Wahlkampf von Donald Trump war genau ein Beispiel für das, was du sagst.
Donald Trump hat einfach sich komplett outrageous benommen, hat in einer Tour gepöbelt
und alle haben gebannt und mit riesigen Augen draufgeschaut, haben das berichtet. Der hat
überhaupt kein Geld ausgeben müssen für Wahlkampfwerbung, weil ständig alles so, äh,
weitergetragen wurde. Man ist über sein Stöckchen gesprungen. Bei der AfD war es auch so.
Die AfD hat Eklat provoziert. Die haben ganz bewusst, sind raus spaziert aus Talkshows, zum
Beispiel, mittendrin, empört. Und du hast dann im Endeffekt genau gemerkt, sie haben eine
Botschaft platziert und dann haben sie geschaut, dass sie in den zehn Sekunden, nachdem
eine gute Botschaft platziert wurde, den Eklat suchen und rausstürmen, damit du nachher
dann diese dreißig Sekunden spielen kannst und dann sowohl die Botschaft als auch diese
Opfergehabe drin. Also kurz gesagt, man hat’s denen schon am Anfang leicht gemacht, man
hat es denen durchgehen lassen. Man hat ihre Provokation auch immer so zum Thema
gemacht. Das ist dann später nicht mehr so sehr der Fall gewesen. Ich glaube, es ist auch
besser geworden jetzt.
01:16:30,831 –> 01:16:41,831 [Raul Krauthausen]
Zum AfD-Verbotsverfahren einzuladen, AfD-Politiker:innen in die Maischberger-Sendung
oder was auch immer, ist das nicht genau das, was das Problem ist?
01:16:41,831 –> 01:16:45,491 [Ronen Steinke]
Auf der anderen Seite muss man jetzt Angst vor denen haben? Ich hätte jetzt da keine Angst
vor denen, dass die…
01:16:45,491 –> 01:16:51,191 [Raul Krauthausen]
Also ich habe sehr wenige Interviews gesehen, wo ich das Gefühl hatte, der oder die
Journalistin hat ihn oder sie entzaubert.
01:16:51,191 –> 01:17:09,551 [Ronen Steinke]
Das stimmt. Ähm, oder jedenfalls so, wenn man sich die Wahlergebnisse anschaut, scheint
das noch nicht zu funktionieren. Und es wäre natürlich auch absurd, wenn man dann drei
AfD-Leute hätte, die dann unter sich das alles besprechen. Aber, ähm, das ist ’ne so große
Partei und Teil der Gesellschaft. Man muss sie auch schon mal zur Rede stellen und mit
denen diskutieren. Und ich hätte keine Angst, dass wenn da jetzt fünf Leute sitzen und als
Sechster ist noch ein AfD-Mensch dabei, dass dann irgendjemand, ähm, dass man sich das
nicht trauen sollte.
01:17:21,671 –> 01:17:26,151 [Raul Krauthausen]
Hast du schon mal ’n Streitgespräch dich befunden in ’ner Talksendung über jemanden?01:17:26,151 –> 01:17:39,311 [Ronen Steinke]
Mit nem Ex-AfDler, ja der war, der war sch– nicht mehr ganz dabei, weil er irgendwie eine
Häutung vorher die AfD verlassen hat. Ich glaub, gemeinsam mit Meuthen oder so. Also nee,
so ganz mit einem aktiven AfDler noch nicht.
01:17:39,311 –> 01:17:40,471 [Raul Krauthausen]
Würdest du?
01:17:40,471 –> 01:18:01,731 [Ronen Steinke]
Ja, ich finde, wenn man’s prinzipiell ablehnt, dann ist da die Botschaft eigentlich: „Ich traue
mich nicht oder ich habe Angst, dass du deine magnetische, hypnotische Wirkung aufs
Publikum hast und ich möchte dem nicht ’ne Bühne bieten. Also die Angst habe ich gar nicht.
Ich glaube schon daran, dass, äh, dass die Gegenargumente und die rationale Blick auf, auf
Themen wie Migration, äh, dass man damit auch gewinnen kann.
01:18:01,731 –> 01:18:06,711 [Raul Krauthausen]
Oder dass man sich vielleicht mit Themen konfrontiert, die nicht ihre Themen sind.
Mietpreisbremsen.
01:18:06,711 –> 01:18:18,671 [Ronen Steinke]
Kann auch schiefgehen. Also ich, wie gesagt, du sagst ja zu Recht, das Entzaubern gelingt oft
nicht. Aber, ähm, dann liegt’s an einem selbst. Also die Herausforderung muss man schon
annehmen.
01:18:18,671 –> 01:18:31,771 [Raul Krauthausen]
Aber wir sehen ja jetzt an Ländern wie Frankreich oder Holland, die vielleicht den
Verfassungsschutz so nicht haben, dass die Rechten da auch, ähm, sehr viel Aufmerksamkeit
bekommen.
01:18:31,771 –> 01:18:32,111 [Ronen Steinke]
Ja.
01:18:32,111 –> 01:18:39,631 [Raul Krauthausen]
Und gewählt werden. Äh, was können wir denn von anderen Ländern lernen, wo, wo das
besser funktioniert? Also keinen Verfassungsschutz zu haben, finde ich auch vielleicht nicht
wichtig, aber auch aus Unwissenheit. Aber regulieren fände ich schon wichtig.
01:18:50,691 –> 01:19:21,271 [Ronen Steinke]
Also ich finde dieses Prinzip in Deutschland, dass wir sagen, wir verbieten eine Partei, die
offen faschistisch auftritt oder antidemokratisch, finde ich schon richtig. Also was man so
wehrhafte Demokratie nennt. Was kann man lernen aus den Ländern rund um uns herum?
Also man kann aus vielen europäischen Ländern, du hast gerade Frankreich und Niederlande
genannt, lernen, wie man es nicht macht, nämlich dass die Konservativen – und die sind da
wirklich das Scharnier im Parteiensystem. Die hocken da in der Mitte und die Frage ist, in
welche Richtung kippt deren Wählerschaft. Dass die Konservativen, wie es in Frankreich
geschehen ist, selber versuchen, so’n Abklatsch der neuen Rechten zu werden.01:19:21,271 –> 01:19:23,031 [Raul Krauthausen]
Was die CDU ja auch gemacht hat im Wahlkampf.
01:19:23,031 –> 01:20:06,103 [Ronen Steinke]
Die hat auf jeden Fall sehr in die Richtung, so sehr so ausgesehen, ’ne Zeit lang. Ja, das ist,
glaube ich, noch nicht ausgemacht, in welche Richtung das am Ende läuft. Aber die Gefahr ist
da auch groß. Und in den Niederlanden auch. Und in Italien gibt es praktisch keine
Konservativen mehr. Die sind komplett, ähm, aufgesaugt worden vom, vom, äh, vom
Rechtspopulismus. Also sobald die Konservativen meinen, da, ähm-Lieber sich überbieten zu
können oder mit heulen zu können. Bei so einem rechtspopulistischen Sound gehen sie
eigentlich unter, weil die Leute wählen ja das Original. Ich würde mir eigentlich wünschen,
dass die CDU und die CSU, dass die einfach mal sagen und die hätten dazu die
Glaubwürdigkeit bei ihrer Wählerschaft, die vielleicht die SPD, die Grünen nicht haben, die
Ausländer sind nicht unser größtes Problem. Wir haben Probleme in Deutschland. Ja,
Problem eins bis Problem zehn gibt es eine Menge. Aber wenn wir einfach mal die Wirtschaft
zum Laufen brächten und vielleicht den Wohnungsmarkt also besser aufstellen, dass Leute
leichter zu einer Wohnung kommen, dann würden vielleicht nicht alle unsere Probleme
weggehen, aber da würden schon mal sechs von zehn Problemen gelöst sein. Und so
nüchtern und so pragmatisch die Sache anzuschauen und so konstruktiv, das könnten die,
glaube ich. Und ich habe den Eindruck, z.B. Daniel Günther in Schleswig-Holstein, der macht
das auch. Der rennt der AfD nicht hinterher. Das kann auch funktionieren. Und das muss
aber von der Union kommen. Und derzeit, also mit Friedrich Merz…. Die wollen dann eher
der AfD vermeintlich das Wasser abgraben, indem sie so auf deren spuren wandeln.
