Im Aufzug mit Janina Nagel

Wie führe ich ein selbstbestimmtes Leben?

Janina Nagel ist Fitnessinfluencerin. Und noch dazu ist sie kleinwüchsig – aber das allein bestimmt weder ihren Content noch ihr Leben. Ich bewundere sie für die besondere Art, wie sie das auf ihrem Kanal verbindet. Nur über die eigene Behinderung definiert zu werden, kenne ich zu gut und deswegen ist uns bei dieser Fahrt der Gesprächsstoff nicht ausgegangen.
Wir haben uns über die Herausforderung unterhalten, passende Kleidung zu finden und wie wir mit Kritik im Netz umgehen. Als Influencerin hat sie da auch schon einiges erlebt – und fragt sie immer wieder: Warum tu ich mir das überhaupt an?
Sie erzählt mir auch von ihrer Kindheit in Oberfranken, wofür sie ihren Eltern dankbar ist und was sie nach Berlin zog. Vielleicht gehen wir demnächst sogar mal gemeinsam ins Fitnessstudio. Aber zuerst geht diese Aufzugsfahrt los – viel Spaß damit und einem Gespräch über Empowerment und zu lange Ärmel.

Aufzugtür auf für Janina Nagel!

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Janina Nagel ist Fitness-Influencerin. Und noch dazu ist sie kleinwüchsig. Aber das allein bestimmt weder ihren Content noch ihr Leben. Schon immer bewundere ich sie für die besondere Art, wie
sie das auf ihrem Kanal verbindet. Nur über die eigene Behinderung definiert zu werden, kenne
ich zu gut. Und deswegen ist uns bei dieser Fahrt der Gesprächsstoff wirklich nicht ausgegangen. Wir haben uns über die Herausforderung unterhalten, passende Kleidung zu finden und wie wir mit Kritik im Netz umgehen. Als Influencerin hat sie da auch schon einiges erlebt. Sie fragt sich immer wieder, warum tue ich mir das überhaupt an? Sie erzählt mir auch von ihrer Kindheit in Oberfranken, wofür sie ihren Eltern dankbar ist und das sie nach Berlin zog. Vielleicht gehen wir demnächst sogar mal gemeinsam ins Fitnessstudio. Aber zuerst geht’s los mit dieser Aufzugsfahrt. Viel Spaß damit und ein Gespräch über Empowerment und zu lange Ärmel.

Die Tür geht auf und wer kommt rein? Ich freue mich sehr, endlich sehen wir uns wieder. Janina Nagel.

00:01:56.200
Janina Nagel: Juhu, hallo, richtig. Aber du hast meinen Namen falsch ausgesprochen.

00:01:58.840
Raúl Krauthausen: Janina.

00:01:59.480
Janina Nagel: Richtig.

00:02:00.600
Raúl Krauthausen: Janina Nagel.

00:02:02.320
Janina Nagel: Das sagen alle falsch. Von daher ist es okay.

00:02:04.680
Raúl Krauthausen: Wie kann man das sicherstellen, dass das nicht passiert?

00:02:07.280
Janina Nagel: Indem ich die Leute, glaube ich, daraufhin aufkläre und das immer wieder sage. Aber es ist ja auch verlockend, weil es gibt entweder Janin oder Janina und dann meinen Instagram- Namen, der auch nochmal anders ist.

00:02:18.160
Raúl Krauthausen: Janinii.

00:02:19.480
Janina Nagel: Genau, da denken viele, ich heiße Janinii, was ich mir denke, dass das aber hoffentlich nahe liegt, dass das mein Name ist. Aber naja, deswegen… Ich reagiere auch auf Janina, es ist nicht…

00:02:28.600
Raúl Krauthausen: Hast du mal darüber nachgedacht, deinen Instagram-Handle, deinen echten Namen anzugleichen? Oder deinen echten Namen, den Instagram-Titel anzugleichen?

00:02:37.720
Janina Nagel: Das ist eine gute Frage. Jetzt heiße ich halt schon so lange so und ich denke, irgendwie ist das so mein Name mit dem, die mich identifizieren. Und irgendwie ist es halt auch so ein cooler Spitzname.

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00:02:47.480
Raúl Krauthausen: Aber das ist so ein Name, den man immer nochmal vorher kurz googeln muss. Also der Instagram-Handle. Weil man nicht genau weiß, wo ist jetzt das 2te ii?

00:02:55.600
Janina Nagel: Ah, okay. Ich glaube, ich habe mir das tatsächlich ganz am Anfang bei irgendjemandem abgeguckt. Irgendjemand hat sich, also ein anderer Name, auch mit diesem Unterstrich ii. Und dann habe ich mir das einfach übernommen, weil ich es cool fand. Und seitdem… Ah, dann müsste ich mich jetzt irgendwie Janina Nagel official nennen. So official fühle ich mich nicht.

00:03:12.280
Raúl Krauthausen: Mit blauen Marken.

00:03:13.280
Janina Nagel: Ja, daran bin ich… Habe ich… Oh Gott, das ist peinlich zu sagen. Ich habe den schon zweimal beantragt, aber ich kriege ihn nicht. Ich überlege, was ich tun muss. Weil wenn du mich googelst, kommen nur Sachen von mir. Also nur Zeitungsartikel.

00:03:23.040
Raúl Krauthausen: Aber es gibt doch eine andere Janina Nagel, wenn man es googelt zumindest.

00:03:26.320
Janina Nagel: Ja, eine Architektin.

00:03:27.320
Raúl Krauthausen: Ja, genau.

00:03:28.320
Janina Nagel: Ja, aber ich würde schon sagen, dass ich bekannter bin als die Architektin, oder? Wenn nicht, werde ich es dann aber auch noch sagen.

00:03:34.920
Raúl Krauthausen: Blauer Haken, ganz kurz, hört mir gerade an. Ich hatte vor ein paar Monaten die Idee, ich druck mal so einen blauen Haken auf ein T-Shirt. Einfach so, weil ich den so absurd fand als Motiv. Und hatte dann das T-Shirt fertig und gedruckt und zog das an. Und es war genau an dem Tag, an dem Elon Musk auf Twitter irgendwie diesen blauen Haken eigentlich zum Abschluss freigegeben hat.

00:03:56.920
Janina Nagel: Okay, wie lustig.

00:03:58.120
Raúl Krauthausen: Da hab ich mich ein bisschen geärgert, weil jetzt ist der blaue Haken eigentlich genau das Gegenteil als diese Adelung von „Es gibt ihn wirklich“ oder „sie ist es wirklich“.

00:04:07.560
Janina Nagel: Das stimmt. Auf Instagram hat er, denke ich, glaube ich noch einen höheren Stellenwert.

00:04:11.480
Raúl Krauthausen: Noch.

00:04:12.200
Janina Nagel: Aber es ist ja auch witzig, dass du es genau an dem Tag hattest.

00:04:14.120
Raúl Krauthausen: Ja, es ist einfach Pech gehabt.

00:04:16.120
Janina Nagel: Als wäre das so eine Aktion von dir, die du noch unterstützt.

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00:04:19.120
Raúl Krauthausen: Nee, deswegen kann ich das nicht mehr tragen.

00:04:21.120
Janina Nagel: Oh Mist.

00:04:22.120
Raúl Krauthausen: Ja, das ist ein bisschen doof.

00:04:23.120
Janina Nagel: Verkauf’s.

00:04:24.120
Raúl Krauthausen: Verdammt. Sag mal, du bist aufgewachsen in Oberfranken.

00:04:28.120
Janina Nagel: Richtig.

00:04:29.120
Raúl Krauthausen: Erzähl mir von dort.

00:04:31.120
Janina Nagel: Oh, es ist eine sehr kleine Stadt. Ich hoffe, die Leute sind da jetzt nicht diskriminiert, aber es ist eine Stadt, die heißt Pegnitz. Es gibt einen Fluss, der heißt Pegnitz.

00:04:39.120
Raúl Krauthausen: Nicht zu verwechseln mit Prignitz.

00:04:41.120
Janina Nagel: Richtig, das wäre ja hier eher in der Gegend, oder?

00:04:43.120
Raúl Krauthausen: Genau.

00:04:50.740
Janina Nagel: Was gibt es dort? Wenig Einwohner, aber viel Fläche, ländlich, Kühe, Pferde, Hühner. Also grundsätzlich habe ich schöne Erinnerungen, wenn ich daran zurückdenke. Zumindest bis, ja, keine Ahnung. Ich würde schon sagen, dass ich Berlin jetzt mehr mag in Bezug auf Multikulti- Großstadtleben. Aber ich gehe gern zurück. Meine Familie wohnt da auch noch, also von daher gibt es schon noch Bezugspunkte dazu.

00:05:07.160
Raúl Krauthausen: Und warum bist du nach Berlin gezogen?

00:05:11.560
Janina Nagel: Tja, die Wahrheit ist tatsächlich damals der Liebe wegen. Also da bin ich damals hergezogen. Und dann habe ich mich aber selbst in die Stadt verliebt und die Beziehung hat nicht gehalten, aber ich mochte Berlin. Also ich habe mir halt meinen, also den Fehler, den man ja oft macht, dass wenn man zu jemandem zieht, dass man keinen eigenen Freundeskreis sich selber aufbaut und dass man so nur auf diese Person fixiert ist. Und dann ist natürlich, wenn man sich dann trennt oder so, ist man so alleine und dann will man gerne zurück in alte Gewohnheiten. Aber das war bei mir nicht so. Also es gab keinen Grund, so zurückzuziehen. Ich hatte meinen eigenen Freundeskreis, meinen eigenen Hobbys, meine Arbeit war okay und so. Deswegen, ja und jetzt bin ich hier schon, ich glaube, sechs Jahre oder sieben Jahre. Ja.

00:05:52.880
Raúl Krauthausen: Und wie oft bist du in dieser Stadt schon umgezogen?

00:05:57.760
Janina Nagel: Innerhalb von Berlin, lass mich mal überlegen, erst zweimal. Einmal hingezogen, zweimal Umgezogen. Aber immer in einem Umkreis von 100 Metern.

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00:06:08.320
Raúl Krauthausen: Damals, als wir noch Wohnungen bekamen.

00:06:10.320
Janina Nagel: Ja, wobei, das letzte Mal bin ich umgezogen im Februar. Und das war ja auch im gleichen Haus bin ich umgezogen.

00:06:16.320
Raúl Krauthausen: Okay.

00:06:17.320
Janina Nagel: Da hatte ich Glück, genau.

00:06:18.320
Raúl Krauthausen: Wir sind ja hier im Aufzug. Und die Frage, die ich all meinen Gästen immer stelle, du kennst es wahrscheinlich, hattest du schon mal einen Awkward Moment in einem Aufzug?

00:06:26.320
Janina Nagel: Ja, also generell ist es, glaube ich, immer awkward, wenn man als behinderte Frau alleine in einem Aufzug ist. und ein männlicher Partner dazu steigt. Ob das jetzt beispielsweise im Urlaub ist, man zum Beispiel in leicht bekleideter Bademode ist, wenn man gerade vom Hotelzimmer zum Strand will oder so. Also solche Situationen, das ist dann immer so, dann schweigt man sich mal tot, die Fahrt dauert gefühlt eine Stunde, man hofft, dass jetzt nicht irgendein komisches Kommentar kommt oder so.

00:06:55.320
Raúl Krauthausen: Kam schon?

00:06:56.320
Janina Nagel: Ja, eher so Blick, also dann weiß ich immer nie, wie ich den deuten soll, weil ich in einem offensichtlichen Badehotel mit einem Bikini unterwegs bin. Oder es ist meine Behinderung, die gerade wieder zum Blick fangen wird. Und in den Fällen schiebe ich es dann bewusst auf die Behinderung und denke, ah ja, dann ist es nicht so schlimm.

00:07:18.040
Raúl Krauthausen: Über Behinderung wollte ich eigentlich gar nicht so viel mit dir reden.

00:07:22.280
Janina Nagel: Nein, es war jetzt nur zu dem…

00:07:24.28
Raúl Krauthausen: Aber machen wir wahrscheinlich trotzdem noch. Du bist dem einen oder anderen vielleicht bekannt auf Social Media, TikTok, Instagram und Co, Podcast auch, weil du Fitnessinfluencerin bist oder zumindest warst. Ich bin gerade so ein bisschen unsicher, weil du hast das irgendwie nicht mehr so aktiv am Machen, hast du mal gesagt.

00:07:44.280
Raúl Krauthausen: Das stimmt.

00:07:51.280
Janina Nagel: Also die Frage ist immer, darf ich mich selbst als Fitnessinfluencerin deklarieren, wenn ich nicht diese typischen Dinge tue, die Fitnessinfluencer*innen tue?

00:07:55.280
Raúl Krauthausen: Das wäre dann das eigene Ernährungs…

00:07:57.280
Janina Nagel: Nee, aber dieses typische, ich stehe morgens auf, ich zeige, wie ich irgendwie 20 Pillen von Nahrungsergänzungsmitteln erstmal konsumiere. Dann halte ich jeden Tag mindestens dreimal meinen Eiweißshake in die Kamera. Und gehe halt jeden Tag wirklich ins Fitnessstudio und zeige, dieses ganze Training filme ich ab. Und das bin ich halt irgendwie nicht. Aber trotzdem mache

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ich halt Sport. oder ich habe ja auch eine Kooperation mit einem Sportpartner und ich mache gerne Sport und ich zeige Ausschnitte dahin. Aber es gibt halt auch Tage, wo ich mir denke, nee, ich möchte jetzt hier die ganzen Leute im Fitnessstudio nicht nerven und hier mein Stativ aufbauen, weil die haben auch das Recht, hier frei zu trainieren, ohne jetzt auf mich Rücksicht nehmen zu müssen. Aber wenn es sich mal anbietet, habe ich mal Lust, was zu filmen. Es ist halt, ja, schwierig. Und, also irgendwie bin ich es schon, aber irgendwie auch nicht.

00:08:46.280
Raúl Krauthausen: Was heißt Sportpartner? Ist das eine Person oder eine Marke?

00:08:49.640
Janina Nagel: Achso, eine Marke, genau.

00:08:51.000
Raúl Krauthausen: Und die geben dir kostenlos die Möglichkeit zu trainieren?

00:08:54.760
Janina Nagel: Nein, achso, nein. Tatsächlich auch als Model oder so. Also auch für Kooperationen, für Werbevideos und sowas. Genau, da bin ich jetzt… Vielleicht tauche ich bald mal dann an deinem Feed irgendwie als Anzeige auf. Wer weiß, lass dich überraschen.

00:09:09.240
Raúl Krauthausen: Aber hast du dann da also eine gewisse Stückzahl, die du produzieren musst? Oder ist es dann ganz flexibel?

00:09:13.200
Janina Nagel: Ne, auf Anfrage. Genau.

00:09:15.080
Raúl Krauthausen: Und wo kommt diese Unsicherheit her? Ob du das machen willst oder nicht? Oder vielleicht nur so ein bisschen?

