Was wäre, wenn Zuhören wieder wichtiger wird als Reden?
Silja Graupe ist Philosophin, Ökonomin und Gründerin der Hochschule für Gesellschaftsgestaltung in Koblenz. Wir sprechen über ihren Liegestuhl im Hörsaal, solidarische Studierende, die gemeinsam kochen und warum sie sich bewusst gegen den üblichen Uni-Betrieb stellt.
Silja fragt sich: Wozu lernen wir überhaupt? Wir sprechen über epistemische Gewalt und darüber, wie Wirtschaft uns beibringt, Alternativen gar nicht erst zu denken. Silja erzählt von ihrer eigenen Krankheit, Medical Gaslighting und der Erfahrung, Autonomie neu verhandeln zu müssen.
Gleichzeitig geht es um Kreativität, Humor und Gemeinschaft – darum, wie aus einem kaputten Aufzug der „menschliche Fahrstuhl“ wird. Aufzugtür auf für Silja Graupe!
Siljas Empfehlungen: Siljas Stiftung, Hochschule für Gesellschaftsgestaltung
00:00:01,599 –> 00:00:03,139 [Raul Krauthausen]
Sehr schön.
00:00:03,139 –> 00:00:15,199 [Raul Krauthausen]
Bist du bereit? Ja. Sehr gut. Die Tür geht auf und der kommt rein. Ich freue mich wirklich sehr. Ich habe unfassbar viele Texte und Videos gelesen und gesehen über meinen heutigen Gast. Und meine heutige Gästin ist Silja Graupe. Hallo Silja, schön, dass du da bist.
00:00:15,199 –> 00:00:17,539 [Silja Graupe]
Hi Raul, ich freue mich super. Danke dir für die Einladung.
00:00:17,539 –> 00:00:21,520 [Raul Krauthausen]
Sehr gerne, sehr gerne. Hattest du schon mal einen Awkward Moment mit dem Aufzug?
00:00:21,520 –> 00:00:35,259 [Silja Graupe]
Puh. Also ich war früher vor meiner Erkrankung immer so vermessen. Ich beweg mich und ich muss irgendwie treppen, wenn es irgendwie 20 Stockwerke sind. Und jetzt kann ich immer schlechter gehen. Und also es gibt so einen Moment, wir haben eine Hochschule und haben natürlich alles barrierefrei, aber so richtig wahrgenommen habe ich das selber nicht, weil ich es ja nicht brauchte.
00:00:35,259 –> 00:00:35,579 [Raul Krauthausen]
Hmhm.
00:00:35,579 –> 00:00:49,919 [Silja Graupe]
Und wir haben so einen Aufzug um die Ecke und den gibt es auch und der wurde jetzt plötzlich ganz viel genutzt. Und natürlich ging der dann irgendwann nicht, weil er schon so ein bisschen älter war. Und ich brauche den aber. Und dann war so das Typische, dann kam der Vermieter, dann kam die Technik und alle sind so: „Drückst du richtig auf den Knopf?“
00:00:49,919 –> 00:00:51,619 [Raul Krauthausen]
Nein, ich fahre zum ersten Mal. [kichern]
00:00:51,619 –> 00:01:09,859 [Silja Graupe]
Und vor allem ich fahre als Frau, also zum ersten Mal. Und ich bin natürlich zu blöd, irgendwie auf den Knopf zu drücken. Und dann hat er das so lange nicht geglaubt, dass ich dann mit der Lehre irgendwie fertig war und der Fahrstuhl aber noch nicht fertig war. Und ich komme halt nicht mehr von einem Stockwerk in anderen aus. Haben die irgendwie nicht richtig geglaubt. Und dann haben meine Studierenden angefangen, den menschlichen Fahrstuhl zu erfinden. Und kann sich erinnern, dass sie erste Hilfe mal gelernt haben, wo man so die Hände übereinanderlegt, um jemanden halt zu tragen.
00:01:09,859 –> 00:01:10,199 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:01:10,199 –> 00:01:26,459 [Silja Graupe]
Und das war irgendwie so ein besonderer Moment, weil ich dachte: „Oh nein, jetzt nicht mehr gehen können und irgendwie auch peinlich. Also wenn du als Normalo halt richtig krank wirst. Und irgendwie war es auch so ein toller Moment, dass wir das so zusammen geschafft haben, während die anderen noch überlegt haben, ob ich Knöpfe richtig drücken kann. [kichern] Ja, dass wir diesen Moment so zusammen gemeistert haben, das war dann auch schön.
00:01:26,459 –> 00:01:32,179 [Raul Krauthausen]
Auf der einen Seite hat es ja was Schönes, das stimmt. Aber man ist ja dann doch auch abhängig. Man kann nicht selbstbestimmt einfach in die andere Etage.
00:01:32,179 –> 00:02:04,519 [Silja Graupe]
Ja, genau. Also wird der legender Fahrstuhl auch wieder, die haben wir dann geglaubt und auch den wieder gefunden. [kichern] Ja, und ich glaube, es bleibt ja immer so diese Frage von Angewiesenheit, von Verletzlichkeit, von Autonomie. Und ich merke auch jetzt mal, wie wir das immer wieder neu verhandeln müssen. Und ich merke so diesen Punkt, den ich schön finde, wenn auf beiden Seiten Entwicklungsspielraum ist. Also wenn der Verlust von Autonomie nicht sofort heißt, „Ich muss mich schämen oder ich muss mich anstrengen oder ich muss das verbergen“. Ne? Und gleichzeitig freue ich mich über jede Autonomie, die ich zurückerhalte. Hey, ich habe ein Rollstuhl. [kichern] Cool. Ne?Und ich kann wieder alleine losfahren und lasse mich alle in Ruhe, dieses beides zu erleben und zu gestalten. Das wird mir total wichtig.
00:02:04,519 –> 00:02:27,459 [Raul Krauthausen]
Warum wir dich eingeladen haben, ist vor allem, weil du dich mit einer neuen Form von Wirtschaft auseinandersetzt, mit einer anderen Wirtschaft, die nicht unbedingt auf Wachstum und so weiter basieren muss. Du hast deine Hochschule gegründet, da kommen wir sicherlich auch noch drauf zu sprechen. Aber wenn wir kurz beim Thema Aufzug bleiben, wenn du dreißig Sekunden mit jemandem in einem Aufzug hättest, der, sagen wir mal, Wirtschaft studiert oder so, uhm was wäre eine Frage, die du dieser Person stellen würdest?
00:02:27,459 –> 00:02:28,879 [Silja Graupe]
Ich für die Person in dreißig Sekunden?
00:02:28,879 –> 00:02:31,039 [Raul Krauthausen]
Mhm. Genau. Ein Elevator Pitch quasi.
00:02:31,039 –> 00:02:39,599 [Silja Graupe]
Das, was ich super gerne frage, sagen: „Was sollen wir mit dem Wachstum anfangen? Was soll damit wirklich, wirklich in unserem Leben passieren?“
00:02:39,599 –> 00:02:41,959 [Raul Krauthausen]
Hast du damals jemals eine befriedigende Antwort bekommen?
00:02:41,959 –> 00:02:43,639 [Silja Graupe]
Nein.
00:02:43,639 –> 00:02:43,939 [Raul Krauthausen]
Das ist das Interessante.
00:02:43,939 –> 00:03:02,799 [Silja Graupe]
Sie brauchen auch die Leute noch nicht mal dreißig Sekunden für [kichern] um zu merken, dass es nicht funktioniert, weil Wachstum, ich meine, das war den größten Imaginationskiller unserer Zeit. Ne? Wir sagen immer, immer weiter, immer schneller, alles umwälzen, noch mal machen. Wir sagen, drei Prozent Wachstum brauchen wir. Das heißt, dass du deinen Konsum und ich meinen Konsum alle zwanzig Jahre verdoppeln musst. Ja? So und es ist irgendwie so klar, klar brauchen wir drei Prozent hier. Aber wirklich zu sagen, für was?
00:03:02,799 –> 00:03:02,919 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:03:02,919 –> 00:03:32,499 [Silja Graupe]
Wie soll unser Leben aussehen? Welche Qualitäten hat das? Das kann die Wachstumsdebatte nicht beantworten. Und wir sind alle super dran gewöhnt zu sagen: „Gut, nee, brauchst du auch nicht.“ Wir stellen auch nicht mal die Frage. Deshalb stelle ich die Frage so gerne, weil sie auf ’nen blinden Fleck verweist. Haben wir uns gar keine Gedanken macht. Wir sind so hamstratten, laufen, laufen, laufen. What for? Wozu? Und das ist auch in unserer Hochschule. Du hast immer erst mal gefragt: Wozu möchtest du lernen? Wozu bist du da? Wozu sind wir da? Wo können wir dir helfen? Um diese Sinnfrage, verstehst du, wieder reinzubringen in eine Wirtschaft, die durch reine Quantität noch eine Null, noch eine Null, noch eine Null ranhängen, die Sinnfrage gar nicht mehr stellt und auch nicht verhandeln kann.
00:03:32,499 –> 00:03:51,199 [Raul Krauthausen]
Als ich diese ganzen Videos und Artikel von dir las, habe ich mich gefragt, ob die Menschen, die ja, dem Neoliberalismus verfallen sind oder die jetzt auch wirklich auf die Spitze treiben, Elon Musk, Peter Thiel und wie sie alle heißen, ob die Menschen einfach auch irgendwie zu bemitleiden wären, weil sie ja nur an das eine glauben.
00:03:51,199 –> 00:03:56,519 [Silja Graupe]
Ich glaube, auf jeden Fall. Ich glaube, das ist mir schwer, also mir persönlich ist es schwer, das Mitgefühl zu haben-
00:03:56,519 –> 00:03:56,539 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:03:56,539 –> 00:03:57,919 [Silja Graupe]
-weil sie so extrem viele Wunden schlagen.
00:03:57,919 –> 00:03:58,079 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:03:58,079 –> 00:04:02,419 [Silja Graupe]
Weil so extrem viele andere. Und ich kenne nicht diese Menschen persönlich, aber ich kenne viele reiche Menschen persönlich.
00:04:02,419 –> 00:04:02,679 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:04:02,679 –> 00:04:04,859 [Silja Graupe]
Und das ist eine unfassbare Armut.
00:04:04,859 –> 00:04:17,439 [Silja Graupe]
Einer, der auch Gott sei Dank unsere Hochschule fördert, sagte mir mal: „Silja, ich habe gelernt, Geld zu machen und Geld zu verdienen. Ich habe aber nie gelernt zu leben. Und du kannst leben, du kannst Sinn machen und kannst auch kein Geld verdienen, mit deiner Bildung.“ Ne? [kichern] So.
00:04:17,439 –> 00:04:17,459 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:04:17,459 –> 00:04:54,619 [Silja Graupe]
Und zu sehen, was ich ja, ich stehe mit der Hochschule auf der Seite der Menschen, die Geld brauchen. Also die sind eine Geldvernichtungsmaschine. In der Bildung ist immer: „Brauche halt Geld und Geld und Geld, damit sie den Nährboden für Gesellschaft schaffen kann. Dafür sind wir da, ne? [ähm] Und ich sage: „Ich hab ein unendlich– gib mir Geld, ich get unendlich sofort sagen: „Das mache ich. Ich stelle den Dingen an. Das Video wird kommen. Mit Raul mache ich das und das Projekt. Davon werden die Leute profitieren. Hier ist etwas, was wir für die Kindergärten tun können. Ist ein unglaublicher Reichtum. Und zu erleben, dass Menschen [ähm] Angst haben, sagen, es geht um einen Wettbewerb, noch mehr zu haben. Aber du kannst immer mehr haben. Es geht darum, einen Reichtum, der abstrakt ist, wieder abzusichern. Du hast wieder Verlustängste. Du weißt gar nicht, was du außer Geld für die machen sollst mit dem Geld. Ja? Und in dem Sinne tut es mir leid. Was mir aber noch mehr leid tut, [ähm] ist, dass wir eine Gesellschaft haben, die ja dann an einen Enden ganz gewaltig,
00:04:54,619 –> 00:05:27,299 [Silja Graupe]
also die jetzt ganz gewaltig schlecht geht. Weil Menschen, die keine Ressourcen haben, denen Ressourcen vereigert werden, die ’nen Überlebenskampf führen müssen, wie sollen sie sich über Qualitäten und die Frage des Guten des Leben– Also die können es nicht. Die können es noch viel besser als die Reichen, glaube ich. [äh] Und auf der anderen Seite, wo der ganze Reichtum ist, ist auch Unzufriedenheit. Ist auch ’ne Lehre. Und wie der Philosophen und von vielen Philosophinnen ist immer wieder dieses Zufrieden sein zu können mit dem, was man hat. Ich meine das nicht als Selbstoptimierung, sondern als gesellschaftliche Qualität. Wir haben Menschen, die das Lebensauskömmliche haben und sich gleichzeitig selber befrieden können, indem sie nicht eine unendliche Gier haben. Das sind die glücklichen Menschen. Aber auch im achtzehnten, ab dem achtzehnten Jahrhundert: „Oh je, das sind Menschen, die kann man nicht gut steuern.“
00:05:27,299 –> 00:05:27,359 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:05:27,359 –> 00:05:30,419 [Silja Graupe]
Weil die sind ja zufrieden. Also die einen, die kannst du steuern, weil sonst haben die kein Essen für ihre Kinder.
00:05:30,419 –> 00:05:31,179 [Raul Krauthausen]
Die Armen.
00:05:31,179 –> 00:05:34,439 [Silja Graupe]
Ja, die Armen. Und die Reichen hat man gedacht, kann man relativ gut steuern, weil die wollen immer mehr Geld.
00:05:34,439 –> 00:05:34,659 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:05:34,659 –> 00:05:35,239 [Silja Graupe]
Ja. Und-
00:05:35,239 –> 00:05:36,839 [Raul Krauthausen]
Aber die Zufriedenen sind nicht kontrollierbar.
00:05:36,839 –> 00:05:56,199 [Silja Graupe]
Dann hast du doch einfach eine unheimliche Freiheit. Ne? Es ist so: „Ich kann mit meinen fünf Stunden selber was anfangen. Nein, ich brauche kein Quatsch dafür. Nein, ich brauche kein Geld.“ Ne? So. Aber es ist für mich eine Gesellschaftskritik da drin, zu sagen, man kann jetzt hier nicht den Armen sagen: „Seid doch zufrieden mit dem, was ihr habt.“ Also das meine ich nicht, sondern zu sagen: „Frage bedingungsloses Grundeinkommen beispielsweise.“ Ne? Zu sagen: „Wie können wir Bedingungen schaffen, dass Menschen nicht aus Angst heraus handeln müssen? Nicht aus Angst heraus steuerbar sind?“
00:05:56,199 –> 00:06:07,999 [Raul Krauthausen]
Also diese Heilsamkeit oder Armut von von Musk, Thiel und Merz und Lindner, [stammelt] also ich habe auch keinen Vergleich mit diesen Menschen. Aber ich finde es erstaunlich, wenn ich auf Menschen mit Vermögen treffe oder die an die Wirtschaft glauben, dass sie schon auch-
00:06:09,071 –> 00:06:10,811 [Silja Graupe]
Auf die Suche nach, nach
00:06:10,811 –> 00:06:19,051 [Raul Krauthausen]
Purpose haben, also nach, nach ’nem Sinn in ihrem Leben. Und es muss ja von irgendwoher kommen, dass jemand sagt, wir müssen den Mars erobern. Vielleicht weil,
00:06:19,051 –> 00:06:22,472 [Raul Krauthausen]
weil’s auch das Gefühl gibt, irgendwas hinterlassen zu wollen,
00:06:22,472 –> 00:06:25,472 [Raul Krauthausen]
das aber eigentlich auch ganz anders hätte befriedigt werden können.
00:06:25,472 –> 00:06:34,812 [Silja Graupe]
Ich find’s das spannend, mich hat das jetzt letztens grad beschäftigt, diese Idee mit dem Mars, der Besiedlung, die von Bezos und allen ja, ja kommt. Und die Idee ist ja auch zu sagen, so, wir können auf dieser Erde unendliche Zerstörung anrichten.
00:06:34,812 –> 00:06:35,211 [Raul Krauthausen]
Ja, genau.
00:06:35,211 –> 00:06:45,771 [Silja Graupe]
Weil sie dann ja die letzten, wie Bezos sagt, die letzten drei Menschen, die genug Intelligenz gibt, eben durchzustarten und zu gehen. Ja, also das, was Du sagst, hat für mich auch viel, auch in meiner Forschung, dass man sagt, so durch Ziele, die außerhalb von uns liegen und in dem Fall wirklich auch außerhalb unseres Planeten-
00:06:45,771 –> 00:06:46,251 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:06:46,251 –> 00:06:50,672 [Silja Graupe]
Wir uns dem jetzigen und dem tatsächlichen Leid eben verschließen können.
00:06:50,672 –> 00:06:50,911 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:06:50,911 –> 00:07:48,071 [Silja Graupe]
Ja, und das ist ja dieser schöne Neoliberalismus, in the long run we are all dead. Ja, also das, wo Keynes, er erinnert mich an Keynes, gesagt hat ja, ihr sagt immer lange Frist. Neunzehnhundertmillionen Inderinnen verhungern wegen einer Mischung aus Spekulationen und Klimaphänomenen, damals schon. Und dann sagt man so, „Ja, aber auf lange Sicht werden die Getreidemarktspekulationen das richtige Ergebnis bringen.“ Ja, und jetzt ist auf lange Sicht, werden drei Leute zum Mars gehen. Und es ist ’n Verschließen gegen die unendlichen Möglichkeiten, im jetzigen Problemen und Leid auch tatsächlich aktiv zu werden. Und das ist das, was mich so auf die Palme bringt, dass wir diese moralische Qualität, was ist im jetzigen Leben falsch, was wollen wir angehen, wo wollen wir uns streiten, dass das alles versucht wird auszublenden durch diese Setzung von Zielen, die immer außerhalb liegen. Guck dir die Bildung an. Also wenn Kinder sollen irgendwas lernen, so, ja, lern das so, dann hast du irgendwann eine Agentur oder irgendwann einen Kindergartenplatz, irgendwann einen Gymnasialplatz. Und die Leute, sie verstehen doch nicht mehr, wozu sollen sie den ganzen Mist lernen? So, ja, der Sinn wird sich hier später schließen. Nein, nein, nein, ein Mensch ist ein Sinn und den sollen sie lebendig machen, und zwar jetzt. Und dieses unendliche „Ja, später wirst Du mal zufrieden sein“, ähm, finde ich eine der größten Problematiken, also philosophischen oder ideellen Problematiken, die wir in unserer Gesellschaft haben.