01:20:57,003 –> 01:21:10,123 [Raul Krauthausen]
Aber wenn wir das schon wissen, also es gibt ja auch Studien, die das belegen, auch in
anderen Ländern, dass wenn man so tut, als wäre man auch so, man lieber das Original
wählt, warum kommen diese Menschen nicht zu der Erkenntnis?
01:21:10,123 –> 01:21:21,243 [Ronen Steinke]
Tja, ich verstehe es auch nicht. Also in der Tat gibt es überhaupt keine Belege dafür, dass es
je funktioniert hätte, dieses den Rechten nachlaufen, nacheifern. Es gibt auch natürlich,
muss ich fairerweise sagen, auch nicht das Gegenbeispiel, gibt es auch keine tollen Belege
dafür. Ich habe jetzt Daniel Günther genannt in Schleswig-Holstein. Das ist jetzt vielleicht
auch nicht das riesen Politiklabor. Das ist ein sehr kleines Bundesland, ein sehr schönes, aber
zwei Millionen Einwohner. Und vielleicht gibt es ein paar Besonderheiten, die jetzt nicht
vergleichbar machen mit Nordrhein-Westfalen oder Sachsen. Aber ich glaube, du gewinnst
am Ende nur, wenn du die Nerven bewahrst. Und ich glaube, es gibt in Deutschland ’ne
große, große Gruppe, also die klassischen CDU-Wähler, die das auch zu schätzen wissen,
dass da vorne jemand ist, der die Nerven bewahrt, der nicht Showman spielt.
01:21:54,683 –> 01:21:56,943 [Raul Krauthausen]
Das ist ja auch konservativ, die Nerven bewahren.
01:21:56,943 –> 01:21:56,963 [Ronen Steinke]
Genau.01:21:56,963 –> 01:21:58,963 [Raul Krauthausen]
Das ist ja eigentlich was Schönes, was Gutes.
01:21:58,963 –> 01:21:59,963 [Ronen Steinke]
Ja, ja.
01:21:59,963 –> 01:22:01,463 [Raul Krauthausen]
Ähm Ich habe einen Artikel gelesen auf Heise online. Weiß gar nicht, warum das da stand,
aber da hieß es, dass diese Idee, dass wir in Deutschland Koalition bilden, nicht im
Grundgesetz steht. Also wir können auch anders regieren. Man könnte ’ne
Minderheitenregierung machen, die sich thematisch, je nachdem, die Mehrheiten dann
sucht und so. Könnte das vielleicht die Lösung sein? Oder ein Ansatz?
01:22:26,323 –> 01:22:47,483 [Ronen Steinke]
Minderheitenregierung bedeutet ja, man wählt einmal gemeinsam einen Regierungschef,
eine Regierungschefin und danach geht man wieder auseinander. Und dann bekommen also
nur manche, die da mitgestimmt haben, auch Ministerien, also z.B. nur eine von diesen drei,
vier Parteien, die gemeinsam den Kanzler gewählt haben und die anderen hocken dann
daneben. Also das ist ein Deal, den machen eigentlich sehr ungern die Parteien. Das verstehe
ich auch. Warum sollst du da jemandem zur Macht verhelfen, wenn er dir nicht ein Stück von
der Macht abgibt? Eigentlich stellt sich deswegen die Frage nicht so richtig, weil eigentlich
so die, das natürliche Bedürfnis aller Akteure ist, eigentlich Koalitionen zu bilden. Und nur
wenn man sich mal total Spinnt ist, so CDU und Linkspartei, dann kommt es mal zu
Minderheits oder zu Tolerierungen. Aber das sollte eigentlich nicht die Regel sein.
01:23:19,663 –> 01:23:21,203 [Raul Krauthausen]
Also auch wieder instabiler.
01:23:21,203 –> 01:23:21,583 [Ronen Steinke]
Ja.
01:23:21,583 –> 01:23:25,783 [Raul Krauthausen]
Aber man könnte vielleicht, wenn es um so Fragen geht wie Mietpreisbremsen oder so, auch
an diesen… Also es gibt ja auch so einen Fraktionszwang, der dann eben oft auch verhindert.
Eigentlich finde ich es richtig, aber ich bin, keine Ahnung, in der CDU, ich kann da jetzt nicht
so abstimmen, dass das eben auch ganz viel verhindert.
01:23:44,183 –> 01:23:45,543 [Ronen Steinke]
Ja, oder Koalitionsvertrag. Ist ja so, man einigt sich halt auch mit der anderen Partei und
dann z.B. SPD und CDU. Die einen wollen vielleicht Mietpreisbremse und höheren
Mindestlohn, aber sie müssen halt irgendwo unterschreiben, dass sie es nicht machen
werden, sonst läuft das halt nicht. Ja, das ist das Kompromiss, ist aber jetzt auch nichts
Schlimmes per se. Auch wenn es jetzt im einen Fall mir besser gefällt und im anderen
weniger gut, aber das ist erstmals jetzt auch nichts Verkehrtes.01:24:16,643 –> 01:24:18,563 [Raul Krauthausen]
Sprache. Sowohl, wenn es Diskriminierung geht, ist natürlich als Journalist ein Thema, wo
man viel Verantwortung hat. Aber auch als Jurist finde ich Sprache auch unfassbar spannend.
Weil, was bedeutet denn hinreichend? So als Wort?
01:24:36,723 –> 01:24:47,703 [Ronen Steinke]
Ja, da gibt es bestimmt so eine juristische Definition mit dreifacher Verneinung. Die würde
ich dann nachreichen. Ja, also genau, hinreichend. Ähm Und, ähm, nicht unerheblich ist auch
so eine schöne Formulierung.
01:24:50,463 –> 01:24:51,523 [Raul Krauthausen]
Angemessen.
01:24:51,523 –> 01:24:54,843 [Ronen Steinke]
Ja, nicht unangemessen. Ja, also wir haben im Bereich Recht, also die Kommunikation
zwischen Gerichten und Rechtsunterworfenen oder auch zwischen Behörden und
Bürger:innen, da haben wir ja eine Kommunikation, die offiziell dazu dient, dass du ja zu was
aufgefordert wirst. Also, das ist eine sehr wichtige Kommunikation. Das ist dann nicht wie
gerade im Theaterstück oder die Zeitung kommuniziert mit ihren Leserinnen. Da ist es auch
nicht so schlimm, wenn man ein bisschen was nicht verstanden wird.
01:25:25,043 –> 01:25:25,443 [Raul Krauthausen]
Mhm.