00:09:22.680
Janina Nagel: Also ich glaube, je mehr man an Reichweite gewinnt auf Social Media, desto mehr Kontra kommt ja immer prozentual dazu. Und mir fällt es immer unglaublich schwer, damit so ein bisschen umzugehen, weil irgendwann plötzlich dieser Step erreicht war, okay, jetzt ist nämlich nur eine Person, die irgendwas zu meckern hat, sondern jetzt sind es auf einmal plötzlich mehrere. Und dann denke ich immer so, okay, was ist, wenn die recht haben? Und ich bin festgestellt, es gibt so ein Wort dafür, so People Pleaser. Also ich versuche es immer allen recht zu machen. Und ich versuche es ja tatsächlich dann auch den Leuten, die irgendwas gegen meinen Content oder gegen mich haben, recht zu machen. Und das ist so schwierig, weil das funktioniert ja eigentlich gar nicht. Normalerweise müsste ich das ja eigentlich einfach ausblenden und mein Ding durchziehen. Weil es gibt ja immer irgendjemand, der was zu meckern hat. Und das sind ja tatsächlich dann einfach nur oft die Fragen, warum schaust du dir das an, wenn es dich einfach nicht interessiert? Also was ist deine Kritik daran? Das macht keinen Sinn. Du gehst ja auch nicht in einen Kinofilm bewusst mit einer Handlung, die dich nicht interessiert und sagst danach, ja okay, der Film war langweilig, weil mich interessieren halt Autos gar nicht, aber ich war jetzt in einem Autofilm. Aber so ist es irgendwie und ja, ich glaube, dieses Ungehemmte, diese Kritik, die da auf einen einströmt, die verunsichert mich ein bisschen und da arbeite ich aber dran und versuche das auch jetzt immer zu ignorieren und einfach zu denken, hey, das bekommt jeder, ob das die Person mit den meisten Followern in Social Media überhaupt ist Oder ich, jeder bekommt immer irgendwie Kritik oder ein blödes Kommentar.

00:10:43.880
Raúl Krauthausen: Also ja, ich würde jetzt aus meiner Perspektive vielleicht sogar noch unterscheiden wollen zwischen verschiedenen Kritikformen. Es gibt halt die, die gar keine Ahnung von der Materie haben, die einfach irgendwas sagen wollen. Und ich merke, dass die Kritik am meisten weh tut von Leuten, die auch Expertinnen in dem Gebiet sind, in dem man selber ist. Aber so random Leute, diese klassischen Trolle, die ignoriere ich einfach.

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00:11:12.000
Janina Nagel: Ja, das fällt mir schwer. Genau, also auf jeden Fall, wenn es berechtigte Kritik ist, gerade auch jetzt irgendwie aus einer Aktivistinnen-Bubble, sag ich mal, das nehme ich immer, also das stelle ich sofort richtig oder schäme ich mich noch Wochen später und denke so, „Oh Gott, wie konntest du denn, Janina, Mann?“ So, ne, aber, genau, eher so Trolle, meinte ich jetzt eher in dem Kontext, ja.

00:11:30.960
Raúl Krauthausen: Aber da gibt es ja auch witzigerweise, ich weiß nicht, ob du auf Twitter aktiv bist, Aber Twitter ist ja ein Sumpf, wenn man das vergleicht mit Instagram.

00:11:39.120
Janina Nagel: Okay, ich bin tatsächlich gar nicht so aktiv auf Twitter.

Raúl Krauthausen: Oder YouTube-Kommentare. 00:11:42.520

Janina Nagel: Ja, okay.

00:11:44.520
Raúl Krauthausen: Es gibt einfach so pro Plattform auch verschiedene Härtegrade, aber ich mag mir das Gefühl. Also auf Instagram sind die eher noch wohlwollender, die Leute.

00:11:52.920
Janina Nagel: Ja, also ich hab versucht, ein bisschen TikTok wieder zu beleben, weil irgendwie auf Instagram eine Zeit lang nichts ging und Instagram mich irgendwie nicht mag, hab ich das Gefühl. Da hab ich versucht, einfach so alten Content zu recyceln auf TikTok. Und die Bubble dort ist ja auch ganz anders. Also das war auch so ein Schock für mich. Auch ganz, ganz, ganz absurd. Teilweise wo ich dachte so, oh Gott, das kann ich mir gar nicht weiter antun jetzt eigentlich, weil das ist schon schlimm. Also ich weiß ja nicht, wie es dir geht bei TikTok.

00:12:20.960
Raúl Krauthausen: Und die Leute, die dann immer als Kommentar schreiben, erster.

00:12:23.080
Janina Nagel: Achso, nee, halt eher so diskriminierende Witze, die ich aber schon so hundertmal gehört habe, wo ich mir denke, Also irgendwie ist es schade, dass ich innerhalb von 31 Jahren, die ich auf der Welt bin, und ab einem gewissen Alter, sagen wir ab 12, habe ich mitbekommen, was Kommentare so bedeuten und Sprüche, dass sich die nie ändern. Und immer noch jemand denkt, er hat jetzt einen neuen, witzigen Begriff für mich das allererste Mal benutzt. Dabei habe ich den halt schon mit 12 gehört. Und da würde ich schon gerne mal daran applaudieren, dass die Wörter sich weiterentwickeln, weil ich würde dann gerne mal wenigstens was Neues hören. Und nicht immer noch den alten Songs.

00:12:56.960
Raúl Krauthausen: Also wenn man dich trifft, wenn man dich kennt oder auf Social Media mal gesehen hat, dann finde ich, ist deine Behinderung, du bist klein, kleinwüchsig, eigentlich gar nicht so das Hauptelement, das für mich zumindest hervorscheint, sondern einfach diese Freude, also du strahlst eigentlich fast permanent. Und wenn du dann, keine Ahnung, Fitness machst oder irgendwie über Diskriminierung sprichst, dann hat das auch eine Tiefe, die man, sorry to say, mich zumindest am Anfang überrascht hat, als ich dich vor Jahren getroffen habe. Dann dachte ich so, okay, das ist eigentlich ganz cool und nicht so eine klassische Influencerin, die einfach nur Fitness macht oder einfach nur aus ihrem Leben erzählt, sondern schon auch irgendeine gewisse Tiefe hat. Bist du so eine Mischung aus Aktivistin, Influencerin und Person, die einfach gerne auch modisch sich kleidet und viele Interessen hat?

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00:13:58.840
Janina Nagel: Das auf jeden Fall. Und ich dachte halt mal, genau, ich habe halt so mit diesem Fitness angefangen und dadurch ja auch so eine Art Fitness-Follower-Schaft oder Fitness-interessierte- Follower-Schaft aufgebaut.

00:14:08.740
Raúl Krauthausen: Das hat Luisa Döllert auch.

00:14:10.140
Janina Nagel: Genau.Und dann habe ich ja irgendwie gedacht, weil trotzdem kamen ja so die Fragen, hey, wo bekommst du deine Kleidung her? Hey, wie hast du deinen Führerschein gemacht? bekam ja trotzdem die ganze Zeit, auch von den Leuten, die sich grundsätzlich für Fitness interessieren. Und dann hab ich irgendwann gedacht, hey, warum nutze ich das nicht, dass ich jetzt eine Reichweite habe in einer bestimmten Bubble, um die über was ganz anderes aufzuklären? Und dann nehmen die ja voll viel mit, weil sie folgen mir ja als Person schon gerne. Und die erreiche ich ja viel besser, als wenn man so einen vielleicht von Anfang an einen puren Aktivismus-Account hat. Dann weiß ich nicht, ob man jetzt so krasse Leute aus der Fitness-Bubble auf sein Account gelockt bekommst. Sicherlich auch, aber jetzt nicht so in dieser Vielzahl. Oder da muss es ja jemand sein, der vielleicht auch irgendwie betroffen ist oder warum auch immer. Also wie es dazu kommt, dass die Person dir dann folgt. Will ich nicht ausschließen, aber so grundsätzlich. Und ich glaube, da habe ich ja dann theoretisch auch so ein bisschen den Mehrwert denen geboten. Weil ich meine so Fitness-Influencer*innen gibt es ja, glaube ich, wie Sand am Meer mittlerweile. Und es ist ja schwierig, so ein bisschen seine Nische zu finden, um da überhaupt noch irgendwie zu wachsen in dem Sinne auf Instagram oder Social Media. Und das war, glaube ich, so ein bisschen mein Versuch, da in die Richtung zu gehen. Und es hat halt auch geklappt. Also ist ja nicht so, dass die dann alle dann abgewandert sind und sagen, „Okay, was machst du jetzt für komischen Content? Tschüss!“ Sondern im Gegenteil. Das fanden die eher alle voll cool. Und es lief gut und hat gute Reichweite erreicht. Und dann habe ich gedacht, okay, dann mache ich da ein bisschen weiter. Jetzt bin ich wahrscheinlich… Ich glaube, eine Social Media Agentur würde sagen, „Wow, du bist ein bisschen zu vielgleisig unterwegs. Du müsstest dich jetzt mal auf Themen festlegen, weil du bedienstest irgendwie alles. Und ja, wahrscheinlich haben sie recht, aber…

00:15:46.960
Raúl Krauthausen: Das Schweizer Taschenmesser.

00:15:48.560
Janina Nagel: Im Moment macht mir halt alles Spaß und da ist jetzt nicht mein Haupteinkommen sichert und ich jetzt denke, okay, stopp, ich muss mich jetzt festlegen, weil, sonst wird das nix, sondern ich es am Ende ja trotzdem noch Spaß mache. Dann habe ich halt jetzt meine Findungsphase und schaue, wo es gerade hinführt und was mir halt jetzt noch Spaß macht und ja.

00:16:04.840
Raúl Krauthausen: Ich habe bei meiner Arbeit immer irgendwie das Gefühl, so alle drei Jahre kommt dieses Gefühl. Was mache ich eigentlich? Was soll der ganze Scheiß hier eigentlich, den ich hier fabriziere, produziere? Habe ich nicht irgendwie alles gesagt? Wiederholen sich die Dinge nicht auch? Das können ja auch mal andere sagen. Das wird dann oft auch befeuert, wenn dann Leute von außen kommen, die sagen, oh nicht schon wieder, Raul. Und ich verstehe das auch. Und dann gibt es aber manchmal so Momente, wo ich das Gefühl habe, okay, ich habe vielleicht bei dem einen oder bei der anderen was bewirkt, eine Verhaltensänderung oder einen Erkenntnismoment erzeugt. Und das motiviert mich dann schon auch weiterzumachen. Hast du auch dieses Gefühl manchmal? Oder ist das für dich einfach jeden Tag gleich?

00:16:48.920
Janina Nagel: Nee, das Gefühl habe ich ganz oft. Und mir bestätigen das auch Follower ganz oft. Sie schreiben mir plötzlich aus dem nichts, schreibt mir jemand so, hey, ich wollte dir was sagen. Ich habe dein Video damals gesehen über diskriminierende Wörter. Und ich war gestern in der Situation, ich war in der Tankstelle oder ich habe meinen Sohn aus der Kita abgeholt. Und dann habe ich mich selbst ertappt, wie ich das und das Wort benutzt habe. Und dann habe ich mich sofort an dich erinnert und es tut mir so leid, ich muss das jetzt aus meinem Wortschatz streichen, aber ich arbeite dran. Oder

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ich habe andere Leute aufgeklärt, weil meine Nachbarin hat das Wort gesagt. Dann habe ich ihr gesagt, nein, das ist falsch, das darf man so nicht sagen. Bitte verwende lieber das Wort. Und dann bin ich so, wow, okay, danke, cool. Also, es ist jetzt nicht so, dass ich das hier erfunden habe, sondern ich, die Community generell hat ja einfach nur festgelegt, dass vielleicht folgende Wörter nicht so cool sind für uns. Und ich trage es nur weiter, aber wenn es funktioniert, ist ja, also das ist ja nicht so das beste Feedback, was man haben kann. Also von daher, und das motiviert mich dann schon weiterzumachen. Wobei ich eben merke, ich habe echt ganz gute Videos zu bestimmten Themen gemacht und die rutschen halt immer weiter runter. Und jetzt kommen so neue Leute dazu, die mich dann fragen, hey hast du nicht ein Video zu XY? Und ich so, ja das war halt mein allererstes Video, das ist halt sehr, sehr weit unten.

00:17:54.220
Raúl Krauthausen: Vier Kilometer nach unten scrollen.

00:17:55.620
Janina Nagel: Genau, und ich könnte es wahrscheinlich theoretisch einfach nochmal drehen.

00:17:58.060
Raúl Krauthausen: Oder ein Highlight machen. Oder anpinnen.

00:18:00.740
Janina Nagel: Ja, aber ich könnte es wahrscheinlich sogar nochmal einfach neu drehen.

00:18:02.740
Raúl Krauthausen: Genau.

00:18:03.240
Janina Nagel: Und die Leute würden das wieder so „Ah ja, das neue Video“ sehen. Aber ja, hast du bestimmt auch, oder? Also wenn du thematisierst auch was, dann scrollt das runter.

00:18:11.240
Raúl Krauthausen: Ich habe meinen Überblick komplett verloren.

00:18:12.740
Janina Nagel: Ja, genau. Und dann kommt „Hey Raul, hast du schon mal was zu hmm?“ Und dann denkst du so „Hö, ja, da habe ich schon dreimal was dazu gesagt.“

00:18:18.240
Raúl Krauthausen: Ja, ja, genau. Und du kannst die Themen immer wieder neu spielen. Aber die Frage, die ich mir dann eben oft stelle, muss ich derjenige sein, der dann diesen wiederholenden Erklärbär macht? Also ein Erklärbär ist ja schon schlimm, aber ein wiederholender Erklärbär ist dann schon irgendwie next level schlimm.

00:18:34.440
Janina Nagel: Absolut. Also deswegen zum Beispiel, wenn dann in den Kommentaren noch spezifische Nachfragen kommen, da bin ich dann immer schon raus und die Diskussion will ich halt gar nicht führen. Also es tut mir leid, aber ich habe da jetzt keinen Bock noch irgendwie mehr Hintergrundwissen oder irgendwas noch weiter anzufügen, warum das jetzt so ist.

00:18:50.640
Raúl Krauthausen: Du hast gerade gesagt, dass du nebenbei noch arbeitest. Das heißt, du hängst von Social Media finanziell gar nicht ab. Gar nicht so ab, dass du das unbedingt machen musst, um deinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Und das momentan noch eher Freude und Hobby ist.

00:19:05.840
Janina Nagel: Genau. Also klar, es ist schon so ein kleiner Nebenverdienst, aber ich könnte jetzt nicht morgen sagen, hey, ich kündige meine hauptberufliche Tätigkeit und ab sofort…

00:19:14.840
Raúl Krauthausen: Würdest du gern?