00:07:48,071 –> 00:08:12,171 [Raul Krauthausen]
Da kommen wir noch drauf zu sprechen, über, ähm, der Glaube an, an die Wirtschaft, an Arbeiten als, als Religion quasi, die ja gar nicht mehr hinterfragt wird. Ähm, was hat dich denn oder was war denn für dich der Auslöser, dich damit mehr auseinanderzusetzen und nicht einfach nur ’n Buch gelesen zu haben, sondern, ähm, du kommst selber aus ’nem Wirtschaftsbetrieb, hast lange da gearbeitet. Äh, du hast dich für Ökonomie und Philosophie interessiert und stark geprägt, Du hast das studiert. Ähm, was war für dich die Ausrede? Hast Du Vorbilder?
00:08:12,171 –> 00:10:30,791 [Silja Graupe]
Ich find’s total spannend, weil es viele Resonanzen gibt mit den jungen Menschen, die jetzt bei uns sind. Sei es also so, heute würd ich das so, so ’n Weltverbesserungs-Gen, ich will was Sinnvolles im Leben machen, ja. Ähm, ich will was bewegen, ähm, ich will leid mindern schon sehr lange in mir. Und dann tatsächlich erst mal die Idee, auch aus Unternehmerhaushalt zu, ähm, kommen, so, die Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaft wird die Antwort haben. Ja, also ich hatte damals ’ne Chemikerin, sage ich, ja, Umwelttechnologie machen. Sage ich so, nee, also ich will ja nicht einfach nur direkt von anderen Leuten wegmachen, sondern ich will ja ’n System haben, indem wir das, ähm, verhindern können, dass das entsteht. Und irgendwie hat das was mit Wirtschaft zu tun. Und, ähm, ich selber bin ja sozusagen in meinem vorherigen Leben selber total neoliberal gewesen. Also ich hab das geglaubt, dass wir das über Märkte schaffen können. Ähm, und, und dann für mich, ähm, einerseits diese absolute Inhaltslehre dieser, dieser Bildung, ich verstehe nicht, was ich da machen soll. Ich verstehe nicht, was das mit meinen Fragen zu tun hat. Dann in unserem eigenen Familien unter den extrem schwierigen wirtschaftlichen Situationen, wo ich gemerkt hab, diese ganze Ideologie und damals auch Wissenschaft für mich, ich hatte überhaupt gar keine Antworten. Also es hilft mir nichts, im praktischen Leben irgendetwas zu entscheiden, ähm, dass es gehörige Risse bekommen hat. Aber ich bin nicht diejenige, Du fragst ja auch noch Vorbildern. Ich hab, ich konnte nie von außen auf die Wirtschaft gucken, im Sinne von einer Marxistin sagen, ich wusste schon mal, dass das falsch ist, ja. Sondern es fühlt sich für mich an, ich bin in ’nem Gefängnis und ich bin da selber drin. Und ich merke, das tut mir nicht gut. Ähm, aber ich glaub das und ich hab gar keine Alternativen. Und das ist auch mein philosophischer Weg, zu sagen, es ist eher eine Befreiung von innen nach außen, als zu sagen, ich guck auf etwas und sag, guck mal voll aufs Gefängnis, [kichern] in dem irgendwie Leute sind. Und das ist, es ist nicht nur philosophisch, es ist, glaube ich, auch menschlich eine ganz andere Bewegung, ja. Und das erlebe ich immer an Menschen, dass sie mit mir sich gut verbinden können, weil es ja doch viele gibt, die nicht diese Siegermentalität haben, „Ich wusste schon immer, dass es anders geht“, sondern selber fragen und wir ja dann auch uns selbst entwurzeln, weil wir das, was wir ändern wollen, ja selbst schon abhängig sind im Kopf mit unseren Reproduktionsmechanismen, Geld verdienen und, und so weiter. Und da hab ich Vorbilder, ähm, ich war lange in Japan, ich hab lange in Japan studiert und dann auch geforscht. Und es gibt eine Gruppe japanischer Philosophen, Philosophinnen, einige wenige Frauen auch, äh, die diese komplette Entwurzelung in der Modernisierung thematisiert haben. Es gibt ja Länder, die mussten sich ja ihre Kultur komplett aufgeben, entweder durch Kolonialisierung oder sogenannte freiwillige Kolonialisierung wie in Japan. Und dieses Gefühl, komplett den Boden verloren zu haben, komplett nicht mehr zu wissen, wer ich bin und von dort aus für eine Definition zu suchen, haben diese Menschen unglaublich tolle Werke geschrieben, ähm, selber auch immer wieder krachend gescheitert und eine ganze Geschichte, was ich als Vorbild super finde, ist nicht so ein Superheld ist, alles ist toll. Ähm, und da hab ich unheimlich viel gelernt. Es gibt Menschen, die ringen können, es gibt Menschen, die sich schuldig gemacht haben, weil sie Teil des Systems sind und wir können uns selbst und gemeinsam davon befreien. Ja.
00:10:30,791 –> 00:10:36,631 [Raul Krauthausen]
Gibt’s etwas, wo Du sagen würdest, ähm, „Ach, hätt ich das mal vorher gewusst“?
00:10:36,631 –> 00:10:39,251 [Raul Krauthausen]
So als Abkürzung?
00:10:39,251 –> 00:10:46,091 [Silja Graupe]
Ja, ich glaub, wir kommen noch drauf. Also eines, was mich sehr beschäftigt, ist, ich hab immer über Verletzlichkeit geforscht, immer über diese Zerbrechlichkeit in dieser Entwurzelung.
00:10:46,091 –> 00:10:46,211 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:10:46,211 –> 00:10:52,171 [Silja Graupe]
Und ich selber meinte, nach außen hin auch gegen, selbst als ich dann Lehrende wurde, unheimlich stark sein zu müssen.
00:10:52,171 –> 00:10:52,731 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:10:52,731 –> 00:11:16,471 [Silja Graupe]
Also die eigene Verletzlichkeit ist schon auch der Antrieb und auch meine eigene Auseinandersetzung, aber es konnte nach außen nicht sichtbar werden durch Erziehung, Kultur, was auch immer. Und jetzt zu merken, in dem Moment, wo ich die innere Resonanz thematisiere, sag ich, „Ich bin auch betroffen, ich bin auch verletzlich, ich bin traurig, ich bin angegriffen“, ’ne ganz andere Resonanz zu Menschen noch mal entstehen kann. Und da wünschte ich mir oft, ich hätt das früher geschafft. Aber es war etwas, das,
00:11:16,471 –> 00:11:40,191 [Silja Graupe]
das ich lang noch nicht mal überlegt hab. Also man denkt immer, man hat Wahlentscheidung, du kannst ein Gummibärchen nehmen oder den Schokoriegel, aber ich wusste gar nicht, dass es ’n Lebensentwurf gibt, wo wir so anders uns begegnen können. Und das find ich jetzt auch wichtig, grade jungen Menschen, aber nicht nur jungen Menschen, zu vermitteln, wir können uns anders begegnen, wir können uns anders öffnen und dadurch auch ganz anders unterstützen. Und da würd ich mir wünschen, ja, dass ich da auch früher Vorbilder gehabt hätte, tatsächlich. Dass ich gesehen hätte, das ist ’ne Wahlmöglichkeit, das kann man machen.
00:11:40,191 –> 00:12:56,247 [Raul Krauthausen]
Das find ich total interessant, weil, also da kommen wir auf jeden Fall oder werden wir ja später drauf zu sprechen gekommen. Ich zieh das mal vor. Ich hab, äh, vor einigen Jahren ein Buch gelesen, ähm, von Adam Manscib, The Power of DisAbility. Und, ähm, da beschreibt er verschiedene Formen, die behinderte Menschen als Stärke in sich tragen, die wir oft gar nicht sehen oder wahrnehmen als, als Stärke, weil wir Behinderung, Krankheit schnell als etwas Defizitäres sehen. Ähm, und eine Stärke ist zum Beispiel die Kreativität, wenn man ständig Lösungen sich überlegen muss. Ähm, oder eine andere Stärke ist die Resilienz, also dass man eben nicht sofort, äh, ähm, keine Ahnung, die vor Lethargie aufhört, ähm, oder verzweifelt oder aufgibt, dann eben doch ’n paar Mal was versucht hat, bevor man vielleicht aufgibt. Und was mich am meisten beeindruckt hat, war aber, und vielleicht meinst Du das auch, äh, die Kraft der Authentizität. AlsoMenschen mit sichtbaren Behinderungen können eben nicht so tun, als hätten sie keine Behinderung. Und das, was ihnen dann bleibt, ist halt so würdevoll es geht, damit umzugehen. Ähm, und das ist glaube ich das, was viele entweder tabuisieren und nicht wahrhaben wollen, dass sie das auch erahnen wird oder kann, ähm, und dann so verstecken in so Sätzen wie: „Ich bewundere, wie du das alles schaffst. Ähm, ich an deiner Stelle könnte das nicht.“ Und eigentlich nicht bewundern, wie man etwas schafft, sondern bewundert, wie jemand damit umgeht. Und diese Bewunderung gerne auch für sich selbst hätte, mit der eigenen Unzugänglichkeit, die wir alle mit uns tragen.
00:12:56,247 –> 00:12:59,827 [Raul Krauthausen]
Diese Begegnung, dass die viel zu wenig gelehrt und gesehen wird.
00:12:59,827 –> 00:13:28,447 [Silja Graupe]
Ich finde das total spannend, ähm, dass du es jetzt auch gerade zusammen, also mit mir ansprichst. Ähm, ich kann das ja kurz schildern. Also, ich habe eine sogenannte neuromuskuläre Störung. Also die Kommunikationszwischengehirn und Muskeln funktioniert nicht richtig. Und aus einem Grunde, der nicht vollständig geklärt ist, betrifft das auch die schmerzsensiblen Nerven. Es ist eine chronische Schmerzerkrankung. Und, ähm, sie ist bis vor, also, sie schreitet fort. Also, ich konnte früher Leistungssport machen, konnte nicht mehr laufen, nicht mehr Rad fahren, aber ich kann gehen und ich kann Vorträge halten. Das heißt, erst jetzt wechsle ich auf deine und eure Seite der sichtbaren Behinderung.
00:13:28,447 –> 00:13:28,827 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:13:28,827 –> 00:13:30,467 [Silja Graupe]
Das Ganze ist aber eigentlich, seit Geburt läuft das.
00:13:30,467 –> 00:13:31,087 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:13:31,087 –> 00:13:47,947 [Silja Graupe]
Ähm, sodass ich erst zu denen gehört habe, die das verborgen haben, ne? Und warum? Ich kann das halt sehr, sehr genau mittlerweile, ähm, beschreiben. Und das sind eigentlich zwei Sachen, dass ich bis zum zweiundzwanzigsten Lebensjahr, wo ich meinen Mann, noch den Mann kennengelernt habe, immer dachte, alle anderen haben auch Schmerzen, aber wie ich redet keiner drüber.
00:13:47,947 –> 00:13:54,747 [Silja Graupe]
Ähm, und ich dachte immer, ja, okay, die haben mal mehr und mal weniger Schmerzen, aber die Kategorie „Kein Schmerz“, das hat mir nie jemand gesagt. Es ist wie Fische im Wasser. Die Gesunden haben mir nie erklärt-
00:13:54,747 –> 00:13:54,887 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:13:54,887 –> 00:14:00,167 [Silja Graupe]
-dass sie mal Schmerz haben, wenn sie sich an den Finger schneiden. Ähm, es hat mir keiner Sprache für meine Erfahrungswelt gegeben.
00:14:00,167 –> 00:14:00,187 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:14:00,187 –> 00:14:11,267 [Silja Graupe]
Und natürlich, als Kind denkst du: „Ja, alle anderen reden auch nicht drüber.“ Und wenn ich was sage, sagen alle: „Ja, dir tut halt grade die Nase weh.“ Aber versuch eine Sprache zu finden, zu sagen: „Nein, nein, nein, es ist nicht dass mir jetzt die Nase weh tut, sondern es tut mir auch das Ohr weh und es tut mir immer alles weh. Und jetzt tut mir besonders die Nase weh.“ Das konnte ich nicht sagen.
00:14:11,267 –> 00:14:11,967 [Raul Krauthausen]
Ja.
00:14:11,967 –> 00:15:09,167 [Silja Graupe]
Und das andere, und das ist wirklich eines meiner Hauptforschungsgebiete, was mit dem Fachbegriff epistemische Gewalt, also Gewalt, die sich gegen Wissen wendet, dass ich natürlich, ich bin jetzt fünfzig und natürlich fünfzig Jahre mit meiner Mutter zusammen, ähm, immer wieder Ärzte aufgesucht habe, Ärztinnen, und sagte: „Mit mir stimmt was nicht.“ Und diese immense Gewalt, weil es nicht verstanden worden ist, ähm, zu sagen: „Deine Realität gibt es nicht.“ Ärzte, die auf zehn weiter bohren, obwohl Nakotika nicht wirken, Ärzte, die nicht helfen, weil sie sagen, das ist eingebildet. Ärzte, die sagen: „Ich will Liebe und Aufmerksamkeit dazu bekommen.“ Und wenn du erlebst, dass deine innere Realität keine äußere Resonanz erfährt, sondern einfach gesagt wird: „Das gibt es nicht. Du kannst nicht krank sein.“ Dann hab zumindest ich und meine Forschung zeigt, dass es vielen so geht. Du setzt alles drauf an, es zu verbergen mit der Zeit, weil der Schmerz, dass deine Realitätserfahrung negiert wird, schlimmer ist, als keine Hilfe zu kriegen. Viel, viel schlimmer. Ich bin Jahre, Jahrzehnte, nicht zum Arzt, nicht ins Krankenhaus, bis auch wirklich lebensgefährliche Situationen, nur nicht wieder zu hören: „Du bildest dir das ein. Du bist eine hysterische Frau, du bist vielleicht depressiv.“
00:15:09,167 –> 00:15:10,007 [Raul Krauthausen]
Medical Gaslighting.
00:15:10,007 –> 00:16:26,207 [Silja Graupe]
Ja. Und es ist, Raul, es ist so schlimm, ähm, weil es dich als Mensch selbst auch immer wieder angreift. Ist ja nicht so, ich hab meine Realität und da draußen hat ja keine Resonanz, sondern wenn es keine Resonanz hat und im Gegenteil, eben dieses, ähm, ständige Negieren passiert. Du zweifelst doch an dir selbst: „Bilde ich mir das ein? Möchte ich vielleicht wirklich Aufmerksamkeit?“ Ja, also diese ganzen sekundären Krankheitsgewinner, ne? Und, und dann auch noch dann zu sehen, so okay, und jetzt kommst du, ne, du kannst es nicht verbergen, aber du hast diese ganze Erfahrung, wenn du was zeigst, dann wird deine eigene Realität genommen. Ähm, und ich denke, da uns auch von deiner Erfahrung, von meiner auch, auch zu verbinden, ne? Weil jetzt passiert natürlich noch wieder dieses Jahr Sichtbarkeit, dann kommen andere Frames, werden da drauf gesetzt. Ich bin aber noch von der Unsichtbarkeit sozusagen traumatisiert. Und das alles zusammenzubringen. Und genau wie du sagst, diese für mich innerlege und zu dem nach außen dringende. Natürlich hab ich zehntausend Lösungsmöglichkeiten gefunden. Mir tut der Fuß weh. Ich möchte trotzdem auf diesen Berg hoch. Wie komme ich auf diesen Berg hoch, ja? Also diese unendliche Sache. Und was, ich weiß nicht, ob das in dem Buch, was du nennst, ist. Für mich ist auch so ’ne totale Situiertheit. Es ist so und jetzt mach ich was draus. Und es ist nicht so, ja, und morgen könnte ich ja mal, oder ich muss mich ja noch ’n bisschen selbst optimieren und so, sondern wir haben ja eine unglaubliche Geworfenheit, so. Ich kann jetzt nicht reden, ich bin jetzt zwei Stunden gelähmt. So, was, was mach ich draus, ja? Und ich kann nicht weglaufen, du kannst nicht weglaufen. Ähm, wir können uns nichts vormachen. Und aus diesem auch ’ne, weiß gar nicht, ob’s jetzt positiv oder negativ, aber es ist eine unglaubliche Vielfalt, die entstehen kann, während ich als gesunde Person ja viel mehr ausblenden kann, ne, und übergeben kann. Ja.
00:16:26,207 –> 00:16:56,427 [Raul Krauthausen]
Jetzt war ja in der asiatischen Philosophie, äh, du hast in Japan auch eine Weile studiert und, und gelebt. Ähm, wenn ich das richtig verstanden habe, dann gibt es dort auch die, die Philosophie oder die Lehre, dass wir nicht wissen, was wird. Also dass wir die Unsicherheit der Welt lernen müssen, auszuhalten, anstatt zu glauben, wir können die Umwelt formen, wir können sie gestalten, wir können alles manipulieren. [husten] Ähm, und das in dieser, in dieser Tatsache, die Unsicherheit auszuhalten, ja vielleicht auch dir hilft, deine Veränderung physisch an dir, ähm, besser zu, zu halten.
00:16:56,427 –> 00:17:06,987 [Silja Graupe]
Ich glaub’s noch– Also es ist genau das, was du sagst. Und ein Ausgangspunkt dahinter, der mir total hilft, ähm, jetzt ist das im Buddhismus, kann man in ’ner anderen Strömung noch anders formulieren, aber, äh, erste Wahrheit, also Wahrheit Nummer eins: Diese Welt ist Leiden. Punkt.
00:17:06,987 –> 00:17:21,687 [Silja Graupe]
So, und wenn man das verstanden Hat, dann kann man sagen, wie gehen wir damit um? Was machen wir, ja? Aber in einer Welt zu leben, einer Fortschrittsideologie, die erst mal sagt, nee, Leid gibt es gar nicht. Und ich leugne das, so lange es geht. Und dann sag ich: „Ja, aber später wird’s besser.“ Und das ist evolutionäre Auslese, dass du grad leidest. Also, wir tun ja alles, um diesem einfachen Satz, „Die Welt, das Leben ist Leiden“ zu umgehen.