01:25:25,443 –> 01:25:37,243 [Ronen Steinke]
Das gehört auch dazu. Ja, oder wie gesagt, Theater, Kunst, das ist sogar erwünscht, dass man
nicht alles verstehen soll. Aber wenn ein Gericht dir eine Ansage macht, pass auf, du bist
verurteilt, weil gibt es überhaupt gar keinen Grund, warum er da was nicht verstehen sollte.
Und dass da aber sich unser System das herausnimmt. Ich glaube, sehenden Auges Sachen
zu sagen, die nicht verstanden werden, finde ich schon irritierend.
01:25:50,516 –> 01:25:57,015 [Raul Krauthausen]
Also wenn es zum Beispiel darum geht, Barrierefreiheit herzustellen, dann heißt es
angemessene Vorkehrung.
01:25:57,015 –> 01:25:57,735 [Ronen Steinke]
Kann alles heißen.
01:25:57,735 –> 01:26:03,415 [Raul Krauthausen]
Genau. Und man denkt, man liest es so und hat erst mal ein gutes Gefühl. Aber dass das
dann immer noch so viel Auslegungssache und Spielraum ist, ist das dann nicht auch ein Teil
des Grundes, warum so viel Frustration auch entsteht? Also, dass die Leute halt sagen: „Na
ja, hilft mir eh nicht“, oder „Ich traue dem System nicht.“
01:26:22,116 –> 01:26:26,335 [Ronen Steinke]
Ja, also es wird immer so Auslegungsspielräume geben. Das ist auch okay. Das, glaube ich, ist
nicht per se verkehrt. Unsere Gesetze, weil die halt für eine Million verschiedene Situationen
passen müssen und wir können jetzt nicht eine Million Paragrafen haben, sondernidealerweise haben wir es ein bisschen übersichtlich und deswegen musst du natürlich so ein
bisschen allgemein formulieren. Das ist nichts Schlechtes und das ist auch nicht in anderen
Ländern irgendwie besser. Ich finde eher ein Problem, wenn es dann den konkreten
Einzelfall geht und alle Fragen sind geklärt und jetzt hat man eine Person vor sich und jetzt
sagt eine Richterin zu dieser Person, die vor ihr sitzt, was das Urteil ist. Oder es kommt ein
Brief von der Behörde und der hat dann irgendwie, ähm, Bescheid über die Aufhebung der
aufschiebenden Wirkungen, der Vollziehbarkeit und so weiter. Und du weißt gar nicht, was
dann am Ende von dir gewollt wird. So, das müsste ja nicht so sein. Da reden wir von einem
Einzelfall, da könnte man es ja auch klar sagen. Und ich glaube, da verschanzen sich dann oft
die juristischen Entscheider*innen hinter dieser Sprache, weil sie dann meinen, kriegen sie
weniger Kontra.
01:27:31,015 –> 01:27:33,615 [Raul Krauthausen]
Es muss ja allgemeingültig bleiben können.
01:27:33,615 –> 01:27:41,716 [Ronen Steinke]
Na ja, es ist besser, ein bisschen wolkig zu bleiben, auch ein bisschen auf Abstand zu bleiben,
auch so emotional, oder, ähm, ja, dass dann die Leute… Wahrscheinlich kommt dann auch
weniger Resonanz von den Leuten und weniger Gemecker, wenn du denen so von oben
herab nur die Dinge sagst.
01:27:49,635 –> 01:27:52,175 [Raul Krauthausen]
Was sind denn so, ähm, Grundwissen, das man haben sollte, wenn man sich mit dem Thema
Recht auseinandersetzt? Also, ich hab zum Beispiel wirklich mal von ner Tagesschau-
Journalistin gelernt und die meinte, sie hat sich mit dem Thema Soziales beschäftigt. Und sie
meinte, dass es ihr extrem geholfen hat, dass ihr mal jemand gesagt hat, dass, ähm, wenn
Politiker innen von der Entlastung von niedrigeren und mittleren Einkommen sprechen, dann
meinen sie nie Bürgergeldempfänger.
01:28:21,175 –> 01:28:22,535 [Ronen Steinke]
Ja. Mhm.
01:28:22,535 –> 01:28:30,815 [Raul Krauthausen]
Ne, und das ist bei Sprache eben auch… Man denkt immer, das ist was Gutes, aber eigentlich
geht’s nie Transferleistung.
01:28:30,815 –> 01:28:31,575 [Ronen Steinke]
Ja.
01:28:31,575 –> 01:28:38,655 [Raul Krauthausen]
Und, äh, nur wenn Transferleistungen genannt werden, sind auch Transferleistungen
gemeint. Alles andere ist halt Wortschwurbelei.
01:28:38,655 –> 01:28:44,355 [Ronen Steinke]
So ähnlich wie mit Sozialbetrug. Wir reden ja ganz viel über Sozialbetrug, aber da wird es nie
Steuerhinterziehung mit gemeint-01:28:44,355 –> 01:28:44,515 [Raul Krauthausen]
Genau.
01:28:44,515 –> 01:28:48,135 [Ronen Steinke]
-wobei das im Grunde, also, die Definition total erfüllt.
01:28:48,135 –> 01:28:55,195 [Raul Krauthausen]
Oder wenn Politikerinnen sagen, sie möchten die Bürokratie abbauen, dann sind es ganz oft
Kürzungen im Sozialen.
01:28:55,195 –> 01:28:57,875 [Ronen Steinke]
Ja, nicht die Schuldenbremse beispielsweise-
01:28:57,875 –> 01:28:57,895 [Raul Krauthausen]
Genau.
01:28:57,895 –> 01:28:59,795 [Ronen Steinke]
-die ein bürokratisches Monstrum eigentlich ist.
01:28:59,795 –> 01:29:01,875 [Raul Krauthausen]
Ja. Also, das habe ich mir selber erarbeitet, aber vielleicht hast du noch mehr, ähm, Tricks,
die man kennen kann als Laie.
01:29:08,535 –> 01:29:35,395 [Ronen Steinke]
Ja, also, ähm, da bist du als Laie aber oft in ’ner schwierigen Lage, weil da Leute, ähm, dir
Sand in die Augen streuen mit solchen Begriffen. Also es ist ja bewusst, dass man so ein
Framing wählt, was dich so ein bisschen in die Irre führen soll, ähm, dass man jetzt alle Fälle,
wo du durchblickst und weißt, was sie in Wirklichkeit meinen, dass du das dann
dekonstruieren kannst. Ähm, ich glaube, man muss es einfach skandalisieren, dass Leute,
und besonders der Staat, sich die Freiheit herausnehmen, so mit dir zu reden, dass sie dich
im Dunkeln lassen.
01:29:42,375 –> 01:29:43,155 [Raul Krauthausen]
Mhm.
01:29:43,155 –> 01:30:02,515 [Ronen Steinke]
Denn du wirst immer der Schwächere sein. Du wirst nie in allen Bereichen so kompetent
sein, dass du davon selber durchblickst. Natürlich bist du darauf angewiesen, dass man dir
sagt, wie die Dinge jetzt sind. Ähm, keine Ahnung, du bekommst einen Bescheid, wo es
irgendwie um Baugenehmigung geht. Du kannst jetzt nicht anfangen, da noch ein Studium
extra nur dafür zu machen.
01:30:02,515 –> 01:30:04,195 [Raul Krauthausen]
Allein die Steuererklärung zu machen.
01:30:04,195 –> 01:30:09,295 [Ronen Steinke]
Oder das, ja. Steuererklärung oder auch deine Gehaltsabrechnung, wenn da irgendwelche
Details über– das versteht ja kein Mensch.01:30:09,295 –> 01:30:10,535 [Raul Krauthausen]
Ja.
