Wie schaffen wir es aus der Bubble?
Heute sind eine Sehbehinderung, ein Rollstuhl und eine chronische Erkrankung im Aufzug versammelt. Oder – wie wir es auch in unserem Podcast „Die Neue Norm“ sagen – drei Journalist*innen. Ich habe meine Kolleg*innen Karina Sturm und Jonas Karpa eingeladen, um über unser gemeinsames Projekt zu sprechen. Darüber, was Normen überhaupt für uns bedeuten und wen wir erreichen wollen – oder können. Wir mutmaßen, wie sich Nicht-Behinderte fühlen und ob wir zu streng in der Debatte sind. Ich möchte aber auch mehr über ihren persönlichen Weg in den Journalismus erfahren: Etwa über Karinas Zeit in den USA und wie Jonas die aktuelle Vielfalt in der Filmbranche einschätzt. Los geht diese Fahrt mit Karina Sturm und Jonas Karpa.
Karinas Empfehlungen:
- AbilityWatch
- Connective Tissue Coalition
- Ehlers Danlos Initiative
- Chronic Pain Partners
- Disabled Journalist Association
Jonas‘ Empfehlung: KickIn!
Wer bei Raul in den Aufzug steigt, kann sich auf spannende Gespräche mit inspirierenden Gästen freuen.
Spannende Geschichten rund um den Aufzug können wir bei Schindler auch erzählen.
Schließlich bewegt Schindler mit seinen Aufzügen und Fahrtreppen täglich 2 Milliarden Menschen auf der ganzen Welt.
Und das seit 150 Jahren.
Wusstest du zum Beispiel, warum es in vielen Aufzügen Spiegel gibt?
Die Antwort erfährst du am Ende dieser Folge.
Jetzt viel Spaß mit Raul im Aufzug wünscht Schindler.
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Heute sind eine Sehbehinderung, ein Rollstuhl und eine chronische Erkrankung im Aufzug versammelt.
Oder wie wir es auch in unserem Podcast „Die Neue Norm“ sagen, drei Journalistinnen.
Ich habe meine Kolleginnen Karina Sturm und Jonas Kapa eingeladen, um über unser gemeinsames Projekt zu sprechen.
Darüber, was Normen überhaupt für uns bedeuten und wen wir erreichen wollen oder überhaupt können.
Wir mutmaßen, wie sich wohl Nicht-Behinderte fühlen mögen und ob wir vielleicht auch ein bisschen zu streng in der Debatte sind.
Ich möchte aber auch mehr über ihren persönlichen Weg in den Journalismus erfahren.
Etwa über Karinas Zeit in den USA und wie Jonas die aktuelle Vielfalt in der Filmbranche einschießt.
Los geht diese Fahrt mit Karina Sturm und Jonas Kapa. Die Tür geht auf und wer kommt rein?
Ich freue mich sehr.
Diesmal ist quasi der zweite Teil eines Projektes, das ich vorhabe, nämlich auch die Kolleginnen, mit denen ich regelmäßig zusammen arbeite, vorzustellen.
Das erste Mal war hier Adina mit Laura Barrosendorfer da.
Da haben wir über unser gemeinsames Kinderbuch gesprochen und heute sind mit mir im Aufzug Karina Sturm und Jonas Kapa und wir drei machen zusammen das Online Projekt „Die Neue Norm“.
Hallo, schön dass ihr da seid.
Hallo, danke für die Einladung.
Hallo, schön hier zu sein.
Gab es schon mal ein awkward Mobbing, den ihr, du, Karina in einem Aufzug erlebt hast?
Nee, ich hatte tatsächlich eigentlich sehr viele schöne Momente.
Vor allem in den USA, da redet man ja im Aufzug, da ist es nicht so seltsam, still wie in Deutschland, wo man irgendwie nichts sagen darf.
Und da hatte ich zum Beispiel einmal den Moment, wo ich eine junge Frau getroffen habe und die mich irgendwie so ganz nett angeguckt hat und gesagt hat, oh das ist aber ein total schönes Kleid, das du da anhast und irgendwie ist die Unterhaltung dann so geendet, dass wir an der Bar saßen und uns noch ein paar Stunden bei Drinks unterhalten haben.
Das ist witzig, also wirklich, ist es kulturell unterschiedlich?
Ja, sehr.
Und woher kommst du besser klar?
Ich mag das gerne, wenn mich Leute anquatschen, also solange sie freundlich sind.
Und bei dir Jonas, was war dein awkward moment im Aufzug?
Also ich finde, ich finde es schön, dass du das auch awkward moment nennst, weil ich finde es auch immer relativ komisch, wenn man quasi in den Aufzug reingeht und da sind schon Personen, grüßt man, redet man, man guckt in diese Verstohlen aufs Handy.
Ich finde es auch immer total seltsam.
Ich kann mich dran erinnern, dass wir damals in der Universität ein Projekt hatten, dass quasi der Aufzug, der die meisten Etagen gefahren ist, das größte Unigebäude hatte acht Etagen und da gab es einen Aufzug, der vom Erdgeschoss bis in die achte Etage fuhr und das dort ein Projekt war, wo dieser Aufzug wie ein Wohnzimmer
eingerichtet war und man sich dort, also es war so ein Sessel drin, ein Teppich, eine Stehdampe, dann war der Aufzug auch schon fast voll.
Aber es war eben, um dort ins Gespräch zu kommen und um diesen Raum irgendwie aufzubrechen, weil ich hatte neulich auch mal gelesen, warum Aufzüge meistens verspiegelt sind, um den Leuten auch das Gefühl dieser Enge irgendwie zu nehmen und auch ein bisschen gegen Vandalismus vorzugehen, weil die Leute sich durch ihr eigenes Spiegelbild beobachtet fühlen und dadurch nicht so viel Unfug dort treiben.
Fand ich irgendwie, ich mag das, wenn Aufzüge irgendwie so ein bisschen heimädig sind.
Gibt es viel zu selten.
Wir drei machen ja den Podcaster „Die neue Norm“ und auch das entsprechende Online-Magazin dazu.
Da kommen wir auch wahrscheinlich im Laufe des Gesprächs noch drauf zu sprechen.
Aber was bedeuten für euch persönlich Normen?
Also ich meine im Behinderungskonzept sind, oder die Norm oder die Normalität sind die Mehrheitsgesellschaft, also Menschen ohne Behinderung.
Ansonsten, ich weiß nicht, mein Leben ist so einzigartig und weird.
Ich glaube, ich weiß gar nicht, was Normen sind.
Also ich finde es ganz spannend, weil ich Normen halt auch häufig mit Stereotypen gleichsetze und wenn man aber ja schaut, wie das menschliche Gehirn aufgebaut ist, wie wir ja so viele Informationen in Windeseile irgendwie verarbeiten und auch teilweise ja verarbeiten, ohne das jetzt irgendwie bewusst wahrzunehmen.
Es ist ja so, dass Stereotype jetzt zwar in unserem Arbeitskontext sehr negativ sind, weil wir halt schnell von Klischees denken und auch diskriminierende Sprache und Bildsprache, aber dass dieses Verarbeiten von Vorwissen oder Annahmen und dem schnell zuordnen und schnell Sachen in Schubladen stecken natürlich irgendwie so, dass uns den Alltag natürlich auch irgendwie erleichtert.
Also im Sinne von, dass wir eben nicht bei jeder Person, die wir nur kurz erhaschen oder die wir im Augenwinkel wahrnehmen, uns jetzt jedes Mal Gedanken machen müssen, wer ist das, ist sie gut oder böse, soll ich ihr wegrennen oder kann ich quasi freundlich auf sie zugehen und dieses Gespür schon zu haben, da landet man halt eben schnell in Vorurteilen, in Klischees, aber es ist halt auch wahnsinnig erleichternd in dem alltäglichen Umgang für uns, dass wir eben nicht in jeder erdenklichen Situation irgendwie nochmal neu ausrichten müssen.
Deswegen finde ich Normen in dem Sinne auf der einen Seite schwierig, weil es natürlich irgendwie Sachen festzurrt und auch wenig mit Vielfalt zu tun hat, aber Normen auf einer anderen Ebene, auch auf technischer Ebene oder baulicher Ebene natürlich auch wichtig sind.