00:17:21,687 –> 00:17:26,767 [Raul Krauthausen]
Aber die sind auch im Glauben, im Glauben, in der christlichen Lehre ja auch tief verankert. Wir haben gesündigt, wir müssen jetzt-
00:17:26,767 –> 00:17:51,347 [Silja Graupe]
Ja, genau. Trotzdem, wenn man Jesus am Kreuz- Also, das hat wehgetan, ne? Also, so. [übersprechen 00:04:42] Und das war vor la Auferstehung und eigentlich Karfreitag, der wichtigere Feiertag. War bei den Protestanten auch mal so, ne? Keine Auferstehung ohne ein unermessliches Leid. Also, man könnt‘ es checken, aber du hast recht, man checkt es nicht so richtig mehr und will auch da nicht ran, ja? Und dann gleichzeitig zu sehen, Nummer zwei, warum entsteht Leiden? Leiden entsteht dadurch, dass wir der Veränderung oder Vergänglichkeit, äh, dass wir sie nicht wahrhaben wollen und alles dran setzen, sie aufzuhalten, zu verdrängen und so weiter. Das ist eine Gesamtumkehrung unserer Idee, ja?
00:17:51,347 –> 00:17:51,727 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:17:51,727 –> 00:18:02,527 [Silja Graupe]
Und dann eben zu sagen, okay, sehr, sehr wahrscheinlich kann man gegen meine vertretende Erkrankung nichts machen. Ähm, das heißt nicht, dass ich noch kämpfen kann und auf Wunder hoffen und alles mögliche, ja? Aber wirklich zu sagen, in einer Radikalität, was kann ich jetzt leben, ja?
00:18:02,527 –> 00:18:02,807 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:18:02,807 –> 00:18:16,807 [Silja Graupe]
Was ist in dieser Vergänglichkeit? Was zeigt sich an Möglichkeiten, zu versuchen, eben nicht dem alten hinterher zu trauern, ne? Ähm, da hilft das schon sehr. Und dann natürlich auch mit tausend Übungen. Und Betroffene wie ich, es ist ja wirklich so, dass das– es war noch nie so schlecht wie heute. Und es wird nie wieder so gut sein wie heute.
00:18:16,807 –> 00:18:17,527 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:18:17,527 –> 00:18:20,507 [Silja Graupe]
So, und dazu eingespannt. Und finde jetzt mal ’ne Philosophie, die dir hilft, ja?
00:18:20,507 –> 00:18:21,667 [Raul Krauthausen]
Die Philosophie der Veränderung.
00:18:21,667 –> 00:18:26,367 [Silja Graupe]
Genau. Und dann eben zu sagen, ja, genau. Und nach vielen Standardkriterien ist es einfach Mist. Punkt, ne?
00:18:26,367 –> 00:18:26,767 [Raul Krauthausen]
Ja.
00:18:26,767 –> 00:19:16,587 [Silja Graupe]
So, und dadurch g-Eröffnen sich andere Möglichkeiten. Ich werde von Studierenden auf Händen getragen, weil der Fahrstuhl nicht geht. Er muss man sich mal vorstellen, ist ’ne richtig coole Angelegenheit, wenn man sich’s mal genau und welche Gespräche danach entstehen, was die jungen Menschen erzählen an ihrer Verletzlichkeit, was sie eigentlich für Veränderungen haben wollen, warum wir nicht alle Sitzkissen haben. Ich hab ’n Sitzkissen, ja, und kann in der Liege liegen und warum sie eigentlich auf ihren Stühlen sitzen müssen und und und. Ja, also und immer wieder zu sehen, es gehen, es geht was kaputt, es geht was verloren. Es ist was zu betrauern, ist auch nicht Emotion zu negieren, darum geht’s nicht. Und es fängt immer wieder eine neue Welt an, ja. Und das eben nicht im Sinne eines Fortschrittoptimismus, das ist alles für ’n höheren Zweck, sondern es entfaltet sich und entfaltet sich und entfaltet sich und ist eher wie son Surfen auf der Welle, ne. Also so Das das Leben können wir surfen und und mehr ist auch nicht, ja. Und das eben zu sehen, dass sie sagen, nee, es gibt keinen höheren Zweck. Was soll das für’n Zweck sein, ja. Und und gleichzeitig muss ich mich aber auch nicht an Maßstäben aus der Vergangenheit messen lassen, nicht an meinen individuellen, nicht an den gesellschaftlichen, das muss man können. Man wird auch mal anständig im Stuhl sitzen können. Nee, kann man nicht, ja. So.
00:19:16,587 –> 00:19:42,787 [Silja Graupe]
Und es gibt sone, grade im Daoismus wird das ja total gefeiert, ne. Es ist sone Art von Torheit, die eine unfassbare Lebendigkeit hat, auch eine kommunikative, weil wir ganz anders miteinander reden können, weil man sagt, willst Du das Konzept von dir gerade loslassen? Mhm. Ja, so. Und wie Du sagst, immer wieder Möglichkeiten zu finden. Okay, im Moment geht das und das nicht. Was geht? Wie können wir’s anders machen? Und abgesehen davon, wie gesagt, dass es Leid ist, Punkt und nicht abgesehen, aber da drin ist eine Feier des Lebens. Und es ist übrigens auch urkomisch, weil Du ständig irgendwas verlierst, was normal ist. Ja, ist einfach, ist ja brüllend, also wirklich brüllend komisch, ne.
00:19:42,787 –> 00:20:07,327 [Raul Krauthausen]
Da gibt es ja, du hast gerade gesagt, man kriegt dann Übungen, die man machen kann und so. Da bin ich immer son bisschen vorsichtig bei meiner Behinderung zum Beispiel, wie oft man mich als Kind zum Sport oder Krankengymnastik geschickt hat, einfach so nach dem Motto Bewegung ist wichtig. Ja, das gilt allerdings für alle Menschen. Und ich hab genauso das Recht, Sportmuffel zu sein, wie nicht behinderte die Menschen auch das Recht haben. Ich muss nicht mehr Sport machen, nur weil ich eine Behinderung habe. Auch wenn es mir gut tut, hab ich noch die Freiheit zu sagen, mach ich nicht.
00:20:07,327 –> 00:20:13,107 [Raul Krauthausen]
Also für wen mach ich Sport? Die Frage hab ich mir irgendwann gestellt, für mich oder damit meine Eltern kein schlechtes Gewissen haben.
00:20:13,107 –> 00:20:16,627 [Raul Krauthausen]
Und dann gibt es aber auch selbst die Übungen, die ich mache,
00:20:16,627 –> 00:20:41,887 [Raul Krauthausen]
noch Neid, das man mir zufügt von außen. Also es ist klar, es macht Sinn, Übungen zu machen und die sind anstrengend. Oder ich hab Schmerzen, das ist auch anstrengend, das ist auch leid. Aber ich glaube, worunter ich mehr leide, sind tatsächlich Leid, das mir zugefügt wird von außen. Barrieren, nicht zutrauen, nicht flexibel sein, nicht drauf eingehen, nicht ernst nehmen und so weiter. Dass wir deswegen an dieser Selbstoptimierung, die man in diesem, „Du musst halt nur Übung machen“, schnell drinstecken kann, diese andere Seite der Umwelt, der Gemeinschaft, in der wir uns befinden, nicht ausblenden sollten.
00:20:41,887 –> 00:20:48,067 [Silja Graupe]
Ich sag gleich, was ich unter Übung meinte, aber ich find das total wichtig. Ich hasse Selbstoptimierung, ja.
00:20:48,067 –> 00:23:01,667 [Silja Graupe]
Weil Optimierung heißt, Du weißt, auf was hin Du optimieren möchtest. Du hast ja eine Vorstellung, ne. Entweder von Du machst jetzt Muskelübung oder Du hast Muskeln oder oder was auch immer. Und dass natürlich die Menschen in seiner momentanen Situation nicht entspricht oder nicht entsprechen muss, sondern es geht ja darum, ein Bild zu formen, ne. Und Selbstoptimierung ist in Youribaner auch, das ist ja noch nicht mal ’n Endzustand, also dass dir deine Eltern irgendwie sagen, ja, wenn Du die Übung machst, dann ist auch mal gut. Sondern wenn Du das gemacht hast, musst Du ja schon wieder was Neues machen und was ausprobieren. Und also das ist das eine, was mir eingefallen ist. Und das andere ist eben genau diese ständige Anrufung. Anrufung meint philosophisch, dass Du von anderen angesprochen wirst und Du sollst mit deiner Identität angeworten. Du musst der sein, Du musst die sein. Und dort auch immer als defizitär selbst optimierend. Also meine Muskeln sind entweder zu angespannt oder gelähmt. Und dann gibt’s wirklich viele Menschen, die sagen, hast Du schon mal Magnesium genommen? So, nee, weißt Du, bin ich nicht drauf gekommen. Ich bin natürlich erkrankt, aber nee, also stimmt, super Idee, ja. So, wir sagen so, ja, wenn Du nur das und das tust oder es kommt alles auf mich, wenn Du richtig betest, wenn Du die richtigen Medikamente nimmst, wenn Du die richtigen Übungen machst, wenn Und eigentlich ist alles nur ’n einziger Schrei. Sag mir bitte nicht, dass eine Krankheit mich eilen könnte, die mich einfach regelt, sondern so, ja, Du musst ja was falsch gemacht haben, dass Du das hast. Und ich glaub, wir beide erinnern ja Menschen, sagen, es kann einfach Schicksal geben. Und da kannst Du noch so viel Liegenstütz machen und Pillen schlucken und Magnesiumspray nehmen, nichts in der Welt wird dich davon befreien, dass Du mit dieser Situation umgehst, ja, philosophisch. Du bist da drin geworfen, ja. Was meinte ich jetzt mit Übung, gut, dass Du’s sagst? Ich meinte keine Turnübung, sondern und auch nicht wieder in der Optimierung, aber was mir hilft, sind viele von Meditationen, von von mentalen Zugängen, wo ich für mich lerne, das heißt nicht, dass irgendjemand anders das machen muss. Zum Beispiel sagen zu, also unterscheiden können zwischen Schmerz, der immer heißt, ich soll nicht sein, ne. Also Schmerzen sind die Definition von, das geht so nicht. Und meiner Bewertung, dass ich eine Freiheit habe, zwischen dem Schmerz und wie viel ich an ihm leide, mir selber ’n Freiraum schaffen zu können. Das heißt nicht, wenn das jemand nicht kann und an Schmerzen können Menschen zerbrechen und es führt in Suizide und chronische Schmerz. Das heißt nicht, dass ich anderen sagen würde, wenn er Schmerz hat, optimiere ich mal und meditier ’n bisschen. Aber gleichzeitig zu sagen, es gibt einen Raum, ne, in dem wir uns verhalten können und dem wir auch zu Fremdbildern uns verhalten können. Und genau gleichzeitig, so wie Du auch sagst, es muss doch eine gesellschaftliche Resonanz haben. In einer Gesellschaft, die mir all das nicht beibringt, die mich für verrückt erklärt, die mir Barrieren in den Weg haut, wie viel soll ich dann innerlich machen, ja? So, natürlich geht es knallharte Gesellschaftskritik und knallharte Forderung sagen, macht uns doch das Leben bitte nicht noch schwerer. Und vor allen Dingen belastet uns nicht mit Stereotypen, mit denen wir überhaupt nichts anfangen können. Und genauso wie Du, was mich jetzt beschäftigt, wo es jetzt sehr sichtbar wird, die Erkrankung,
00:23:01,667 –> 00:23:05,587 [Silja Graupe]
dass mich viele Menschen nach Suizid fragen, wirklich viele. Wann gehst Du in die Schweiz?
00:23:05,587 –> 00:23:07,807 [Raul Krauthausen]
Ach krass. Ja. Das ist ja das ist ja wie ’ne Erwartung an dich.
00:23:07,807 –> 00:23:12,467 [Silja Graupe]
Ja. Und genau wie Du sagst, deshalb sag ich’s, es ist nett gemeint, ist Ja. Meistens nett gemeint.
00:23:12,467 –> 00:23:15,467 [Silja Graupe]
Aber im Sinne von, das könnt ich nicht. Mhm.
00:23:15,467 –> 00:23:18,987 [Silja Graupe]
Das kann auch sone Bewunderung haben, aber mir stockt der Atem auch, in der Ich hab die Frage
00:23:18,987 –> 00:23:19,747 [Raul Krauthausen]
Gerne gefallen.
00:23:19,747 –> 00:23:21,747 [Silja Graupe]
Ja, aber sie ist da.
00:23:21,747 –> 00:23:31,827 [Raul Krauthausen]
Und ich hab jetzt eher die Frage gestellt, Entschuldigung, ob also wie wie diese Philosophie aus Japan, aus dem Buddhismus mit der hohen Suizidrate in Japan zusammenhängt, als dass ich dich jetzt gefragt hätte, ob Du in die Schweiz fährst.
00:23:31,827 –> 00:23:41,447 [Silja Graupe]
Ja. Vor allen Dingen, also Nebenbemerkung politischer Art, wir haben keine gesetzlichen Regelungen mehr in Deutschland, die greifen würden, weil sich der Bundesrepublik einigen kann und ich muss nicht in die Schweiz fahren. Mhm. Und es ist hier rechtsfreier, also eigentlich geregelter Raum.
00:23:41,447 –> 00:24:03,367 [Silja Graupe]
Wir können uns nicht auf die Japan Frage wieder anders hinführen, aber dieses tatsächlich zu sagen, Du lebst unvorstellbar und wollen wir dir beziehungsweise dann eben auch uns das zumuten, ja. Mhm. Und natürlich sind wir eine Zumutung, wie wir so durch die Gegend liegen wollen, was wollen wir grade machen? Aber ich wünsche mir und seh das vor allen Dingen auch bei bei unseren Studierenden an der Hochschule, dass es Menschen als Resonanztraum wahrnehmen können.
00:24:03,367 –> 00:24:20,727 [Silja Graupe]
Wenn Silja das kann, was hat das was was wie wo kann ich mich befreien? Wo kann ich, wie Du sagst, wir sind alle verletzt. Nicht nur verletzlich, wir sind verletzt. Wir sind alle krank. So, und wie können wir gemeinsam damit umgehen? Ist doch viel spannendere Frage als jetzt die Frage nach Aussortierung. Und ich seh in dieser Frage so, ja, Du bist eine Zumutung und dann ist es paternalistisch.
00:24:20,727 –> 00:24:23,487 [Silja Graupe]
Das musst Du dir nicht zumuten, so, ja. Okay, das ist eigentlich die Frage, ne.
00:24:23,487 –> 00:24:43,171 [Raul Krauthausen]
Und der Raum, der da öfter werden kann, das hab ich erlebt, dass Freunde zu mir gesagt haben, dass sie, als sie schwanger waren, also als sie schwanger war, sie sich geweigert hat, einen Test auf diese Mie einundzwanzig zu machen.Sie gesagt hat, na ja, wir haben ja Freunde mit Behinderungen im Bekanntenkreis. Das wird schon irgendwie gehen. Warum sollte ich das vorher wissen? Und wir wissen, dass neun von zehn Kindern mit Down Syndrom abgetrieben werden.
00:24:43,171 –> 00:24:49,771 [Raul Krauthausen]
Dass das klare auf den Raum für die aufgemacht hat zu sagen, das sollte aber kein Grund sein, weil das Leben ist ja auch mit Behinderung lebenswert.
00:24:49,771 –> 00:24:56,572 [Silja Graupe]
Ja, das ist ja auch bei den ganzen humangenetischen Beratungen. Wir konnten leider kein Kind kriegen oder mal ein Kind verloren, mein Mann ist.
00:24:56,572 –> 00:25:03,331 [Silja Graupe]
Aber wir haben Recht auf Abtreibung, wenn man den genetischen Defekt in unserer Familie feststellen könnte. Gott sei Dank nicht festzustellen, nach heutigen Kriterien.
00:25:03,331 –> 00:25:25,251 [Silja Graupe]
Dann sage ich, also so schlimm ist das jetzt auch nicht, ja. Ist eine beschissene Krankheit. Ey, komm, also ich meine, ich habe eine Hochschule gegründet. Ich habe Freunde, ich lebe, ja. Und natürlich ist mir was mitgegeben. Und natürlich würde ich jetzt, wenn unsere Tochter überlebt hätte, natürlich würde ich sie angucken und sagen, oh Gott, ne, das ist doch immer da drinnen. Also natürlich ist es auch so schrecklich mit dieser Krankheit, dass ich Menschen davor oder meine Tochter hätte bewahren wollen, ja. Oder dass ich ’ne Trauer gehabt hätte, aber das ist doch was anderes, als zu sagen, das Leben ist nicht lebenswert.
00:25:25,251 –> 00:25:25,992 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:25:25,992 –> 00:25:28,591 [Silja Graupe]
Ich kann ja nicht sagen, super. Nein, ist nicht super.
00:25:28,591 –> 00:25:40,831 [Raul Krauthausen]
Meine Kollegin, die auch mit Behinderung lebt, sagt immer, behinderte Menschen haben auch ein Recht auf Niederlagen. Es muss nicht immer alles super sein. Auch wir dürfen lernen, mit, mit Herausforderungen umzugehen. Das, äh, gehört zum Leben einfach dazu, von allen.
00:25:40,831 –> 00:25:45,311 [Silja Graupe]
Ja, zu sehen, welche unterschiedlichen Mischungen das eben auch sind, ne? Und-
00:25:45,311 –> 00:25:45,531 [Raul Krauthausen]
Genau.
00:25:45,531 –> 00:26:23,031 [Silja Graupe]
Auch noch mal auf diese Suizidproblematik. Ich sage nicht, dass, wenn sich ein Mensch dafür entscheidet, dass er den Weg nicht gehen soll. Es ist ja auch nicht, dass wir an– auf der anderen Art ideologisch jedes Leben muss. So, das meine ich auch nicht, ja? Aber den Raum, wie du sagst, des Zumutbaren als kollektiven Gestaltungsraum zu sehen und immer wieder zu sehen, wie auch sehr gute Ärzte sagen, wenn wir auf der Seite Betreuung, wenn wir auf der Seite der Anerkennung, wenn wir auf der Seite was ändern, ändert das ihre Krankheit. Ja, das ist nicht im Sinne von sie sind verrückt und Psychosomatik, sondern zu sagen, das ist ja eine kollektive Erkrankung. Ja? Und wenn wir auf der Seite des Kollektiven was ändern, ist automatisch mein Leben nicht nur leichter, sondern auch gelingender. Und wenn wir’s von dieser Seite mal sehen, dass wir sagen, Erkrankungen sind ja Kontexte, ne, soziale Kontexte. Und bei genetischen Erkrankungen reichen ja paar Generationen zurück. Okay? Und es ist ’n gemeinsamer Kontext, ’ne Relation, die wir ändern können und dann werden sowohl die Gesunden, sogenannte Gesunden, und die Kranken andere.