01:30:10,535 –> 01:30:38,035 [Ronen Steinke]
Ähm, und das ist eigentlich auch mal ganz grundlegend für das, wie du dich fühlst als Bürger
oder als Bürgerin. Ich glaube, es gibt gute Intentionen, warum das alles so kompliziert ist. Oft
hat man da um Dinge gerungen und dann muss man auch die eine Ausnahme bedenken und
die. Aber am Ende führt es ganz oft dazu, wegen der Kompliziertheit der Dinge, dass du mit
so einem Gefühl der Ohnmacht in wichtigen Situationen deines Lebens bist, gegenüber dem
Staat. Das nimmt, glaube ich, auch zu, ja, dass du überfordert bist. Ähm, wir beide sind jetzt
hier mit unseren Smartphones, aber es gibt ja auch ganz viele Menschen, die haben das
schon nicht mehr mitgemacht. Also ältere Generation vor allem. Furchtbar, wenn du dir
vorstellst, du bist da abgehängt und hast dann auch vielleicht die Angst oder
Berührungsängste, dich da überhaupt noch ranzutasten ans Internet, wie sehr du da
abgeschnitten bist von ganz vielen Dingen. Und, ähm, ich glaube, das ist die Aufgabe von der
Politik, den Medien, da echt Leute mitzunehmen.
01:31:07,335 –> 01:31:24,635 [Raul Krauthausen]
Auch kulturell. Also, ähm, auch das akzeptiert, also, ich war mal in Japan und ich war, ähm,
erstaunt, wie man neunzig-jährige Menschen in der U-Bahn sitzt, die auf ihrem Smartphone
Manga-Comics gucken. So, warum sehen wir so was hier nicht? Ich glaub, das ist auch eine
kulturelle Frage. Das ist nicht einfach nur eine Altersfrage.
01:31:24,635 –> 01:31:25,175 [Ronen Steinke]
Ja.
01:31:25,175 –> 01:31:29,335 [Raul Krauthausen]
Sondern auch so trauen wir alten Menschen überhaupt zu, ähm, Smartphones zu nutzen. Es
gibt auch so ein unausgesprochenes Vorurteil: „Du bist zu alt, ich erkläre dir das nicht,“ oder-
01:31:38,455 –> 01:31:39,635 [Ronen Steinke]
Das stimmt, ja.
01:31:39,635 –> 01:31:41,855 [Raul Krauthausen]
Also, das ist beides so ein bisschen…
01:31:41,855 –> 01:31:59,175 [Ronen Steinke]
Und ich war kürzlich in USA und da ist mir aufgefallen, dass so Beschilderungen, also
Schilder, die dir einfach sagen, im Straßenverkehr, was du darfst, was nicht, super simpel
sind. Es gibt irgendwie nie mehr als zwei oder drei Wörter und du verstehst sofort, was
Sache ist. Und in Deutschland ist es dann alles so korrekt und es gibt Hauptsatz und
Nebensatz.
01:31:59,175 –> 01:31:59,555 [Raul Krauthausen]
Ja.
01:31:59,555 –> 01:32:03,295 [Ronen Steinke]
Und ich glaube, ähm, dass in Amerika verstehen einfach mehr Leute es besser.01:32:03,295 –> 01:32:05,835 [Raul Krauthausen]
Ja, ja, das stimmt. Ähm. Was ich mir eigentlich auch dachte, als ich gefragt habe, was sollten
Laien wissen, ist so ein bisschen so das: Was kann das Grundgesetz und was eben auch
nicht? Oder was heißt eigentlich Sozialgesetz? Was heißt eigentlich Strafrecht? Also ich habe
manchmal das Gefühl, dass wir auch aus Unwissenheit und in der Schule, finde ich, wird das
auch nicht angemessen erklärt, wie unser Rechtsstaat funktioniert. Das nur weil das, wie du
vorhin gesagt hast, da steht, es nicht heißt, dass du das bekommst.
01:32:35,723 –> 01:32:41,843 [Ronen Steinke]
Ja. Also ich habe jetzt da keine so eine knackige Einsatzantwort, weil dafür gibt es einfach
unter der Überschrift Recht zu vieles. Also alle unsere Politik wird ja am Ende in Form von
Recht geregelt. Also wir, das ist ja auch gut, wir sind ein Rechtsstaat. Das entscheidet nicht
irgendwie ein Monarch, der morgens aufwacht, sondern wir müssen uns immer diskutieren,
auseinandersetzen und am Ende auf eine Regel einigen. Deswegen alle Politikbereiche
schlagen sich am Ende in Recht nieder und es gibt es nicht für alles. Ich glaube, was man so
generell sagen kann, ist genau dieses „Ich habe keine übertriebene Ehrfurcht. Das ist auch
nur Politik. Da haben sich Leute auf einen Kompromiss geeinigt und es kann auch sein, dass
sie sich zwei Jahre später schon auf was anderes geeinigt hätten. Es ist nichts in Stein
gemeißelt und wenn es dir nicht passt, ist es vielleicht überraschend, wie leicht du auch
Verbündete finden kannst, dafür zu kämpfen, was du änderst.
01:33:29,763 –> 01:33:32,143 [Raul Krauthausen]
Würdest du eine Rechtsschutzversicherung empfehlen?
01:33:32,143 –> 01:33:46,563 [Ronen Steinke]
Muss man nicht, glaube ich. Die hilft ja bei so Sachen wie Nachbarschaftsstreit oder
Mietklage oder so was. Ist allerdings auch nicht ganz billig. Ich weiß nicht, ob man das
unbedingt machen muss.
01:33:46,563 –> 01:33:48,663 [Raul Krauthausen]
Würdest du sagen, du bist Aktivist?
01:33:48,663 –> 01:34:25,483 [Ronen Steinke]
Nee, das würde ich nicht sagen. Ich bin Journalist. Also ich bin, ahm schreibe schon mit dem
Ziel, dass es nicht nur wie so eine Fahrstuhlmusik des Lebens, wenn wir bei den Aufzügen.
Also ich hoffe jetzt nicht, dass meine Artikel dekorativ nur sind, sondern schon, dass sie was
auslösen. Ähm Und sei es nur im eigenen Herzen oder im eigenen Denken. Ähm Aber ich
trete es nicht an und formuliere wie so ein Aktivist ein Ziel. Ich möchte bis 2027 dieses
Gesetz weggeschossen haben. Ähm Und ich mache auch ganz viel einfach nur so eine
Grundlagenaufklärung. Also es geht einfach nur darum, Fakten ans Tageslicht zu bringen.
01:34:28,283 –> 01:34:33,243 [Raul Krauthausen]
Du sagst aber, dass Aktivismus und Politik beziehungsweise Rechtsprechung Hand in Hand
gehen.
01:34:33,243 –> 01:34:43,263 [Ronen Steinke]
Ja, also man kann da nicht so eine genaue Abgrenzung machen. Das sind auch so ein
bisschen, also in der Abgrenzung auch eher Kampfbegriffe. Da muss man auch sich nichtdarauf einlassen. Also Journalismus ist ja nicht dafür erfunden worden, dass er keine
Wirkung hat, sondern ist dafür erfunden worden, die Mächtigen zu kontrollieren. Insofern ist
es immer auf eine politische Wirkung aus und man wird da auch gar nicht so ganz
wahrscheinlich trennscharf abgrenzen können.