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00:19:16.240
Janina Nagel: Also das ist so eine Frage, die stelle ich mir oft. Jetzt muss ich gucken, wie ich mich ausdrücke, falls mein Arbeitgeber das hört. Aber, also wenn ich so überlege, wo ich mich sehe, dann merke ich schon, dass mir das, was ich auf Instagram tue, und das ist jetzt nicht mit „Hallo, ich halte ein Produkt in die Kamera und lächle dazu“, sondern es geht mir jetzt mehr so auch um das, was zum Beispiel heute stattfindet, in einem Podcast zu sein oder so. Das sind schon Dinge, die mir liegen grundsätzlich und die ich gerne tue. Aber ich bin so ein Mensch von Sicherheit und ich glaube trotzdem, dass das auch wieder so ein bisschen auf meine Behinderung zurückzuführen ist. Oder dass man so oft, habe ich das so eingeblurrt bekommen, so dieses „Du brauchst einen sicheren Job, weil du eine Behinderung hast. Du musst schauen, dass du da nicht gekündigt wirst. Öffentlicher Dienst, das ist wichtig.“ So und ist ja in dem Sinne schon richtig, aber so das ist bei mir noch so drinne und ich bin darauf so konditioniert, dass dieses „Wenn, dann müsste sich jetzt in Instagram oder wie auch immer irgendwas ergeben, dass ich weiß, okay, ich kann jetzt guten Gewissens meinen Job kündigen, weil ich habe hier das. Ich könnte nicht dieses ins kalte Wasser springen. Also das könnte ich nicht so sagen. Hey, ich probiere es jetzt einfach. Und dazu müsste ich ja auch irgendeine Idee haben, was ich da noch mache.

00:20:23.700
Raúl Krauthausen: Aber grobe Recherchen haben ergeben, dass dein Arbeitgeber auch Social Media macht.

00:20:27.900
Janina Nagel: Das stimmt. Aber scheinbar lässt sich das nicht vereinbaren. Ich weiß es nicht. Mein Arbeitgeber weiß auch, dass ich Social Media mache. Und dann ist die Frage, ja.

00:20:39.800
Raúl Krauthausen: Also es wäre auf jeden Fall eine große Marktlücke, die ich da sehen würde, wenn eine Person wie du mit mindestens einem Vielfaltsmerkmal dort die Social Media Influencerin der Marke wärst.

00:20:51.880
Janina Nagel: Das auf jeden Fall. Aber die Frage ist auch, möchte ich das dann tun, weil ich dann vielleicht irgendwie auch angreifbarer bin.

00:20:57.000
Raúl Krauthausen: Ja, käuflich.

00:20:58.520
Janina Nagel: Weil Kunden dann mich damit identifizieren und vielleicht ich dann auch irgendwie den Groll abbekomme als Person für irgendwelche Entscheidungen, die ich ja nicht treffe, sondern regierungstechnisch irgendwo liegen oder wie auch immer. Das wäre so ein bisschen die Gefahr, aber grundsätzlich, ich könnte ja auch im Hintergrund dort arbeiten. Das können ja auch…

00:21:14.600
Raúl Krauthausen: Klar, in der Redaktion.

00:21:17.000
Janina Nagel: Genau, es gibt ja bekannte Leute, die oft auch für so Formate angefragt werden und ich könnte da was delegieren oder so.

00:21:23.200
Raúl Krauthausen: Noch mal kurz zurück, Pegnitz versus Berlin. In welcher Stadt ist es leichter, als behinderter Mensch zu leben?

00:21:33.800
Janina Nagel: Schwierige Frage, weil natürlich in der Kleinstadt, wenn du da lebst und aufwächst, kennt dich halt jeder. Dann bist du gar nicht mehr angeguckt, weil jeder weiß, ah ja, das ist die kleine Tochter von den Nagels. Die kennen wir doch. Und dann gehst du in die Schule, deine Mitschüler kennen dich alle, weil es gibt ja nur eine Schule und so. Das ist, aber jetzt merke ich es, wenn ich

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zurückkomme, ist es so komplett Schockzustand für viele. Also wenn ich da mal einkaufen gehe, in die Drogerie oder in den Supermarkt, meine Mutter begleite, dann merke ich so, okay, wow, also niemand kennt mich hier mehr. Deswegen und jetzt, im Gegenteil, wenn ich jetzt auf dem Weg zu dir zum Beispiel hier zum Aufzug, ja, ist nichts Spektakuläres passiert. Also im Gegenteil, dann jetzt eher Berlin auf jeden Fall.

00:22:14.920
Raúl Krauthausen: Ich genieße diese Anonymität in der Stadt, die auch ich irgendwie genieße, also habe und erlebe. Und ich frage mich manchmal, wo kommt das her? Denken alle, ja, ja, habe ich schon mal gesehen. Es gibt so viele behinderte Menschen im Stadtbild, dass das irgendwie egal ist oder guckt man die Leute einfach nicht an?

00:22:30.520
Janina Nagel: Also ich glaube beides. Einmal dieses in Berlin, wenn du zulange hinkriegst, guckst.

00:22:35.080
Raúl Krauthausen: kriegst du aufs Maul.

00:22:39.520
Janina Nagel: Krieg ich aufs Maul, wo ich mir denke, bei mir jetzt eher weniger, aber danke. Ja, ich glaube, das ist schon trotzdem so ein bisschen in den Köpfen. Es ist nicht so, dass ich grundsätzlich nie in Berlin angestarrt werde. Das ist meine Lüge. Also es passiert schon und ist dann auch wieder abhängig, wo in Berlin man sich vielleicht rumtreibt. Aber grundsätzlich, ja genau, hast du recht. Also ich merke es aber jedes Mal, wenn ich halt S-Bahn oder U-Bahn fahre und ich schaue mir so den Waggon an, denke ich, nein, ich bin nicht die auffälligste Person in diesem Waggon. Nein, definitiv nein.

00:23:07.340
Raúl Krauthausen: Was war dein awkward Moment in einer S-Bahn? Ich glaube, auf jeden Fall kann ich einen erzählen.

00:23:12.140
Janina Nagel: Ja, da gibt es immer einen Mann mit Gitarre und am Ende zieht er seine Hose runter und zeigt seinen Po.

00:23:16.620
Raúl Krauthausen: Ja, so weit, so Berlin.

00:23:18.620
Janina Nagel: Ja gut, vielleicht fahre ich dann um die gewissen Tageszeiten und Nachtzeiten nicht mehr so gern U-Bahn, weil da gibt es wahrscheinlich noch verrückteres Stories.

00:23:25.400
Raúl Krauthausen: Ich habe mal ein Pony in der S-Bahn gesehen.

00:23:27.400
Janina Nagel: Ein Pony?

00:23:28.400
Raúl Krauthausen: Ja, ein Pony. Hat jemand sein Pony mitgenommen.

00:23:30.400
Janina Nagel: Klar.

00:23:31.400
Raúl Krauthausen: Dachte ich auch so, ey, du, mach, weiß nicht, ob die jetzt ein Ticket lösen müssen für ein Hund.

00:23:36.480
Janina Nagel: Dann hat die S-Bahn mehr PS, weißt du? Deswegen.

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00:23:40.200
Raúl Krauthausen: Ja, auf jeden Fall Pony. Das war mein großes Highlight. Ich war vor ein paar Wochen beim Verband der Kleinwüchsigen, bei deren Jahrestagung. Und da haben mich ein paar Situationen sehr berührt. Also wirklich tief emotional berührt. Wo zum Beispiel ich zwei Kinder beobachtete, die waren bestimmt drei oder so, die sich darüber unterhalten haben, welche genaue Kleinwuchsform sie haben. Und die beiden klangen wie Ärzte. Und ich habe mich gefragt, müssen Kinder klingen wie Ärzte? Weil wenn man das nämlich fortsetzt, also ab drei aufwärts quasi, dann hat man es so weit internalisiert, dass man auch Fremden ungefragt davon erzählt.

00:24:26.160
Janina Nagel: Dass das dann so ein Smalltalk-Thema schon ist.

00:24:27.920
Raúl Krauthausen: Genau.

00:24:28.920
Janina Nagel: Schwierig. Also ich meine gut, in dem Kontext, Kleinwuchstreffen und zwei Kinder unterhalten sich, beide sind kleinwüchsig, ist vielleicht nochmal anders, dass man das dann vielleicht auch so stolz erzählt als Dreijähriger, weil man sich diesen schwierigen Begriff jetzt mal gemerkt hat. Und vielleicht will man halt als Kind auch irgendwie, weil man merkt ja auch als Kind, als kleinwüchsiges Kind, dass du angeguckt wirst und will ja irgendwie wissen, warum ist man anders und so, warum fällt man auf. Aber du hast recht, wenn das natürlich dann in diese Dimension annimmt, dass man sich damit schon so vorstellen muss. Statt Alter sagt man dann die Behinderungsform oder so. Das nimmt Züge an, die nicht cool wären.

00:25:05.360
Raúl Krauthausen: Aber ist dir das nicht auch aufgefallen?

00:25:07.360
Janina Nagel: Inwiefern?

00:25:08.360
Raúl Krauthausen: Bei Menschen mit Behinderung, dass sie einem ungefragt davon erzählen, was sie haben.

00:25:12.360
Janina Nagel: Genau, also tatsächlich passiert das auf Instagram auch wieder, dass mir halt andere behinderte Menschen schreiben und sich direkt so komplett öffnen. und ich bin dann auch überfordert damit, muss ich auch sagen, weil ich nicht weiß, was ich dazu sagen soll. Weil das, sie schildern es ja auch in so einer, so ausführlich und teilweise auch medizinisch, dass ich nicht weiß, möchte die Person von mir jetzt irgendwie so, Mitleid ist das falsche Wort, aber, und das hört sich auch ganz falsch an, aber, so möchte sie von mir jetzt irgendwie aufmunternde Worte, Akzeptanz, Respekt, also was möchte sie von mir? Oder einfach nur ein „Ah, interessant“ oder „Will sie mich aufklären?“ weil ich das vielleicht nicht kannte oder das, ja, da tu ich mir schon schwer. Weil dieses generell, dieses Empfänger-Sender-Problem ist ja gerade auf Social Media auch so. Nur weil ich etwas über mich sage, heißt das ja nicht, dass alle so auf mich reinprasseln können und dann plötzlich mir ihre Lebensgeschichte erzählen. Weil ich kann ja nicht entscheiden, möchte ich das oder nicht. Aber die können ja entscheiden, hören sie sich das an oder nicht. Das ist ja…

00:26:09.360
Raúl Krauthausen: Und dann frage ich mich manchmal, ob sie das sagen, um so eine Art Augenhöhe zu erreichen. Also zu sagen, ich verstehe, was du meinst, ich bin in einer ähnlichen Situation.

00:26:17.560
Janina Nagel: Genau, also natürlich bei vielen, angenommen auch bei Kommentaren, macht es viel mehr Sinn, wenn ich weiß, ah, der Kommentar kommt von einer kleinwüchsigen Person. Dann kann ich den ganz anders einordnen. Gerade wenn eine Person mir zum Beispiel nicht widerspricht, aber irgendwie eine Gegendarstellung sagt zu irgendwas. Dann nehme ich das gar nicht als Angriff wahr,

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sondern denke, na klar, die hat doch auch ihre Berechtigung, das zu sagen, weil die Person ist ja auch kleinwüchsig und wenn ich das nicht sehe, weil irgendwie ein Cartoon oder eine Comicfigur das Profilbild ist, weiß ich das ja nicht. dann fände ich es wichtig in dem Kontext zu wissen, ah, die Person ist kleinwüchsig. Aber ich brauche nicht das komplette Blutbild und die komplette…

00:26:55.000
Raúl Krauthausen: Künstliche Darmausgang, ja, nein.

00:26:56.880
Janina Nagel: Ja, genau. Also das ist halt dann schwierig, weil die Person sollte es doch auch für sich irgendwie nicht zur Gewohnheit werden, dass sie das immer sagen muss jedem.

00:27:05.800
Raúl Krauthausen: Ja. Gibt es etwas, was… Also ich glaube, dieses Kleinwuchstreffen war… Da fiel mir dann auf, dass Eltern von behinderten Kindern, und die Eltern haben keine Behinderung, natürlich auch unfassbar unsicher sind. Wie können sie ihr Kind supporten? Was machen sie falsch? Gibt es etwas, was du dir von deinen Eltern gewünscht hättest?

00:27:28.360
Janina Nagel: Puh, das ist sehr schwierig. Ich glaube, meine Eltern haben da schon sehr viel richtig gemacht.

00:27:34.360
Raúl Krauthausen: Was haben sie denn richtig gemacht?

00:27:35.96
Janina Nagel: Na ja, dass sie darauf bestanden haben, dass ich in den Regelkindergarten komme. Es gab halt einen Kindergarten, der war mit Sprachförderung. Aber das war ja zum Beispiel gar nicht mein Defizit. Also nur weil man halt behinderte Kinder dort hatte, die in der Sprache oder die Hörbehinderungen hatten, dort waren, muss ich in Anführungsstrichen mit einer Gehbehinderung, also man versucht ja dann immer alle so in einen Topf zu werfen. Und da wäre ich ja völlig falsch an dieser Stelle gewesen. Also weil, vielleicht hätten die Menschen von mir profitiert und trotzdem hätte ich auch von dem Umgang mit anderen behinderten Kindern profitiert. Ja, aber grundsätzlich hätte es meine Entwicklung ja wahrscheinlich nicht gefördert. Und da haben meine Eltern drauf bestanden oder halt auch Regelschule und solche Dinge. Aber halt immer alles mit viel so Diskussion erstmal verbunden, ne? Weil immer erstmal so „Oh, können wir das machen? Oh, ja.“

00:28:29.640
Raúl Krauthausen: Mussten deine Eltern viel kämpfen?

00:28:31.160
Janina Nagel: Ja, ich glaube, wir reden gar nicht so darüber. Oder ist es so ein bisschen… Also doch, da gab es schon einiges, auch mit Schwerbehindertenausweis und solche Dinge. So wirklich menschenwürdig verletzende Untersuchungen mit älteren Männern, die da als Gutachter arbeiten. Und Fragen stellen, wo ich mir denke, was hat das jetzt zu tun mit meiner Beurteilung?

00:28:56.160
Raúl Krauthausen: Vielleicht haben wir beide so ein bisschen das Glück, dass unsere Eltern die Schwerbehindertenausweise für uns beantragt haben und wir sie nur verlängern mussten. Das ist glaube ich nochmal eine andere Nummer, wenn du dann selber in der Situation steckst, deinen eigenen Antrag zu stellen. Hast du jetzt, ich meine du arbeitest in dem Bereich, hast du
den Umgang mit Behörden und Verwaltung gelernt?

00:29:20.880
Janina Nagel: Genau, ich muss sagen, tatsächlich durch meine Ausbildung als Sozialversicherungsfachangestellte und generell dann den Umgang mit sehr viel Bürokratie, bin ich jetzt in so Prozessen, auch wenn es komplett andere Thematiken sind, Ämtern, außer Steuern, das sag ich ganz kurz, Steuern und Finanzamt, ganz andere Kapitel, aber sonst alles Mögliche, was man sonst beantragen kann, bin ich sehr routiniert, muss ich sagen, weil es irgendwie so ein bisschen schon ein

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Schema F gibt in Deutschland. Man muss es nur verstehen irgendwie oder man muss es irgendwie, also da tue ich mir tatsächlich nicht schwer, jetzt was auszufüllen, irgendeinen Antrag für irgendwas anderes, weil so grundsätzlich, Da, wo ich arbeite, gibt es sehr viele Anträge für sehr viele Dinge.