Also ich meine, ich habe schon eh total viele Struggles mit
meinem Drucker hier, das ist irgendwie, ich finde irgendwie Drucker als Computer, Device ist immer das schwierigste einzurichtende und funktionierende Element, weil es eben nicht Plug and Play irgendwie so gut funktioniert.
Aber wenn man sich jetzt mal vorstellen würde, dass es keine Norm gibt von der Blättergröße, dann wäre es ja, das wäre ja Chaos.
Die gute alte GNA4-Land.
Ja, über die gibt es ja dann tatsächlich auch nur in dem Land, in dem du gerade bist, bei anderen Ländern haben andere Normen.
Ich weiß noch, alle Leute fluchen immer, weil mein Computer immer noch auf amerikanische Größen zugeschnitten ist und die US-Lattergröße ist so ein Ticken kleiner wie die GNA4 und dann wenn du halt irgendwie PDFs hast, dann siehst du halt unten die Hälfte von, wo du sich den Barcode nicht nachsuchst.
Und irgendwann hat mich das so amüsiert, dass ich beschlossen habe, das einfach beizubehalten, einfach nur, weil es lustig ist, weil Leute dann darauf ansprechen.
Ich hatte eine Begegnung, da war ich beim Vielfalt-Kongress der Grünen in Potsdam und da war ich auf einem Podium, auf einer Podiumsdiskussion und da war ein Wissenschaftler dabei, der gesagt hat, dass er in seiner Forschung herausgefunden hat, dass die Gesellschaft, was Vielfalt angeht, wesentlich weiter ist, als oft Politiker*innen oder auch Aktivist*innen glauben, was zum Beispiel Akzeptanz von Vielfalt angeht.
Und dann ging so ein Raunen durch die Runde und dann hat er das an einem Beispiel versucht zu erklären und das fand ich tatsächlich interessant.
Und zwar hat er gesagt, wenn irgendwie eine wahllos gewählte Person auf der Straße gefragt werden würde, was ist normal, dann würden sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit das Wort „normal“ in Anführungsstrichen zeigen.
Das heißt, die wissen ja, dass es sowas wie normal nicht gibt.
Sie benutzen nur vielleicht nicht unbedingt diese Wörter, die wir benutzen, wenn wir versuchen „vogue“ zu sprechen, sondern sie wissen, dass das Wort „normal“ aber auf jeden Fall auch nicht 100% richtig ist, wenn sie von der Nichtvielfalt sprechen.
Und er meinte, das könnte ein Beleg dafür sein, dass Gesellschaften eigentlich schon weiter sind und die eben wissen, dass es Normen und Normalität so nicht gibt oder eben hinterfragt oder erweitert werden können.
Auch diese Beobachtungen, sind wir vielleicht zu streng mit den Menschen?
Ich weiß nicht, ich habe das Gefühl, das trifft vielleicht nicht unbedingt auch den Bereich irgendwie Ablesmus und Menschen mit Behinderung.
Kann es sein?
Also ich weiß nicht, ob ich die Erfahrung teilen kann.
Dafür sehe ich einfach noch zu viele Menschen, die so viele Stereotypen in den Köpfen haben und gerade diese unsichtbare Krankheitenbehinderungen gibt es nicht und so.
Also das passiert mir einfach zu oft, um zu glauben, dass Menschen da weiter sind.
Aber das ist jetzt auch nur aus meinem kleinen Erfahrungskreis.
Vielleicht geht es Jonas ja anders.
Also ich glaube, da muss man unterscheiden.
Also ich glaube schon, dass viele das Bewusstsein dafür haben, dass es Vielfalt gibt und sei es, dass einfach Menschen, die der Meinung sind, es gibt nur zwei Geschlechter, aber eben, dass denen klar ist, okay auch da gibt es Unterschiede und es ist nicht so, dass männlich oder weiblich jetzt normal ist und das andere ist anders.
Sondern ich glaube, den Menschen ist schon bewusst, dass es eine gewisse Vielfalt gibt.
Aber das, was eher die Schwierigkeit ist, ist die Ansicht oder die Perspektive, was dann richtig ist oder mehr Wert hat.
Also im Sinne von, dass Leute, dass viele vielleicht dann quasi das „normal“ in Anführungsstriche setzen, aber dass er dann auch im Bereich Behinderung viele Leute eben von behinderten Menschen sprechen und dann das Pendant dazu sind normale Menschen.
Also dieses davon ausgehen, was ist gut, was ist richtig, was ist besser.
Das ist eher das Problem.
Ich glaube, das Bewusstsein dafür, dass wir alle unterschiedlich aussehen, dass wir eine unterschiedliche Haarfarbe haben, Größe, Körperstatue.
Ich glaube, das ist jetzt nicht so das, wo wir irgendwie ansetzen müssten.
Vielleicht fällt auch das Wissen in die Tiefe.
Also nur weil ich weiß, dass es Vielfalt gibt, heißt das ja nicht, dass ich quasi in allen Vielfaltdimensionen auch mehr weiß, als eben, das gibt es.
Also das kann ja im Bereich Behinderung genauso sein.
Aber es könnte ein guter Ansatzpunkt sein, um da weiterzumachen.
Also mir hat es zumindest in dem Moment kurz Hoffnung geschenkt in dieser ganzen Aufklärungsarbeit, die wir dann seit Jahrzehnten machen.
Hoffnung geschenkt im Sinne von vielleicht ist es auch langsam irgendwie angekommen.
Ungefähr so, du sollst keine Batterien in den Hausmüll werfen, angekommen ist.
Trotzdem sind wir noch gar nicht Leberschutzweltmeister*innen, aber wir werfen immerhin keine Batterien in den Hausmüll.
Ja, ich glaube, das ist ja alles im Wandel und ich finde irgendwie, das Betonen, dass unsere Gesellschaft im Wandel ist, hört sich immer so an, als sei es gerade so akut im Wandel.
Aber wenn man einfach mal über die letzten Jahrzehnte, Jahrhunderte, Jahrtausende einfach zurückblickt, es entwickelt sich ja alles weiter.
Du hast gerade die Batterien angebrochen.
Mein erster Gedanke war eben, was es für damals ein Aufschrei war, als das Dosenpfand eingeführt werden sollte.
Oh ja, die Grünen, es waren wieder die Grünen.
Ich gebe doch nicht meine, die Dosen, die ich sonst quasi auf dem Schulhof immer schön mit dem Fuß draufgetreten habe und dann quasi als Fußball benutzt habe, die Cola- Dosen, die soll ich jetzt aufbewahren und wieder zurückbringen?
Also ich habe neulich ein Reel gesehen von, und da fühlte ich mich so ertappt von dem, dass wenn man in den Urlaub fliegt und vielleicht irgendwie am Flughafen sich noch so eine kleine, was man noch irgendwie mitnehmen darf, 0,5 PET-Flasche mit 25 Cent Pfand drauf, wenn man die quasi mitnimmt in Urlaub nach, was weiß ich, Spanien, dass man die dort nicht, weil es dort das Pfandsystem dann nicht gibt, dass man die dort nicht einfach in den Müll schmeißt,
sondern dass man häufig diese Flasche dann auch wieder zurücknimmt nach Deutschland und dann dort sorgfältig entsorgt.
Ich sah das irgendwie und dachte so, ja stimmt, das habe ich auch schon häufig gemacht.
Und ich hatte das so im Gegensatz zu, Pfand gebe ich doch nicht zurück, was soll das denn?
Es ist einfach glaube ich auch ein Prozess und so entwickelt sich unsere Gesellschaft einfach in vielerlei Hinsicht weiter.
Das heißt, es gibt vielleicht auch gute Normen, also diese Pfandnorm, dass du in jedem Späti-Kiosk deine Pfandflaschen abgeben kannst, ist ja auch irgendwie genormt.
Das hat vielleicht auch Sinn voll dann.
Wenn ihr das in euren Worten beschreiben müsstet, mir persönlich fällt das manchmal gar nicht so leicht, wie würdet ihr unser gemeinsames Projekt, die neuen Normen beschreiben?
Ich würde sagen, dass wir quasi erstmal ein Online-Magazin sind mit einem angedockten Podcast in der ARD-Audiothek und dass wir versuchen, gesellschaftlich relevante Themen zu beleuchten aus der Perspektive von Menschen mit Behinderung, von Journalist*innen mit Behinderung.