01:34:59,443 –> 01:35:29,283 [Raul Krauthausen]
Ich hatte hier zu Gast mal Aladin El-Mafaalani und irgendwie begegnen wir uns, war ich bei
einer Veranstaltung und so. Das ist irgendwie ’ne nette Freundschaft, die daraus auch
entstanden ist. Und der sagt ja, prangert ja sehr viel an, was in diesem Land problematisch
ist: Bildungsgerichtigkeit, Migration. Und der hat ja auch immer recht. Wenn man ihn dann
fragt: „Was heißt denn das konkret? Was sind denn jetzt Lösungen? Was sollen wir denn
jetzt tun? Dann sagt er: „Ich bin nur Wissenschaftler. Und ich verstehe das, aber ich finde es
halt auch einfach. Also wir müssen ja was ändern und so geht es ja nicht weiter. Und ähm
dann, finde ich, macht man sich vielleicht auch manchmal zu schnell einen schmalen Fuß, zu
sagen: „Ich bin kein Aktivist, muss noch etwas anderes machen. Ich bin nur Journalist, wir
berichten nur und sagen, was ist und so.
01:35:50,803 –> 01:36:16,943 [Ronen Steinke]
Ja, ja, ja. Also genau, ich will jetzt da nicht Aladin El-Mafaalani bewerten, ähm aber ähm es
gibt ja so verschiedene Schritte. Du musst Erkenntnis erst mal haben und da auch einfach
Infos zu sammeln, zu analysieren, ah sozusagen bereitzustellen, ist schon eine Menge
erreicht mit. Ja Ja. Und wenn das der Beitrag ist, den Leute leisten, ist überhaupt nicht
irgendwie geringzuschätzen.
01:36:16,943 –> 01:36:17,983 [Raul Krauthausen]
Überhaupt nicht. Zumeinung gesagt.
01:36:17,983 –> 01:36:54,303 [Ronen Steinke]
Schlussfolgerungen daraus zu ziehen und Forderungen daraus zu entwickeln. Also ich mache
das. Ich schreibe sehr gerne Kommentare in der Zeitung zum Beispiel und das ist für mich die
anstrengendste Textform eigentlich, weil du musst erst alle anderen es schon gemacht
haben. Also es ist sozusagen die nächste Verarbeitungsstufe oder die nächste
Konzentrationsstufe der Gedanken. Aber das heißt nicht, dass die untere Stufe weniger wert
ist, sondern – unter sage ich jetzt schon – die Vorstufe. Also ich respektiere das auch, wenn
Leute sagen, sie machen einfach nur Tatsachenforschung und nicht so sehr normativ. Ahhh
Ich mache es nicht. Ich mache es schon auch normativ.
01:36:54,303 –> 01:36:58,663 [Raul Krauthausen]
Also mich als Aktivist frustriert das manchmal, wenn ich dann dann vor lauter Problemen
stehe und dann schon gerne diesen Hinweis hätte. Dahin könnte man mal denken und das
muss er dann nicht machen oder jemand wie du oder so. Das können ja dann andere
machen, aber so einen leichten Hinweis.
01:37:11,903 –> 01:37:12,663 [Ronen Steinke]
Ja, das weiß ich.01:37:12,663 –> 01:37:16,983 [Raul Krauthausen]
Dann hat er eine Antwort gegeben. Da hat er gesagt: „Na ja, ob er es richtig findet oder
nicht, das ist nicht seine Frage gewesen. Aber wenn wir uns so schwer tun mit Migration und
Zuwanderung, wir aber ein implodierendes Schulsystem haben und dass es zu wenig
Fachkräfte gibt und viel zu viel Bedarf, ja dann müssen wir überlegen: Wo sollen die
Fachkräfte herkommen? Und er nennt es magisches Wunschdenken. Also dann zu sagen:
„Wir brauchen mehr Fachkräfte, ist halt nicht die Antwort. Weil, wo denn her? Oder wir
brauchen mehr Geld. Ja, wo denn her? Klar kann man Schuldenbremse lockern und so, aber
wo sollen die Fachkräfte herkommen?
01:37:51,423 –> 01:38:17,395 [Ronen Steinke]
Das ist vollkommen richtig und ich finde es auch die allergrößte Absurdität in Deutschland,
dass wir ein Land sind, wo irgendwelche U-Bahnen nicht fahren und Restaurants geschlossen
sind, weil nicht genug Leute arbeiten. Und gleichzeitig haben wir Unterkünfte für geflüchtete
Leute, die das alles machen könnten, ja genau nichts lieber täten, als endlich mal raus zu
dürfen und schaffen und Geld verdienen, auf eigenen Beinen stehen, davon haben die ja
geträumt. Deswegen sind die über das Mittelmeer hergeschwommen, ja oder?
01:38:17,395 –> 01:38:28,255 [Raul Krauthausen]
Er geht sogar ein Schritt weiter: „Selbst wenn wir diese Menschen hier nicht haben wollen,
wer soll’s denn dann machen?“ Und dann sagt er: „Eine Ansatz könnte sein, alte Menschen
einzubeziehen. Es gibt so viele alte Menschen, die Zeit haben, die das nicht unbedingt wegen
des Geldes tun würden. Aber dann dachte ich so: „Wow, das ist mal ein komplett neuer
Gedanke, der auch politisch gar nicht diskutiert wird. Natürlich gibt es viele Probleme dann
daraufhin ne. Also will ich auch jetzt nicht einfach sagen, dass es eine einfache Lösung ist,
aber das ist mein Gedanke, der mich als Aktivist inspiriert, zu sagen: „Ach krass, ja, so habe
ich noch gar nicht gedacht.
01:38:56,095 –> 01:38:57,615 [Ronen Steinke]
Also da bin ich jetzt nicht in meinem Feld der Expertise, aber ich würde auch denken, so was
wie die Vereinbarkeit von Karriere und Familie setzt ja auch Kräfte frei.
01:39:04,795 –> 01:39:05,556 [Raul Krauthausen]
Ja.
01:39:05,556 –> 01:39:08,795 [Ronen Steinke]
Dass Leute dann in der Lage sind, nicht zwanzig, sondern plötzlich dreißig Stunden die
Woche zu worken.
01:39:08,795 –> 01:39:09,995 [Raul Krauthausen]
Da brauchst du Personal und wer soll’s machen?
01:39:11,615 –> 01:39:15,875 [Ronen Steinke]
Also auch wenn man so rum denkt, kann man auch die, die, die Zahl der Leute, die arbeiten,
erhöhen.01:39:15,875 –> 01:39:38,255 [Raul Krauthausen]
Aber deswegen, also manchmal wünsche ich mir als Aktivist diesen Hinweis, auch von
Juristinnen oder von, , ähm, eben Forscher innen wie, wie Aladdin. Ähm, da könnte man mal
hinschauen. Ich habe zum Beispiel die Frage, ähm, lohnt es sich mal mit Lobbycontrol
zusammen zu schauen, wie die Verstrickung zwischen Politik und Wohlfahrt ist.
01:39:38,255 –> 01:39:38,935 [Ronen Steinke]
Wohlfahrt? Mhhhm.