00:29:57.560
Raúl Krauthausen: Wie kam es denn dazu, dass du mit Social Media angefangen hast?

00:30:02.240
Janina Nagel: Das ist auch eine sehr gute Frage. Und das Witzige ist, ich bekomme diese oft gestellt und jedes Mal komme ich ins Stocken, obwohl ich ja eigentlich die Antwort schon mal routiniert sagen müsste. Also grundsätzlich war ja irgendwann so ein bisschen der Trend von anderen sozialen Medien, wie, ich weiß nicht, was war das letzte, ich hatte Schüler-VZ oder Studi-VZ, irgendwie sowas.

00:30:19.200
Raúl Krauthausen: Mein-VZ gab es auch noch.

00:30:20.680
Janina Nagel: Ja genau. Facebook war ja dann auch so eine Zeit lang. Und irgendwie dann habe ich halt so mitbekommen, dass man sich halt jetzt anscheinend Instagram einrichtet. Dann habe ich das halt auch mal gemacht. Und habe dann irgendwie so mitgekriegt, aha, man postet da also immer coole gestellte Fotos. Na gut, dann machen wir das halt irgendwie auch. Und ich weiß nicht, ich bin dann immer irgendwie so einer… Oder ich bin ja selber so anfällig für Werbung in Social Media. Also wenn Leute denken, aha, du verdienst Geld damit, das Geld, was ich ausgebe für Produkte, die mir dort irgendwelche Menschen zeigen oder die mir in die Werbung eingeblendet wird, da bin ich ja wirklich hemmungslos. Da bin ich, bin da verloren. Eigentlich müsste ich da sofort meine Bankverbindung für Online-Shopping, müsste ich deaktivieren, weil das ist ganz gefährlich bei mir, wirklich. was ich mal alles dort sehe und denke, das brauche ich, ja cool, Mensch. Und dann habe ich dort eine Sportbekleidungs- und Bademodefirma gesehen und ich wollte unbedingt von denen ein Bikini und habe mir den geholt und habe dann halt irgendwie so, so hat man das ja gemacht, ein Foto im Urlaub gemacht und habe diese Firma markiert. Und irgendwie hat die Firma das dann gesehen und die hatten für damalige Verhältnisse eine große Reichweite. Und dann haben sie mich gefragt, ob sie das Foto mal selber auf ihrem Feed posten dürfen, weil sie es schön finden. Und dann war ich so, ja, warum nicht? Genau, und dann haben sie das irgendwann gemacht, drei, vier Wochen später. Und dann hat das so richtig krass, weil sie mich auch markiert hatten, so, das war richtig krass. Also da hatte ich so viel Follower plötzlich dazu gewonnen. Und die Firma hatte nur positive Kommentare, das Foto hatte auch mehr Likes als alle anderen Fotos, die sie auf der Homepage auf ihrer Seite hatten. Und halt immer so, ja, endlich mal normale, also normale, darf ich nicht, andere Körperformen. Und nicht immer das Gleiche, was uns gezeigt wird, weil viele haben sich da wiedergesehen, obwohl sie nicht kleinwüchsig sind, aber trotzdem hat das für die irgendwie so Bedeutung gehabt, dieses Foto zu sehen. Ja, und dann irgendwie ist daraus quasi so eine Art Kooperation entstanden und dann ging das immer so Schritt für Schritt.

00:32:22.140
Raúl Krauthausen: Aber war das auch schon immer in dir irgendwie veranlagt, dass du eine Person bist, die gerne sich zeigt oder im Mittelpunkt ist?

00:32:30.860
Janina Nagel: Genau, also wenn du mich fragst, mein Teenie-Ich oder mein Jugendliches-Ich, was ich mal werden wollte, ich wollte immer Radiomoderatorin werden.

00:32:36.660
Raúl Krauthausen: Ich auch.

00:32:37.460
Janina Nagel: Ja, und irgendwie auch wieder so Selbstzweifel geprägt. Und weil ich so schlechte Erfahrungen hatte. Also ich hatte mich schon auch auf einige Praktika in Medienbranchen beworben und wir wollen darüber ja nicht so viel reden, aber was wir da, also ich da einen Ableismus und wirklich so erlebt habe und nicht zutrauen und für ein Schülerpraktikum brauche ich schon eine Vorerfahrung und so, Wo ich mir denke, wo soll ich denn die Erfahrung sammeln, wenn ich sie nicht

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im Praktikum sammeln darf? Und deswegen war der Traum dann irgendwie vorbei. Ich meine, Social Media ist ja der Vorteil, oder jetzt auch ein Podcast, du kannst es ja einfach machen. Ob die Leute es jetzt anschauen, ist ja eine andere Sache. Aber grundsätzlich kannst du es ja einfach machen. Und demzufolge war das so ein bisschen dieser Wunsch-Job-Erfüllung, die ja trotzdem funktioniert auf einer anderen Seite.

00:33:21.180
Raúl Krauthausen: Wobei Radio ja was anderes ist als visuelles Medium.

00:33:24.780
Janina Nagel: Genau, aber zumindest das Reden oder so, das mag ich halt. So mit Menschen reden oder grundsätzlich zu Menschen reden. Und das kann man ja da eigentlich ganz gut widerspiegeln. Und wenn Leute dann noch ein Gesicht dazu sehen, dann ist es ja vielleicht ein bisschen auch authentischer. Zumindest jetzt auf meine Person bezogen. Und ich glaube deswegen, ja.

00:33:41.380
Raúl Krauthausen: Also ich glaube, bei mir war das so, dass ich, weil ich ja schon immer im Mittelpunkt war, weil ich einfach auffalle, dann letztendlich diese Aufmerksamkeit auch bewusst oder unbewusst versucht habe zu nutzen. Oder man wurde ja dann auch besser im Umgang, wenn einen sowieso die Leute angucken. Und ich kann mir durchaus vorstellen, dass daher auch dieser Sendungswille in mir zumindest kommt. Man fällt ja sowieso auf.

00:34:07.900
Janina Nagel: Den Punkt habe ich vergessen, das ist richtig, der stimmt auch. Ja, aber ich überlege mir immer dann lieber, bestimme ich doch, wann die Aufmerksamkeit auf mir ist, als dass andere Leute entscheiden, wann ich im Mittelpunkt zu stehen habe.

00:34:17.860
Raúl Krauthausen: Ja.

00:34:18.260
Janina Nagel: Ungewollt, ja. Da stimme ich zu.

00:34:20.900
Raúl Krauthausen: Hast du auf Social Media Vorbilder?

00:34:22.900
Janina Nagel: Das ist eine sehr gute Frage, weil grundsätzlich hätte ich eben gerne eine berühmte behinderte Person als Vorbild.

00:34:32.900
Raúl Krauthausen: Peter Dinklage.

00:34:34.900
Janina Nagel: Ja, aber der selber hat ja gar kein Instagram zum Beispiel. Es gibt nur eine Fanseite. Deswegen fällt es mir da ein bisschen schwer und es ist schwierig da jetzt gezielt jemanden zu nennen. Und das ist ja auch so ein bisschen meine Intention und das hört sich, wenn man das selber sagt, finde ich immer so ein bisschen arrogant an. Aber vielleicht kann ich das ein bisschen erklären, dass man das so nachvollziehen kann. Sollte ich jemand so ein bisschen Erfolg oder mehr Erfolg da haben, dass ich ja schon auch gerne dann dieses Vorbild für junge, kleinwüchsige, behinderte oder auch nicht behinderte Menschen wäre. Also wie cool wäre es denn, wenn jemand dann eben eine offensichtlich behinderte Person als Vorbild nennt. Und das ist, glaube ich, eher das, woran ich arbeite, dass man das so sagt, Ja, also nicht weil ich sagen will, oh ich hätte so gerne Fans. Das hört sich immer so komisch an, aber so in der Hinsicht. Deswegen fällt es mir zum Beispiel schwierig zu sagen. Also natürlich, das sage ich jetzt nicht nur in dem Rahmen, aber schon bist du für mich auch ein Vorbild oder ein Idol in dem Sinne. Und weil du es auch vorhin gesagt hast, dass du mich nie so eingeschätzt hättest oder dass als wir uns unterhalten haben gemerkt hast, dass das ein bisschen tiefgründiger ist. Das ist ja auch so eine Entwicklungsreise oder so eine, selbst das ich auch durch Instagram gelernt habe. Also, hättest du mich in meinen Anfangszeiten, 2016 oder so, da hätten wir glaube ich nicht auf

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so einer Ebene miteinander gesprochen, weil ich da selbst noch so anders sozialisiert war und so selbst schwierig, würde ich sagen, und nicht aufgeklärt und das selber erst der stattgefunden hat. also indem ich mir auch dein Content angeguckt habe oder von anderen Aktivistinnen und dann gemerkt habe, ja okay, stopp, das spricht jetzt gerade genau dich an, Janina. Da solltest du mal ein bisschen drüber nachdenken. So, genau.

00:36:13.020
Raúl Krauthausen: Ich erwische mich gerade immer öfter dabei, wie mich Dinge stören auf Social Media, auch von Aktivistinnen in dem Bereich, die ich selber aber Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte lang, reproduziert habe.

00:36:27.580
Janina Nagel: Okay. Hast du ein Beispiel?

00:36:29.380
Raúl Krauthausen: Ich habe zum Beispiel die Idee, zu sagen, wir müssen die Leute aufklären. Weil ich frage mich, müssen wir wirklich alle Menschen aufklären? Und wann ist der Punkt erreicht, wo jemand sagt, ja, jetzt haben wir alle aufgeklärt?

00:36:45.780
Janina Nagel: Genau, der wird nie erreicht sein.

00:36:47.980
Raúl Krauthausen: Genau.

00:36:47.980
Janina Nagel: Aber wenn wir aufhören, dann werden es halt in der Zukunft immer weniger.

00:36:51.180
Raúl Krauthausen: Oder aber, vielleicht geht es gar nicht um Aufklärung, sondern um Begegnung. Und dann entsteht vielleicht die Aufklärung. Also wenn in meinem Fitnessstudio eine Janina Nagel auch jeden Mittwoch trainieren würde, dann wäre das eine Begegnung und da würde es einleiten mit der Tatsache der Existenz. Also dort zu sein, schon so viel Aufklärungsarbeit, gewollt oder ungewollt, machen, dass dann spätestens beim dritten Mittwoch für mich das keine Neuigkeit mehr ist.

00:37:18.980
Janina Nagel: Ja, okay, das stimmt. Aber grundsätzlich wäre Thema Sichtbarkeit wichtig eben auch in den sozialen Medien. Medien. Aber die könntest du ja auch, wenn du sagst, hey ab morgen mache ich Kochvideos, weil ich koche gerne, wäre das ja genauso.

00:37:28.300
Raúl Krauthausen: Sei froh, dass ich es nicht mache.

00:37:31.660
Janina Nagel: Echt? Okay. Nee, aber ich meine jetzt irgendwie, oder wie ich dann eben wieder halt Fitness mache, das ist ja das. Also eigentlich will man ja nur Sichtbarkeit so in diesem Bereich oder in seinem Hobby oder in dem, was man gerne hat. Und nicht immer nur als „Ah ja, das ist diese Behinderteaktivistin“, sondern ich, genau.

00:37:49.020
Raúl Krauthausen: Aber ich habe zum Beispiel in den letzten Tagen ein paar Podcasts und Videos mit und von dir gesehen. Zum Beispiel warst du bei „Auf Klo“.

00:37:58.160
Janina Nagel: Ah ja.

00:37:59.160
Raúl Krauthausen: Das Format habe ich gesehen. Und ich fand es schon auch krass, wie dann die Moderation gefragt hat, oder wie gar nicht gefragt hat, sondern es sind halt immer die gleichen Fragen, die gefragt werden.

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00:38:11.160
Janina Nagel: Ja, okay.

00:38:12.160
Raúl Krauthausen: Wann wurdest du zuletzt diskriminiert? Erzähl doch mal, wie heißt deine Kleinwuchsform? Und dann erklärt sie das nochmal ganz genau. Und du bestätigst es dann oder erklärst es dann auch nochmal. Und dann denke ich so, ja okay, das waren zwei Videos vorher auch schon mal gesagt worden. Und fünf Videos davor auch nochmal. Nicht nur von dir, sondern eben auch von Moderatorinnen immer wieder gleich gefragt wurden. Wo ich dann denke, wie oft müssten behinderte Menschen das eigentlich über sich ergehen lassen? Also wir kommen ja dann gar nicht vorwärts.

00:38:39.360
Janina Nagel: Das stimmt. Ja genau, wir haben ja mehr zu bieten als nur das.

00:38:42.880
Raúl Krauthausen: Wir sind ja keine Beantwortungsapparate.

00:38:46.400
Janina Nagel: Ne, das stimmt.

00:38:48.400
Raúl Krauthausen: Und heute habe ich eine Anfrage bekommen von einem Funkkanal. Du weißt, ich habe mit denen ja so meine Probleme. Von einem Funkkanal, wo sie gesagt haben, ja, wir haben gerade ein Video gemacht mit einem behinderten Menschen, teilt es doch mal in deiner Community.

00:39:03.880
Janina Nagel: Achso, ja, das bekomme ich auch oft. Und ich denke immer so, teilt ihr denn meine wichtigen Videos, in denen ich Botschaften sende, die wichtig sind für eure hohe Followerzahl?

00:39:11.760
Raúl Krauthausen: Genau.

00:39:13.760
Janina Nagel: Nein. soll ich dann dieses Video teilen.

00:39:17.920
Raúl Krauthausen: Genau das und ich habe keinen Bock mehr, eine Linkschleuder für öffentliche Anstalten zu sein, nur weil die selber keinen Zugang zur Community haben.

00:39:23.040
Janina Nagel: Genau.

00:39:27.320
Raúl Krauthausen: Das habe ich aber selber jahrelang gemacht und ich habe mich jedes Mal gefreut, dass Funk etwas zu dem Thema macht.

00:39:32.360
Janina Nagel: Genau, das ist ja auch wichtig, aber wie du sagst, deine Reichweite dafür zu nutzen, dass andere dann daran wachsen und du hast ja nichts davon. Und dann moderieren sie nicht mal die Kommentare und du liest ja da teilweise Dinge durch, wo ich mir denke, oh…

00:39:43.480
Raúl Krauthausen: Und sie verlinken noch nicht mal die Gäste. Mhm. Das finde ich halt auch super dreist.

00:39:43.480
Janina Nagel: Absolut, genau.

00:39:49.480
Raúl Krauthausen: Also du hast auch gar nichts davon, du bist nur am Geben.

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00:39:52.040
Janina Nagel: Bei dem Beitrag, den über mich gemacht wurde, genau, da haben sie mich auch zwar bei dem Unterformat verlinkt, aber nicht, als es der Hauptkanal ausgespuckt hat.