Zwar natürlich mit dem Fokus auch auf Inklusion und das Leben von Menschen mit Behinderung, aber eben trotz alledem, wir versuchen, Disability Mainstreaming
umzusetzen, heißt also wirklich alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens abzudecken von auch Themenbereichen, wo man vielleicht von außen erstmal denkt, okay das ist vielleicht nicht so das in Anführungsstrichen behinderten Thema, also wenn es um das Thema heiraten, Urlaub, Sexualität, Bundestagswahl, Angriffskrieg gegen die Ukraine und denkt, okay was hat da Klimawandel, was hat das irgendwie mit dem Thema Behinderung zu tun, aber eben zu schauen, okay was gibt es für Geschichten, die eben aus einer gewissen Perspektive erzählt werden können und dann eben herauszufinden, okay da gibt es ganz ganz viel und das wollen wir abbilden und somit Journalist*innen oder generell Menschen mit Behinderung auch eine Stimme und eine Plattform geben.
Ja und vielleicht auch zu zeigen, dass eigentlich alle Themen auch irgendwie behinderten Themen sind, so also weil Behinderung in jedem Bereich des Lebens irgendwie eine Rolle spielt.
Behinderung ist ein Querschnittsthema. Genau.
Auch da könnten wir wirklich mal die Frage stellen, ob es ein kompletter oder inkompletter Querschnitt ist.
Was ich so schön finde an dem Projekt „Die neue Norm“, dass es ja auch in anderen Ländern inzwischen vergleichbare Projekte gibt, also mir fehlt jetzt spontan ein andererseits aus Österreich auch eine Zeitschrift sogar mit einem gedockten Onlineportal, wo Menschen mit und ohne Behinderung journalistische Texte schreiben und ich habe neulich kennengelernt in der Schweiz das Projekt „Reporter
ohne Barrieren“, wo ich glaube ich zumindest mir den bisher einzig bekannten Rollgefahre- und Fußballreporter kennengelernt habe und der quasi aus der Perspektive dieser Presseräume schreibt und erzählt, wie schwierig das ist als behinderter Sportjournalist Sportjournalismus überhaupt zu machen, ohne dass es inklusive Sport sein muss.
Ja total, weil natürlich gerade dann wenn es irgendwie um Sport geht und jetzt nicht irgendwie paralympische Spiele sind oder generell der ganze Parasportbereich ist, da ist sehr wenig Barrierefreiheit vorhanden und gleichzeitig merken wir im Journalismus immer mehr auch, dass Journalist*innen mit Behinderung häufig dann eben auftauchen oder Themen bearbeiten, die dann eben auch Inklusionsthemen sind oder Barrierefreiheitsthemen.
Ich finde es immer so, gerade beim Thema „paralympische Spiele“ werden häufig dann Medienmacher*innen hervorgehoben, die auch eine Behinderung haben, was finde ich auf der einen Seite schön ist, um eine gewisse Sichtbarkeit zu schaffen, gleichzeitig aber auch dann teilweise den Sportler*innen nicht gerecht wird, weil diese Leute, die dann auch eine Behinderung haben und die Sportler*innen dann interviewen, überhaupt keine Sport- oder Journalismus-Expertise haben und ich es dann eigentlich auch nur fair finde, dann eben auch von Sportjournalist*innen interviewt zu werden, gleichzeitig eben auch zu gucken, dass es dann schön wäre, wenn eben bei Veranstaltungen, wo es überhaupt nicht um das Thema Inklusionssport oder Parasport geht, dass eben auch dort, wie du es gerade gesagt hast, zum Beispiel in der Schweiz, auch Journalist*innen mit Behinderung auch dort wie selbstverständlich diesen Job ausüben können.
Ich glaube, das ist irgendwie ein zweischneidiges Schwert so als behinderter Journalist*in oder als behinderte Journalist*in.
Auf der einen Seite fühlt man sich, oder mir geht es zumindest so, auch so ein bisschen verpflichtet dazu, irgendwie was zu Behinderungs- und Inklusionsthemen zu machen, weil man das Gefühl hat, okay, ich habe irgendwie den Zugang zur Community, ich habe ein bisschen irgendwie ein Backgroundwissen zu Stereotypen, Repräsentationen und so und dadurch kann ich vielleicht auch Artikel schreiben, die eben nicht so klischeebehaftet sind, wie das in manchen anderen Zeitungen ist, aber gleichzeitig ist es halt auch das, du beschäftigst dich dann halt den ganzen Tag mit nichts anderem mehr als mit Behinderung, Inklusion, Ableismus und manchmal würde man sich dann auch wünschen, doch irgendwie, weiß ich nicht, so ein Klatschreporter zu sein oder so was und einfach mal was anderes zu machen.
Was würdest du denn gerne mal machen?
Also ich würde schon gerne so Hollywoodstars interviewen.
Ohne Behinderung?
Ja oder mit, wäre so sehr egal, aber da gibt es schon so ein paar, mit denen ich gerne mal quatschen würde.
Interessiert dich das Thema oder willst du einfach nur an die Stars ran?
Ich will nur an die Stars ran.
Ach so. Fellnacht.
Irgendwas Einfaches, also nicht, dass das ein einfacher Job ist, aber halt, weiß ich nicht, was ein bisschen leichter ist und was nicht immer mit so viel Schmerz und Angst und so behaftet ist, wie wenn du über Diskriminierung sprichst, so sei es auch.
Interessiert dich das Thema oder willst du einfach nur an die Stars ran?
Jetzt gerne, also mich interessiert schon sehr der Sportbereich, also ich könnte mir auch irgendwie irgendwas mit Fußballberichterstattung, könnte ich mir vorstellen, aber sonst komme ich quasi eher übers Radio, also ich könnte mir total gut vorstellen, irgendwie, ich weiß nicht, eine Talksendung oder meinetwegen auch eine Musiksendung, wo ja, so eine Mischung aus Gespräch und Musik im Radio stattfindet und einfach auch, glaube ich, neue Geschichten kennenzulernen oder also auch diese Geschichtenvielfalt, also ich habe jetzt gar nicht so ein Thema, ich sage, okay, ich möchte mich jetzt irgendwie nur dem Thema Kultur widmen oder nur dem Thema Politik, sondern ich mag es einfach, Geschichten zu erfahren und mich dann unabhängig vom Thema total irgendwie reinzufuchsen und das kann ich auch irgendwie, also im Sinne von ein Thema mir zu erarbeiten, wo ich am Anfang vielleicht denke, okay, das interessiert mich überhaupt nicht und dann fahre ich da wirklich in so ein Rabbit Hole und bin dann nach zwei Wochen irgendwie da gefühlt für mich, für meine Verhältnisse irgendwie Experte drin.
Also so eine Art Markus Kafka? Zum Beispiel, ja.
Jetzt ist ja die Medienlandschaft auch ganz schön im Umbruch, das Radio, das lineare Fernsehen, der lineare Rundfunk wird wahrscheinlich in absehbarer Zeit immer weniger werden.
Seht ihr im Podcast, so wie diesem hier oder auch in dem von „Die neue Norm“, da quasi eine logische Fortsetzung oder ist das dann letztendlich die Banalisierung des Journalismus?
Also ich finde es auf der einen Seite schön, dass durch viele Podcasts auch eine gewisse Vielfalt an Themen möglich ist und das natürlich auch im Sinne der technischen Möglichkeiten sozusagen viele Leute auch einen Podcast machen können.
Also heutzutage bist du ja schon fast, du bist ja schon fast nicht up to date oder uncool, wenn du quasi keinen eigenen Podcast hast.
Der Trend geht zum dritten Podcast. Ja genau.
Und gleichzeitig aber auch, dass natürlich das nicht unbedingt auch immer dann den Qualitätsansprüchen genügt.
Also dadurch, dass quasi jeder Mensch so etwas machen
könnte oder es die Möglichkeiten technischer Voraussetzungen zumindest irgendwie gibt, ist es natürlich auch schwer oder schwieriger für die Leute, die das dann professionell machen und deren Job ist, dort herauszustechen.
Und bei Podcasts finde ich gleichzeitig es so, dass es ja ein Medium ist, was bewusst eingeschaltet wird.