00:26:23,031 –> 00:26:23,391 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:26:23,391 –> 00:26:26,391 [Silja Graupe]
Aber es ist ja nicht, dass ich krank bin und dann muss ich irgendwas tun-
00:26:26,391 –> 00:26:26,411 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:26:26,411 –> 00:26:43,591 [Silja Graupe]
Sondern es ist ’n Gesamtkomplex, in dem bestimmte Konstellationen aufeinander kommen und daran können wir alle was verändern. Also zum Beispiel abgesenkte Bordsteine. [übersprechen 00:03:42] Also ich hab’s noch nie gehört. Also, aber donnert jetzt mal mit dem blöden Rollstuhl da ständig gegen. Es ist entwürdigend und es ist, es ist einfach Mist, weil Du so viel Kraft für etwas nehmen musst, was für andere selbstverständlich ist. Es macht mich krank, es macht die ganze Gesellschaft krank. Es ist einfach
00:26:43,591 –> 00:27:02,131 [Raul Krauthausen]
Zumal Krankheiten ja auch, auch immer neu definiert werden. Also jemand, der eine Brille trägt, ist jetzt nicht offiziell sehbehindert, was ja aber mal war. Oder in skandinavischen Ländern mhm gibt es Überlegungen, ob man erst dann chronisch krank ist, wenn man zwei chronische Erkrankungen hat, weil jeder von uns irgendwas hat oder viele von uns. Mhm Also dass Dinge einfach auch fließend sind und immer neu gesellschaftlich verhandelt werden.
00:27:02,131 –> 00:27:09,531 [Silja Graupe]
Ich find das total spannend, dass Du sagst, diese starke Individualisierung von Erkrankungen, ne. Also seitdem ich in ’nem Lehrkontext mit sehr
00:27:09,531 –> 00:27:17,131 [Silja Graupe]
gesellschaftsverantwortlichen und und gestalterischen kreativen jungen Menschen und ich meine, einfach weil ich Ein Liegestuhl und lieg damit in der Lehre rum. Also dann sieht man schon, irgendwas ist nicht so ganz normal. Ähm
00:27:17,131 –> 00:27:18,051 [Raul Krauthausen]
Da gibt’s ’n Foto.
00:27:18,051 –> 00:27:28,651 [Silja Graupe]
Ja, genau. Es ist herrlich. Ähm, und können wir gleich noch zu kommen. Und dann die jungen Menschen auch untereinander und zu mir sagen, ich hab die und die Erkrankung. Und ich hab’s noch nicht mal meiner Familie gesagt. Wir reden hier von Diabetes zwei.
00:27:28,651 –> 00:27:30,251 [Raul Krauthausen]
Mhm, mhm.
00:27:30,251 –> 00:27:42,351 [Silja Graupe]
Also Sachen, wo ich jetzt sagen würde bei meiner Erkrankung, okay, also das ist doch noch irgendwas, also es ist gesundheitlich, zweitens so, also das ist was machbar und so weiter. Und dieses, dieser Schmerz, nicht nur, es ist gar nicht so viel, ich möchte nicht schwach sein, sondern ich möchte, dass meinen Liebsten, ich möchte der Gesellschaft das nicht zumuten.
00:27:42,351 –> 00:27:42,831 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:27:42,831 –> 00:27:57,191 [Silja Graupe]
Und dann denkst Du so, okay, wirklich Mist, in jedem Einzelnen hast Du ’n kranken Kern und darum panzer und Panzer, wie ich eben auch als unsichtbare Kranke. Und, und diese, dieser Nährboden, aus dem dann eben auch Kreativität und wie du sagst, Resilienz, ähm, entstehen könnte, Verbindung, Solidarität, ist gar nicht möglich, weil jeder Einzelne schon in sich sagt, oh Gott, das kann ich aber nicht sagen.
00:27:57,191 –> 00:27:58,311 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:27:58,311 –> 00:28:19,751 [Silja Graupe]
Und da ist ja nicht der Einzelne dran schuld, das ist was Gesellschaftliches. Und dadurch sozusagen, dass ich plötzlich sehe, wo ich was thematisiere, wo ich dachte, voll der Einzelfall. Ne, überhaupt nicht der Einzelfall, sondern das ist dann in so vielen Menschen oder in allen von uns diese endlose Abkapslung von dem vermeintlich Schwierigen. Ähm, und wir dadurch ja auch gar nicht eine kollektive Solidarität bekommen. Also, seitdem ich rede, welche Schmerzen die Ärzte zufügen, indem sie meine Realität nicht anerkennen. Massenphänomen. Oder bei Frauen, Massenphänomen.
00:28:19,751 –> 00:28:20,151 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:28:20,151 –> 00:28:36,831 [Silja Graupe]
Und sagen so, da jetzt eine gemeinsame Sprache zu bekommen, ne, und, ähm, sich zu solidarisieren. Und zu sagen, wir bestimmen eine Normalität, aus der wir alle zusammen sprechen können. Eine völlige Normalität von Verletzlichkeit. So sind wir. Der eine hier ’n bisschen schräg, der andere da ’n bisschen schräg. Ja, also so geht nicht ganz. Ähm, und
00:28:36,831 –> 00:28:47,511 [Silja Graupe]
das ist mir auch fast wichtiger geworden als ’ne Solidarität mit jemandem, der vermeintlich merkt, denkt, er ist immer noch ungesund. Es ist so, sondern sich mit diesen verletzten Kernen auch zu verbinden und dort was draus Gemeinsames hervorgehen zu lassen.
00:28:47,511 –> 00:28:57,891 [Raul Krauthausen]
Du hast, du hast gerade gesagt, dass du warst ja auch ’ne Hochschule gegründet, was ja der Grund war, auch dich hier einzuladen. Ähm, wie sieht denn so ’n Arbeitsalltag bei Frau Graupe aus, die die Hochschule für Gesellschaftsgestaltung gegründet hat?
00:28:57,891 –> 00:29:00,091 [Silja Graupe]
Du meinst jetzt die offizielle Vorprofessor Doktor Präsidentenrolle?
00:29:00,091 –> 00:29:02,671 [Raul Krauthausen]
Genau. Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
00:29:02,671 –> 00:29:29,131 [Silja Graupe]
Ähm, ja, also es ist hier jetzt, also ich lebe in Bonn und ich arbeite, also die Hochschule ist in Koblenz, sind neunzig Kilometer dazwischen. Ähm, eine Woche mache ich alles von zu Hause aus, also digital. Und das sieht total super gemütlich aus, du hast ja schon den Liegestuhl. Also ich lieg halt immer im Liegestuhl, ähm, unterschiedlicher Couleur, auch wenn ich ’n Vortrag im Düsseldorfer Landtag halte oder wo auch immer. Und das Herrliche ist, dass dann erst mal so der Frame, auch wenn Menschen hier reinkommen, ich lieg jetzt grad im Liegestuhl in der Hochschule, Sonne, Strand und Meer, ne? So ist nicht krank. Ich sehe auch sonst, sondern die Frau Graupe hat’s gut.
00:29:29,131 –> 00:29:30,951 [Raul Krauthausen]
Das sieht jetzt auch nicht aus wie ’n Krankenhaus.
00:29:30,951 –> 00:29:32,251 [Silja Graupe]
Nee, genau. Und das mache ich auch bewusst.
00:29:32,251 –> 00:29:32,471 [Raul Krauthausen]
Ja.
00:29:32,471 –> 00:29:36,751 [Silja Graupe]
Also das wirst Du ja wissen, alles was, was Kranke umgehen sollen, ist furchtbar hässlich. Hässlich. Warum? Ja?
00:29:36,751 –> 00:29:37,211 [Raul Krauthausen]
Ja, ja.
00:29:37,211 –> 00:30:53,615 [Silja Graupe]
Also ich lasse Sachen aus Bewusstsein, dann kann ich sagen so, okay, ich brauche Dinge, die mich umgeben. Entschuldigung, und so weiter so, aber die können cool aussehen. Also so. Na ja, zurück zum Arbeitsalltag. Ähm, dann ist, hab ich mittlerweile beschlossen, dass ich, ich hab Leute, die an der Hochschule und dann darf mich auch keiner offiziell für verrückt halten, dass ich zumindest die Dinge mache, die mich entlasten. Ich hab starke Schmerzen, Druck, also Druckschmerzen ’n Problem. Ich lauf zum Beispiel auf Socken rum. Also nicht, wenn das Ministerium zu Besuch kommt, dann zieh ich Schuhe an. So, aber sonst, ja, und total befreiend für alle Studierenden. Wir fanden Schuhe schon immer blöd. So, und dann sind ganz viele Sockenläufer mittlerweile auch mit Läuferinnen. Das heißt also, ich versuche, ähm, es mir so angenehm wie möglich zu machen. Dann bei der Krankheit morgens geht’s gut. Also normalerweise komm ich auf zwei Beinen sozusagen ins, in die Hochschule. Wenn ich Lehre hab, hab ich auch ’n Liegestuhl aufm Podest, dass die Augenhöhe gleich ist, ne. Also das find ich immer wichtig. Es soll nicht so ’n Runtergucken, wenn man steht und gesellschaftlicher Frame von krank, schwach und so weiter. Ähm, eine unheimliche Solidarität, also die Studierenden kochen für mich, weil wie soll das, wie soll ich jetzt diese Jahr noch kochen? Ähm, mir ein Studierenden rauskochen auch für sich und beachten, was bei mir irgendwie möglich ist. Und dann gegen Nachmittag wird es schwieriger, sodass mein Rollstuhl ins, ähm, ins Spiel kommt und Kollegen, die mich rumheben, ne. Also weil es eine Erschöpfungssituation ist, ähm, und dann Kräftesparen einfach eine gute Idee ist.Krankheit. was mich besorgt ist, so wie jetzt auch sprechen strengt mich an. Das ist für mich nicht gut und für meinen Beruf nicht gut. Also dass die Krankheit auch die Sprechmuskulatur angreift. Da muss ich sehr viel trainieren und so weiter, dass das noch geht. Und dann ist, wenn es ein richtig
00:30:53,615 –> 00:31:02,696 [Silja Graupe]
krasser Arbeitsalltag ist, dass dann also sowieso abends schlechter ist, aber dann zwei Stunden, also Komplettlähmungen eintreten, eintreten können.
00:31:02,696 –> 00:31:14,655 [Silja Graupe]
Das heißt, dass ich darauf angewiesen bin, dass das jemand da ist, falls ich die Atemmuskulatur brauche zum Beispiel oder ich irgendwas brauche. Also dann schon wie kriege ich die Fliege aus dem Gesicht? [kichern] Nicht mehr selbst zu beantworten ist. Das kann Krämpfe umschlagen. Also so sozusagen alles mal
00:31:14,655 –> 00:31:51,395 [Silja Graupe]
Theater. Und wir haben das mittlerweile so gelöst, dass ich in obere Räume der Hochschule gezogen bin, was ich froh bin, dass ich die Hochschule selber leite und auch gegründet habe, dass jetzt diese Mischung aus Präsenz, Verletzlichkeit, Stärke und so möglich ist. Und was ich sehr beeindruckend finde, auch an meinen Kollegen und Kolleginnen, dass wir gelernt haben, dort, wo ich stark bin, das anzuerkennen. Ne. Und es kann wirklich sein, dass es mir nicht gut geht und fliege auf dem Boden rum und brauche Hilfe und weiß nicht so richtig, wie ich allein auf Toilette kommen soll. Und den nächsten Moment treffen wir Entscheidungen, wo wo ich das, wo ich einfach Präsidentin bin, weil ich’s weiß, weil ich’s kann, weil ich’s gestalten will. Und das finde ich so besonders, dass ich nicht in eine Schublade gepackt werde, also nicht nur in die ist ja die Starke oder die, die kann nix, sondern hier sone wirklich beeindruckende Fluidität entsteht.
00:31:51,395 –> 00:31:53,275 [Raul Krauthausen]
Welche Fächer unterrichtest Du denn?
00:31:53,275 –> 00:31:55,335 [Silja Graupe]
Ich bin Ökonomin und Philosophin
00:31:55,335 –> 00:33:07,495 [Silja Graupe]
und bin stark, also in der Persönlichkeitsbildung, ne. Also sagen so, wer bin ich? Wie viele und was möchte ich in der Welt? Wie steh ich dafür? Und dann ist der ganze Zeit angesprochen, ganze Bereich, Paradigmenwechsel. Also wie können wir die tief eingesessenen Voraussetzungen, über die wir normalerweise nicht nachdenken, in Wirtschaft und Gesellschaft verändern? Das ist ein Schwerpunkt, mach ikulturwissenschaftlich. Damals war’s anders, heute ist es so. Also in geschichtlichen Perspektiven, in interkulturellen, man kann in anderen Ländern anders denken als wir. Vielleicht könnten wir auch mal über uns nachdenken. Das hab ich morgens zum Beispiel wieder. Dann ein ganz starkes Feld der der Freiheit von Bewusstsein und Geist. Das liegt ja stark in ’nem Zeitalter leben, wo man denkt, man kann das Unbewusste manipulieren. Also mit Beeinflussungstheorien und auch einer Verkümmerung von menschlichen Bewusstsein und Vorstellungskraft. Und sowohl die gesellschaftlichen Hintergründe als auch die Implikationen, als auch die Techniken zu lernen, aber natürlich vor allen Dingen, wie befreien wir uns daraus? Und wie können wir uns als Menschen verstehen, die sehr genau und sehr kreativ entscheiden können, von welchen Bildern wir uns beeinflussen lassen, ja. Und diese Bilder auch wieder selber schaffen. Also das ist eines der großen Gebiete, die immer wieder, der Satz noch roll, dass die Studien mehr gesagt hat, was mit ihnen zu tun. Weil wir sind ja Menschen in der Gesellschaft und es hat was mit Persönlichkeitsentwicklung zu tun und es gibt den gesellschaftlichen Kontext. Und das sagst Du ja auch immer wieder nicht trennen, ja. Mhm Sondern sagen so einer, wenn es Ideen einer elitären Beeinflussung von Gesellschaft gibt, dann hat es ’n Widerhall in mir, wenn ich teile dieser Gesellschaft bin. Und ich kann bei mir anfangen und ich kann an der Gesellschaft anfangen und wir müssen immer wieder entscheiden, wo wir anfangen. Mhm. Und bloß nicht immer sagen, wenn ich muss mich jetzt aufklären und ich muss alles lösen und ich muss noch besser werden.
00:33:07,495 –> 00:33:11,935 [Raul Krauthausen]
Sondern nee, nee, nee, wir können uns immer wieder entscheiden und sagen, nee, ich bin immer noch total unaufgeklärt und wir ändern erst mal die gesellschaftlichen Bedingungen, damit ich die Zeit habe,
00:33:11,935 –> 00:33:32,995 [Silja Graupe]
mich zu kümmern. Und das ist immer so die Resonanz zwischen Gesellschaftstheorie und wenn Du’s pathetisch willst, soner individuellen Befreiungslehre, ne. Also Möglichkeiten zu bieten, nicht zu sagen, ich tu was mit dir, sondern zu sagen, das ist das Gefängnis, in dem wir zusammen stehen. Und hier sind Türen und da sind Fenster und hier ist ’n Hammer, kannst auf die Wand einschlagen. Vielleicht brauchen wir ’n bisschen Dynamit manchmal. So. [kichern] Ja, das ist das, was ich von der von der Lehre her tue.
00:33:32,995 –> 00:33:44,435 [Raul Krauthausen]
Was ich so interessant finde, wenn man da auch sich mit dann, also halt bis dreimal bei Kilo jung gewesen und jedes Video ist ungefähr drei Stunden lang. Also man kann leider wirklich ’n ganze, ganzen Tag mit Silja Graupe auf YouTube verbringen, mindestens nur Kilo jung.
00:33:44,435 –> 00:34:07,775 [Raul Krauthausen]
Und was ich so interessant finde, ist, dass das nie so esotherisch klingt. Also weil ganz oft ist es ja so, die Gegenwahrheit zu dem, zu der Welt, in der wir leben, ist dann schnell sowas Esotherisches, ne. Du musst dann meditieren, Du musst dann irgendwie Holzerkerzen anzünden, an Horoskope glauben, was auch immer. Und das genau das hört man bei dir aber gar nicht raus, aber trotzdem redest du oder redet ihr und forschst ihr an dieser anderen Wahrheit, also an der anderen Wahrheit, die dicht der Kapitalismus, der freie Markt ist. Und eure Hochschule ist staatlich anerkannt,
00:34:07,775 –> 00:34:20,195 [Raul Krauthausen]
was auch nicht jede Hochschule schafft. Was schon besonders viel Interesse bei mir geweckt hat, weil ich glaube, jeder von uns irgendwie diese Frage stellt, wo wo kommt eigentlich diese ganze Idee her? Also ich kann es nicht mehr so für den den Kinofilm kennst, Frohes Schaffen, ein Filmversehen
00:34:20,195 –> 00:34:20,215 [Silja Graupe]
Nein.
00:34:20,215 –> 00:34:21,975 [Raul Krauthausen]
Gekommen, der Arbeitsmoral,
00:34:21,975 –> 00:34:51,875 [Raul Krauthausen]
wo sie Und da geht’s darum, warum gehen wir arbeiten? Und da wird Thomas Sattelberger interviewt und noch viele andere, die auch in dem Bereich forschen, interviewt. Und da machen die eine Straßenumfrage und fragen die Leute, warum geht ihr arbeiten? Und die Leute haben super einfache Antworten, die aber die Frage nicht beantworten. Also die sagen dann so was, ja, weil man halt arbeiten geht. Oder Ja, super. Dann, weil ich brauch ja was zu tun oder ich muss ja meine Miete zahlen. Aber sie hinterfragen nicht, ob die Antwort Arbeit sein muss. Wir können auch Bilder malen, es könnte auch bedingungsloses Grundeinkommen geben. Es gibt ja andere Modelle, die wir denken könnten, aber wir trauen uns gar nicht mehr, das zu hinterfragen.
00:34:51,875 –> 00:34:57,735 [Raul Krauthausen]
Und da setzt ihr an. Und das ist das, was ihr, glaub ich, auch nennt mit mit Wirtschaft als Gewalt oder wie wie benannt Du das?
00:34:57,735 –> 00:34:59,195 [Silja Graupe]
Epistemische Gewalt.
00:34:59,195 –> 00:35:05,255 [Raul Krauthausen]
Epistemische, genau. Epistemische Gewalt, der wir uns ausgesetzt sind, nicht nur im Medizinischen, wie Du vorhin erzählt hast, sondern ja auch im Arbeiten.