00:39:58.480
Raúl Krauthausen: Und ich glaube, das ist Policy. Mhm, ja. Weil das wäre dann Werbung vielleicht oder keine Ahnung was. Aber ich finde das nicht okay. Nee, absolut. Und da würde ich mir auch in der Aktivistinnen-Bubble da draußen wünschen, dass wir uns da vielleicht verbünden und wehren. Und sagen, nee Leute, das machen wir einfach nicht mehr. Erst seitdem ihr bezahlt uns dafür oder erst seitdem irgendwie ihr macht einen anderen Deal mit uns.

00:40:22.000
Janina Nagel: Gut, die Honorare sind ja auch mal zum Lächeln, wenn du dann immer das so aufwandsentschieden…

00:40:27.320
Raúl Krauthausen: Aber ein ganz tolles Format mit dir, das ich gesehen habe, war 13 Fragen. Da ging es um das Thema Body Positivity.

00:40:34.880
Janina Nagel: Also fandest du es toll? Weil ich muss sagen, ich finde, ich bin da sehr untergegangen mit meiner Meinung. Ich habe zwar meinen Standpunkt erklärt, aber es ging halt gar nicht um dieses Thema.

00:40:42.920
Raúl Krauthausen: Genau.

00:40:43.420
Janina Nagel: Was genau meine Aussage bestätigt hat, die ich ja getroffen habe, nämlich, dass sie nicht sichtbar sind. Und ich dachte mir so, das war der Beweis dafür.

00:40:50.760
Raúl Krauthausen: Ja, genau. Das Thema war ja Body Positivity, dann ging es auch um Fat Shaming und war ein sehr komplexes, sehr großes Thema.

00:40:58.960
Janina Nagel: Ja.

00:40:59.460
Raúl Krauthausen: Und das war der, also ich habe das zufällig an dem Tag gesehen, wo ich gerade zufällig getwittert hatte, auch behinderte Menschen haben ein Recht darauf, Sportmuffel zu sein.

00:41:08.580
Janina Nagel: Mhm.

00:41:09.080
Raúl Krauthausen: Und das wird nämlich ganz oft in Abrede gestellt, dass behinderte Menschen, also älter wird unterscheidet, behinderte Menschen sind krank, oder sie müssen ihren Körper jetzt erst recht lieben, oder aber sie sollten wenigstens Sport machen, weil das wäre ja gut.

00:41:23.800
Janina Nagel: Genau, würde ja dich weniger behindert machen.

00:41:26.840
Raúl Krauthausen: Genau. Und dann denke ich so, was ist denn das eigentlich für ein Bild, dem wir da die ganze Zeit entsprechen sollen? Und ich mochte den Begriff „Body Neutrality“ in dem Zusammenhang. Und jetzt frage ich dich als Sportlerin, behinderte Menschen dürfen doch auch Sportmuffel sein, oder?

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00:41:42.680
Janina Nagel: Absolut. Also behinderte Menschen sind ja auch ein Querschnitt der Gesellschaft. Das vergessen ganz oft Menschen. Die denken ja auch alle, wir sind alle miteinander befreundet, wir haben alle die gleichen Hobbys, wir wählen alle die gleiche Partei, wir essen alle das gleiche Lieblingsgericht.

00:41:57.120
Raúl Krauthausen: Und gehen alle in die gleiche Schule.

00:41:58.640
Janina Nagel: Genau, und das ist ja nicht so. Es gibt ja auch politisch welche, auch Kleinwüchsige, von denen ich mich weit distanziere, wo ich denke, ja, wir sind beide kleinwüchsig, aber politisch sind wir nicht auf der gleichen Ebene. Oder auch so. Und das ist genauso bei Sport. Es gibt Menschen, die haben Bock drauf und die machen das gerne. Es gibt welche, die machen es nicht. Es gibt welche, die machen halt lieber Ballett. Es gibt welche, die machen Basketball. Es gibt welche, die sagen Golf. Und manche sagen, nee, danke, möchte ich. Keine Lust so. Oder kein Spaß. Oder geht vielleicht auch einfach gar nicht. Oder wie auch immer. Und das ist völlig okay.

00:42:30.840
Raúl Krauthausen: Gleich geht’s weiter. Wenn Du diesen Podcast unterstützen möchtest, dann kannst Du das mit einem kleinen monatlichen Beitrag tun. Im Gegenzug kannst Du alle Folgen vorab hören und Du wirst, sofern Du das möchtest, hier im Podcast namentlich genannt. Alle Infos findest Du unter www.im-aufzug.de. Ende der Service-Durchsage, Viel Spaß beim zweiten Teil der Folge.

00:42:59.520
Raúl Krauthausen: Ich hab gerade gesehen, du hast einen Fitness-Tracker an der Hand. Witzigerweise habe ich beim kleinwuchsforum und auch bei den Verwandten der Menschen mit Glasknochen sehr, sehr viele behinderte Menschen gesehen, die irgendeinen Fitness-Tracker oder eine Smartwatch tragen. Und ich frage mich, funktioniert das mit ungewöhnlichen Körperformen?

00:43:28.040
Janina Nagel: Also tatsächlich konnte ich bei meinem Gerät meine Schrittlänge einstellen. Weil, also mir ging es darum, dass ich so ein bisschen meine Schritte überwache, weil gerade durch viel Homeoffice und so, wenn ich dann sehr viel sitze, möchte ich schon ab und zu mal so ein bisschen erinnert werden. Ah ja, aufstehen wäre auch mal ganz gut, weil im Büro hast du ja wenigstens mal den Weg zum Drucker oder wie auch immer. Und das funktioniert bei mir ganz gut. so, aber ich hab’s auch teilweise, weil ich oft mein Handy, ich habe mein Handy immer auf lautlos, immer. Und meine Uhr wenigstens vibriert dann mal, sonst würde ich glaube ich keinen Anruf am Tag entgegennehmen können.

00:43:59.240
Raúl Krauthausen: Das heißt, du benutzt es nicht nur für Fitness-Tracking, sondern auch?

00:44:03.840
Janina Nagel: Ja, also auch hauptsächlich auch als Uhr anrufen und mein Schlaf analysiert es auch und es erinnert mich zu trinken, also so Dinge, ja.

00:44:17.080
Raúl Krauthausen: Also meine Uhr erinnerte mich, ich sollte aufstehen und dann Und dann dachte ich so, nee, ich fühlte mich ja nicht angesprochen. Verstehst du, so als solche Frage, als aufstehen.

00:44:24.200
Janina Nagel: Ich habe es kurz leider gebraucht, es liegt halt an der Hitze, tut mir leid.

00:44:27.240
Raúl Krauthausen: Oder es heißt doch jetzt irgendwie, setzen wir uns aufs neue Rauchen, so gesundheitstechnisch, wo ich dann denke, ja…

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00:44:35.080
Janina Nagel: Wären wir halt wieder nicht mitgedacht. Was soll ich jetzt machen?

00:44:38.040
Raúl Krauthausen: Eine rauchen.

00:44:38.720
Janina Nagel: Eine rauchen, okay. Minus, minus ist plus, weiß ich auch. Also, verstehst du, was ich meine?

00:44:44.400
Raúl Krauthausen: Absolut. Ich frage mich, sind andere Körper damit berücksichtigt worden, in diesen Fitness-Tracking-Tools?

00:44:51.640
Janina Nagel: Also gar nicht. Wenn ich mein BMI z.B. mal ausrechne, bin ich ja immer hochgradig, mehrgewichtig und muss, also dann alles wird rot und wird mir angezeigt, was ich dringend tun sollte. Und ich denke mir so, hm, okay, also weiß das Gerät, dass ich jetzt kein Kleinkind bin mit dem Gewicht beispielsweise? Also ich bin nicht vier Jahre alt. So, ja, das ist schade.

00:45:12.640
Raúl Krauthausen: Da wäre Luft nach oben. Beim Thema Social Media würde ich gerne mal weitermachen. Jetzt können wir natürlich ganz viel aufklären, aber das ist vielleicht auch nicht unsere Aufgabe. Und auf der anderen Seite gibt es Menschen mit Behinderung, die dann sehr erfolgreich Comedy machen mit dem Thema Behinderung. Also es gibt einen, der körperlich sehr behindert ist in den USA, der sich selber permanent zum Löffel macht. Und das kann man sich mal witzig anschauen. Gleichzeitig glaube ich, also ich finde es deswegen problematisch, weil mir Trolle auf Social Media immer sagen, warum bist du nicht so witzig wie der? Oder es gab doch bei Jackass, gab es auch einen kleinen Witzigen, der alle möglichen verrückten Dinge gemacht hat.

00:45:58.160
Janina Nagel: Mit dem Titel werde ich auch oft so, also nicht beschimpft, aber genannt, dieser Wee- Man. Und ich wusste eine Zeit lang nicht, was ist Wee-Man?

00:46:04.480
Raúl Krauthausen: Oder „Mini-Me“ von Austin Powers.

00:46:06.360
Janina Nagel: Ja, wenn man das zu mir sagt, dann denke ich immer so, ja, also ich bin halt irgendein Typ, Deswegen spricht mich das jetzt gerade gar nicht an, aber okay.

00:46:14.080
Raúl Krauthausen: Ja, aber inwieweit ist es ein Bärendienst an die Behinderten- Community, wenn wir die ganze Zeit aufklären, dass dann drei, vier solche Leute reichen, um alles wieder im wahrsten Sinne mit dem Arsch einzurassen?

00:46:27.360
Janina Nagel: Also, dass es halt das Problem ist, oder das eigentlich, die dürfen das ja machen. Das gibt ja kein Verbot. Und wenn die sagen, hey, ich will Comedy machen, auch auf meine eigenen Kosten, Grundsätzlich ist es okay. Jetzt kommt auch das „aber“. Die Gesellschaft ist ja leider nicht so weit zu differenzieren. Aha, diese Person hat die Behinderung und macht jetzt für sich selbst klar, sie findet das witzig. Und sie nimmt sich selbst auf den Arm. Sondern die denken ja, ah, dann darf ich das ja auch. Also ich darf einmal das so machen gegenüber allen behinderten Menschen, weil die Person hat es mir ja quasi erlaubt und dann werde ich zum Beispiel mit irgendwas angesprochen, mit einem Begriff, den die Person für sich als okay erachtet hat oder ein Witz oder wie auch immer, wo ich sage, nee, der ist überhaupt nicht okay, triggert mich gerade richtig, finde ich absolut schlimm. Oder was ja dann Leute auch machen, dass sie so Videos nehmen von der Person, die zur Hälfte abschneidet und dann irgendwie ein eigenes witziges Ende machen. Also ich weiß nicht, das habe ich ja zum Beispiel

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ganz oft gesehen, hier Matthias Meester, der Sperrwerfer, dann irgendeine Szene, wo er den Sperr wirft und dann so ein Karten und es ist irgendwie ein Mann, der hat dann lauter Zahnstocher in seinem Gesicht. Und ich finde es halt absolut gar nicht witzig. Ich fände es, also ich finde es nicht witzig, aber zum Beispiel er selbst hat’s repostet und findet es witzig und dann suggeriert er wieder, es ist okay. Und ich finde es halt, nee, ist nicht okay, weil wir anderen kleinwüchsigen Menschen kriegen das jetzt irgendwie die ganze Zeit zugeschickt oder ich werde verlegen und da „hahaha, guck mal“. Ja, also eine nichtbehinderte Person, die sich darüber lustig macht, hat es halt einfach. Aber die verletzt es ja nicht, die Person. Sondern das verletzt ja uns. Also sollte man ja uns fragen, ob wir es witzig finden. Und letztendlich muss es ja jede behinderte Person für sich selber entscheiden. Aber um die Frage zu beantworten, ja. Also ich glaube halt, das Problem ist, ich kann 100.000 Aufklärungsvideos machen. Wenn eine Person einen so ein Gag-Video macht, macht das halt alles kaputt. Also die Gewichtung ist halt komplett anders. Und diese Videos sind aber halt auf TikTok und so viel geklickter, viel bekannter, viel viraler, als jegliches Aufklärungsvideo, was ich noch so witzig gestalten kann, jemals erreichen wird. Und das ist eigentlich auch sehr traurig, dass der Algorithmus hingegen dessen selbst diskriminiert.

00:48:38.440
Raúl Krauthausen: Also würdest du jetzt sagen, mit deiner gestiegenen Reichweite empfindest du auch mehr Druck und Verantwortung?

00:48:44.920
Janina Nagel: Auf jeden Fall. Also ich versuche schon, dass ich mich selber auch gegenüber anderen Bubbles nicht diskriminierend verhalte, weil das finde ich ja irgendwie, dann wäre ja auch absurd, wenn ich das auf meiner Seite einfordere, aber dann selber nicht mache. Und ja, also ich glaube schon, dass die Verantwortung grundsätzlich dann steigt, so wenn man mehr Leute erreicht. Also ja.

00:49:05.920
Raúl Krauthausen: Bei den Vorbereitungen haben wir uns gefragt, weil du in einem Podcast, beziehungsweise in einem Video auch gesagt hast, dass du in deiner Schulzeit auch sehr viel Diskriminierung erlebt hast. Ob, sagen wir mal, da vielleicht auch eine gewisse Reife oder ein dickes Fell oder wie auch immer sich entwickeln konnte, dass du damit jetzt auf Social Media mit den Trollen und Kommentaren besser umgehen kannst?

00:49:35.560
Janina Nagel: Ich glaube nicht, dass hat dazu geführt. Also eher die eigene Community, die einem den Rücken stärkt. Also mir tut es dann unglaublich gut. Und ich meine, wenn es öffentliche Kommentare sind, dann poste ich die in meiner Story. Viele sagen wieder, gib dem gar keine Zeit, sondern lösch es einfach. Nö. Ich will die Person dann „roasten“, wie man sagt. Und sie hat sich ja öffentlich dazu entschieden, das zu teilen. Also jeder kann es ja lesen. Und dann tut es halt auch gut, irgendwie so ein bisschen künstlich generierten Zuspruch dann zu bekommen. Und ich muss eher sagen, das mit dem Mobbing, das ist halt eher so, was ich jetzt rückwirkend verstehe und verarbeite. Weil damals wurde das halt schon so versucht, alles so, oh, das ist jetzt passiert, naja, jetzt versuchen wir das ganz schnell an den Teppich zu kehren und weiter geht’s. Das heißt, ich hatte ja nie Zeit, das irgendwie zu verarbeiten. Erst jetzt so rückwirkend verstehe ich so, was da passiert ist. Und kann jetzt auch sagen, okay, krass, was da eigentlich schief lief.

00:50:22.880
Raúl Krauthausen: Also, ja. jetzt in der Öffentlichkeit zu stehen, also ohne Witz, mein Instagram-Feed ist, ja, ich folge zu vielen Menschen. Und du bist aber eine der Personen, die seit Jahren regelmäßig immer wieder bei mir auftauchen. Also scheinbar, scheine ich den Algorithmus entsprechend erzogen zu haben und ich scheine mir auch die Videos oft genug anzuschauen, damit es dann auch da drin bleibt.