Also während Radio etwas ist, wo das so ein Nebenbei- Medium ist, wo man vielleicht auch mal mit Themen konfrontiert wird, wofür man sich entweder nicht interessiert oder was auch vielleicht nicht die eigene Meinung ist, hat man auf der Podcastliste, auf seiner Favoritenliste halt die Sachen, wofür man sich interessiert und wo man sagt, okay, damit gehe ich irgendwie konform.
Und deswegen finde ich dieses sehr starke Filtern, auch das, was generell ja Thema Algorithmus ist, egal ob es bei YouTube, Instagram, Facebook und so weiter ist, dass man eben sehr schnell einfach nur das angezeigt bekommt, was entweder der Algorithmus meint, was einen interessiert, aber dass man eben auch sehr schnell dann quasi in so einer Bubble drin ist.
Und deswegen ist so dieses typische Lesen einer Tageszeitung mit unterschiedlichen Artikeln, wo man dann zwar natürlich auch quasi Überschrift entscheiden kann oder das Teasertext lesen weiter und steige ich da mehr ein.
Aber du wirst zumindest konfrontiert damit und heutzutage Nachrichten-Apps, Instagram, Podcasts filtern einfach schon so vor, dass wenn du quasi einmal drin gefangen bist, dann auch einfach nur noch vermeintlich das angezeigt
bekommst, was dich zu interessieren hat.
Und deswegen finde ich das manchmal ein bisschen schwierig, jetzt nur noch auf diese Einschaltmedien zu gehen, anstatt eine gewisse Meinungsvielfalt eben auch zu haben.
Ja, da kann ich nicht so viel hinzufügen, weil ich tatsächlich überhaupt keine Podcastperson bin.
Was lustig ist, wir machen einen Podcast, aber ich konsumiere eigentlich keine Podcasts.
Ich bin eine super visuelle Person, also bevor ich irgendwas anhöre, gucke ich lieber oder lese ich lieber das Transkript davon.
Deswegen war das noch nie irgendwie meine Welt.
Und wie informierst du dich über das Geschehen in der Welt?
Normalerweise, also ehrlicherweise Social Media spült mir mittlerweile schon irgendwie alles, was ich lesen will rein, wie Jonas ja sagte, Social Media weiß in welche Richtung du lehnst.
Also ich kriege schon ne ganze Zeit nur noch irgendwelche liberalen News.
Und ansonsten, wenn ich spezifisch was suche, dann google ich einfach und lese halt irgendeine Tageszeitung.
Die gute alte Tageszeitung, gedrucktes Tod des Holz.
Nein, nicht gedruckt, online aber. Okay.
Gibt es einen konkreten Moment, an den ihr euch von den neuen Normen, den wir gemeinsam oder ihr erlebt habt, erinnert?
Mein aller allerliebster Moment, und das ist so seltsam, weil ich das nicht kommen hab sehen, war der Auftritt in oder bei München auf dem Pulse Open Air.
Also der Auftritt selber, der war ganz furchtbar für mich, also emotional und so, ansonsten war er cool.
Aber das Drumrum war super cool und hat total viel Spaß gemacht, obwohl ich mich eigentlich immer total sträub vor jeder Art von live auftritt.
Aber ich glaube, das ist ein Tag, der wird mir ganz ganz lange in Erinnerung bleiben.
Auch deswegen, weil ich festgestellt hab, dass Jonas und ich extrem gut matchen, was unsere Camping- und Urlaubspräferenz nachgeht.
Das war ja auch ganz nett.
Geht das Richtung Clamping oder geht das Richtung Camping?
Ne, das war schon eher Richtung Hotel, statt von Zelt.
Ja, geil.
Ja, Clamping in die Ecke.
Müssen wir mal umsetzen.
Nein.
Nein, also kann ich total mitgehen, weil natürlich ist es immer schön, auch Feedback zu bekommen.
Ich meine, wir bekommen viel Feedback für unseren Podcast, aber nochmal so wirklich von Menschen, also so live und von Angesicht zu Angesicht.
Theoretisch sogar mit anfassen? Nein, das nicht.
Aber das ist natürlich nochmal was ganz Besonderes gewesen und war eine echt tolle Erfahrung.
Jetzt hab ich ja auf meinem Zettel stehen, eine Frage.
Gibt es eurer Meinung nach einen Punkt in der Inklusionsdebatte, in dem wir uns befinden, der noch nicht erfasst wurde?
Also so offiziell?
Es gibt ja viele Themen, die zum Beispiel hier in der UN-BRK stehen, also die finde ich glaube ich denke eigentlich schon so ziemlich alle Bereiche, aber die ja trotzdem halt in Deutschland nicht so richtig umgesetzt werden.
Wie zum Beispiel stationäre Wohneinrichtungen abschaffen, selbstbestimmtes Leben und so, Gewaltschutz.
Aber ich wüsste jetzt kein Thema, das nirgendwo auf irgendeiner Art von Liste steht.
Jonas?
Ich finde es schwierig, ich finde immer wieder, dass man sich bewusst machen sollte, wie sehr die Politik auch dafür verantwortlich ist.
Und wie sehr sie es eigentlich quasi selber in der Hand hat umzusetzen durch Gesetze oder durch das Anerkennen, nicht Anerkennen, aber das Umsetzen der UN- Bihindertenrechtskonvention, dass es so viele Möglichkeiten gibt.
Im nächsten Jahr findet der Global Disability Summit statt in Deutschland, wo das große Thema Inklusion ist und es werden Kampagnen gemacht und es wird dazu eingeladen dabei zu sein.
Und es wird sozusagen Inklusion in den Vordergrund gedrängt und gefeiert, was ja alles schön und gut und wichtig ist, wo ich aber meine, okay, die Veranstaltung muss auch irgendwie ehrlich sein im Sinne von wir können nicht irgendwie solche Jubiläen immer machen, 10 Jahre UN-BRK, 15 Jahre UN-BRK, wenn gleichzeitig eigentlich es genau an den Leuten geht.
Und wenn den Leuten dafür verantwortlich sind, dass es nicht umgesetzt wird, die zu dieser Veranstaltung einladen.
Also ich finde da nochmal die Politik nochmal mehr in die Pflicht zu nehmen.
Und das machen wir ja schon auch regelmäßig in unserem Podcast und das wäre quasi dein Appell auch an die großen Medien, an die etablierten Medien, das werden im Blick zu nehmen und aus dieser Charity-Ecke rauszuholen.
Ja, also es wird immer noch sehr, Inklusion wird immer noch sehr gefeiert.
Also ich finde es auch gut, also auch im Sinne von nicht immer nur, ich meine, wenn man die Newsseiten aufmacht von Trump wird gewählt, die Ampelkoalition zerbricht, hier eine Krise, da eine Krise.
Es ist ja einfach sehr gefühlt sehr negative Themen aktuell, beziehungsweise seit Jahren.
Deshalb ist es auch mal schön, irgendwie sozusagen gute Nachrichten zu lesen und auch mal zu sehen, wo funktioniert es denn.
Also auch mal zu zeigen, dass Inklusion nicht immer nur ein Thema ist, wo man sagt Inklusion verbinde ich meistens mit Schule und Inklusion und alle sind überfordert, Lehrer sind überfordert, Eltern sind überfordert, die Kinder sind überfordert und das funktioniert eigentlich nicht.
Und einfach mal auch zu sehen, dass es auch gute Beispiele gibt, aber im Endeffekt trotzdem, denkst du, so ein Thema ist, wo man jetzt nicht immer sich gegenseitig Preise verleiht im Sinne von, oh wir haben es geschafft eine Rampe
anzulegen und jetzt feiern wir uns dafür.
Nein, es ist ein Menschenrecht, Teilhabe ist ein Menschenrecht und es ist ja, wie du gesagt hast, eben keine Charity.
Ich hatte mir, als ich die Frage überlegt habe, habe ich mich dann nicht sehr mehr gefragt, was würde ich darauf antworten und mir ist noch ein Aspekt untergekommen, nämlich Körper.
Also ich glaube, ich würde es schön finden, in Medien auch etwas über Körper zu lesen, nicht unbedingt im Kontext Schönheit oder im Kontext Gesundheit, sondern vor allem im Kontext Körper als Kunst oder als etwas, das man hat, das einen durchs Leben trägt, das man hegen und pflegen und wertschätzen kann, ohne dass es gleich in so einen Normalisierungsaspekt geht oder trotzdem schön Aspekt oder im Gegenteil von Body Shaming, dankbar die Body Positivity wäre, sondern einfach mal so einen ganz neutralen, nüchternen Blick über unsere Körper, egal ob behindert oder nicht.