00:35:05,255 –> 00:35:06,755 [Silja Graupe]
Total, ja.
00:35:06,755 –> 00:35:18,835 [Raul Krauthausen]
Das ist eigentlich da wie dieser IPencil Ansatz von Leonard, nach meinem Verlassen. Aber wir alle kennen den Bleistift und wir finden den super einfach simpel, wie er gebaut ist, aber wir könnten ihn nicht bauen.
00:35:18,835 –> 00:35:21,095 [Raul Krauthausen]
Magst Du das noch mal erläutern, was die Gewalt dahinter ist?
00:35:21,095 –> 00:36:48,800 [Silja Graupe]
Ja, also Du hast ja zu viel ansinnend. Ich fang mal damit an und dann gucken wir, dass ich frag dich nachher klar und lat mal da. Nein. Was ich interessant finde und also bei diesem ich ich der Bleistift, das ist eine, da kann man nachgucken, wir digitalisieren auch gerade meine Kritik da dran, ist eine der großen neoliberalen Erzählungen. Und sie geht eigentlich ganz einfach oder aus der anderen Seite einfach, dass Du sagst, okay, Du hast was Alltägliches, wie jetzt ’n iPhone oder damals ’n Bleistift und dann sagst Du, okay, wow, ich weiß ja gar nicht, also ich nutze es alltäglich, aber ich weiß nicht, wie’s funktioniert. Herzlich willkommen in der Arbeitsteilung. Woher weiß ich, wie der Lokführer seinen Job macht, wenn ich Bahn fahre? Woher weiß ich, wie mein Rollstuhl zusammengebaut wird? Also das ist natürlich in der heutigen Arbeitsteilung mehr, aber das war natürlich immer so. Also woher soll ich wissen, wo die Bäume herkommen? Woher soll ich wissen, wo der Mond am Himmel ist? Also nicht wissen, würde auch der Buddhismus sagen, herzlich willkommen, ist die Grundlage allen Lebens. Daraus macht der Neoliberalismus jetzt folgendes, weil der Punkt sonst nicht verstanden ist, sagen, okay, wir wissen was nicht. Und die normale Wissenschaft hätte gesagt, dann finden wir’s raus. Und die, der Neoliberalismus hat einen super Trick gemacht, sagen, nee, nee, nee, das können wir ja nicht wissen. Und Friedrich August Hayek hat das mit erfunden, hat dann gesagt, das ist auch die Hybris der Vernunft. Wenn ich verstehen will, was in einem Bleistift nicht nachhaltig ist, ob da soziale Ausbeutung drin ist, dann ist das ’n Anmaßung der Vernunft, weil wir sollen glauben, dass der Markt das am besten geschafft hat. Und das finde ich eine der größten Tollheiten von, also im doppelten Sinne, von Wissenschaft, dass eine heutige Ökonomik und dann als wirtschaftspolitisches Programm der Neoliberalismus sein kann. Also wir erkennen, dass wir was nicht wissen und dann glauben wir an den Markt. Also das musst Du erst mal hinkriegen, als wissenschaftliches Programm einen Glauben zu fahren kann. Na, jeder würde ja sagen, okay, Kidis, jetzt gucken wir mal, wie dieser Bleistift entstanden ist, ja. Und da wird aber gezeigt und auch in diesen Videos, das ist so viel und das so viel und wir sollen halt dran glauben und dass die Preise eben uns die richtige Wahrheit kommunizieren. Nein, tun sie natürlich nicht.Könnte ja ein Nachtphänomen hinterstehen. Nein, nein, das kannst Du aber nicht wissen, lieber Raul. Das ist ’n großes Geheimnis des des Marktes. Das ist absolut irre,
00:36:48,800 –> 00:36:56,260 [Silja Graupe]
dass ihnen ein Gewann von Wissenschaftlichkeit und dann auch ’n Gewann von Mathematik, die im ganzen Dienst zu nehmen. Natürlich gibt’s eine mathematische Wissenschaft, Wirtschaftswissenschaft, die die wissenschaftliche ist.
00:36:56,260 –> 00:38:25,120 [Silja Graupe]
Und in dem Ganzen, Du fragtest jetzt ja nach unserem Wissenschaftsprogramm, ne. Und ich hab überhaupt kein Problem mit mit mit Mainstream, ne. Also sollen sie, sollen sie gerne machen. Aber ich hab ’n Problem, wenn man sagt, das ist die Wissenschaft und alles andere ist unwissenschaftlich, ja. Und das einzige, was wir gemacht haben, ist zu sagen, ja, in der heutigen Krise mit Ungewissheit, mit schlechter Vorhersehbarkeit, mit Komplexität und so weiter müssen wir den Rahmen dessen, was Wissenschaft ist, aufdenen, Nummer eins. Und wir brauchen eine Meterreflexion, denn was Wissenschaft sein soll, wenn das Wissenschaftliche selbst in die Kritik kommen kann auch nur, dass es Teil des Problems wird in den Wirtschaftswissenschaften, in bestimmten Naturwissenschaften, Ingenieurwissenschaften. Deswegen heißt für uns Wissenschaftlichkeit, das Wissenschaftliche selbst zu ringen. Mhm. Ja. Und damit sind natürlich Fragen von, oje, es gibt multiple Wahrheiten. Ein Fakt könnte für einen anderen kein Fakt sein. Das wird dann ja Teil eines Programms und natürlich gibt’s Wissenschaften, Kommunikationswissenschaften, Psychologie, Philosophie, die sich damit auseinandergesetzt haben. Und da sagen wir, ja, das müssen wir halt wieder in die Hochschulen reinholen. Und im Zeitalter von KI und und Krisen wird das wichtiger sein, als ein Wissenskanon zu wissen. Weil es wird Leute geben zu Recht und zu Unrecht, die sagen, dein Wissenskanon ist noch nicht mal Faktor, das ist reine Einbildung. Ja, was machst Du dann als Wissenschaftler? Also egal, welches Diskurs das jetzt ist, ob das Corona ist, ob es Recht geht, ob es wirtschaftliche Fakten geht, ist ein Produkt oder eine Fälschung eines eines politischen Instruments, haben wir alles in den USA. Alle Diskussion. Und da haben wir dann nur ganz freundlich gesagt, das wäre ganz gut, wenn es eine staatliche Anerkennung für einen Wissenschaftsort gibt, der das Wissenschaftliche selber wieder zum Programm macht. Und das hat Ärger gegeben, klar, ne. Und man hat uns auch versucht einzureden nach Dublin Kriterien und Bologna und was weiß ich, dass Wissenschaft ein bestimmter fachlicher Kanon ist. Und es stimmt nicht. Und es gibt kein Gesetz in Deutschland, Gott sei Dank, dass das festgeschreibt, sondern das Ringen und das Wissenschaftliche gehört dazu. Es ist eigentlich jetzt nicht so schwierig, irgendwie festzustellen.
00:38:25,120 –> 00:38:46,299 [Silja Graupe]
Und dann haben wir an dem zweiten, da komme ich gleich zur zur Äsoterik, ’nen zweiten Sinne, das finde ich hochgradig problematisch. Heißt ja die Bologna Reform ganz viel, aber vor allen Dingen Arbeitsmarktfähigkeit. Also wir müssen Menschen bewegen, ihre sogenannte grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit ausüben zu können. Mhm. Das heißt, auf Arbeitsmärkten absorbiert zu werden. Das ist eine Instrumentalisierung für Menschen, wo sich nicht nur Wilhelm von Humboldt im Grab umdrehen würde. Also wie kann man auf die Idee kommen, zu sagen, es gibt den Arbeitstag und dafür bilden wir Menschen.
00:38:46,299 –> 00:38:48,680 [Raul Krauthausen]
Und dann, wir müssen jetzt wissen, dass in zehn Jahren Ja. Der Arbeitsmarkt braucht.
00:38:48,680 –> 00:39:01,939 [Silja Graupe]
So. Und dann haben wir gedacht, okay, Verfassungsklage, kein Geld für nichts. Und dann haben wir’s anders gemacht und das ist so, wie Du auch siehst, dass Du ’n bisschen sehen kannst, auf diese staatliche Anerkennung zu verhandeln, was können wir ändern und welche Rahmenbedingungen musst Du einfach erfüllen? Und Arbeitsmarktfähigkeit haben wir nicht geschafft wegzubekommen.
00:39:01,939 –> 00:39:30,980 [Silja Graupe]
Und dann haben wir gesagt, ja klar, also wir bilden für Arbeitsmärkte, nur die Arbeitsmärkte. In zehn Jahren werden auch sie Komplexität, Persönlichkeitsstärke, ne. Also wir haben gesagt, in in Krisenzeiten, innenfragen, wo Wirtschaftswachstum aus verschiedenen Ecken von rechts bis links bis nachhaltig infrage gestellt wird, werden Menschen Entscheidungen treffen müssen und wir bilden formal für diesen Arbeitsmarkt. Und schon hab ich Akzeptierung, weil dafür machen wir alles, ja. Und gleichzeitig natürlich auch immer mitzukommen, das sind, das ist eine Welt und in der Welt sprechen wir die Sprache, die gefordert ist. Aber natürlich in einem Innenverhältnis würde ich nie am Studieren und sagen, ich bin nicht für diesen Arbeitsmarkt.
00:39:30,980 –> 00:39:32,559 [Raul Krauthausen]
Siehst Du so.
00:39:32,559 –> 00:39:36,159 [Silja Graupe]
Und das führt mich noch mal zu diesen esoterischen Sprachen.
00:39:36,159 –> 00:39:53,159 [Silja Graupe]
Mir geht es die Befreiung von menschlichem Sinn, Punkt. Und die Lebendigmachung von Sinn des Menschen ihren Sinn entfalten können. Und dazu wirst Du immer was Konventionelles und was Unkonventionelles brauchen können. Und in der Wirtschaftswissenschaft schon über verschiedene Arten von Wissenschaft zu sprechen, dass moralische Wissenschaft sein kann, die denken, ich bin verrückt, also komplett verrückt.
00:39:53,159 –> 00:40:21,579 [Silja Graupe]
Aber es lässt sich sprachlich verhandeln. Es lässt sich zeigen, das ist schon mal diskutiert worden, Werturteilsstreit und was auch immer. Ich kann es also in einem verhandelbaren Rahmen. Wenn wir uns darüber gar nicht mehr streiten, kann ich mich mit dem nächsten drüber streiten, ob wir noch eine tibetische oder eine buddhistische Perspektive reinnehmen. Aber die Grenze zu etwas Esoterischem im Sinne von Okkulten, im Sinne von, da muss ich auch immer wieder dran glauben, im Sinne von, da kann ich keine sprachliche Klarheit gewinnen, im Sinne von, da muss ich Gespenster sehen. Das brauchen wir doch nicht. Es geht immer etwas Unverständliches und nicht Verhandelbares, ne, immer Neues. Und es geht darum, es so verhandelbar zu halten, dass wir Schritte machen können, uns entwickeln.
00:40:21,579 –> 00:40:24,179 [Raul Krauthausen]
Und dass man auch nachvollziehbar wird für andere, die nachfragen.
00:40:24,179 –> 00:41:11,459 [Silja Graupe]
Und jetzt, genau, jetzt kommt also meine Kollegin und Freundin und wir machen Philosophie und Theorie der Imagination. Natürlich verhandeln wir Sachen, weil wir jahrelang in buddhistischer Philosophie unterwegs sind. Dann müsst ihr jetzt sagen, ja, die spielen ja nun echt, ne. Aber das muss, das ist doch nicht, wir wollen doch jetzt zusammen ’n Unterschied machen. Wir wollen Sinn finden und dann halten wir doch Sprachlichkeiten, muss mit Tilo genau das Gleiche. Und dafür steht er ja auch, eine Sprache zu finden, die in diesem Raum verstanden wird. Und ich mag es nicht, sich hinter Okkulten dann zu verstecken Mhm. Oder eine Welt zu postulieren, die mit meiner und deiner dann gar nichts mehr zu tun hat. Und daher kommt die Klarheit oder dass viele sagen, ich hab eine Klarheit der Sprache. Weil ich meine, wir wollen doch jetzt ’n Sinn machen für uns beide, für die Zuhörenden. Und da brauchen wir nichts, was komplett aus’m Rahmen fällt, verstehst Du? Kein Appell an irgendwelche Engelchen, wenn jetzt Engel gar keinen Sinn machen, also in dem in dem Kontext so, ja. Und gleichzeitig geht’s aber darum, natürlich Geist aufzuweiten, ne, und Möglichkeiten zu entdecken. Und ich bestehe drauf, zum nicht jeden Begeisterung von jedem, muss auch nicht, dass sich das Wissenschaft nennt, ja.
00:41:11,459 –> 00:42:22,419 [Raul Krauthausen]
Du hast vorhin zweimal in verschiedenen Sammeln das Wort Bologna Reform genannt. Ich hab vor zehn, fünfzehn Jahren weiter auf ’ner Veranstaltung in Düsseldorf und es ging ums Thema Inklusion und so weiter, wie immer, wenn ich unterwegs bin auf Veranstaltungen. Und dann sprach jemand mit dem Titel irgendwie Inklusion gegen den Strich gebürstet. Und ich hab gesagt, okay, mit wem werd ich mich wahrscheinlich streiten am Ende der Veranstaltung? Und ich fand ihn so gut, weil er auf die Bühne trat und sagte, wir müssen mal kurz die Frage stellen, nach welchen Kriterien wir die Lehre in Deutschland, in Europa eigentlich ausgerichtet haben. Und wer legitimiert eigentlich Bertelsmann, OECD und so weiter, so was wie Pisa Studium zu machen, obwohl sie demokratisch gar nicht legitimiert sind, Bildung messbar zu machen innerhalb Europas vergleichbar von Union zu Union, Stadt zu Stadt, Land zu Land. Und am Ende geht es immer nur darum, Menschen, und das sagst Du ja auch, vorzubereiten für einen Arbeitsmarkt, möglichst früh, möglichst schnell, möglichst günstig. Und dadurch die Lehre so weit ökonomisiert haben, dass sie, wenn es das Thema Inklusion geht, auch wieder ganz viele Leute ausspuckt, die dann nicht mehr als erwerbbar gelten und die Moral komplett eigentlich ja übern Bord geworfen haben. Ja, wenn es darum geht, dass Lehre auch sein kann, Vielfalt des Lebens anzuerkennen, miteinander Zeit zu verbringen, einander zu begegnen. Und dass das alles auch gar nicht mehr gar keinen Raum mehr hat.
00:42:22,419 –> 00:42:25,399 [Raul Krauthausen]
Das sagst Du auch in in den Interviews.
00:42:25,399 –> 00:43:12,587 [Silja Graupe]
Ja, es ist und es ist für mich, wie auch das andere, was wir besprochen haben, ich spüre ’n total tiefen Schmerz, weil so viel unendliche Schönheit, Vielfalt, Möglichkeit von Leben schon in Menschen geschnitten wird. Und zwar in einer Weise, dass wir immer auch mitmachen. Kurzer Hintergrund, ich hab mich stark mit den Theorien des Humankapitals beschäftigt, die aus den neoliberalen Schulen der Ökonomie, in dem Fall Chicago Schule kommen. Und Theodorus Schulz hat das miterfunden und er hat einen ganz entscheidenden Satz gesagt, er meint ihn nur nicht kritisch. Also er sagte, bei Kapital hast Du ja das Eigentum einer Maschine. Und deshalb kannst Du die Früchte aus der Maschine als Kapitalist bekommen.Und du kannst sie bei Land das Gleiche. Ist auch eine irre Idee, aber heute ist es so, du kannst Land und was die Natur hervorbringt auf dem Land, ist deine. Ist auch schon eine irre Idee. Jetzt kommt aber, du hast ’n Arbeitnehmer, Arbeitnehmerin und die produziert einen Mehrwert und wer kriegt die Früchte?
00:43:12,587 –> 00:44:08,967 [Silja Graupe]
Und dann sagt er, es wär einfach, wenn Menschen weiterhin sklaven wären. Na logisch, weil wenn Du Eigentumsrechte an den Menschen hast wie an der Maschine, dann kannst Du die Früchte als Kapital bist vereinnahmen. Und sagt er, haben wir jetzt nicht mit leichten Bedauern, die ich im Unterton und sagt, ja, aber wir haben geschafft, den Menschen Preisschilder umzuhängen, ja. Und Menschen, ihr eigenes Preisschild nach oben zu treiben, sich selber freiwillig dem beugen. Das heißt, wir müssen eine innere Konformität, der sagt Humankapital heißt, eine innere Konformität des Menschen zu schaffen, damit er für den Kapitalisten den Mehrwert erzielt. Und das, Raul, halte ich für dich so, merkt man’s auch auf meine Emotionalität, wenn man sich das einmal bedenkt, sagen, es geht nicht darum, Menschen mit ’ner Peitsche zu zwingen, etwas zu machen, von dem er weiß, dass er’s nicht will, wo er weiß, dass er versklavt ist, sondern Bildung so zu gestalten, dass es eine innere Kohärenz gibt, ich will das. Ich will mich ausbeuten lassen. Ich will diesen Lohn, wo Du sagst, keine Ahnung, wie viel er gut sein soll, eigentlich, ja, in in ’nem tieferen Sinne. Das heißt, Bologna Bildung. Bologna Bildung heißt, anderen Satz äußerlich in Form zu pressen und gleichzeitig die innere Adaption voranzutreiben, im Sinne von Selbstoptimierung und so weiter. Und es hat unendliche Verluste in der Schönheit jeder einzelnen Person.
00:44:08,967 –> 00:44:12,367 [Raul Krauthausen]
Und es hat gesagt, den Raum mehr nach links und nach rechts zu schauen, mal was auszuprobieren.