00:50:48.560
Janina Nagel: Ich freue mich immer richtig, wenn dann steht, „Raul Krauthausen, blauer Haken, gefällt das?“ Und ich so, ja!

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00:50:53.840
Raúl Krauthausen: Hast du am Anfang damit gehadert, so in der Öffentlichkeit zu dem Thema zu stehen? Gab es mal einen Moment, wo du deinen Account auf privat gestellt hast? Oder überlegst du manchmal gar damit aufzuhören?

00:51:03.960
Janina Nagel: Generell mit allem jetzt? Oder in Bezug auf Aufklärung oder in Bezug auf was meinst du?

00:51:07.400
Raúl Krauthausen: Also jetzt erst mal Twitter, äh Instagram.

00:51:09.440
Janina Nagel: Hm, ja, also ich hatte einen so komischen, äh Shitstorm ist übertrieben, das ist auch das falsche Wort, aber ich hatte einen so eine komische Situation im Februar und irgendwie wurde es mir dann zu viel. Und da war ich echt kurz so, ich dachte, boah, jetzt irgendwie, warum tu ich mir das eigentlich an? Also wieso stecke ich so viel Energie da rein? Wieso rechtfertige ich mich auch so oft? Weil ich bin auch so, ich kann dann immer nicht die Beine still oder Füße still halten und einfach Nachrichten lesen und einfach nichts dazu sagen. Sondern ich bin dann so, ich muss mich erklären. Ich kann auch nachts nicht schlafen. Also dann ging mir eine Nachricht so die ganze Nacht durch den Kopf und ich habe versucht, wie ich irgendwie der Nachricht gerecht werden kann. Aber es war irgendwie so nicht vereinbar. Und ja, also es gab schon ab und zu so Punkte, wo ich dachte, boah, jetzt einfach auf Pri… Also einfach so, wie cool wäre das, einfach auf Privat zu stellen, posten, was du möchtest, ohne dass du es irgendwie vorher gucken musst, welchen Richtlinien es entspricht oder bla.

00:52:05.000
Raúl Krauthausen: Aber war dieser Shitstorm, wie bist du dann aus der Nummer rausgekommen?

00:52:08.720
Janina Nagel: Ja, Zeit tatsächlich. Also das habe ich jetzt auch von anderen Agenturen so ein bisschen mitgekriegt, die größere Influencer*innen vertreten, dass wenn man einen bekommt, halt einfach echt eigentlich Ruhe bewahren muss und nichts machen, nichts gegenstören. Einfach kurzes Absacken lassen. Und dann später kann man sich dazu nochmal äußern, aber nicht in dem Moment. Sondern dass man es einfach erstmal so lässt. Aber das fällt mir halt immer unglaublich schwer.

00:52:33.640
Raúl Krauthausen: Aber ist das Thema noch offen oder hat sich das dann in Wohlgefallen aufgelöst?

00:52:37.840
Janina Nagel: Naja, jetzt hat sich’s wieder geöffnet, weil ich halt jetzt… Also ich habe jetzt so Beiträge repostet zu dem Rammstein, ich überlege gerade Wortvorfall, hört sich so an, also zu den Recherchen, die rauskamen. Also von Leuten, Aktivistinnen, die für Frauenrechte etc. kämpfen und von, also damit du jetzt weißt, in welche Richtung diese Beiträge gehen, habe ich das repostet. Und es geht eben um einen Konzertbesuch, den ich mit meinem Freund hatte im März oder Ende Februar. Und dann wurde mir halt auch gesagt, wie ich denn jetzt quasi das teilen kann, diese Informationen, wenn ich auf diesem besagten Konzert war, wo ich mir denke, das ist halt jetzt auch irgendwie so ein kleiner Whataboutism, denn egal, wie schlimm das ist und auch wenn mich alle dafür verurteilen, dass ich auf diesem Konzert war, warum darf ich nicht jetzt trotzdem den anderen Frauen diese Reichweite geben?

00:53:29.280
Raúl Krauthausen: Zumal du das ja damals nicht wusstest.

00:53:31.280
Janina Nagel: Genau, ich war ja gar nicht auf dem Rammstein-Konzert.

00:53:32.800
Raúl Krauthausen: Ach so, okay.

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00:53:33.640
Janina Nagel: Nee, genau, ich war auf einem anderen Konzert und die Person wurde halt auch mal verhaftet, verurteilt, Strafe bekommen, hat sich aber entschuldigt in dem Kontext. Deswegen ist für mich das so eine andere Geschichte, weil die hat ja ein Urteil bekommen und meiner Intention nach hat ja jeder trotzdem so ein bisschen das Recht auf eine zweite Chance. Und ich fand aber, unabhängig davon, auch wenn du das sagst, „Hey Janina, ich finde den Konzertbesuch trotzdem nicht cool“, Ist ja eine Sache. Ich finde es so schade, dass ich jetzt in dem Zug nichst posten darf, um irgendwie den Opfern Solidarität zu zeigen oder denen Reichweite zu geben. Nur weil das da… Also das ist so für mich ein bisschen absurd.

00:54:12.960
Raúl Krauthausen: Das finde ich sowieso so interessant in diesem gesamten Kontext Social Media, dass wir uns eigentlich nur noch anschreien. Also es gibt nur richtig und falsch. Es gibt nichts dazwischen oder keine Ahnung. oder muss ich mal darüber nachdenken? Sowas gibt es gar nicht mehr in diesen Debatten. Und ich habe schon mit einigen meiner Gästinnen darüber gesprochen, ob das nicht eigentlich auch bedeutet am Ende des Tages, dass wir uns vor allem in den eigenen Reihen dann eher zerfleischen.

00:54:46.000
Janina Nagel: Voll. Also das, was kam, war alles eigentlich aus meiner eigenen Bubble. Und das fand ich so schlimm, weil ich denke, ihr arbeitet halt gerade gegen mich. Ich bin eigentlich gar nicht so die bekämpfende Person. Und jetzt habe ich auch so einen neuen Begriff für mich geformt, also nicht „Ally“ sein, aber es gibt quasi auch „Kellys“, also „Kontra-Allies“, so nenne ich sie jetzt immer. Weil das quasi genau das zum Gegenteil führt. Also klar kannst du mir einmal sagen, hey, pass auf, das und das und das. Und ich denke, ah, cool, danke für den Hinweis. Aber dann so selber irgendwie sich so zu formen gegen mich, wo ich denke, aber eigentlich sind wir alle auf der gleichen Seite, finde ich ist ein bisschen, ist schade.

00:55:21.920
Raúl Krauthausen: Und niemand ist heilig.

00:55:23.120
Janina Nagel: Genau.

00:55:23.620
Raúl Krauthausen: Wir sind alle fehlbar.

00:55:24.720
Janina Nagel: Voll. Und ich will doch auch irgendwie aufgeklärt werden. Es ist ja nicht so, nur weil ich mich mit einem Thema auskenne, dass ich mich mit allen Themen auskenne.

00:55:31.320
Raúl Krauthausen: Und eine Theorie, die ich dazu mal gelesen habe, war, dass es eigentlich nur noch darum geht, Selbstwirksamkeit zu fühlen. Weil wir den Gegner gar nicht mehr erreichen. Also es können noch so viele Artikel erscheinen, die Till Lindemann kritisieren. Till Lindemann würde das wahrscheinlich nicht in die Öffentlichkeit gehen und sagen, tut mir leid.

00:55:51.360
Janina Nagel: Ja, genau.

00:55:51.960
Raúl Krauthausen: Sondern der macht dann jetzt einfach zu. Und das heißt, wir spüren diese Selbstwirksamkeit gar nicht mehr in der Kritik an ihm. Und suchen dann in unseren eigenen Reihen Leute, die wir vielleicht noch umdrehen können, im Sinne von beeinflussen können, Selbstwirksamkeit spüren, die uns Selbstwirksamkeit spüren lassen, indem wir jemanden silencen, indem wir jemandem sagen, ja, aber du hast ja auch einen Fehler gemacht.

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00:56:17.160
Janina Nagel: Es ist halt auch einfacher quasi.

00:56:18.660
Raúl Krauthausen: Genau, es ist einfacher. Aber es geht eigentlich nur um einen selbst. Und das fand ich ganz schön gruselig.

00:56:24.720
Janina Nagel: Absolut. Und ich erlebe das ja auch oft von Nicht-Betroffenen, die das selber nur irgendwo gelernt haben, die dann in meine Kommentare kommen und sagen, „Du weißt schon das, was du gerade machst, das und das.“ Und dann denke ich so, okay. Und dann spreche ich mit Betroffenen und die sagen, „Nö, sehe ich jetzt gar nicht so.“ Das funktioniert dann auch so ein bisschen. Manche Leute sind dann zu übervorsichtig oder über…Die sehen irgendwas, nehmen das auf, wollen ein Ally sein, aber interpretieren das völlig falsch und kritisieren an einer völlig falschen Stelle.

00:56:58.400
Raúl Krauthausen: Gibt es denn Accounts, denen du folgst, die du auf jeden Fall weiterempfehlen würdest, die dich weitergebracht haben, auch inhaltlich?

00:57:08.000
Janina Nagel: Ja, auf jeden Fall.

00:57:09.800
Raúl Krauthausen: Zum Beispiel?

00:57:10.800
Janina Nagel: War auch schon bei dir zu Gast, Quattro Milch.

00:57:13.800
Raúl Krauthausen: Jasmina Kunkel. Genau, Jasmina Kunkel.

00:57:16.400
Janina Nagel: Dein natürlich, aber das sage ich, wie gesagt, Trotzdem so. Okay, jetzt muss ich kurz überlegen. Es gibt natürlich einige. Ich liebe auch El Hotzo, war auch bei dir zu Gast. Ist natürlich jetzt nicht in dem Sinne aufklärend aktivistisch, aber es ist halt trotzdem, manche Tweets legen ja auch zum Nachdenken an. Auch Luisa Neubauer. Wenn man die immer so ad hoc sagen muss, fällt einem immer niemand ein.

00:57:36.600
Raúl Krauthausen: Das ist gemein, ne?

00:57:37.720
Janina Nagel: Was Tara sagt, das ist auch noch sehr wichtig.

00:57:41.560
Raúl Krauthausen: Weißt du, was ich dabei gefeiert habe?

00:57:44.280
Janina Nagel: Was?

00:57:44.840
Raúl Krauthausen: Ich glaube, da habe ich gefeiert, dass du in einem Podcast über das Modelabel auf Augenhöhe gesprochen hast. Und zwar habe ich das deswegen gefeiert, weil ich finde es sehr magetik, die Gründerin, eine unfassbar coole Person, die irgendwie das Herz am rechten Fleck hat, also wirklich super empathisch, super neugierig ist. Und ich mich super gerne von ihr als kleinen Menschen auch vertreten sehe, obwohl sie selber nicht kleinwüchsig ist.

00:58:18.440
Janina Nagel: Genau.

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00:58:19.240
Raúl Krauthausen: Und von diesen Menschen gibt es gar nicht so viele.

00:58:21.240
Janina Nagel: Absolut. Also sie steckt so viel rein auch. Also sie gibt so viel und trotzdem nimmt sie sich aber zurück. Also genau, wenn du jetzt auf Augenhöhe bist, nicht sofort, dass du ihr Gesicht damit in Verbindung bringst zum Beispiel. Ja, absolut. Aber trotzdem hat sie darüber auch Kritik bekommen, dass sie nicht kleinwüchsig ist, ich mir denke, Leute, warum hat es dann halt niemand anderes gemacht? Also, aber ja, also genau, ich hätte sie jetzt nicht als aktivistischen Account genannt, aber natürlich auch.

00:58:49.840
Raúl Krauthausen: Also, jetzt nicht direkt, da hast du recht, aber ich würde sagen, sie ist Aktivistin in der Modebranche.

00:58:54.120
Janina Nagel: Das auf jeden Fall.

00:59:00.000
Raúl Krauthausen: Und du bist Style-Fluencerin bei einer großen Marke.

00:59:00.000
Janina Nagel: Das ist jetzt neu.

00:59:09.160
Raúl Krauthausen: Was bedeutet Mode für dich?

00:59:09.160
Janina Nagel: Sehr viel. Also Mode hilft mir unglaublich viel, mich auszudrücken und auch hilft es mir, in meinem Selbstbewusstsein zu arbeiten.

00:59:14.960
Raúl Krauthausen: Inwiefern?

00:59:20.640
Janina Nagel: Dass ich mich für gewisse Anlässe oder Situationen so kleide, dass mein Outfit mich unterstützt. Also beispielsweise, dass ich ja irgendwie, wenn ich weiß, ich muss jetzt irgendwie professionell wirken, weil ich als Frau vielleicht nicht so ernst genommen werde oder wie auch immer, dann kann ich das ja trotzdem mit Mode irgendwie verstärken. Also sprich, dann wird halt mal der Blazer ausgepackt und ich sehe aus, als wäre ich halt irgendwie vielleicht, würde ich im Ministerium arbeiten. Ja, also man kann das ja so machen. Oder wenn ich, ich kann mich ja sportlicher anziehen, im sportlicheren Kontext. Also ich finde, in sportlichen Outfits zum Beispiel sieht ja jeder schon mal sportlich aus, egal ob er Sport macht oder nicht und so. Und ich finde, das hilft unglaublich so.

00:59:54.320
Raúl Krauthausen: Ich habe mit 12 Jahren realisiert, wenn ich Schuhe trage, werde ich ernster genommen. Also ich saß ja schon immer im Rollstuhl. Das heißt, Schuhe zu tragen war für mich keine Notwendigkeit.

01:00:04.480
Janina Nagel: Ja, okay.

01:00:10.600
Raúl Krauthausen: Es war einfach nur so, ich habe beobachtet, wenn ich Schuhe trug, nahm man mich ernster.

01:00:10.600
Janina Nagel: Krass.

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01:00:17.400
Raúl Krauthausen: Und das hat mich aber auch gleichzeitig entsetzt. Aber ich trage seitdem Schuhe.

01:00:17.400
Janina Nagel: Ja, okay, krass. Aber das ist ja, weiß ich gar nicht, was ich dazu sagen soll. Ich finde, das schockiert mich so über dieses…Dass die Menschheit so mit Schuhen an… Dass das so ein Ding ist, also Schuhe zu tragen.

01:00:29.560
Raúl Krauthausen: Aber ich erkenne das auch von mir selbst, wenn ich Menschen im Rollstuhl sehe, die nur Socken tragen.

01:00:34.400
Janina Nagel: Okay, jetzt wirst du selber schon…

01:00:36.120
Raúl Krauthausen: Da habe ich dann auch gedacht, also wieso trägst du eigentlich keine Schuhe? Verstehst du, was ich meine? Ich habe jetzt nicht gleich gerne deine Kompetenz in Frage gestellt, aber es fällt einfach auf. Und mit zwölf zu realisieren, dass ich jetzt eigentlich diese Schuhe nur trage, um zu gefallen, fand ich schon auch, obwohl ich ein Junge war, dem man das ja dann oft nicht so viel abverlangt, dass sie gut aussehen sollen, modisch, fand ich schon eine krasse Erkenntnis.