Das finde ich ja auch mal eine schöne Ausarbeitung oder auch Porträtreihe, glaube ich, auch in einem großen Medium ganz spannend.
Aber ich finde gleichzeitig das, was du gerade auch nochmal gesagt hast, das ist auch schon wieder gerade von Normalität gesprochen und auch das, was du am Anfang ja gefragt hast, was sind Normen?
Ich finde, gerade bei solchen Themen, wenn man sie wirklich groß denkt und wie gesagt, Behinderung ist ein Thema, was
in alle Lebensbereiche gehört und deswegen auch so riesig groß ist, dann bewegen wir uns ja auch schon wieder fast in so einer Art philosophischen Bereich.
Also im Sinne von, wenn es um Werkstätten für Menschen mit Behinderung geht, generell dann diese Thematik ist, ja, Menschen mit Behinderung sind nicht so leistungsfähig.
Ja, dann müssen wir mal, also wer legt fest, was ist Leistung oder was ist leistungsfähig und was ist dieser Leistungsgedanke, den wir haben und wer beurteilt das?
Und dass man dann auf einer anderen Ebene ist, wenn du jetzt gerade Körper angesprochen hast, ok, Schönheitsideale, wer legt das fest?
Wer sagt, das ist schön, das ist weniger schön?
Also da kommen wir auf eine noch mal eine Ebene drüber, die noch mal größer ist, wo es natürlich, finde ich, auch schwierig ist, das komplett aufzubrechen, weil das natürlich auch etwas ist, was kulturell gewachsen ist und nicht etwas ist, wo man sagt, das hat sich jetzt irgendwie in den letzten 20, 30 Jahren entwickelt, sondern das ist schon etwas, was noch mal mehr manifestiert ist und sich das zu hinterfragen, aber zumindest sich auch bewusst zu werden und sich diese Frage immer und immer wieder auch zu stellen, ich finde, das ist auch eine Aufgabe von uns.
Wir werden es, glaube ich, nicht aufbrechen können komplett, aber zumindest sich immer wieder diesem bewusst zu werden.
Genau.
Und das aber quasi als Debattenbeitrag in die Gesellschaft reinzutragen, das hätte ich tatsächlich auch, wenn es zum Beispiel behinderte Fotografinnen wären, die diese Frage mal aufwerfen und nicht immer nicht behinderte Fotografinnen dann so als, sagen wir mal, Objektifizierung von behinderten Körpern dann losziehen.
Großes Thema.
Ich war vor ein paar Wochen auf einem Improworkshop, Schauspiel-Improworkshop und ich fand es deswegen so faszinierend, weil ich mich dann, ich habe nicht erzählt, wer ich bin, ich habe nicht erzählt, was mein Background ist, die kannten mich auch nicht.
Was?
Das gibt es auch und ich fand es total entspannend und erholsam, einfach mal jetzt sich selbst komplett in eine neue Welt zu begeben und ich habe versucht, so gut ich konnte, halt mitzumachen, ich habe auch so gut ich konnte mitgemacht und ich habe mich dann aber kurz still gefragt, wie fühlen sich wohl die anderen in Anwesenheit von jemandem mit Behinderung?
Und habe ich mich gefragt, frage ich mich das, weil mein eigener Hebelismus so weit internalisiert ist, dass ich denke, ich bin grundsätzlich eine Last?
Oder frage ich das auch aus der journalistischen Neugier im Sinne von, welche Fragen stellen sich eigentlich nicht behinderte Menschen, wenn sie wahrscheinlich zum ersten Mal einen Menschen mit Behinderung treffen, weil wir ja in
unserer Welt immer davon ausgehen, dass wir aufklären, dass wir irgendwie hinweisen und Berichtausstattung machen müssen, damit die sogenannten Barrieren in den Köpfen sinken können.
Aber erreichen mir die Leute überhaupt oder sind das überhaupt die Fragen, die sie haben?
Und wenn ich sie aber fragen würde, dann hätte ich Zweifel, ob sie mir die Wahrheit sagen, weil es ja auch so eine Art Code gibt, dass wir eben niemanden verletzen wollen.
Das heißt, ich stand mit dieser Frage bis heute unbeantwortet im Raum und frage mich deswegen, wie fühlt sich jemand ohne Behinderung, wenn er mit dem Thema Inklusion konfrontiert wird?
Hat er ein Schuldgefühl oder ist er neugierig oder ist es immer anders?
Ich glaube, das kommt auf den Kontext an.
Also wenn du drauf gestoßen wirst, weil du dich gerade diskriminierend verhalten hast, dann glaube ich, ist wahrscheinlich deine erste Reaktion von den meisten Menschen ist erstmal Scham und irgendwie Abwehr.
Also so nach dem Motto, nee, ich kenne hier doch einen Behinderten und deswegen kann ich doch gar nicht diskriminierend sein und so.
Manche lassen es dabei und lernen nichts und andere beschäftigen sich mit dem Thema und werden ein bisschen sensibler, denke ich.
Also zumindest die Hoffnung.
Wobei ich auch ehrlich sagen muss, dass es eine Frage, die ich mir seit Jahren stelle, ist, wen erreiche ich eigentlich mit meiner Arbeit?
Also wenn ich immer das Gefühl habe, den Großteil, den ich schreibe oder produziere, bleibt irgendwie in der Bubble.
Also das sind meistens entweder andere Menschen mit Behinderung, manchmal sogar noch kleiner.
Also wenn ich irgendwie speziell über unsichtbare Behinderungen schreibe, dann bleibt das meistens tatsächlich nur in meiner mini-mini-Bubble von Menschen mit derselben krulischen Krankheit.
Und selbst da, teilweise gucken die Leute nicht über den Tellerrand in andere Communities.
Und manchmal, wenn du Glück hast, vielleicht noch ein bisschen intersektional, aber ich frage mich ganz oft, wie ich überhaupt nicht behinderte Menschen interessieren kann für das Thema.
Weil die meisten Menschen beschäftigen sich nicht wirklich mit was, was sich selber nicht direkt betrifft.
Oder erst dann, wenn irgendein Familienmitglied eine Behinderung hat oder sie halt trotzdem zufällig auf das Thema kommen.
Aber das ist superschwierig.
Ja, ich finde es auch, ich habe immer die Vermutung, dadurch dass da quasi von allen Menschen mit Behinderung in Deutschland nur 3,3% ihre Behinderung seit der Geburt haben und auch diese Zahl immer geringer wird durch Pränataldiagnostik und so weiter.
Behinderung auch, so wie du Karina gesagt hast, ist ein Thema, das gerne als Belastung gesehen wird.
Behinderung wird gerne verknüpft mit dem eigenen körperlichen Verfall.
Also wenn man nicht mehr so gut gehen kann, wenn man älter ist, wenn man nicht mehr so gut sehen kann, wenn man älter ist, wenn man vielleicht nicht mehr so gut hören kann, wenn man älter ist.
Also diese in Anführungsweise körperlichen Gebrechen hat man halt sehr verknüpft mit dem Älterwerden.
Das ist halt ein Thema, was vielleicht unangenehm ist.
Und deswegen ist das halt etwas, was weniger so in der generellen Debatte ist, als vielleicht das Thema Herkunft.
Die ändert sich jetzt nicht, außer man wandert irgendwann mal selber aus oder Hauptfarbe ändert sich nicht oder so.
Deshalb ist es schwer in dem Sinne vergleichbar.
Und ich merke schon, dass viele Leute sich einfach deswegen, also da einfach ja, bislang mit dem Thema nicht auseinandergesetzt haben.
Also ich habe von vielen Leuten gehört, so nach dem Motto „ah total interessant“, habe ich mir noch nie Gedanken zugemacht.
Würde ich mich dann auch freuen und sage „eh cool“, dass ich die Leute dann dadurch durch die Arbeit erreicht habe.
Und viele Leute aber trotzdem einfach unsicher sind.