00:44:12,367 –> 00:45:08,047 [Silja Graupe]
Ja, nicht in dich reinzuhören. Und wir meinen ganz und gar, dafür hab ich eine andere Hochschule, also Hochschulgesellschaftsgestaltung gegründet, dass sage, wir fangen an mit diesem, wozu? Du? Wozu? Ja, und dass nachher, dass dass dass ’n Mensch in eine Gesellschaft, wo er sehen muss, was soll er machen, äußerlich? Natürlich, ich ich ich leugne das ja nicht, dass es Missbedingungen sind oder die Leute wirklich verdienen müssen. Ich leugne das nicht. Aber zu sagen erst mal, wo bist Du, wo ist dein innerer Widerstand? Wo willst Du innerlich konform sein? Ist die allerallererste Bildungsaufgabe. Um dann zu sehen, es gibt immer ein gemeinschaftliches Feld, wo wir die Regeln des Zusammenlebens, der Reproduktion, des Geldverdienst ja kollektiv aushandeln können. Was sind die Arbeitsbedingungen? Wo will ich eigentlich hin? Für was engagier ich mich? Für was will ich Geld? Für was will ich nicht Geld? Und dann gibt es Regeln, also die sind einfach da und die können gut sein oder schlecht sein, die kann ich in dem Moment nicht verändern. Und für diesen Komplex, dieses, was ist in mir? Was können wir gemeinschaftlich für diesen Sinn entfalten? Was sind die Regeln, die wir nun langfristig, denen wir uns wirklich beugen müssen und wo wir kollektiv anstrengen müssen, dass sie auf lange Sicht sich verändern? Das ist für mich Bildung, ja. Und Bologna heißt, also mittlerweile weiß man nicht mehr, was Bologna ist. Das hat sich alles sozusagen in diesem Impliziten, ist immer einen inneren Zustimmungsdruck für eine äußere Notwendigkeit zu erzeugen.
00:45:08,047 –> 00:45:09,627 [Raul Krauthausen]
Hundertachtzig Punkte in einem Studium.
00:45:09,627 –> 00:45:28,427 [Silja Graupe]
Ja, und das Witzige ist, Raoul, also ich hab mich da beschäftigt, also kronobare Ekonomisierung als Thema, da hatt ich vorhin gesagt, selbst ahhhm Hochschulrektorenkonferenz, so wie’s alle heißen, Sie wissen jetzt nicht mehr, was ’n Blonger Punkt ist. Wir wissen alle, wie wir also mit ECTS Punkten rechnen. Wir wissen, hundertachtzig sind einmal ein Bachelor, hundertzwanzig sind ein Master, zusammen dreihundert sind eine und so weiter, Zugang zur Promotion. Aber wir wissen nicht, was dieser Punkt ist. Wir können alles damit rechnen, aber wir wissen nicht, was die Einheit ist.
00:45:28,427 –> 00:45:34,847 [Raul Krauthausen]
Aber wer hat das gefunden? Sitzt da, erkennt sie im Schatten von am runden Tisch und überlegen sich son bösen Plan, wie wir das alles organisieren? Nein, auch nicht.
00:45:34,847 –> 00:47:15,847 [Silja Graupe]
Nee, genau. Also es sind also es ist erst mal von dem von dem Durchsetzungsprogramm find ich den Begriff der, gut. Alle denken, es müsste irgendwie sein und wir haben auch keine Zeit, darüber nachzudenken. Und wir denken, das sind Regeln und Gesetze und reden uns das wechselseitig ein und achtzigtausend Kolleginnen von mir, ne, sagen, das müssen wir jetzt machen und es werden Notwendigkeiten erfunden, wo keine sind. Und dann haben wir jetzt erst mal zur Hochschule gesagt, wir gucken mal, wo wir an eine feste Grenze stoßen. Was genau ist gesellschaftlich, gemeinschaftlich so ’n und wo kriegen wir richtig einen auf die Mütze gesagt? Das darfst Du jetzt aber nicht. Nie gab’s was, wo man gesagt hat, weil ihr sagt, das ist demokratisch nicht legitimiert. Also wo man sagt, nee, das dürft ihr nun wirklich nicht. Das ist nun wirklich keines schafft das, könnt ihr als Universität nicht machen, sondern es war dieser ganze Nebel. Und der Nebel hat natürlich ahhhm Grundzüge wie jetzt, wo das vorgedacht wurde, Humankapitaltheorie, ne, und und so weiter, Einbindung von Bildung in Wirtschaftswachstum, in den sogenannten friedlichen Nationen nach ’n zweiten Weltkrieg, ne, sagen so, wir müssen ja Felder erobern. Und damals wurde Bildung als Kampf nationales Wachstum entdeckt, beschrieben, eben dann von der von OECD und so weiter aufgenommen. Aber auch das und das find ich immer so interessant, das ist nicht der eine. Also selbst wenn Theorie Schutz und Jäger und Kriegen ihren Nobelpreis trägt, ist so what? Wenn man gesagt hätte, da kommt nun dein Elfenbeinturm, wär ja nichts passiert. Das heißt, in jedem Schritt dieser Entwicklung hätte es Menschen geben können und hat es auch mal gegeben, sagen sie, nö. Was ist denn für ’n Mist? Machen wir nicht. Kannst Du das bitte noch mal genau erklären? Wo ist hier die Legitimation? Und es verdichtet sich dann zu sonem sozialen Konglomerat von vermeintlichen Regeln, ahhhm die keine institutionelle Festigkeit eigentlich haben, aber son eingebildete, also son Art von inszenierten Sachzwang, wie manche Wie so ’n Religion. Ja, genau. Ahhhm Und Gott sei Dank, wir haben auch andere schon in in ahhhm in der EU, Beispiel Ungarn, Beispiel Italien, wo’s richtige Regeln gibt, die zum Beispiel die staatliche Anerkennung von unserer Hochschule verhindert hätten per Definition. Das heißt, also wir sind wirklich beglückt und begnadet und haben noch eine funktionierende demokratische Rahmenordnung, nur sehr, sehr wenig Menschen, die’s ausnutzen oder auszunutzen verstehen. Und da müsst ihr gleichzeitig sagen, wow, lass das erhalten, dass nicht Regeln gesetzt werden, die das dann eben wirklich verhindern, ne. Und
00:47:15,847 –> 00:47:34,967 [Silja Graupe]
letzter Satz dazu, das ist für mich, also als Hochschulgründerin, aber auch als Lehrende, genau das zu vermitteln. Was sind Regeln, in denen ich mich bewegen muss und bestmöglich ausnutzen? Wo sind Regeln, die ich verändern kann? Und vor allen Dingen, was lasse ich an mich rein? Und das kommt eigentlich wieder zum Anfang eben dieser verrückten Ärzte, die mir immer gesagt haben, deine Realität gibt es nicht. Übernimm doch bitte da unsere Realität, dass Du keiner Schmerzen hast. Und ich hab das Jahre, Raul versucht und sag, nee, dann tut das gar nicht weh.
00:47:34,967 –> 00:47:38,767 [Raul Krauthausen]
Das ist ja eigentlich super Sinnbild eigentlich, ne? Ja. Auch tragisch, aber Ja, das
00:47:38,767 –> 00:48:29,867 [Silja Graupe]
ausdrucken zu können, ne. Und zu sagen, das wird doch anderen auch eingeredet. Nee, also Du willst Welt gestalten, Du willst was Gutes tun, nur Du wirst auch noch erwachsen, ja. Es ist ja immer wieder die Zurückdrängung, dass wir sagen, es ist etwas in uns, es will raus. Es will entweder behandelt werden wie ’n Schmerz oder es will sich entfalten wie eine Sinnstiftung und wir dann eine Realität vor allen Dingen in der Bildung schaffen, wo wir sagen, nö, gibt’s nicht, brauchen wir nicht, wird schon weggehen. Und wenn es doch mindestens Raul eine Welt wäre, wo wir den Leuten sagen, ja, damit hast Du mindestens ’n Auskommen in zehn, zwanzig Jahren. Ja, damit wirst Du dann mindestens ’n richtig schöner Arbeitnehmer. Wir wissen Raul ganz genau, dass wir mit Menschen zurichten auf etwas, was keinen Erfolg mehr verspricht. Und das finde ich also spätestens dann, wenn man mindestens sagen würde, na ja, also so ’n Minimalerfolgschancen, dass Du dann was wirst und von der Gesellschaft akzeptiert wirst und deine Brötchen verdienen kannst und medizinisch versorgt wirst und noch eine Brücke hast, über die Du rüberfahren kannst und keine Bomben, die Dir auf den Kopf fallen, dann würd ich gleich sagen, na ja, dann kann man ja noch Kompromisse machen. Aber wir richten jetzt zu, wo wir wissen, nein, das wird alles passieren. Und die Menschen brauchen ihre inneren Ressourcen und ihre gemeinschaftlichen Ressourcen, neue Lösungen zu finden und es wird nicht gelehrt. Wir bereiten darauf nicht vor.
00:48:29,867 –> 00:48:32,467 [Silja Graupe]
Das ist irre. Also sorry, ist das einfach absolut irre.
00:48:32,467 –> 00:48:36,027 [Raul Krauthausen]
Die Hochschule für Gesellschaftsgestaltung hat als Claim, gibt deinem Leben einen Sinn.
00:48:36,027 –> 00:48:37,167 [Silja Graupe]
Gibt dem Sinn ein Leben, genau.
00:48:37,167 –> 00:48:50,467 [Raul Krauthausen]
Gibt deinem Sinn ein Leben. Und ihr bietet einen Bachelor in Ökonomie, Nachhaltigkeit, Transformation, ein Master Ökonomie, Nachhaltigkeit, Gesellschaftsgestaltung und Ökonomie, Verantwortung, Institutionsgestaltung. Wie sieht eine Erstiwoche klassisch bei euch aus?
00:48:50,467 –> 00:49:21,824 [Silja Graupe]
Also die Erstiwoche ist erst mal für alle gleich, ne. Ahhhm Sie ist kooperativ organisiert. Wir haben ’n ganz, ganz, ganz, ganz tollen Studierendenverein, die sagen, wir wollen zusammen das Leben organisieren. Wir haben alles im Blockunterricht. Das heißt, die Menschen kommen aus ganz Deutschland aus ihrem Engagement, ahhhm zum Beispiel Pflege von Angehörigen oder Eintritt von Klimaschutz oder ich bin noch Lehrkraft und woanders, kommen zu uns und das wird ein Studierendenhaus oder Studierendenverein verwaltet, ja. Und wir machen das immer zusammen. Wir sagen, wir sind eine Gemeinschaft, die diese zwei, drei, fünf Jahre oder was auch immer ist, gemeinsam gestalten.Es ist immer von vornherein, ich bin der Präsident und ich heiße willkommen. Und es ist immer dieser Moment, okay, hier sind wir eine verletzliche Gemeinschaft, ja, so thematisiert wie wir sind.
00:49:21,824 –> 00:49:49,903 [Silja Graupe]
Dann haben wir natürlich die Einführung in die Studierendengänge. Wir haben aber auch, zum Beispiel mit meinem geschätzten Kollegen Lars Hochmann, eben genau diese Frage: Was ist Bildung? Und dann haben wir da sechzig, siebzig, achtzig Leute und sagen: „Was hat euch nicht gefallen in Bildung? Wo seid ihr als Menschen, wo ihr sagt, das geht nicht?“ Und dann fangen wir echt an zu sprechen und es sind immer unterschiedliche konkrete Erfahrungen und es ist immer dieses: „Mein Sinn hat keinen Platz gehabt. Ich hab keinen Platz gehabt.“ Und dann fragen wir: „Ja, wo war’s denn?“ Und so: „Ja, aber bei dem Englischlehrer, da war was anders. Bei dem einen Geschichtslehrerin.“ Und dass wir darüber in Gespräche kommen und um Vertrauen wirklich erst mal werben müssen, es geht hier euch.
00:49:49,903 –> 00:49:50,383 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:49:50,383 –> 00:49:59,603 [Silja Graupe]
Und die kommen ja schon zu uns, weil sie das eigentlich wollen. Und es ist eine ganze Woche dieses Vertrauen, ihr seid eine Gemeinschaft, die zusammenlehrt, ihr seid diejenigen, die Themen bestimmen können, also wo wir ’ne gewisse Widerständigkeit dadurch haben.
00:49:59,603 –> 00:50:23,583 [Silja Graupe]
Wir machen für euch Angebote. Es sind Räume, die wir öffnen. Ihr könnt sie betreten, durchmessen, wie es für euch wichtig ist. Nein, ihr müsst das nicht alles ausfindig lernen. Und das immer wieder durch gemeinschaftliche Angebote, dass das erfahrbar, das so spürbar wird, ja. Also hier ist wirklich, wir haben dann einen, weiß nicht, zweite oder dritte Tag, je nachdem, und da sind alle Mitarbeitenden sind da. Und die können von Raum zu Raum gehen und sagen: „Was machst du denn hier den ganzen Tag? Was hat das mit meinem Studium zu tun? Wie machst du das genau?“ Also so auch mit Verwaltung und allem, ne. Dass man so merkt, ja, hier arbeiten ja Menschen, die genauso Sinn stiften wollen, ne.
00:50:23,583 –> 00:51:16,563 [Silja Graupe]
Und- Und wie sieht dein Prüfungsscheck? Oder gibt es Prüfungen? Ja, wir sind ja Bologna-konform. Klar, also es gibt Noten und und Prüfungen, aber aber anders. Beispiel: Ich mach, wir haben ’n großes erstes Modul, so fängt der der Master an, Bachelor kann ich gleich noch erzählen, Krisen der Gegenwart, ne. Nie, stell nie einfach in in guter Bildung nach vorne. Was sollen die Leute VWL eins lernen? Also das ist vor hundert Jahren das Kästchen entstanden. Weil wir sagen, wir haben zum Beispiel Ökonomisierung ist eine Krise der Gegenwart und da haben Ökonomen was zu sagen, Philosophen was zu sagen und und und. Und das Erste, was ich mit dem Menschen, also mit den Studierenden sag: „Bring deine Ökonomisierungsfragen mit.“ Also google im Internet nach, wenn du keine Probleme mit Ökonomisierung hattest, bis du kommst, aber du wirst eins haben. Und daran arbeiten sie dann übers Semester, Tochhouse, intensiv mit uns. Und dann haben wir ’n mündliches Gespräch, wo sie darstellen, wie sie mit ihrem Ökonomisierung von Krankenhäusern, Schulen, Kulturfestivals, was auch immer kommt. Selbstoptimierung ist immer ’n großes Thema. Und dann ihm sagen, das und das aus dem, was wir ihnen angeboten haben. Also wir haben ihnen sozusagen Werkzeuge bereitgestellt und daraus haben sie ihr Werkstück herausdestilliert, wie so ein Stein hat und nachher ist dann Leonardo rausgekommen, ne. So. Und dann zeigen sie das und es ist ihrer. Und ich kann sagen, es hat bestimmte Kriterien, dass Du zeigen kannst, dass es ihn gibt.
00:51:16,563 –> 00:51:17,323 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:51:17,323 –> 00:51:23,243 [Silja Graupe]
Natürlich, so sagen die, wir haben dir die Werkzeuge angeboten. Und wenn du nur ’n Hammer nutzt und ich hab dir dreißig Werkzeuge geboten und haust auf alles drauf, ist das keine eins null, auch nicht bei Silja, ne.
00:51:23,243 –> 00:51:23,283 [Raul Krauthausen]
Ja.
00:51:23,283 –> 00:51:48,023 [Silja Graupe]
Das sagen wir aber vorher, ne. Und dann, der zweite Teil ist dann ’n Gespräch. So, wir bringen Thesen mit und ist mir egal, welche These aus dieser Ökonomisierung und dann diskutieren wir. Wir sind ja gleichberechtigt. Außerdem wissen die meistens mehr über Kulturfestivals als ich. Ich hab ja keine Ahnung. Ich kann nur sagen, damit kannst Du auch das Thema gucken. Und das ist wunderschön, auch Prüfungssituationen, die sagen, ah, es geht mich. Ja, und da ist etwas. Und dann sag ich immer, ja, Du bist ja auch keine vier, sondern Du scheinst dich nicht genug vorbereitet zu haben. Find ich auch okay, wenn Du zehntausend andere Sachen hast, dann nutz halt nur ’n Hammer und und meißt Du da kurz was raus oder schlag was raus, ist okay. Und auch zu lernen, ich bin doch keine Note, ne.
00:51:48,023 –> 00:51:48,383 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:51:48,383 –> 00:51:50,403 [Silja Graupe]
Also auch wenn er eins nicht, das ist immer ’n bisschen schwerere Fall, ja.
00:51:50,403 –> 00:51:53,543 [Raul Krauthausen]
Zu mal wir auch mehr aus Fehlern lernen als aus immer alles fehlerfreimachen.
00:51:53,543 –> 00:52:11,743 [Silja Graupe]
Ja, eben, ne. Und dann nehmen sie unter anderem Prozesse und jetzt hat diese mögliche Prüfung der Kollegin mir sozusagen gemobbt, weil wir sagen, so, wir haben öffentliche, also wir haben öffentliches Interesse an Ökonomisierungssystemen und unsere Prüfungen waren als öffentlicher Vortrag hat, ne. Und dann werden dafür Kriterien und dann ist das auch gut. Und wir sagen, wir prüfen nie für ’n Papierkorb. Und nie Wissen ausspucken. Es gibt keine Klausuren und keine Multiple Choice. Niemals, niemals, niemals. Das ist einfach old fashion.
00:52:11,743 –> 00:52:16,563 [Raul Krauthausen]
Gab es ein Projekt deiner Studierenden, das dich besonders bewegt oder überrascht hat?
00:52:16,563 –> 00:52:22,823 [Silja Graupe]
Überrascht. Total viel. Das war den aus der ganzen,
00:52:22,823 –> 00:53:25,263 [Silja Graupe]
ja, glaub ich, zeigt auch noch mal diese Frage von von Kreativität und Individualität ein. Studenten, der sich schwergetan hat, der kam aus der Filmbranche, der kommt und wollte auch diese Ökonomisierung und das alles lernen und der tat sich sehr, sehr schwer, mit dem ganzen fachlichen Zeug zu lernen, was hier an der Hochschule immer ist. Es geht ja Wissenschaft. Und dann haben wir in in seiner Abschlussarbeit zusammengeschlossen, dass er einen Aufklärungsfilm über Neoliberalismus macht. Und dann kann man das auch reflektieren, aber der der Film war die Abschlussarbeit. Ich hab noch nie jemanden kennengelernt, der so wunderbar alles Wissenschaftliche sich über die Neoliberalismus erarbeitet hatte, weil er in seiner Sprache, in in seinen Möglichkeiten das ausdrücken konnte. Hat er mich interviewt, mein Kollege interviewt, andere Leute interviewt, ist alles zusammengeschnitten, das Ganze reflektiert, wie Du sagst. Da fehlt was und wenn ich gewusst hätte, dann hätt ich. Und das zu sehen, dass sagen so, wenn jemand versteht, warum er’s macht und weiß, welche Fähigkeiten er hat, dann kommt das Lernen ja für mich automatisch, ja. Und dann ist ja auch klar, um welche Wissensinhalte das geht. Und diesen Mut zu sehen, als Beispiel von ’ner Kollegin von mir, die sagt, ja, ich schreib ’n Lehrbuch mit Studierenden zusammen. Ich so, bitte? Ja, ja, das wären deren Masterarbeiten. Ich so, mhm. Und das funktioniert. Großartig. Ja, und diese Freude zu sagen, so, ich hab was gelernt und ich zeige, was ich gelernt habe und mir gedacht habe, indem ich’s anderen wieder vermittel, in ’nem bestimmten Kontext.