01:01:01.840
Janina Nagel: Aber ist es dann nicht schlimm, dass man dann auch, selbst wenn du dir jetzt ein paar Schuhe kaufst, dass das dann nicht reicht, sondern du ab einem bestimmten Label dann auch nochmal anders gesehen wirst?

01:01:10.320
Raúl Krauthausen: Na klar.

01:01:10.880
Janina Nagel: Also das steigert sich ja dann, oder?

01:01:12.480
Raúl Krauthausen: Ja, genau. Und bei mir gab es halt, ich habe halt nur diese Schuhe, fast hätte ich die Marke gesagt.

01:01:18.440
Janina Nagel: Ich weiß.

01:01:19.440
Raúl Krauthausen: Ich habe nur diese Schuhe und davon auch mehrere Farben, aber da hört es auch auf. Also ich trage jetzt nicht Puma an dem Anlass und Adidas an dem Anlass oder so, sondern einfach die, die am bequemsten sind.

01:01:31.440
Janina Nagel: Ja, das ist gut.

01:01:32.440
Raúl Krauthausen: Du hast ja im Podcast gesagt, als du über das Bode-Label auf Augenhöhe gesprochen hast, und das musst du mir nochmal erklären, dass es unter kleinwüchsigen Menschen eigentlich auch gar nicht so viele verschiedene Größen gibt.

01:01:45.960
Janina Nagel: Achso, hab ich nicht das Gegenteil gesagt?

01:01:47.600
Raúl Krauthausen: Oder hast du das Gegenteil gesagt?

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01:01:49.040
Janina Nagel: Also eigentlich, doch, es gibt quasi verschiedene Größen. Also es gibt, und das macht ja auf Augenhöhe, dass es eben nicht nur S, M, L gibt, sondern auch nochmal 1, 2, 3. Also kleine Kleinwüchsige, mittelgroße Kleinwüchsige, große Kleinwüchsige Personen.

01:02:01.720
Raúl Krauthausen: Genau, aber da eben nur drei.

01:02:03.560
Janina Nagel: Also ich weiß nicht, ob es mittlerweile ausgeweitet ist, da würde ich mich jetzt nicht festlegen. Aber grundsätzlich ist das ja schon mal ein Schritt, weil wenn ich jetzt in ein normales Modehaus gehe und etwas kaufe und das dann zum Schleider bringe, kann er ja immer nur was an der Länge ändern. Aber die Proportionen, das macht ja dann schon nochmal einen Unterschied, ob ich quasi eine kleine, kleinwüchsige Person bin oder eine größere kleinwüchsige Person. Gerade auch das Thema, hat sich jemand verlängern lassen oder nicht, das ist ja meistens dann auch so ein bisschen das, was mit dazu spielt.

01:02:31.280
Raúl Krauthausen: Weil ich hab das irgendwie so verstanden, auch in Gesprächen mit Simma, dass es am Ende des Tages gar nicht so unterschiedliche Körper sind, sondern dass es da auch Muster gibt. Und diese Muster hat aber noch niemand erfragt und erforscht. Und deswegen sagen immer, also viele kleinwüchsige Menschen haben ja gehört, gesagt, ihr Körper ist einzigartig. Aber es ist nicht einzigartig, weil es gibt ein Muster.

01:02:56.320
Janina Nagel: Genau, also sie hat ja Größen geschaffen. Und die gibt es ja. Und ich habe beispielsweise bestimmt die gleiche Größe wie auch viele andere Kleinwüchsige. Genau, das hat sie ja geschaffen. Und das denkt ja oft, die Modeindustrie denkt es ja, das ja, dass wir alle eine individuelle Größe haben und alle eine eigene Anfertigung brauchen und niemand das anziehen kann, identisch was ich getragen habe oder so und das ist ja Quatsch.

01:03:17.560
Raúl Krauthausen: Und das fand ich dann irgendwie wieder, das ist doch dein Markt. Da könnte man ja dann gucken, weltweit kann man doch wahrscheinlich eine größere Kollektion aufmachen, als H&M in seiner Consciousline vielleicht verkauft.

01:03:33.920
Janina Nagel: Absolut. Aber weißt du, was mich in der Thematik so wütend macht, dass so viele Labels sich mittlerweile als inklusive Mode labeln. Und ich mir jedes Mal denke, wo seid ihr inklusiv? Also das Wort wird so Missbrauch, als wäre das halt so, das ist wie so ein bisschen dieses High Protein auf Dinge zu schreiben, die von Natur aus einfach proteinreich sind, weil sie es dann cooler anhört oder verkauft besser im Supermarkt. Und dann genau so ist es da, so wir machen inklusive Mode. Ich so, also mir passt es nicht, Raul würde es jetzt nicht passen. Ich überlege gerade, wem sie jetzt passt. Also wer ist quasi in eurem Spektrum die inklusive Person? Und das sehen die Leute gar nicht. Also das ist so falsch.

01:04:13.960
Raúl Krauthausen: Meistens sind es die Personen, die einfach nur in Anführungsstrichen „querschnittsgelähmt“ sind. Die können dann natürlich ein Hemd tragen.

01:04:20.000
Janina Nagel: Ja, genau.

01:04:27.960
Raúl Krauthausen: Was die normale Größe ist.

01:04:27.960
Janina Nagel: Ja, zum Beispiel.

26

01:04:27.960
Raúl Krauthausen: Gibt es denn eine Mode-Marke, die da sich hervortut, vielleicht besser als die anderen. Du bist doch jetzt Stylefluence bei Zalando.

01:04:32.560
Janina Nagel: Schwierig. Ja, es fing ja dann immer an, dass sie mit mir immer so gut geredet wurde. „Hey, es gibt doch jetzt diese Petitgrößen.“ Das haben sie doch irgendwie angefangen, dass sie quasi… Ich meine, ja, also ob der Schneider jetzt halt 20 cm Ärmel abnäht oder 10, ist ihm Wurst. Er verlangt halt für das Abnähen die gleiche Arbeit. Tatsächlich nicht. Also ich glaube, wenn dann profitiere ich davon, wenn irgendwann nochmal 3/4 in wird, also drei Viertel Ärmel, drei Viertel Hosen. Wobei das grausam aussieht.

01:04:59.840
Raúl Krauthausen: Weil das dann für dich langärmlich ist.

01:05:01.280
Janina Nagel: Dann hätte ich halt einfach wieder lange Sachen, genau. Aber sonst, also was ich sagen muss, darf ich jetzt die Marke sagen. Also es gibt halt eine Sportbekleidungsfirma tatsächlich, die ist mittlerweile so divers in ihrem Onlineshop aufgestellt, dass ich da fast schon überfordert bin, muss ich sagen.

01:05:17.520
Raúl Krauthausen: Und wie heißt die?

01:05:18.200
Janina Nagel: Gymshark. Also die haben halt wirklich Menschen mit Prothesen und die lichten halt sowohl eine S als auch eine XL ab. Aber jetzt nicht die XL Bodybuilder Figur, sondern halt eine XL Sportmuffel. Und ich finde, dass es halt viel besser ist, sich das vorzustellen oder zu identifizieren mit der Kleidung. Weil das Krasse, was Leute vergessen, ist ja, dass nicht die Fitnessbubble selbst so viel davon kauft, sondern meistens sind es ja die Leute, und das sieht man ja daran auch, was bei Sale oder so gleich ausverkauft ist. Da ist ja nie XS und S ausverkauft, sondern es ist meistens M bis XL gleich ausverkauft. Also weil das der größte Markt ist für die Leute. Und das ist doch so cool, wenn du dann auch mal jemanden siehst mit einer XL und denkst, ah ja, so sitzt das dann also. Und das verstehen Leute auch nicht, dass, wenn man immer so von Diversität redet, dass ich mich, egal welche Behinderung die Person hat, durch diese Person repräsentiert fühle. Also ich habe mich zum Beispiel auch durch die Person mit der Beinprothese repräsentiert gefühlt. Auch wenn das jetzt nicht meine Behinderung ist. Aber das finde ich, muss ich sagen, das fand ich ziemlich cool dort zu sehen in einem Onlineshop.

01:06:21.200
Raúl Krauthausen: Und die haben Klamotten, die dir passen?

01:06:22.920
Janina Nagel: Ja, also da gibt es zum Beispiel 7/8 oder 3/4 Teils, die würden dann nicht, also genau, passen dann so unabgenäht quasi.

01:06:30.040
Raúl Krauthausen: Also weil ich habe echt Probleme, Klamotten zu finden, jetzt weniger bei Hosen und Socken, aber auf jeden Fall bei Hemden.

01:06:40.320
Janina Nagel: Ja, Hemd ist glaube ich, nochmal mit der Manschette nochmal ein richtiges.

01:06:43.440
Raúl Krauthausen: Ja, das ist wirklich doof und ich gehe inzwischen dazu über, mir Maßkleidern zu lassen.

01:06:49.160
Janina Nagel: Bei Samma.

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01:06:50.160
Raúl Krauthausen: Und dann denke ich so, aber das kann sich ja auch nicht jeder leisten.

01:06:53.760
Janina Nagel: Nee, das stimmt. Das ist ein riesen Privileg. Das ist ja auch ein richtiger Kostenfaktor.

01:06:56.960
Raúl Krauthausen: Absolut.

01:07:00.560
Janina Nagel: Und deswegen finde ich es dann noch schlimmer, wenn Leute zu mir kommen und mir dann irgendwie so ein bisschen dieses „Ja, das was du da anhast, ist aber keine Fair Fashion“ und so weiter. Und ich mir denke, weißt du, was das Produkt a gekostet hat? Und weißt du, wie viel ich gezahlt habe dafür, dass es mir passt, Wenn ich jetzt noch in so einem High Fashion Segment einkaufe, das ist ja so fast High End Produkt technisch Preislevel. Es tut mir super leid, aber das kann ich mir nicht leisten. Also ich kriege keine Förderung, ich kann es steuerlich nicht absetzen, irgendwelche Änderungen an meiner Kleidung zu führen. Und dann ist ja leider mein erstes Priorität, oder meine erste Priorität ist ja dann immer erstmal Kleidung zu finden, die passt. und nicht zu gucken, okay, sind die Lieferketten jetzt alle komplett in Ordnung? Die Auswahl habe ich ja gar nicht.

01:07:47.560
Raúl Krauthausen: Absolut. Angenommen es gäbe jetzt irgendwann eine Janina-Nagel-Produktlinie. Was wäre das für ein Produkt?

01:07:55.160
Janina Nagel: Das kann ich dir sagen. Fitnessgeräte, die auf verschiedene Körperformen einstellbar sind.

01:08:00.960
Raúl Krauthausen: Bam! Das ist doch mal eine Ansage. Geil. Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen.

01:08:05.960
Janina Nagel: Fitnessstudio sitzen und denken mir so, ja schade, ich kann die Übung durchführen und ich würde sie gerne durchführen, aber mein Winkel, meine Anatomie ist nicht dafür gemacht. Ich bräuchte einfach nur, hier würde jetzt einfach nur ein Sitzkissen reichen, aber ich renne ja nicht mit einem Sitzkissen, was ich mir selber kaufe durchs Fitnessstudio. Am spätesten beim zweiten Mal vergesse ich das bestimmt und die Leute gucken mich dann wahrscheinlich auch komisch an. Aber wenn man jetzt einfach so wie beim Autositz quasi so, also einfach so, dass man die Lehne halt, also die Sitzlehne so vorschieben kann, dass man die Sitzfläche verkürzt, wäre optimal.

01:08:33.560
Raúl Krauthausen: Also Piloton und Co.

01:08:35.56
Janina Nagel: Ich brauche halt jemanden, der das umsetzt. Ich habe da keine Ahnung. Ich habe nur die Idee.

01:08:39.560
Raúl Krauthausen: Vielleicht hört ja hier jemand zu, der in all dieser Marken arbeitet und Einfluss hat. Und es sollte auch nicht aussehen wie Krankenhaus.

01:08:48.560
Janina Nagel: Nee, das sind ganz normale Geräte. Von den bekannten Firmen. Die sind schon eingebaut.

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Raúl Krauthausen: Also bei mir um die Ecke gibt es einen John Reed Fitness. Und ich traue mich da nicht hin.

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01:08:59.560
Janina Nagel: Warum? Also Angst vor der Begegnung mit anderen Trainierenden, Angst vor den Trainern, Angst…

01:09:04.600
Raúl Krauthausen: Ja, und auch Angst, da wieder rauszugehen, ohne zu wissen, was ich da drin eigentlich will. Dabei will ich eigentlich nur gucken. Wie sieht das hier aus? Wie viel Testosteron ist in diesem Raum? Und ich würde unglaublich gerne mal wissen, wie es in so einem Fitnessstudio ist und wie sind die Trainer*innen, die dort vielleicht auch Tipps geben, in Bezug auf Menschen mit Behinderung eingestellt. Ein Freund von mir, der studiert noch und der geht immer ins Fitnessstudio der Uni. Und das ist wohl total geil, weil die auch ihm versuchen entgegenzukommen und extra Hilfsmittel irgendwie noch angeschafft haben. Aber eben, weil er da an der Uni auch Student ist. Das wäre jetzt bei McFit eher nicht der Fall.

01:09:50.360
Janina Nagel: Glaub ich auch, ja.

01:09:51.360
Raúl Krauthausen: Und ich frage mich, wie würde so ein McFit-Trainer/ -trainerin auf einen behinderten Körper eigentlich reagieren? Würden die sagen, da traue ich mich nicht ran, dafür bin ich nicht ausgebildet, da habe ich Angst, etwas kaputt zu machen. Oder würden die sagen, na ist doch egal, hebst du als weniger Gewicht.

01:10:07.800
Janina Nagel: Also die Frage, ob man in dieser klassischen Trainerausbildung A, B Lizenz, ob man da auch auf behinderte Menschen quasi das Konzept auslegt und das übt. Weil ich kann mir vorstellen, dass so ein Fitness- und Reha-Trainer oder so was es denn noch als Bezeichnung gibt, dass so jemand wahrscheinlich da ein bisschen mehr Auge drauf hat.

01:10:25.080
Raúl Krauthausen: Aber das klingt dann wieder so nach Krankenhaus.

01:10:26.800
Janina Nagel: Ja, leider, natürlich.