Also das ist wirklich aufgrund, die sich nicht mit dem Thema auseinandersetzen, einfach eine wahnsinnig große Unsicherheit besteht, die ich aber auch nicht lösen kann.
Also diese Barrieren in den Köpfen, also im Sinne von viele Leute warten auch immer so darauf, diesen Moment zu haben, irgendwie etwas zu wissen, wie man miteinander umgeht.
Also diese großen Fragezeichen, die da sind, „oh da ist eine Person mit Behinderung, wie verhalte ich mich denn jetzt richtig?“
Und ich sage, sei einfach ein Mensch oder sei kein Arsch.
Also so, warum hast du eine Frage, wie du einer Person mit Behinderung begegnen sollst und stellst es aber bei Personen ohne Behinderung nicht?
Also natürlich kann man dann, ich weiß nicht, ob die Leute, wenn sie dich raul, irgendwie treffen und nicht kennen und dabei vielleicht wissen, dass du Glasknochen hast im Sinne von „okay, gebe ich der Person die Hand, kann ich ihr die Hand brechen?“
Also solche Sorgen vielleicht irgendwie da sind oder bei mir als Person mit Sehbehinderung ist halt natürlich häufig die Frage, kannst du das erkennen oder erkennst du mich oder siehst du mich so?
Das sind halt einfach unsichere Fragen, die dann vielleicht aber einmal geklärt werden können bzw. man einfach auch gefragt werden kann.
Also ich finde dann irgendwie diese awkward Moments, wo ich dann merke, dass den Leuten das vielleicht irgendwie auch so unter den Nägeln brennt, aber sie sich irgendwie nicht trauen.
Also es sind wirklich viele Situationen, wo ich echt das Gefühl habe, da wird unterschiedlich gehandelt, obwohl wir irgendwie alle Menschen sind und das lässt mich echt manchmal selber fragen zurück.
Aber kennt ihr das nicht auch, so ein bisschen von Menschen aus eurem Umfeld zum Beispiel?
Also ich hatte da dieses lustige Erlebnis mit meiner Mama, wir sind irgendwie an den See gefahren und meine Mutter sucht einen Parkplatz und dann sieht sie halt einen Behindertenparkplatz und dann sagt sie „oh Mist, das ist ja ein Behindertenparkplatz“ und dann schaut sie mich so an und sagt „ne, stopp, das darf ich nicht mehr sagen, wie sagt man denn da jetzt zu?“
Und dann war ich so wie „ne, das kannst du schon sagen“, aber dadurch, dass meine Mama sich so intensiv irgendwie auch mit meiner Arbeit beschäftigt, meine ganzen Artikel
liest, wo er auch öfter mal drin steht und „das darfst du nicht sagen“ und „das war das eigentlich nicht mehr ok“ und so, das verwirrt die teilweise auch einfach und dann traut sie sich gar nichts mehr sagen, weil sie denkt, das ist irgendwie aber alles falsch.
Und das finde ich auch total schwierig, weil ich mir dann auch denke, das ist doch total schade, wenn Leute eigentlich durch meine Arbeit irgendwie diese Angst entwickeln, dass sie nicht mehr wissen, was sie eigentlich sagen sollen, weil eigentlich will ich ja genau das Gegenteil.
Müssen wir vielleicht auch gnädiger sein?
Ich habe schon das Gefühl, dass wir natürlich in der Tatsache, dass wir ja auch quasi Aktivist*innen sind, also nicht zwangsläufig, also quasi nicht jede Person aus einer Gruppe, die Diskriminierungserfahrung hat, muss gleichzeitig irgendwie Aktivist*in sein.
Aber wir haben uns ja dazu so ein bisschen entschieden und sind natürlich schon sehr in den Forderungen oder in dieser Vehemenz haben wir schon so einen eher radikalen Weg, also im Sinne davon, dass wir klar und deutlich eben sagen, was wir gut finden, was wir eben auch nicht gut finden, um damit von diesen vielleicht 100 Prozent, die wir fordern, vielleicht irgendwie 10 umgesetzt werden.
Aber natürlich dieses schmale Grad, dass es eben vielleicht auch eben Leute verschrecken kann und dass sich da eben auch Sprache oder Umgang ja auch weiterentwickelt.
Ich meine, lange Zeit war das Thema beim Thema gendern, es muss der Doppelpunkt sein, weil Screenreader können
das Sternchen nicht auslesen bzw. lesen das Sternchen aus und das sind dann immer die Lehrer*innen.
Inzwischen ist wieder ganz klar, dass es das Gender*in ist, weil die Screenreader von der Software halt auch weiter sich entwickelt haben.
Und das ist selbst teilweise, wenn man sich mit dem Thema auseinandersetzt, schon ein schneller Wandel und eine weite Entwicklung.
Und wenn man sich dann wirklich damit wenig oder gar nicht auseinandersetzt, kommt man vielleicht auch gar nicht hinterher.
Also die gnädiger sein ja auf der einen Seite schon, aber es darf auch jetzt nicht die Absolution in dem Sinne sein, Leute davon freizusprechen, sich dem Thema nicht zu widmen oder etwas nicht umzusetzen.
Gleich geht’s weiter.
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Im Gegenzug kannst Du alle Folgen vorab hören und Du wirst, sofern Du das möchtest, hier im Podcast namentlich genannt.
Alle Infos findest Du unter www.im-aufzug.de. Ende der Service-Durchsage.
Viel Spaß beim zweiten Teil der Folge.
Da habt Ihr beide gerade ganz spannende Punkte angesprochen, weil ich jetzt schon auch gerne mehr über Euch erfahren wollen würde.
Zum Beispiel, Ihr seid beide Journalistinnen im Vergleich zu mir.
Ich habe das nicht gelernt.
Ich würde mich eher als Unternehmer oder so bezeichnen.
Aber ich habe keinen Journalismus studiert, das wollte ich damit sagen.
Wie informiert Ihr Euch denn zum Beispiel über den aktuellen Stand der Debatte?
Ich habe meine Online-Resources.
Ich habe hauptsächlich Leute in den USA, die Disability Studies Professoren sind.
Ich habe immer wieder nachgehakt, ob das jetzt überhaupt noch der aktuelle Begriff ist, was auch schwierig ist, weil das nicht immer gleich ist in den USA und in Deutschland.
Da gibt es auch manchmal Begrifflichkeiten, die man nicht wirklich übersetzen kann.
Google-Recherche und Leute fragen aus demselben Kreis, also andere Journalisten mit Behinderung.
Manchmal gibt es ja auch nicht den einen richtigen Begriff,
sondern manchmal ist es ja auch eher eine Präferenz von der jeweiligen Person.
Deswegen glaube ich, die einfachste Version ist immer, die Person zu fragen, wenn ich einen Artikel schreibe, über jemanden zu fragen, wie sie identifiziert und betitelt werden möchte.
Ich finde, durch die neuen Normen und die Tatsache, dass wir dort inzwischen einen Autorinnenpool haben von fast 80 Personen mit Behinderungen, die bei uns jemand schon mal Texte geschrieben haben, ist man ja auch mit denen im Austausch und quasi jeder externe Artikel, der angeliefert wird, bekommt man ja eine neue Perspektive rein.
Ist dann in Korrekturschleifen mit der Person, tauscht sich mit der aus, diskutiert, spricht miteinander, kriegt eine neue Perspektive.
Und deshalb ist dieser Austausch unter betroffenen Personen in dem Sinne sehr, sehr wichtig, gepaart natürlich auch nochmal mit der Metaebene drüber, also wenn es jetzt quasi generell um Entwicklung in den Medien im Journalismusbereich geht, weil das natürlich auch relevant ist, weil das ja etwas ist, in dem wir auch ein bisschen nochmal mit mehr Vehemenz vorstoßen möchten.
Aber 80 Stück, das ist ja schon eine Hausnummer.
Ja, und es sind weitaus, gibt es noch mehr, die wir noch auf unserer Liste haben, noch nicht angefragt haben.
Also es gibt so viele tolle Perspektiven und so viele Erfahrungsberichte, die noch schlummern, weil es einfach ja
auch Personen sind, die sonst auch wenig Gehör bekommen.
Also das merke ich immer wieder, dass da ja auch viele tolle Geschichten oder auch Erfahrungen, die vielleicht auch nicht so schön sind, haben, die es sich aber lohnt, geteilt zu werden.