00:53:25,263 –> 00:53:40,843 [Silja Graupe]
Die Überraschung für mich, Raoul, ist, obwohl ich wirklich, ich glaub, Du merkst, dass ich ein relativ positives Menschenbild habe, wie wie unglaublich schön, kreativ und hochgradig professionell das angenommen und umgesetzt wird und wirklich jeder und jeder den eigenen Weg und den eigenen Ausdruck findet.
00:53:40,843 –> 00:53:48,603 [Silja Graupe]
Und wir diese ganze Frage, kann mir jemand was nicht, ne, überhaupt sich nicht in dem, nicht nur in dem Ausweis, sondern in dem wirklichen Sinne nicht nicht stellt, ja. Das
00:53:48,603 –> 00:54:06,763 [Silja Graupe]
das können Gedichte betreffen, das kann bitte eine Musik betreffen, das kann alles möglichst jetzt betreffen, was das Produkt ist, ne. Und und auch von außen, wir haben unheimlich viele Werbeaufträge, alle wollen bei uns berichten, weil wir so tolle Studis haben, sagen das Niveau, obwohl wir es nicht einprügeln, also das wissenschaftliche Niveau ist extrem hoch, extrem hoch, weil es eine intrinsische Motivation gibt, weil Leute checken, warum sie’s machen sollen. Wozu das gut ist.
00:54:06,763 –> 00:54:06,983 [Raul Krauthausen]
Ja.
00:54:06,983 –> 00:54:13,423 [Silja Graupe]
Und das ist Da bin ich echt mal so, okay, ich wusste das, ja, das war meine Philosophie. Und es funktioniert, das ist so unfassbar.
00:54:13,423 –> 00:54:16,003 [Silja Graupe]
So unfassbar schön, was was blühen kann, ja.
00:54:16,003 –> 00:54:28,023 [Raul Krauthausen]
Ich ich versuch mal den den Bogen. Ich hatte vor einigen Ausgaben hier den Wissenschaftler Alanin Elmaferlani, Bildungs- und Migrationsforscher, der unfassbar viel auch forscht eben im Bereich Bildung. Und
00:54:28,023 –> 00:55:17,663 [Raul Krauthausen]
ja, auch wenn man gerade davon erzählte, dass man ja auch Unterricht anders gestalten kann, im Prinzip so wie er auch, dass man eben eher Phänomene unterrichtet und nicht Fächer, also dass man eben eine Frage stellt an Krisen der Gegenwart beispielsweise und das dann quasi dann erforschen lässt. Aber gleichzeitig eben auch sagt, dass wir das Problem haben, dass Bildung und Bildungspolitik oder Politik eigentlich nur in Legislaturen gebracht wird. Aber das Ergebnis Ausbildung braucht länger als vier Jahre. Das heißt, kein BildungsministerIn will sich jetzt, sagen wir mal, die Händeschmutzig machen beziehungsweise all sein Geld ausgeben für einen Erfolg, den zwei BildungsministerInnen nach einem dann ernten. Und deswegen passiert in diesem System so wenig und und so langsam ist es eine permanente Mangelverwaltung. Was kann also die Politik, die anscheinend immer zu kurzfristig denkt, tun, damit Bildung endlich wieder die wird, die so läuft wie bei euch und dann nicht auf private Semesterbeiträge, die wahrscheinlich relativ hoch sind, finanziert wird, sondern eben auch vom Staat?
00:55:18,463 –> 00:55:39,624 [Silja Graupe]
Können Sie erst mal zu der Finanzierung, das ist das halt ’n Drama. Wir sind so siebzig achtzig Prozent spendenfinanziert. Weil Menschen wollen, dass junge Menschen an ’n anderen Ort haben und der gesellschaftliche Impact und gleichzeitig sind Studienbeiträge drin für die, die es beitragen, also organisieren können. Und sonst wären sie mit Stipendien versorgt. Aber natürlich dieses Automatismus, ich zahl hier Steuern, dann wird schon die Bildung funktionieren. Das ist bei uns ja völlig aus der Kraft gesetzt worden. Ja, es wird Geld für Bildung ausgegeben, aber erstens zu wenig und zweitens viel an der falschen Stelle.
00:55:39,624 –> 00:55:46,583 [Silja Graupe]
Ich selber und deshalb würde ich deine Frage, ich glaub zum ersten Mal ’n bisschen ablehnen, dass ich gar nicht sagen kann, was die Politik machen kann, sondern ich versuch herzusagen, dass von unten
00:55:46,583 –> 00:55:46,763 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:55:46,763 –> 00:56:40,963 [Silja Graupe]
Zu sagen, wie können wir an uns an Rand innerhalb des Systems stellen und eine Sogwirkung entfalten, ne. Also wie können wir, und da kann man politisch stützen, indem man Experimentierklauseln einführt in Hochschulrahmenordnung beispielsweise Schulordnung. So sagt, wo können jetzt wie so Hotspots, also schneller Vulkanismus an der Oberfläche Unterschiede schaffen? Und wir versuchen, das gar nicht so sehr konzeptionell zu vermarkten, sondern zu sagen, wie schaffen wir es von unserem Vulkan aus, von unserem Hotspot aus Erfahrung, dass es anders geht. Weil es ist nicht mehr ’n intellektuelles Problem, sondern man kann sich gar nicht mehr vorstellen, dass die Bildung sein könnte. Und so bilden wir zum Beispiel unsere Studierenden aus oder sie bilden sich selbst aus, so sogenannten Zukunftscoaches und innerhalb des Studiums gehen sie in Schulen, damit Schülerinnen die Erfahrung von dieser Bildung machen können. Wie gesagt, phänomenorientiert, visionsorientiert, persönlichkeitszentriert und so weiter. Wir gehen damit in Ministerien und das Erste ist nicht, dass wir sagen, ja, ihr müsst machen, sondern wir sagen, oh, so wollen wir mal mit euch auch ’n Zukunftsworkshop machen. Also auch die Menschen in den Ministerien, in der Politik anzusprechen, sagen, ihr habt wohl auch keine richtigen Rahmenbedingungen. Also nicht als die Bösen anzusprechen, die die Rahmenbedingungen falsch schätzen, sondern sagen, hm, wenn ihr gar nicht wisst, was in zwanzig fünfzig euer Ministerium machen soll, dann ist es auch ’n bisschen schwierig, eure Politik zu machen. Können wir mal unsere Studierenden vorbeischicken, die machen mal ’n Zukunftslabor mit euch.
00:56:40,963 –> 00:56:41,283 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:56:41,283 –> 00:57:28,503 [Silja Graupe]
Und die gehen und die stimmen zu. Interessant. Wir waren jetzt am Deutschen Stiftungstag, weil Stiftung müssen ja den Mann mitfinanzieren. Und dann sagt er, wir erzählen euch überhaupt nichts für junge Menschen, sondern die jungen Menschen kommen und machen mit euch die Frage, wie sieht eine Stiftung zwanzig fünfzig aus? Die waren ’n bisschen erstaunt. Wie, wir sollen jetzt was tun? So, ja genau, ihr sollt was tun. Und junge Menschen helfen euch dabei. Die brauchen gar keine Hilfe von euch erst mal, sondern ihr braucht erst mal deren Hilfe. Und so versuche ich, diese Erfahrungsformel zu schaffen und gleichzeitig ist genau das, was mein Kollege sagt, die Rahmenbedingungen sind halt sehr, sehr eng und sie werden immer wieder zugeschüttet und es kommen immer wieder neue Steine. Deshalb sind wir sehr froh, dass wir andere Gesetzesinitiativen, ob das jetzt Gemeindeeigentum ist oder Grundeinkommen oder andere Bildungs direkte Bildungsreformen, dass wir da auch eine Arbeitsteilung tatsächlich machen. Und was ich wichtig finde, Sie haben das Beispiel Ungarn, Sie haben das Beispiel jetzt teilweise Italien, beginnen einen anderen, der dann das ja verteidigen und sagen, die Spielräume haben wir noch. Und dass die nicht auch noch wieder zugeschüttet werden, sowohl in Finanzierung als eine Frage, was legitim und was sogar legal ist. Und es gibt ’n, ich liebe Michel de Certeau, ist ’n Philosoph.
00:57:28,503 –> 00:57:29,443 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:57:29,443 –> 00:58:10,043 [Silja Graupe]
Und er macht den Unterschied zwischen Taktik und Strategie. Und er sagt, Taktik ist, dass Du in Umständen dein Leben gestalten musst, wo Du sehr wahrscheinlich weißt, dass Du die Regel nicht bestimmst und auch sich nie ändern werden. Dass Du also Strukturen leben musst, ne, und beleben musst, obwohl Du weißt, dass sie falsch stimmt. Und dann zu wissen, wann ist der Zeitpunkt einer Strategie, wo’s die Rahmenbedingungen an sich geht. Und auch leider muss ich sagen, dass wir mit unserer Hochschule an Rahmenbedingungen fast kaum die Kraft haben. Aber son bisschen hab ich immer die Hoffnung, nett gemeint, auf Resonanzkatastrophen. Dass die Taktik, das ständige Bespielen auf andere Weise, Menschen ständig dran zu rennen, das geht, dies geht, das wär möglich, das kannst Du als Schule dann, nein, da kommst Du nicht ins Gefängnis, das ist legitim und sogar legal, dass wir Resonanzen schaffen können, die wir auch aus großen Revolutionen kennen, dass etwas einstürzen kann im positiven Sinne, ja. Und dann Menschen auch Strukturen haben. Aber-
00:58:10,043 –> 00:58:14,503 [Raul Krauthausen]
Es gibt auch Anfragen von anderen Hochschulen, die wissen wollen, wie ihr das aufgebaut habt und
00:58:14,503 –> 00:58:14,963 [Silja Graupe]
Ja, zu den
00:58:14,963 –> 00:58:15,943 [Raul Krauthausen]
Wie man das übertragen kann.
00:58:15,943 –> 00:58:16,123 [Silja Graupe]
Genau.
00:58:16,123 –> 00:58:17,843 [Raul Krauthausen]
Das ist ja auch eine Idee der Skalierung.
00:58:17,843 –> 00:58:52,863 [Silja Graupe]
Genau. Sie kommen also es ist wirklich so, sie kommen zu uns. Ist auch erster interessant, dass ihr da seid. Es ist so eine Sogwirkung. Als wir anfingen, war das so, also wenn das mal eine Nische wirklich überleben kann, das ist nicht mehr der der Fall. Und gleichzeitig, meine Kollegen nennen das Institutional Hacking, das ist auch der eine Masterstudium auf diese Institutionsgestaltung, dass wir uns dann eben auch sehr genau mit den Universitäten die Hilfe oder Hochschulen die Hilfe möchten, eben zu sagen, was ist in deren Rahmenbedingungen überhaupt möglich? Also auch nicht naiv zu sein und sagen, Sie können uns kopieren, können Sie nicht. Wir haben ja eine ganz andere Historie, wir haben eine ganz andere Gemeinschaft. Wir haben, und das find ich total spannend, auch mit Hochschulleitungen ins Gespräch zu kommen und sagen, was ist wo möglich? Und eine Kollegin sagte mal, okay, bei mir ist weniger möglich, aber das, was möglich ist, trifft fünfundzwanzigtausend Studierende. Bei uns sind’s hundertachtzig.
00:58:52,863 –> 00:58:53,303 [Raul Krauthausen]
Mhm.
00:58:53,303 –> 00:59:00,743 [Silja Graupe]
So, und das dann auch zu sehen, dass sie sagt, sie will eigentlich ganz gern ihren Job machen und behalten, weil sie eben auch diese größere Wirkung dann dann haben kann.
00:59:00,743 –> 00:59:22,703 [Raul Krauthausen]
Gibt es, geht’s Du, also die Aufzugsfahrt nähert sich ihrem Ende, da wird wahrscheinlich das dann an anderen fortsetzen müssen. Gibt es denn schon, wo Du für mich auch sagen kannst, außer deinen Studierenden, die jetzt abgegangen sind beispielsweise, Erfolge, wo Du sagst, das, dieser Erfolg motiviert mich ganz besonders. Zum Beispiel, dass andere Uni sich dafür interessieren, dass quasi, dass wir so von unten eine Bewegung entstanden ist, an die man vielleicht damals noch gar nicht geglaubt hat, nur gehofft.
00:59:22,703 –> 00:59:27,443 [Silja Graupe]
Ja, ich glaub das Beste sind auch, ich hoffe, Du merkst den Allgemeincharakter dran, wenn ich das in in den Geschichten, ne.
00:59:27,443 –> 00:59:27,983 [Raul Krauthausen]
Ja.
00:59:27,983 –> 00:59:53,443 [Silja Graupe]
Ich war letztens bei ’ner Veranstaltung und danach sprach mich jemand an und sagte, ob ich mich erinnern werde. Sag ich, wieso, weiß nicht genau. Und es war ’n Student, den wir ablehnen mussten, weil er die Zugangsvoraussetzung nicht hatte. Also selbst wir konnten nichts machen. Es hat eine andere klassische Fachhochschule gegangen und er sagte, Silja, Du glaubst nicht, allein das Wissen, dass es euch gab und gibt, hat mich durchs Ganze Bildung begleitet. Verstehst Du, ein Mensch, den ich überhaupt nicht helfen konnte, der überhaupt nichts von uns genießen konnte, ein Bezugspunkt des anderen hatte, der immer ihm sagen konnte, das ist mein
00:59:53,443 –> 00:59:58,643 [Silja Graupe]
Kompass, ne. So, also das, das, das wir also weit auch über vor also Erfolge haben, die
00:59:58,643 –> 01:00:54,843 [Silja Graupe]
Resonanzen, Bezugspunkte, Widerständigkeit, dass Menschen sagen, nein, das kann nicht sein, weil die dürfen das ja auch. Aber ich davon auch auch praktisch sehr, sehr selten in irgendeiner Weise erfahre. Und das ist auch über Organisation hinweg, dass wir Leute sagen, sie engagieren sich in der Politik, sie gründen Unternehmen und weil sie uns gesehen haben, ja, und beobachten, sehen sie auch in ihren Bereichen. Es ist mehr mehr möglich tatsächlich. Und das andere, wir bringen mit unseren Studierenden zusammen, wie gesagt, ein Ausschnitt dieser ganzen Fragen von Innovationsfähigkeit, Zukunftsvorstellungen im Sinne einer selbstoptimierungsfreien Idee, auch zu denen an Schulen, so auch in meinem Fall, so auch mit dem Schulministerium. Und da geht es nicht Menschen, die an Hochschule gehen, sondern die in unterschiedliche Hauptschule, Realschule, Gymnasium den Abschluss nicht schaffen. Mhm. Und das jetzt mit Zukunft, da wird’s dann ja auch entspannt, ne. So, was ist, und da sind wir gewarnt worden und da sind schwierige Kinder und dies oder Jugendliche und so weiter. Und unsere Studierenden und Mitarbeitern kamen mit leuchtenden Augen und Hühnerohren irgendwie wieder zurück. Sagen, es war so toll. Was sind das für tolle Menschen? Was konnten die in ihrer Situation in so wenig Zeit denken, bewirken, fragen, hoffen können.
01:00:54,843 –> 01:00:56,283 [Raul Krauthausen]
Mhm.
01:00:56,283 –> 01:01:38,604 [Silja Graupe]
Wo alle anderen sagen, befreundet ’n Problemfall zu sein. Da auch zu merken, ich werd kränker, ich werd schwächer. Und ich kann dir garantieren, wenn ich nicht krank geworden oder so krank geworden wäre, ich würde immer alleine hingehen, weil ich denk, das kann ja kein anderer als ich. Eine schwierige Klasse, ja. Und jetzt sag ich, Leute, ich kann nicht. Und dann seh ich, wie wie meine Leute unglaublich wachsen und wie alles gut läuft für für die, die’s geht, für die Schülerinnen. Und das sind so Momente, wo ich merke, so nach zehn Jahren und schwächer werden, ich kann loslassen. Und das Loslassen führt dazu, dass andere Menschen in ihre Kraft kommen und aufblühen können.Und das gibt mir im Moment Kraft, wo ich so wenig oder weniger Kraft habe, dass ich gezwungen bin, gegen meines Naturells, ähm, Vertrauen zu können, ne, Vertrauen in andere Menschen. Und ich muss wirklich sagen, dass das sehr wenig enttäuscht wird.
01:01:38,604 –> 01:01:55,083 [Silja Graupe]
Die Menschen blühen, wenn wir ihnen Räume lassen und können. Und das, das ist das, was mir totale Hoffnung, Hoffnung gibt. Und dass wir zunehmend in der Lage sind, dafür sehr, sehr klare Bildungskonzepte, Kriterien, Rahmenbedingungen auch zu schaffen. Das ist ’n freiheitlicher Raum. Jeder einzelne gestaltet ihn, aber ich kann ihn einrichten, also Stichwort Werkstatt, ne.
01:01:55,083 –> 01:02:01,424 [Raul Krauthausen]
Ist Inklusion in eurer Lehre auch Bestandteil? Also habt ihr studierende mit Behinderung oder bist Du oft die Einzige, die Erste im Gebäude?
01:02:01,424 –> 01:02:03,244 [Silja Graupe]
Ähm, die mit dem Fahrstuhl meinst Du?
01:02:03,244 –> 01:02:05,123 [Raul Krauthausen]
Ja, die eine Behinderung hat oder
01:02:05,123 –> 01:02:27,443 [Silja Graupe]
Wir haben, ähm, es ist interessant, was alles gesagt ist für ein, zwei, drei, was macht wirklich Krankheit aus? Ja. Seitdem ich aufm Hof bin als so richtig schöne Kranke, merken wir, wie viel Krankheit da ist. Also sichtbare Behinderung ist relativ selten. Es gibt es, ähm, aber die ganzen Fragen von Neurodiversität ist halt ’n viel größeren Umfang als als wir dachten, mit wunderschönen speziellen Fähigkeiten auch.
01:02:27,443 –> 01:02:28,663 [Raul Krauthausen]
Aber richtige dann die Lehre auch darauf aus,
01:02:28,663 –> 01:02:29,203 [Silja Graupe]
dass man
01:02:29,203 –> 01:02:32,003 [Raul Krauthausen]
das es ’n Ruheraum gibt oder der der Raum barrierefrei ist.