01:39:38,935 –> 01:40:09,375 [Raul Krauthausen]
Also Lebenshilfe, Diakonie, Caritas. In deren Vorständen sitzen ganz oft Politiker und die
sägen ja ungern am eigenen Ast, wenn’s um die Abschaffung von Werkstätten geht und so
weiter. Es ist einfach so ’ne Frage, die ich– Ich trau mich nicht, das Fass aufzumachen, weil
dafür habe ich zu wenig Rechtskenntnis. Aber ich glaube, und ich mein, allein, dass Ulla
Schmidt, ehemalige SPD Gesundheitsministerin, äh, bei der Lebenshilfe ganz oben ist, ist
zumindest mal einen Blick wert.
01:40:12,455 –> 01:40:21,115 [Ronen Steinke]
Ja, also es könnte natürlich auch so sein, dass das ganz gut ist für diese Organisation, wenn
dann gewichtige Leute, die sich in der Politik gut auskennen –
01:40:21,115 –> 01:40:23,715 [Raul Krauthausen]
Ich würde erwarten, dass behinderte Menschen da oben sitzen.
01:40:23,715 –> 01:40:24,515 [Ronen Steinke]
Ja.
01:40:24,515 –> 01:40:26,955 [Raul Krauthausen]
Und nicht Gesundheitsminister innen.
01:40:26,955 –> 01:40:28,895 [Ronen Steinke]
Verstehe, ja.
01:40:28,895 –> 01:41:51,415 [Raul Krauthausen]
Aber das führt zu weit. Also einfach nur so, diesen Hinweis würde ich mir freuen, ab und zu
zu bekommen aus, aus der dem Bereich der, ähm, Forscher innen der Expertinnen. Ich habe
in meinem Buch „Wie kann ich was bewegen?“ die Kraft des konstruktiven Aktivismus mit
vielen anderen Aktivistinnen aus anderen Bereichen gesprochen. Tupoka, Luisa Neubauer
und so weiter. Weil ich hatte das Gefühl, ich muss mal raus aus meiner, aus meiner Bubble,
äh, und mal gucken: Sind die Beobachtungen, die ich in Bezug auf Aktivismus mache, ähm,
nicht auch Beobachtungen, die andere machen? Ne, also dieses Gefühl, dass Aktivist sehr
schnell, ähm, diskreditiert wird als Wort, ne, dass die Politiker innen sagen: „Ja, das sind halt
die Aktivisten.“ Aber dass Aktivistinnen auch Experten sind mit der Zeit, ähm, vielleicht sogar
mehr wissen als Politiker innen, ähm, hat mich sehr bestärkt in meiner Arbeit, als ich das
dann hörte, dass Tupoka oder Luisa Neubauer das auch sagten. Ähm, aber gleichzeitig finde
ich’s hochproblematisch – und da schließt sich der Kreis –, dass von Aktivistinnen auch
immer die Lösung erwartet wird. Und das ist ja das, was ich Wissenschaftlern vorwerfe, dass
sie auch keine Lösung präsentieren, sondern immer nur darstellen, wie es ist. Und, ähm -01:41:52,295 –> 01:41:55,395 [Ronen Steinke]
Da bist du ja genauso schlimm. Du verlangst auch von allen sogar.
01:41:55,395 –> 01:41:59,535 [Raul Krauthausen]
Ja, natürlich. Ich bin genauso schlimm. Ähm, und mein Anspruch wäre, dass die Politiker
innen, die damit Geld verdienen, die Lösungen dann eben entwickeln müssen. Aber wenn
die dann zurückzeigen, ja, was wollt ihr denn? Wie stellt ihr euch das denn vor? Kann ja nicht
immer so sein und so, dann, dann, dann wird quasi– Das ist sowieso schon eine ungleiche
Bewaffnung. Ehrenamtliche Aktivistinnen oder gering bezahlte Aktivistinnen kämpfen gegen
einen Apparat von Politiker innen mit Staatssekretären.
01:42:27,915 –> 01:42:48,015 [Ronen Steinke]
Das ist wahr. Das fällt mir auch übrigens beim Bundestag auf. Wir haben ja offiziell ein
Parlament, was die Gesetze macht, aber de facto machen das die Ministerien. Die schreiben
das Gesetz, geben es in den Bundestag und da wird es dann ein bisschen noch frisier– schön
frisiert und dann… Aber die Substanz, da kann das Parlament überhaupt nicht mithalten mit,
äh, unserem Staats-, also Exekutivapparat.
01:42:48,015 –> 01:42:50,895 [Raul Krauthausen]
Genau. Hast du da Verbesserungsvorschläge?
01:42:50,895 –> 01:43:00,175 [Ronen Steinke]
Ich weiß gar nicht. Ist denn deine Wahrnehmung, dass es so wenige Leute gibt, die
Lösungsvorschläge haben? Oder ist es nicht eigentlich so, dass wir ganz schön viele
konkurrierende Lösungsvorschläge haben?
01:43:00,175 –> 01:43:11,055 [Raul Krauthausen]
Also im Bereich Inklusion, glaube ich, sind es gar nicht so viele Konkurrierende. Sondern da
gibt es schon Dinge, wo wir uns alle mehr oder weniger drauf einigen würden. Ähm, aber es,
es scheitert dann eben, dass wir uns einlullen lassen von Politiker innen, die sagen: „Ja, wir
müssen die Barrieren in den Köpfen senken.“ Und dann– Das ist halt konsequenzlos.
01:43:26,435 –> 01:43:27,195 [Ronen Steinke]
Ja.
01:43:27,195 –> 01:43:29,695 [Raul Krauthausen]
Und ich hab mich selber ewig einlullen lassen.
01:43:29,695 –> 01:43:30,435 [Ronen Steinke]
Mmh.
01:43:30,435 –> 01:43:38,575 [Raul Krauthausen]
Und der, die Bildungsministerin Frau Prien ist jetzt aber auch nicht zuständig für den Aufzug
an meiner Grundschule. Das ist dann Ländersache.
01:43:38,575 –> 01:43:40,035 [Ronen Steinke]
Mmh.01:43:40,035 –> 01:43:45,755 [Raul Krauthausen]
Also wir, wir werden so beschäftigt gehalten im System, anstatt– Ich kann es gar nicht genau
beschreiben, aber es macht so ’n, so ’n Gefühl von Hilflosigkeit, ähm, weil am Ende niemand
zuständig ist.
01:43:54,675 –> 01:44:03,875 [Ronen Steinke]
Tja, dass du einen schweren Kampf, äh, zu führen hast, spricht ja nicht gegen den Kampf.
Ähm, das, ähm– Wenn es einfach wäre, könnte es jeder, also.
01:44:03,875 –> 01:44:27,151 [Raul Krauthausen]
Ähm, bist du im, im Bereich, ähm, äh, deiner Arbeit als, als Journalist und so… Ich genieße ja
immer so Momente, wenn Leute sagen, ähm Und dann irgendwann habe ich verstanden,
dass so wie du vorhin gesagt hast, dass du nach drei Jahren Jura gemerkt hast ach krass, da
ist ja richtig Musik. Gibt es sowas vergleichbares in der Gegenwart, wo du sagst wow, hab ich
so noch nicht gesehen?
01:44:31,671 –> 01:44:37,732 [Ronen Steinke]
Wir haben ja vorhin über das Sagbare gesprochen und ich hab also ich hab auch in den USA,
wo es ja eine sehr starke Tradition gibt von Meinungsfreiheit und da kannst du ja Sachen
sagen straflos, die bei uns überhaupt nicht gehen, komme ich eigentlich also traditionell
komme ich also auch aus einer deutschen Denke, dass es also gut ist, da so Leitplanken zu
haben und Tabus und da ändert sich meine Meinung schon sehr gerade. Und ich glaube,
dass schon auch eine Weisheit darin liegt zu sagen, lass doch alle Leute ihre wie auch immer
rohen oder widerwärtigen Gedanken auf den Tisch legen. Die sind ja da, diese Gedanken, die
werden nicht verschwinden, wenn wir uns das Gespräch verbitten. Also da liegt schon so
eine gar nicht so blöde Erkenntnis zugrunde zu sagen, Meinungsfreiheit bringt uns alle
weiter. Dann gibt es halt Debatten, die sind oft nicht schön, aber besser als keine Debatten.