Und aber, so wie Carinas eben auch gesagt hat, im besten Fall wir damit eben auch Leute erreichen, die nicht einfach nur nicken zustimmen und quasi der gleichen Meinung sind.
Und wir wollen auch kein Magazin und auch keine Plattform von Behinderten für Behinderte sein, wenn man es mal so sagen möchte, sondern wir wollen natürlich irgendwie auch ja zu einem gewissen Umdenken, ja Umdenken vielleicht nicht, aber einfach eine neue Perspektive aufmachen für Leute, die sich vielleicht dem Thema noch gar nicht so gewidmet haben.
Wie seid ihr denn überhaupt insgesamt zum Journalismus gekommen?
Carina, vielleicht du zuerst?
Oh je, das ist eine lange Geschichte, aber ganz viel umgekehrt.
Es war einmal. Ja, genau.
Also ich bin ursprünglich, war ich eigentlich Arzthelferin, danach habe ich eine Ausbildung zur medizinisch-
technischen Laborassistentin gemacht.
Dann habe ich erstmal ein bisschen in der Forschung gearbeitet im Labor und dann hatte ich ein sehr einschneidendes Erlebnis 2010, wo ich akut sehr, sehr schwer krank geworden bin und dann erstmal ein Jahr lang mehr oder weniger eigentlich bettläglich war.
Und in der Zeit musste ich mich ja auch irgendwie beschäftigen, also ich bin keine Person, die gut irgendwie nichts tun kann und nach irgendwie ein paar Monaten hier Trash-TV, RTL, mittags Zeug zu gucken oder sowas dann auch vorbei, das habe ich nicht mehr ertragen.
Und dann habe ich angefangen einen Blog zu machen über mein Leben, wo ich einfach dokumentiert habe, wie ich mich fühle, also so ganz irgendwie einfach und unprofessionell einfach über meinen Alltag geschrieben.
Wusste damals auch überhaupt nichts über irgendwie der Präsentation oder sonst was, also ich habe da ganz, ganz, ganz, ganz viel Stereotypen auch reproduziert, weil ich es einfach auch nicht besser wusste.
Und dann hat mich so jemand kontaktiert, der ist Raul Krauthausen und der hat mich gefragt, ob ich nicht mal für sein Newsletter eine Kolumne schreiben will und ich glaube, das war so meine erste Publikation so richtig.
Ich habe vorher schon ein bisschen geschrieben im Bereich Medizin und Wissenschaftsjournalismus, aber dann so richtig über Behinderung habe ich eigentlich erst angefangen, als du mich kontaktierst, Raul.
Wow, das wusste ich gar nicht.
Nö, doch, das war so, also bis auf meinen Blog halt, aber mehr als das dann halt nicht.
Ja, und dann hat sich das halt immer weiter und weiter und weiter aufgebaut.
Und irgendwann habe ich gemeint, ja, okay, jetzt muss ich das dann irgendwie auch mal studieren, damit ich zumindest ein bisschen besser weiß, was ich da eigentlich tue.
Genau, und dann habe ich auch über ganz, ganz viele Umwege in einen Masterstudiengang in Edinburgh gefunden, der flexibel genug und barrierefrei genug für mich war, um daran teilzunehmen.
Den gibt es mittlerweile übrigens auch nicht mehr, weil er sich nicht gelohnt hat.
Also jetzt könnte ich wahrscheinlich gar nicht mehr wirklich studieren, selbst wenn ich wollte.
Und genau, den habe ich dann 2019 abgeschlossen und seitdem arbeite ich eigentlich nur noch als freie Journalistin.
Und du warst in San Francisco, habe ich auch gelesen, was hast du dort gemacht?
Ja, ich habe ganz lang in San Francisco gelebt, bin ich auch über Umwege hingekommen mit meinem Ex-Partner und habe dann da auch ganz, ganz viele Aktivisten kennengelernt, hauptsächlich über meine Mentorin, Professor Beth Heller.
Das ist eine Disability Studies Professoren, die ist mittlerweile leider in Rente.
Großartige Person, ist auch bis heute noch irgendwie mein Disability Style Guide, den ich immer anschreibe.
Ich sage, hey, ich weiß nicht genau, wie soll ich das denn formulieren.
Die kennt auch jeden und hat mich dann irgendwie in den USA mit eigentlich so ziemlich eben Journalisten mit Behinderungen und Aktivisten connected.
Genau, das war so mein Start in die Industrie dort.
Ja, und seitdem bin ich immer irgendwie so ein bisschen zwischen Deutschland und den USA.
Wie war das bei dir, Jonas?
Bei mir war es so, dass ich quasi immer schon fasziniert war von Medien in dem Sinne, also eine total große Radioaffinität war schon immer da und auch früher so mit Camcorder, Filme selber drehen.
Und das war dann so, dass nach dem Abitur für mich sich die Frage gestellt hat, okay, was will ich eigentlich machen?
Und schlussendlich wurde es dann quasi ein Studium der Medienwissenschaften und Musikwissenschaften.
Und dadurch habe ich halt ja sozusagen das auch theoretische Handwerk auf ganz vielen unterschiedlichen
Ebenen gelernt und hat dadurch die Möglichkeit, ganz, ganz viel Radio zu machen.
Genau und bin somit quasi auf dieses Thema der Medienproduktion in dem Sinne auch nochmal mehr gekommen.
Und ich habe meine Sehbehinderung vor genau zehn Jahren erworben.
Und das war ähnlich wie bei Carina auch natürlich ein Einschnitt in dem Sinne.
Und deswegen kann ich auch diese Geschichte des dieser Wahrnehmung von Behinderungen auch immer verstehen.
Das ist natürlich, wenn man die Wahl hätte zwischen keine Behinderung haben oder eine Behinderung haben, würde ich immer zu keiner Behinderung tendieren.
Also wir haben ja häufig die Thematik, dass wir nicht möchten, dass immer so negativ über Behinderungen berichtet wird im Sinne von die Person leidet an ihrer Behinderung oder nach trotz ihrer Behinderung irgendwas oder ist sehr, sehr tapfer.
Natürlich finde ich das auch klischeehaft und Stereotyp und gerade auch pauschalisierend, gerade wenn die Person das eben auch nicht selber von sich sagt.
Aber ich kann, wenn nicht behinderte Journalistinnen das schreiben und somit ihre eigene Gefühlswelt offenbaren, kann ich das in Teilen zumindest irgendwie nachvollziehen, weil ich das Gefühl habe, dass auch dieses Behinderung als
etwas positives und Behinderung als in Anführungszeichen Superkraft wahrzunehmen.
Ich merke, dass es häufig eine Story ist, die erzählt wird von Aktivistinnen, die ihre Behinderung seit der Geburt haben.
Also auch da muss man, finde ich, irgendwie klar differenzieren.
Nein, natürlich war, wie gesagt, der Erwerb meiner eigenen Behinderung ein einschneidendes Erlebnis und hat natürlich dann mich gefragt, okay, kann ich das, was ich machen will, noch weiterhin machen oder welche Möglichkeiten gibt es?
Und ja, das führte dann dazu, dass es dann irgendwann ein Match gab zwischen dem Sozialhelden e.V. und mir und der Möglichkeit, eben sowohl die journalistische Perspektive mitzubringen als auch eben die Perspektive als Menschen mit Behinderung und sozusagen als 50/50 Journalist und Aktivist in diesem Themengebiet unterwegs zu sein.
Ich fand das sehr mutig, was du gerade gesagt hast über die Diskussion mit erworbener Behinderung versus nicht behindert sein wollen und so, wenn du quasi sowas hattest wie ein Leben vor und nach Behinderung.
Das ist ein total schwieriges Thema und ich habe immer so viel Angst, da überhaupt was zuzusagen, weil ich immer Angst habe, dass ich da sofort einen Shitstorm für kriege von eben Aktivistinnen, die sagen, ja, nee, sowas kannst du nicht sagen, weil wir ja schon die ganze Zeit dagegen kämpfen, dass uns jeder irgendwie in so eine Ecke mit Heilung und Rehabilitation stecken will und so.
Ja, ich finde natürlich, also ich kann total, ich kann auch diese Sprüche von kann man da noch was machen oder ist das heilbar oder oh Gott, ich könnte das nicht oder dass das einem zugeschrieben wird, dass man aufgrund der Behinderung irgendwie nicht mehr, dann kommen auch Klischeebegriffe, lebensfroh ist oder so, kann ich alles auch nicht mehr hören.