01:02:32,003 –> 01:02:51,303 [Silja Graupe]
Ja, also wir müssen, merk ich jetzt auch, als Betroffener, wie viel wir noch Aufmerksamkeit darauf legen, also wie viel unsichtbare Barrieren es sozusagen gibt. Mhm. Und da jetzt auch immer die Frage, wann ist etwas ersetzt bei Neurodiversität? Wann sind’s auch therapeutische Rahmen, die wir zusätzlich, ne, also wo wir auch kooperieren müssen. Und es sind viele auch, also der Arten von chronischen Erkrankungen, die wir bis jetzt gar nicht
01:02:51,303 –> 01:03:01,003 [Silja Graupe]
mit aufgreifen und bei ihren abbauen können, weil es uns nicht gesagt wurde. Ja, damit muss ich irgendwie selber umgehen können. Das ist jetzt relativ neu. Was machen wir damit, ne? Also ist es ’n kollektiver Raum oder ist es so, wir haben’s alle einmal gehört.
01:03:01,003 –> 01:04:33,623 [Silja Graupe]
Und dringend, die Bitte sowieso, wenn ihr’s hört, bewerben, bewerben, bewerben. Wir sind kaum bekannt und denken so, oh, was für eine Hochschule gehör ich dazu? Ja, alle gehören dazu. Und Menschen vor allen Dingen auch aus Sozialbenachteiligten, die nicht glauben, dass sie studieren können. Ja, und dann auch noch privat und dann auch Studienbeiträge. Wir regeln das alles mit euch, ja. Also es ist überhaupt keine Frage, wenn jetzt Menschen mit Behinderung dann das sehen, was wir in diesem alten Gebäude von vor paar hundert Jahren machen können, ne. Fahrstuhl haben wir ja, funktioniert auch wieder. Hey. Und dass wir’s dann auch als gemeinschaftliche Aufgabe sehen. Und was wir gemacht oder machen auch mit Studenten zusammen, wir haben ein Weiterbildungszertifikat für Diversität und Inklusion, wo wir nicht die Spezialisten dafür sind, aber den ganzen Rahmen der Persönlichkeitsbildung, der Bildung und des gesellschaftlichen ökonomischen und ökonomisierten Umfeldes. Also in welchem Frame arbeiten wir? Und wo muss auch dieser Gesamtframe, wie Du jetzt auch gefragt hast, Wirtschaft, Ökonomisierung, Selbstoptimierung, Wachstum, das thematisieren wir in Unternehmen mit Unternehmen und dann eben zu sagen so und welche Sicht der Betroffenen selber und welche Expertise und welche Kreativität muss mit diesem Wissen Rahmenbedingungen verbunden werden, ja. Das finde ich einen sehr vielversprechenden Ansatz, zu sagen, lasst sofort mit Menschen mit sichtbaren, unsichtbaren Behinderung in die Expertinrolle. Aber wir können ’n Rahmen schaffen, wo wo Menschen dann anders, so wie wir jetzt auch einfach anders sprechen können, weil bestimmte Sachen gar nicht endlos und endlos und endlos als mentale Barrieren immer wieder aufgebaut werden, [übersprechen 00:04:14] ja. In einer Welt, wo wir sagen, die Welt wird komplex, die Welt ist ungewiss und so weiter, dann ist das, was Du vorhin gesagt hast, dann ist natürlich Kreativität und Resilienz. Dann ist es ja klar, dass Menschen mit Behinderung gebraucht werden, selbstverständlich. Da muss ich ja nicht um Anerkennung betteln. Ja, so versuchen wir das von vornherein in einem größeren Kontext einen anderen gedanklichen Frame aufzuspannen, wo dann auch Menschen mit Behinderung als Expertin auftreten können, ohne die üblichen, wir können’s natürlich nicht ganz rausnehmen, ne, das ist klar, aber ohne die allerüblichsten Größenfehler.
01:04:33,623 –> 01:04:34,143 [Raul Krauthausen]
Mhm.
01:04:34,143 –> 01:04:37,983 [Silja Graupe]
Dann sagen so, jetzt sind welche, die haben echt Ahnung, da ist es, ja. Und hier
01:04:37,983 –> 01:04:42,303 [Raul Krauthausen]
Ist ja nicht nur Ahnung aus aus Betroffenheit heraus, sondern Sie haben auch Ahnung, weil sie bei euch gelernt haben.
01:04:42,303 –> 01:04:53,703 [Silja Graupe]
Ja, genau. Also so oder auch schon in der Kombination, dass Sie sagen, ja, also hier ist Erfahrungswissen. Großartig. So und und wir sorgen oder das wollen wir natürlich versuchen, ein Klima des Respekts zu sagen, in einer Welt, wo wir nie wissen, was passiert, ist das einfach wertvoll, ne. So.
01:04:53,703 –> 01:05:17,503 [Raul Krauthausen]
Was ich so schön fand, war, dass Du auch sagst, dass ihr quasi nicht nur die Arbeitnehmerinnen von morgen ausbildet, sondern eben auch die Aktivistinnen von morgen. Also Menschen, die einfach sagen, hey, ich hab da ’n ’n Purpose und ich möchte da drin einfach wissen, wie ich das am sinnstiften umsetzen und leben kann. Also das sind den Sinn leben. Dass das nicht zwei glaub ich etwas sein muss, was kapitalisierbar ist, sondern eben auch, wie kommen wir vorher aus der Future Bewegung oder andere Bewegungen sein können.
01:05:17,503 –> 01:06:18,663 [Silja Graupe]
Auch auch ganz stark. Also wir also in Großkonzerne kriegen uns heute noch am wenigsten, weil sie einfach sagen, so wir haben die Raumstruktur verstanden, da können wir nicht viel bewegen. Und es ist viel im Aktivismus, aber auch jetzt grad mit allem gesprochen, der erste Theologe, den hat er bei uns studiert und jetzt eben in der katholischen Kirche eben noch neue Spielräume beispielsweise öffnet, ne. Und wenn es wirklich mal ist, hier sind fünf, sechs Millionen Euro Budget für bestimmte Seminarhäuser und wie wird jetzt genau ökologisch gekocht, ja? Also das macht ’n Unterschied, ne. Also so dann immer zu sagen, wo kann Transformation, je nachdem, wo sie steht, ne. Und das, das wär mir noch wichtig. Wir haben über eine, also Schwäche, die mit Wirtschaft zu tun hat, die ganze Frage von Ressourcen, ne. Die ganze Frage von finanziellen Ressourcen. Wo gehen sie hin? Was wird wirklich gemacht? Und da möcht ich auch alle Zuhörenden bitten, uns tatsächlich zu unterstützen, weil wir eben in dieser staatlichen Reproduktion komplett außen vor gelassen sind. Wir sind nicht diejenigen, die Mitleid brauchen, ne. Also ich fang mal nicht, wenn wenn kein Geld kommt. Aber wir sind eine der großen Möglichkeiten, philanthropisch in den Hoffnungsort, in junge Menschen, in diesen Sinn, der lebendig wird, zu investieren. Und Monetäre drin bieten bieten wir nicht, aber diese Vielfalt über das, was wir gesprochen haben, das zu unterstützen, dafür hab ich auch von meinen Werken Online Stiftung bei Because eingerichtet. Die können wir ja heute noch mal in die Shownotes geben.
01:06:18,663 –> 01:06:27,763 [Silja Graupe]
Und ich glaub, genau auch über diese Verletzlichkeit zu sprechen, ne. Wir haben im Moment keine Verletzlichkeit in staatlicher Anerkennung. Wir, die ganze Frage, die Du gestellt hast, sind wir wissenschaftlich oder nicht, sie ist durch. Sie ist erst mal erledigt.
01:06:27,763 –> 01:06:27,883 [Raul Krauthausen]
Ja.
01:06:27,883 –> 01:06:32,003 [Silja Graupe]
Bis vielleicht radikalere Rechte rankommen, dann haben wir unmittelbar das Problem wieder und zwar ganz schnell.
01:06:32,003 –> 01:06:44,163 [Silja Graupe]
Genau. So. Und für diese Solidarität, dass wir sehen, es ist nicht selbstverständlich, dass es das gibt, sich zu beteiligen und da können wir jetzt wieder noch ’ne ganze Sendung machen. Wir haben ja über die Erreichen gesprochen, ja. Und dieser eine Förderer, der sagt, du kannst dem Sinn ein Leben geben, du kannst Menschen dazu kriegen, ich hab gelernt, Geld zu verdienen.
01:06:44,163 –> 01:06:44,683 [Raul Krauthausen]
Mhm.
01:06:44,683 –> 01:07:13,883 [Silja Graupe]
Unmittelbar laufen wir unsere Seminare und lernen auch mit, ja. So, dass ich das aber erst mal zu sagen, ey, es gibt Leute, die die Ressourcen haben, die die wissen, wie man Geld verdient und das ist großartig. Weil ich verbrenne es. Und ich muss es, weil es freiheitlich ist. Es ist der Nährboden und ich schäm mich nur dafür, Millionen für eine neue Bildung nutzen, fruchtbar machen zu können. Wir brauchen neue Allianzen in in der Gesellschaft. Zwischen denen, die ganz genau wissen, dass sie Geld in dieser Wirtschaft verdienen, dass die zur Arbeit gegangen sind oder es nicht Arbeit Geld verdienen und sagen, so und jetzt soll es, was ist mit meinen Enkelkindern? Wo ist die Vision? Und alle, alle reich wie Arm sagen, ihre Kinder werden desillusioniert in der Schule.
01:07:13,883 –> 01:08:13,779 [Silja Graupe]
Und sagen so, hier ist eine Möglichkeit, welche Wirkung, wie viel Millionen wir erreichen, das alles diskutieren, ja. Aber es ist notwendig und das bringt auch als Anfang, wir brauchen eine Ökonomie des Schenkens. Für die Grundbedürfnisse Bildung, Freiheit, Gesundheit, weil daraus alles andere erwächst, ja. Und ich kann’s und werde meine Bildung und meine Vision nicht verkaufen. Das wär das Allerletzte.Wenn wir gebildete Menschen haben, die von uns zweihundertachtzig Millionen, dann können wir uns eine gesunde Wirtschaft unterhalten, die uns allen Geld und das Lebensnotwendige gegeben wird. Klar. Aber ich kann doch jetzt nicht, ich kann doch jetzt nicht hin studieren und sagen, du kaufst eine Bildung und du wirst damit Geld verdienen und deswegen nehme ich von dir dreißig, vierzigtausend Euro. So kann es nicht funktionieren. Und dass wir das offen auch bei dem Thema Inklusion. Wir brauchen Geld, Geld, Geld, Ressourcen. Und Geld ist freigelegtes Impotenzial. Und jeder Einzelne kann entscheiden, was damit passieren wird. Ja, ich kann weiter Gummibärchen kaufen, ich kann alles möglich machen. Oder wollen wir in diese Sinnstiftungsquellen dieses Geld geben? Und zwar ganz frei. Und wir erleben auch da, dass es unheimlich befreiende Kraft hat für Menschen, die so die Angaben haben. Ich habe Geld, aber mit dem Sinn habe ich nicht genau verstanden. Und lasst auch dafür gemeinsam anbieten und Menschen so wie ich mal wieder auf deiner Arbeit aufmerksam machen, das ist ja ein anderer Sinn. Und da müssen auch unendlich Ressourcen reinfließen und bei uns eben auch.
01:08:13,779 –> 01:08:15,859 [Raul Krauthausen]
Wir verlinken das am Ende einen Show notes, wie du gesagt hast.
01:08:15,859 –> 01:08:29,299 [Silja Graupe]
Genau, also unter die Kors Stiftung Freie zur Gesellschaftsgestaltung. Und ja, und das immer mitnehmen, dieses zu sehen, nicht für selbstverständlich zu nehmen, dass es Dinge gibt, auch wenn wir wie Bildung, Gesundheit, Inklusion eigentlich denken, selbstverständlich ist es nicht, weil die gesellschaftlichen Grundlagen nicht mehr funktionieren.
01:08:29,299 –> 01:08:38,939 [Raul Krauthausen]
Hast du sonst noch einen Tipp von anderen Organisationen, Menschen, Literatur, die du unseren Hörerinnen und Hörern empfehlen könntest, den man sich mal beschäftigen könnte?
01:08:38,939 –> 01:08:41,359 [Silja Graupe]
Oh, da ist bestimmt
01:08:41,359 –> 01:09:04,879 [Silja Graupe]
sehr viel… Also ich denke, sieht man auch bei uns auf der Homepage, also man sieht so, was entstanden ist, zum Beispiel recht große Bildungsaufklärungseinrichtungen, Lex Economy Labs sind Alumni von uns, die das gegründet haben. Lela heißen die Organisationen, die gesellschaftlichen Transformationen anstoßen, wie Kommunia, wie Mitzelium. Können wir auch noch mal verlinken. Also man sieht so, wo junge Menschen so viel gestalten und ganz neue Infrastrukturen aufbauen.
01:09:04,879 –> 01:09:11,439 [Silja Graupe]
Da wirklich hinzugucken, wo im Kleinen, wie im Großen und auch sich dahin zu verbinden, dass nicht das Rad immer wieder sozusagen neu erfunden wird.
01:09:11,439 –> 01:09:17,739 [Silja Graupe]
Und ein Projekt, also als Buchprojekt, was mit Studierenden, ein Kollege von dem einen Studierenden gemacht hat, heißt Institutional Hacking.
01:09:17,739 –> 01:09:18,759 [Raul Krauthausen]
Was auch der Master gibt, quasi?
01:09:18,759 –> 01:09:33,079 [Silja Graupe]
Ja, genau. Und das fände ich sehr, sehr beeindruckend, weil unheimlich viel Rücksicht genommen wird. Was sind das für Kontexte und wie kann man in den agieren, ohne ständig Wolkenstromschlösser zu bauen und sich jetzt zu wundern, dass es nicht funktioniert. Das wären,
01:09:33,079 –> 01:09:36,999 [Silja Graupe]
sind, glaube ich, die Sachen, die mir spontan einfallen.
01:09:36,999 –> 01:09:46,699 [Raul Krauthausen]
Und die letzte Frage, die ich meinen Gästen immer stelle, wenn die Aufzugtür jetzt aufgeht, wo geht es für dich weiter?
01:09:46,699 –> 01:09:49,619 [Silja Graupe]
Ich habe morgen wieder Lehre.
01:09:49,619 –> 01:09:57,999 [Silja Graupe]
Das ist was mich unfassbar freue. Ich sage so, okay, ist vielleicht ein bisschen anstrengend in meiner jetzigen Lage. Und ja, Aufstruktur geht auf und in diesem Kraftort
01:09:57,999 –> 01:10:02,719 [Silja Graupe]
fünfzehn junge Menschen, Freundinnen und Kolleginnen, die dabei ist,
01:10:02,719 –> 01:10:12,719 [Silja Graupe]
Imaginationsübungen, die Studierenden ausprobiert haben, das protokolliert haben, wir große philosophische Themen haben, wir die ganze Frage dieser Manipulation und Beeinflussung als der dunkles Kapitel des letzten Jahrhunderts und das alles so zusammen wieder
01:10:12,719 –> 01:10:37,239 [Silja Graupe]
auf den Tisch zu bringen und das selbst als Präsidentin und Gründerin, baue ich ja diese Schutz und und und und die sozusagen Treibhäuser neuer Ideen und ich kann mich dann auch wieder reinbegeben. Das meine ich auch so durchaus und dann kann ich das auch genießen. Und das ist für mich nach wie vor nicht die äußere Perspektive, sondern rather zu sagen: „Hey, cool, ich bin davon teil und wir können diese Sinngemeinschaft tatsächlich leben und das gibt mir dann auch Kraft, zum Beispiel durch diesen Abend wieder zu kommen, der halt dann wieder ein Abend ist in meiner gesundheitlichen Situation.
01:10:37,239 –> 01:11:07,159 [Raul Krauthausen]
Ich danke dir auf jeden Fall sehr, dass du dir die Zeit genommen hast bei all den Auswirkungen, die das hat. Ich kann mir das nur erahnen, schon nachvollziehen, nachvoll zu vollziehen. Aber es ist total wichtig, die Arbeit, die ihr macht und ich kann jedem dringend empfehlen, die neun Stunden Dium und HIV mit sich anzuschauen, weil man wirklich viele Aha-Momente und Effekte und Fragen hat. Und sehr… Also ich selber habe noch viele weitere Fragen überlegt, aber die in den zwei Stunden wir schon gar nicht alle beantworten konnten. Aber ich glaube, es gibt einen groben Hinweis in die Richtung, was Reichtum bedeuten kann
01:11:07,159 –> 01:11:30,819 [Raul Krauthausen]
und was wir oft vielleicht in falschen Idealen in der Halt gehässelt sind oder hässeln, ohne das jemals tief im Vertrag zu haben. Ich hätte gerne noch mit dir gesprochen über die Verantwortung der Medien oder wie weit ist eigentlich das, was wir lernen und unterrichten oder ihr unterrichtet und wir lernen, auch magisches Denken ist. Also klar, kann man sich alles wünschen und vorstellen, aber wie kriegt man das wieder zurück zu dem Nachbarn, dass man sich auch selbstwirksam fühlt? Da würde ich mich freuen, wenn wir vielleicht eine zweite Folge…
01:11:30,819 –> 01:11:32,679 [Silja Graupe]
Das wäre super. Ich würde mich auch freuen.
01:11:32,679 –> 01:11:34,839 [Raul Krauthausen]
Und dann darauf uns konzentrieren würden.
01:11:34,839 –> 01:11:52,319 [Silja Graupe]
Vielen Dank dir. Danke vielmals. Vielen Dank auch für den Gesprächsraum, den du bauen kannst. Ganz offensichtlich. Dieses Gemeinsame, diese Schönheit, sich einlassen zu können auf ein offenes Gespräch. Kein Austausch vorher, keine Absprachen. Und in diesem gemeinsamen Ringen. Gemeinsam. Voll schön und gerne wieder. Dank dir.
01:11:52,319 –> 01:11:55,079 [Raul Krauthausen]
Sehr gern. Dann wünsche ich einen schönen Abend.
Diese Folge wurde dir präsentiert von Schindler Aufzüge. Willst du noch mehr über Aufzüge erfahren und vielleicht mit uns ganz nach oben fahren, dann steig gern ein. Unter schindler.de/karriere findest du viele Möglichkeiten für Einsteiger und Senkrechtstarter.
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Produktion: Fabian Gieske , Anna Germek
Schnitt und Post-Produktion: Jonatan Hamann
Coverart: Amadeus Fronk