Also da glaube ich, sind bei mir zuletzt so ein paar, so ein paar Weichenstellungen gewesen
oder so ein paar Erkenntnisse gekommen.
01:45:37,091 –> 01:45:45,711 [Raul Krauthausen]
Das ist interessant, weil das hört man dann oft von Politikerinnen, die einfach alles so lassen
wollen, wie es ist. Aber das aus deinem Munde zu hören, aus dieser Erfahrung heraus, dass
in anderen Ländern das ja auch irgendwie funktioniert. Aber in den USA ist es dann auch
schon hart polarisiert.
01:45:57,431 –> 01:46:18,031 [Ronen Steinke]
Ja, ja, das ist alles in den USA auch nicht perfekt. Unter Donald Trump wird die
Meinungsfreiheit gerade mit den Füßen getreten. Also an Unis beispielsweise, wo es dafür
Konsequenzen gibt für Leute, die demonstrieren. Aber so meine ich es nicht. Sondern auf so
einer ganz hohen Ebene. Die amerikanische Gesetzgebung und die Ansprüche, die sie
formulierte vom Verfassungsgericht in den USA, die sind, dass du letztlich eigentlich alles
sagen kannst. Solange du nicht zur Gewalt unmittelbar aufstachest, kannst du, du kannst ja
im Ku-Klux-Klan Outfit rumlaufen, du kannst mit Hakenkreuzen rumlaufen. Du kannst also
die wüsten Dinge sagen, wo bei uns schon längst das Strafrecht zuschnappen würde. Und wir
haben auf der anderen Seite eben dieses gut gemeinte frühzeitige Intervenieren des Staates
und Sprachverbote. Und gleichzeitig haben wir dann auch so Exzesse, wie das dann der
Mensch, der Robert Habeck, als Schwachkopf bezeichnet. Hast du mitbekommen?01:46:52,991 –> 01:46:54,451 [Raul Krauthausen]
Ja, das war merkwürdig.
01:46:54,451 –> 01:47:06,431 [Ronen Steinke]
Da steht dann morgens, die Polizei macht eine Razzia bei dem. Und das ist halt das Ding,
wenn du einmal so die Tür aufmachst, dass der Staat festlegen darf, ja, das ist ein bisschen
zu frech. Und da ist das nicht fair. Und Robert Habeck ist vielleicht nicht der schlimmste, aber
wenn man sich vorstellt, diese Paragraphen könnte Donald Trump nutzen. Also wenn Donald
Trump solche Macht hätte wie mit den deutschen Gesetzen, wie viele Razzien könnte der
machen, weil Leute im Internet irgendwelche Schwachkopf Kommentare über ihn gemacht
haben?
01:47:25,851 –> 01:47:27,391 [Raul Krauthausen]
Also blickst du zuversichtlich in die Zukunft?
01:47:29,251 –> 01:47:35,411 [Ronen Steinke]
Ja, eigentlich schon. Also wenn ich so die junge Generation heute anschaue, die so die
zwanzig ist, da sehe ich sehr viel Fortschritt im Vergleich zu früher. Also ganz viele Dinge, die,
als ich so angefangen habe zu studieren, noch überhaupt nicht selbstverständlich waren.
Was zum Beispiel das Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit betrifft. Klima brauchen wir
gar nicht drüber reden, sowieso ja. Also ein auch spätes Erwachen bei mir ehrlich gesagt. Da
glaube ich schon, dass die großen Linien eigentlich hoffnungsvoll machen.
01:48:00,851 –> 01:48:04,571 [Raul Krauthausen]
Gilt das dann auch für das Rechtssystem, dass du optimistisch bist?
01:48:04,571 –> 01:48:10,511 [Ronen Steinke]
Ja, also da kann man alles ändern. Und ich nehme es so wahr, es lohnt sich, da zu streiten, zu
kämpfen.
01:48:10,511 –> 01:48:14,471 [Raul Krauthausen]
Hast mal den Begriff geprägt strategische Prozessführung?
01:48:14,471 –> 01:48:31,491 [Ronen Steinke]
Also es stammt nicht von mir. Das ist so letztlich Aktivismus mit juristischen Mitteln, also wie
es ja so NGOs manchmal machen, dass sie sich sozusagen Präzedenzfälle suchen und dann
mit Geld und mit guten Leuten in diese Prozesse reingehen, um Leiturteile zu erstreiten.
01:48:31,491 –> 01:48:33,511 [Raul Krauthausen]
Die deutsche Umwelthilfe.
01:48:33,511 –> 01:48:34,651 [Ronen Steinke]
Genau Zum Beispiel.
01:48:34,651 –> 01:48:37,931 [Raul Krauthausen]
Das als Aktivist glaube ich auch daran. Ich habe nur kein Budget, um Anwältinnen zu
bezahlen. Das ist tatsächlich aber auch der Hebel, an den ich am meisten glaube, viel mehr
als an Aufklärung.01:48:49,591 –> 01:49:06,871 [Ronen Steinke]
Also es gibt ja z.B. die Gesellschaft für Freiheitsrechte. Das ist eine NGO, die das sozusagen
als Dienstleister anbietet. Du kannst dich an die wenden mit einem Anliegen. Und ich glaube,
im Umweltbereich gibt es da auch einige. Du hast jetzt eine genannt, wo man sich
hinwenden kann und entweder die sagen, nee, ist nichts für uns, aber manchmal sagen sie
auch ja, finden wir super.
01:49:06,871 –> 01:49:19,531 [Raul Krauthausen]
Du hast vorhin von dem republikanischen Anwaltsverein oder so gesprochen. Gibt es sonst
eine Organisation oder NGO oder Literatur oder Personen, die du empfehlen würdest, die
man sich noch mal anschauen kann?
01:49:19,531 –> 01:49:49,411 [Ronen Steinke]
Also wenn man Geld übrig hat. Ich finde, die Freiheitsform, wir haben es vorhin erwähnt,
also die Verein, der Leute freikauft, die nur wegen in der U Bahn ohne Ticket erwischt
werden, in einem Gefängnis sitzen. Damit schießt sich die Gesellschaft so sehr ins eigene
Bein. Das kostet ein unfassbares Geld. Eine Nacht im Gefängnis kostet den Staat so viel wie
eine Nacht im Nobelhotel, also hundertfünfzig bis zweihundert Euro. Wofür? Dafür, dass
jemand, der absolut nicht etwas gemacht hat, was so schwerwiegend ist, dass der da
eingesperrt wird, dass dessen Leben kaputt gemacht wird, dessen Sozialleben, dass er ein
Stigma, so einen Stempel aufgedrückt bekommt. Also jeder Mensch, der frei gekauft wird,
tun wir uns alle als Gesellschaft einen Gefallen.