01:10:28.400
Raúl Krauthausen: Aber wenn du jetzt zu John Reed und Co. gehst, hast du dann Kontakt zu den…

01:10:32.200
Janina Nagel: Also grundsätzlich gar nicht, weil oft sind die dann, also gar nicht verurteilend, aber oft überfordert. Oder ich kriege dann irgendwelche Anweisungen, wo ich mir denke, ja, aber kann ich halt physisch nicht. Also ich habe das mal gemerkt, wenn ich so einen Kurs mitgemacht habe, und zum Beispiel ich kann anatomisch, kann ich keine Sit- Ups, also dieses aus der liegenden Position aufstehen über die Bauchmuskeln, geht einfach nicht. Geht anatomisch nicht, hat nichts mit meiner fehlenden Muskulatur zu tun oder ich muss das üben oder wer auch immer, sondern es geht nicht. Und dann kriegst du halt immer so dieses, wo ich mir denke, na ja, also ich sag halt jetzt nicht, ich kann das nicht, weil ich keine Lust habe. Dann hätte ich jetzt diesen Kurs nicht mitgemacht und würde mich hier von allen freiwillig wie im Zoo anschauen lassen, sondern ich kann es halt wirklich nicht. Und dann so manchmal diese Hürde, dann das zu diskutieren, wo ich mir denke, also wenn ich sage, ich kann es nicht, dann kann ich es halt nicht so. Und das hatte ich so oft manchmal, diese Diskussionen dann so. Komm, streng ein bisschen mehr an, komm, komm! Nein, es geht einfach nicht.

01:11:27.160
Raúl Krauthausen: Genau, ich glaube, das ist der Grund, warum ich ja nicht so gerne reingehen will.

01:11:32.160
Janina Nagel: Aber vielleicht kannst du ja auch mal wieder einen Podcast jemanden finden, der sagt, hey, ich bin Fitnesstrainer, Fitnesstrainerin im Studio, komm mal vorbei, wir machen mal einen richtig coolen Safe Space Tag und wir schauen uns einfach mal alles an und ich zeig dir alles. Und ja,

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also man kann ja auch offen sagen, dass man sagt, hey, ich habe grundsätzlich da keine Ahnung jetzt, weil ich jetzt wenig mit behinderten Menschen tatsächlich arbeite, oder das halt auch meiner Lizenz- Erprobung nicht der Fall war, aber ich würde einfach gerne mal mit dir das durchgehen, oder ja, das fände ich schon cool.

01:12:00.640
Raúl Krauthausen: Ich kann mir ehrlich gesagt vorstellen, dass auch viele nicht behinderte Menschen sich da nicht rein trauen.

01:12:04.600
Janina Nagel: Voll.

01:12:05.100
Raúl Krauthausen: Aus Angst vor zu vielen schönen, durchtrainierten Körpern und Leistungsanspruch.

01:12:10.900
Janina Nagel: Ja, wobei ich glaube da kommt es auch ein bisschen wieder an, welches Fitnessstudio man gibt. Also was ist so der Kontext des Fitnessstudios oder die Werbebotschaft?

01:12:21.660
Raúl Krauthausen: Gehst du in so ein Only-Sex Fitness-Ding oder gehst du in so ein Women-Only?

01:12:26.220
Janina Nagel: Also tatsächlich weiß ich nicht, ob ich da die Einzige bin, aber ich finde so Women- Only habe ich ganz schlimme Erfahrungen gemacht. Wirklich schlimmer als in irgendwelchen Mixed- Studios.

01:12:35.300
Raúl Krauthausen: Echt?

01:12:36.300
Janina Nagel: Also ich finde, und das tut mir so leid, das selber als Frau zu sagen, aber ich wurde selten, vielleicht liegt es auch nur in diesen ein, zwei Studios, wo ich war, dass es genau da leider so war und woanders ist es nicht so, weil ich will das ja grundsätzlich nicht, finde es ja gut, dass es das gibt. Aber ich habe das Gefühl, da war viel mehr so Wettbewerbs- und Konkurrenzdenken, also wenn man da schon so in diesen Raum reinkommt, waren so alle Blicke auf mir, da wurde geguckt, welche Leggings hat sie an. Aha, toll, die habe ich auch, sehr gut, das war halt ein Online-Job, sorry. „Schon, hab die halt auch gekauft.“ Und dann wurde es so richtig beobachtet und es war so auch gar keine Hilfsbereitschaft. Also wenn ich jetzt zum Beispiel irgendwie ein Gerät das ganz oben eingestellt, dann kommt halt keiner so, der sieht, also keine kommt dann und sagt „Hey, pass auf, warte mal, ich stell jetzt kurz runter.“ Währenddessen in so einem Mixbereich, wo immer so dieses stereotypische Klischee herrscht, „Oh mein Gott, ich hab so Angst vor diesen Bodybildern.“ Also ich hab noch nie eine schlechte Erfahrung mit jemandem, der diesen Bodybilder typischen Aussehen entspricht, gemacht. Im Gegenteil, weil die sind ja dort, um einfach nur zu trainieren. Die haben ja gar keine Zeit, sich lustig zu machen oder zu quatschen oder Leute dumm anzumachen. Das wäre ja irgendwie verlorene Trainingszeit. Im Gegenteil, die kommen dann gleich und sagen, ja warte mal kurz, warte mal, ich mach dir das. Und dann stellen mir das Gerät um. Und ich bin so, oh cool, danke, ja gerne, viel Spaß. Wenn du was brauchst, sag Bescheid. Und ich bin so, naja, klar, danke. Also so Meister- Propper-ähnliche Statur. Und im Gegenteil, da habe ich eher voll die positiven Erfahrungen mit denen gemacht. und fühle mich jetzt viel wohler in dem Nicht-Rein-Frauenstudio, als in dem Frauenstudio. Leider habe ich das so gemacht. Und viele Frauen bestätigen mir das auch.

01:14:11.140
Raúl Krauthausen: Interessant.

01:14:12.140
Janina Nagel: Aber, ja.

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01:14:13.700
Raúl Krauthausen: Okay, du hast mich jetzt ermutigt, mal den Schritt zu wagen.

01:14:16.380
Janina Nagel: Wir können aber zusammen gehen.

01:14:17.380
Raúl Krauthausen: Ja, gehen wir aber zusammen.

01:14:18.380
Janina Nagel: Wenn es halt mal barrierefrei ist, das ist natürlich traurig, weil wenn ich mein eigenes Studio sehe, denke ich mir so, naja, ist nicht so barrierefrei.

01:14:24.140
Raúl Krauthausen: Gibt es da Treppen?

01:14:25.340
Janina Nagel: Ne, es gibt schon einen Aufzug, aber ja, das war es halt. Also nur weil es einen Aufzug hat, damit du reinkommst, ist ja das nicht dann deswegen barrierefrei.

01:14:32.220
Raúl Krauthausen: Zum Gucken reicht es erstmal.

01:14:33.660
Janina Nagel: Ja, okay.

01:14:34.660
Raúl Krauthausen: Ich meine, wir zeigen jetzt das kleinste Gewicht, das sie anbieten, zwei Kilo und das ist schon zu schwer.

01:14:40.460
Janina Nagel: Genau, aber zum Beispiel, ich wüsste gar nicht, ob der Weg in die Umkleidekabine, der ist schon so eng, ich kann mir das irgendwie gar nicht vorstellen, wie man, ob das jetzt barrierefrei ist.

01:14:47.780
Raúl Krauthausen: Ja, oder die Dusche, ne? Ja.

01:14:49.780
Janina Nagel: Ne, das ist nie barrierefrei, aber ja.

01:14:51.260
Raúl Krauthausen: Okay, way to go. Das heißt, wir machen eine Produktlinie.

01:14:55.340
Janina Nagel: Und du kommst dann immer in mein eigenes Fitnessstudio, siehst du?

01:14:58.420
Raúl Krauthausen: Natürlich. dann bilden wir die ganzen Fitnesstrainer*innen aus für diverse Körper .

01:15:04.660
Janina Nagel: Machen wir Online-Coaching quasi.

01:15:06.180
Raúl Krauthausen: Online-Coaching und dann nehmen wir dafür Geld.

01:15:08.180
Janina Nagel: Ja, viel Geld. Mit dem Code „RAUL“ gibt es es günstiger.

01:15:11.100
Raúl Krauthausen: Der Aufzug kommt langsam an.

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01:15:12.700
Janina Nagel: Okay.

01:15:13.420
Raúl Krauthausen: Wenn wir jetzt gleich aussteigen, wo geht es für dich weiter?

01:15:18.620
Janina Nagel: Tatsächlich ins Fitnessstudio. Also ich habe es mir vorgenommen. Ich habe meine Tasche gepackt und bin motiviert, auf dem Rückweg da vorbeizufahren. Aber ich weiß nicht, ob ich immer noch motiviert bin, wenn mich das Wetter draußen wieder einholt.

01:15:29.580
Raúl Krauthausen: Wie überwindest du den inneren Schweinehund?

01:15:32.020
Janina Nagel: Indem ich jetzt das hier, nicht schriftlich, aber öffentlich sage, ich gehe ins Fitnessstudio und du weißt es, da habe ich keine andere Wahl mehr, oder?

01:15:40.620
Raúl Krauthausen: Ohne Witz, ich habe mal eine Wette gehabt mit meiner Kollegin, dass ich gesagt habe, ich schaffe es, ein Jahr mit dem Rauchen aufzuhören.

01:15:48.900
Janina Nagel: Hast du geraucht?

01:15:50.300
Raúl Krauthausen: Dann der Wetteinsatz war, wenn ich es nicht schaffe, da muss ich 1000 Euro an eine Nazipartei spenden.

01:15:56.620
Janina Nagel: Ach du Halleluja.

01:15:57.620
Raúl Krauthausen: Und der soziale Druck war natürlich so hoch, dass ich es natürlich geschafft habe.

01:16:03.380
Janina Nagel: Wow.

01:16:04.380
Raúl Krauthausen: Dooferweise war der Deal aber mindestens ein Jahr. Und da habe ich nach einem Jahr natürlich wieder angefangen zu rauchen, hätten meinen Kolleginnen gesagt, für immer, hätte ich wahrscheinlich dann auch gemacht. Ich habe jetzt mit dem Rauchen aufgehört, aber so der innere Schweinehund mit so einer Wette zu kombinieren.

01:16:20.700
Janina Nagel: Ich hätte nie gedacht, dass du rauchst.

01:16:21.700
Raúl Krauthausen: Das ist eine richtige Negativwette. Nicht so eine Belohnungswette.

01:16:25.700
Janina Nagel: Das stimmt.

01:16:26.700
Raúl Krauthausen: Eine richtige Strafwette.

01:16:27.700
Janina Nagel: Das Konzept habe ich noch nie mit jemandem durchgeführt. Aber das nehme ich mit.

32

01:16:31.700
Raúl Krauthausen: Das kannst du mal ausprobieren. Letzte Frage, die ich all meinen Gästinnen stelle. Gibt es eine Organisation, die du für unterstützenswert hältst, die unsere Hörer*innen vielleicht auch verfolgen sollten oder unterstützen können?

01:16:46.700
Janina Nagel: Ja, tatsächlich ist der Name auch schon mal gefallen in dem Podcast. Die wird dann an „Auf Augenhöhe“ denken. Also auf Augenhöhe.design heißen die dann. Und genau, Mode eben für Kleinwüchsige, aber nicht nur für Kleinwüchsige, sondern generell halt mit der Message immer, die Modewelt inklusiver zu machen und mehr Sichtbarkeit für behinderte Menschen zu schaffen in der Modeindustrie. Das halte ich für sehr unterstützenswert.

01:17:07.700
Raúl Krauthausen: Ja, die Selma Gellig würde ich auch sehr gerne mal hier einladen.

01:17:10.700
Janina Nagel: Sie hört’s bestimmt.

01:17:12.700
Raúl Krauthausen: Wär schön. Dann schreiben wir sie auch ansonsten zusätzlich nochmal an. Eine Frage, die mich persönlich noch interessiert. Du gehst jetzt auch ins Podcast-Business rein, bzw. warst ja auch mit dem Podcast 1,30 Meter aktiv. Wie geht es da für dich weiter?

01:17:28.98
Janina Nagel: Also ich habe halt überlegt, dass es viele Themen gibt, über die ich gerne spreche, die auch aktivistischer Natur sind, die in Instagram-Stories einfach keinen Platz finden, weil es viel zu lange dauern würde, dass sich keiner anhört. Und deswegen habe ich einfach überlegt, hey, dann mache ich halt einfach dazu kurz einen Podcast und berichte über das Thema. Und anscheinend kann ich ja auch reden, weil ich habe es letztes Mal geschafft, alleine eine Folge mit 40 Minuten aufzunehmen. Erstaunlich, finde ich das.

01:17:50.700
Raúl Krauthausen: Wie heißt dein Podcast?

01:17:51.820
Janina Nagel: Nagelhaft.

01:17:53.380
Raúl Krauthausen: Nagelhaft.

01:17:54.26
Janina Nagel: Wegen fabelhaft. Nagelhaft. Ja, gerne auch für Entnahmenswünsche bin ich da offen, weil ich finde, habe ich da nicht final festgelegt, aber ich wollte unbedingt was hochladen, weil da genau finde ich halt besser, wenn man so gewisse Themen platzieren kann.

01:18:06.940
Raúl Krauthausen: Liebe Janina, das war mir eine große Freude, dass du dir in meinem Aufzug zu Gast warst. Lass uns das unbedingt wiederholen. Ich komme gerne mal bei dir vorbei. Vor allem Selbsteinladung.

01:18:17.300
Janina Nagel: Na, ist sehr gut. Ich wollte dich einladen. Ich habe in der ersten Folge gesagt, dass ich vorhab, dich einzuladen.

01:18:21.180
Raúl Krauthausen: Ja, das habe ich sogar gehört. Aber ja, trotzdem, Selbsteinladen ist gar nicht so meine Art.

33

01:18:27.540
Janina Nagel: Ich hätte mich nämlich nicht getraut, dich zu fragen. Siehst du?

01:18:29.500
Raúl Krauthausen: Das machen wir sehr gerne. Und ich danke dir, dass du da warst.

01:18:33.340
Janina Nagel: Danke, dass ich da sein durfte.

01:18:34.340
Raúl Krauthausen: Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder. Am besten auch im Sommer.

01:18:37.180
Janina Nagel: Ja, das freue ich mich drauf. Danke.

01:18:39.260
Raúl Krauthausen: Gerne. Danke fürs Mitfahren.
Wenn ihr mögt und euch diese Folge Spaß gemacht hat, bewertet diese Folge bei Apple Podcast, Spotify oder wo auch immer ihr zuhört. Alle Links zur Folge sowie die Menschen, die mich bei diesem Podcast unterstützen, findet ihr in den Show Notes. Schaut da gerne mal rein. Wenn ihr meine Arbeit unterstützen möchtet, würde ich mich freuen, euch bei Steady zu begrüßen. Mit einer Steady Mitgliedschaft bekommt ihr exklusive Updates von mir und die Gelegenheit, mich zweimal im Jahr persönlich zu treffen. „Im Aufzug“ ist eine Produktion von Schönlein Media. Ich freue mich auf das nächste Mal, hier im Aufzug.

»Mir wurde eingebläut: Du brauchst einen sicheren Job, weil du eine Behinderuna hast.« JANINA NAGEL - FOLGE 32

Janinas Herzensangelegenheit:

Auf Augenhöhe (Modelabel für kleinwüchsige Menschen)

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Dieser Podcast ist eine Produktion von Schønlein Media.
Produktion: Fabian Gieske , Anna Germek
Schnitt und Post-Produktion: Jonatan Hamann

Coverart: Amadeus Fronk

1 Kommentar zu „Im Aufzug mit Janina Nagel“

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