01:50:06,811 –> 01:50:27,879 [Raul Krauthausen]
Helena Steinhaus von Sanktionsfrei hatte die auch erwähnt als unterstützenswerte
Organisation. Ich finde es auch großartige Arbeit, aber vielleicht fällt dir noch eine ein. Also
als Literatur oder als Kunst? Als Medium, sagen wir mal, fällt mir noch ein, ähm, beide Filme
über Ruth Bader Ginsburg.
01:50:27,879 –> 01:50:28,560 [Ronen Steinke]
Mhm.
01:50:28,560 –> 01:50:30,959 [Raul Krauthausen]
Ähm, einmal die Doku, RBG.
01:50:30,959 –> 01:50:31,419 [Ronen Steinke]
Ja.
01:50:31,419 –> 01:50:39,199 [Raul Krauthausen]
Und dann auch die Hollywood-Verfilmung fand ich tatsächlich ziemlich stark, äh, über die
ehemalige US-Verfassungsrichterin.
01:50:39,199 –> 01:50:42,279 [Ronen Steinke]
Ja, Ikone der Frauenrechte in USA.
01:50:42,279 –> 01:50:46,119 [Raul Krauthausen]
Die aber erst dann gehört wurde, als sie auch die Rechte von Männern vertrat. Was ich ’nen
super spannenden Move fand, auch so als strategische Prozessführung. Ihr Thema war jaGeschlechterdiskriminierung in der Verfassung. Und dann ist es eigentlich egal, welches
Geschlecht. Ähm, es wurde halt lange als Männerhasserin verstehen.
01:51:02,659 –> 01:51:03,479 [Ronen Steinke]
Mhm.
01:51:03,479 –> 01:51:20,279 [Raul Krauthausen]
Aber dass sie dann plötzlich auch mal einen Mann vertreten hat, der vor Gericht irgendwie
keine Unterstützung, äh, Quatsch, keine Unterstützung bekam vom Staat und vor Gericht
musste, ähm, weil es irgendwie um, um– Er musste seine Mutter pflegen oder so. Und das
stand aber nur Frauen zu damals.
01:51:20,279 –> 01:51:20,779 [Ronen Steinke]
Mhm.
01:51:20,779 –> 01:51:24,319 [Raul Krauthausen]
Und dann hat sie quasi für ihn das auch erkämpft.
01:51:24,319 –> 01:51:27,339 [Ronen Steinke]
Schlau, also hintenrum, ja Mhm.
01:51:27,959 –> 01:51:31,459 [Raul Krauthausen]
Wenn die Aufzug Tür jetzt aufgeht, wie geht es für dich weiter?
01:51:31,459 –> 01:51:42,379 [Ronen Steinke]
Ja, also ich, ähm, mach jetzt weiter Journalismus, ähm, bin gerade eine Weile weg gewesen.
Kurze Zeit ’ne Auszeit gehabt in den USA und hab jetzt wieder richtig Lust.
01:51:42,379 –> 01:51:44,859 [Raul Krauthausen]
Bist du freischaffend oder bist du irgendwo angestellt?
01:51:44,859 –> 01:51:55,199 [Ronen Steinke]
Ich bin bei der Süddeutschen Zeitung angestellt, ähm, und, das ist toll, weil man da mit super
Leuten zusammenarbeitet und, ähm, ein Publikum hat, was hohe Erwartungen hat, aber
auch eine hohe Treue hat.
01:51:55,199 –> 01:51:56,119 [Raul Krauthausen]
Ja.
01:51:56,119 –> 01:52:14,299 [Ronen Steinke]
Und, ähm, ich glaube, wir kommen jetzt zu– Wir haben jetzt über AfD ja schon ganz viel
gesprochen. Wir kommen jetzt in sehr unruhige Zeiten, wo es wichtig ist, irgendwie die
Nerven zu bewahren und, ähm, sauber und, und irgendwie, ähm, ja, der Wahrheit
verpflichtet, ah, und klar zu bleiben und da hab ich Lust drauf.
01:52:14,299 –> 01:52:40,539 [Raul Krauthausen]
Auf jeden Fall werden wir wahrscheinlich noch viel von dir hören. Da freue ich mich jetzt
schon drauf. Ah, online, ähm, wirst du verlinkt werden in den Show Notes. Deine Bücherwerden auch verlinkt sein. „You are not alone“. Ein großartiger Titel, äh, und ich, ähm,
empfehle auch sehr dein Gespräch, ähm, bei Jung und Naiv. Ist schön lang. Ich mag lange,
tiefe Gespräche. Sorry, dass wir jetzt zwei Stunden fast gequatscht haben, äh, aber ich bin
sehr dankbar, dass du da warst.
01:52:40,539 –> 01:52:43,219 [Ronen Steinke]
Mir hat es sehr Spaß gemacht. Ich nehme ganz viel mit. Vielen Dank dir.
01:52:43,219 –> 01:52:55,679 [Raul Krauthausen]
Auf bald. Danke fürs Mitfahren. Wenn ihr mögt und euch diese Folge Spaß gemacht hat,
bewertet diese Folge bei Apple Podcast, Spotify oder wo auch immer ihr zuhört. Alle Links
zur Folge, sowie die Menschen, die mich bei diesem Podcast unterstützen, findet ihr in den
Show Notes. Schaut da gerne mal rein. Wenn ihr meine Arbeit unterstützen möchtet, würde
ich mich freuen, euch bei Steady zu begrüßen. Mit einer Steady-Mitgliedschaft bekommt ihr
exklusive Updates von mir und die Gelegenheit, mich zweimal im Jahr persönlich zu treffen.
„Im Aufzug“ ist eine Produktion von Schönlein Media. Ich freue mich auf das nächste Mal,
hier „Im Aufzug“.
01:53:38,619 –> 01:54:09,799 [Schindler Aufzüge]
Diese Folge wurde dir präsentiert von Schindler. Am Anfang der Folge haben wir uns gefragt,
ob es in echten Aufzügen eine Dachluke gibt. Die Antwort: In normalen Personenaufzügen
nicht. Das ist ein reines Filmklischee. Aber in speziellen Feuerwehraufzügen gibt es
tatsächlich Deckenluken, um im Notfall Menschen zu retten. Willst du auch mehr über
Aufzüge erfahren? Dann steig bei uns ein. Unter schindler.de/karriere findest du viele
Möglichkeiten, um mit uns nach ganz oben zu fahren.
Diese Folge wurde dir präsentiert von Schindler Aufzüge. Willst du noch mehr über Aufzüge erfahren und vielleicht mit uns ganz nach oben fahren, dann steig gern ein. Unter schindler.de/karriere findest du viele Möglichkeiten für Einsteiger und Senkrechtstarter.
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Dieser Podcast ist eine Produktion von Schønlein Media.
Produktion: Fabian Gieske , Anna Germek
Schnitt und Post-Produktion: Jonatan Hamann
Coverart: Amadeus Fronk
Sowas wie washabich.de (Übersetzung von medizinischen Befunden in verständlich) sollte es auch für Jura/Recht geben!
In Großbritannien gibt es für Gerichte ein Equal Treatment Bench Book: https://www.judiciary.uk/wp-content/uploads/2025/05/ETBB-July-2024-May-2025-update.pdf
Leider sind nicht alle der Hinweise so auf das deutsche Rechtssystem übertragbar, eine deutsche Entsprechung wäre total gut.
…habe ich dich richtig verstanden, dass du in Deutschland niemanden mit Trisomie-21 kennst, der/die studiert? – Amelie Gerdes hat zumindest ihr Studium an der HKS Ottersberg begonnen; ob sie noch studiert, weiß ich nicht.
Beste Grüße!