Aber es geht ja quasi um meine eigene Perspektive, also das ist immer die Sache, dass gerade im Journalismus dann diese Zuschreibung eben passieren.
Also wie gesagt, dass einem gesagt wird, das ist für einen total schwer und man leidet dran und ich finde aber auch, das zeigt ja auch dieses, sage ich mal, soziale Modell von Behinderung, eben nicht nur, dass man eine Behinderung hat, also eine Diagnose und dass vielleicht irgendeine Sinneseigene Fähigkeit irgendwie nicht funktioniert oder nicht so gut da ist, aber eben auch, dass man ja behindert wird.
Also ich weiß nicht, wie es euch geht, aber wenn ich morgens aufwache, ist mein erster Gedanke eher, ich will noch liegen bleiben, anstatt dass ich morgens aufwache, mein erster Gedanke ist, ich habe eine Behinderung.
Also ich weiß nicht, meine Behinderung spüre ich erst dann, wenn ich auf die erste Barriere stoße oder merke irgendwie, dass die Umwelt nicht angepasst ist.
Also wenn ich mir quasi anerken, morgens irgendwas irgendwie Frühstück machen will und merke, dass ich irgendwie wieder mich sehr, sehr anstrengen muss, die richtigen Tasten am Herd irgendwie zu treffen, dann merke
ich, dass ich eine Behinderung habe, aber jetzt nicht, wenn ich irgendwie morgens aufwache, das ist nicht mein erster Gedanke.
Natürlich ist die Frage, warum möchte ich denn eher in meinem nichtbehinderten Leben leben?
Ich möchte das, weil ich eben auf so viele Barrieren stoße.
Es liegt nicht an der Behinderung an sich, sondern es liegt daran, wie mit mir umgegangen wird und welche Möglichkeiten ich habe.
Hattet ihr jeweils einen Vorbilder oder Mentorinnen, du hast es vorhin gesagt Karina, dass Beth Heller für dich Mentorin war oder vielleicht sogar noch ist, die euch irgendwie geleitet haben, ob das der richtige oder euer Weg sein könnte?
Also bei mir war es jetzt keine andere Person.
Also es geht immer glaube ich so ein bisschen auch darum, sich innerhalb der Community, wobei ich auch immer, finde ich mir die Frage stellt, was ist die Community, weil Menschen und Behinderungen sind keine homogene Gruppe, das ist auch aufgrund der unterschiedlichen Behinderungsarten, die auch je nach Behinderungsart so individuell sind.
Guckt ihr mal Leute an, die im Rollstuhl unterwegs sind, was es da für eine Vielfalt gibt an sowohl Behinderungsarten als auch an Menschen an sich.
Aber dieses sich gegenseitig unterstützen, also auch das
eben zu merken, andere Leute zu fördern, also auch das, was wir mit den neuen Normen in dem Sinne machen, dass wir natürlich in unserer Position, dass wir auch jetzt einmal im Monat diesen Podcast in der ARD-Audiothek haben und auch als Journalist*innen oder Aktivist*innen sehr privilegiert auch sind, diese Sprachrotz zu haben und diese Präsenz auch zu haben, dass wir das nutzen können, um anderen Menschen, die auch eine Behinderung haben und die auch sehr viele gute Sachen zu sagen haben, aber vielleicht nicht diese Plattform haben, diese eben zu geben und somit auch so ein bisschen generationsmäßig vielleicht, obwohl wir jetzt noch nicht so alt sind, aber auch quasi diesen Staffelstab weiterzugeben und eben auch andere Leute zu Wort kommen zu lassen.
Und ich finde das immer auch total wichtig, ohne dass ich jetzt persönlich eine Person habe, wo ich sage, okay, das ist eine Mentor*in oder Person, wo ich sage, da habe ich aufgeschaut zu.
Ja, ich glaube bei mir war es auch, also ich habe mehrere Mentor*innen in verschiedenen Lebensbereichen und verschiedenen Lebensabschnitten, ich glaube es gibt immer irgendjemand, der dich ein bisschen inspiriert, aber nicht auf eine Inspirationpornat, sondern einfach nur auf eine gute Art.
Ich meine, klar, ganz am Anfang, da habe ich auch zu dir aufgesehen, das tue ich auch immer noch, aber da war das so, früher war das eher ein Fan-Girl-Dingens und heute ist das eher ein auf Augenhöhe-Arbeiten, aber es gibt auch ganze Gruppen zum Beispiel, die mich super inspirieren, zum Beispiel im Bereich Filme machen, gibt es die Gruppe Forward Docs mit ganz vielen behinderten Dokumentarfilm- Macher*innen, ganz, ganz tolle Menschen dabei und ja, also
ich glaube für mich sind es eher Gruppen an Menschen meistens.
Da wollte ich auch gerade drauf zu sprechen kommen bei Karina, ich finde dein Output auch unfassbar hoch, du hast mit Anne Gerstow ein Buch geschrieben „Stopp Eblismus“, du bloggst sehr viel, nicht nur dein eigenes Blog, sondern du bloggst auch über chronische Erkrankungen, ich glaube da ist auch ein, also bei EDS über Elastanolos-Syndrom, wenn ich das richtig erinnere, schreibst du auch selber Artikel auf deren Website und du hast da auch Bücher rausgebracht, wenn ich das richtig sehe, und du bist jetzt gerade ganz aktuell an einer Doku dran, wo du international aktivist in den „Mit Behinderung“-Interviews, du nannt das jetzt mal im Netflix-Stil, also hochqualitativ Anspruch, magst du ein bisschen was darüber erzählen?
Ja, kann ich machen, wobei ich ehrlicherweise, also immer wenn ich gucke, was du alles machst, frage ich mich manchmal, wie dein Tag überhaupt genug Stunden hat für all das, ich glaube ich habe gar keinen so hohen Output, ich bin nur sehr effizient, wie ich meinen Tag einteile und meine Energie einteile, und deswegen wirkt das vielleicht so, aber jedenfalls ja, Filmprojekt, ich weiß noch nicht, ob das wirklich auf Netflix kommt, das ist ein sehr, sehr hochgegriffener Traum, die Erwartungshaltung ist schon sehr, sehr hoch, genau, aber es geht im Endeffekt um behinderte Medienmacher*innen im breitesten Sinne, also wir haben interviewt Menschen auf der ganzen Welt im Bereich Journalismus, im Bereich Kunst, Schauspieler*innen und auch Comedians, was ich total cool fand, und es geht darum, wie die ihren eigenen Content produzieren, um eben diesen sehr, sehr stereotypen Narrativgrund um Behinderung selber zu verändern, also wie die Leute nicht darauf warten, dass
das irgendwann mal passiert und dass irgendjemand in die Hand nimmt, sondern die einfach sagen, wir machen das jetzt einfach selbst und dann machen wir es gescheit.
Ja, da haben wir jetzt schon relativ viele Menschen in Europa, also wir waren schon in Holland, in Deutschland, in UK, in den USA und es ist auch noch geplant, in Nigeria zu schuten und geplant ist das, dass der irgendwann mal nächstes Jahr auch so rauskommt, wenn es gut läuft.
Wie kann man da mehr Infos bekommen, wie heißt das?
Das Filmprojekt heißt „Props No More“, da gibt es auch eine Website, das Filmprojekt ist funded über Gardeam, das ist die Global Alliance for Disability in Media und ja, auch die haben eine Website, wir haben Social Media, also gerne folgen.
Jonas, du hast nicht nur Journalismus bzw.
Medienwissenschaften studiert, sondern du berätst ja inzwischen auch mit lightmedien.de viele Journalistinnen und Redaktionen.
Hast du das Gefühl, dass sich da inzwischen auch was ändert?
Ja, ich glaube schon, dass das Bewusstsein für eine größere Macht der Sprache schon da ist.
Es gibt immer noch viele, es tun sich neue Baustellen auf, also gerade in Zeiten der digitalen Medien, Online-Artikel, wo Clickbaiting ganz, ganz wichtig ist und reißerische Überschriften werden natürlich solche Themen wie „Leidet
an, trotz der Behinderung“, „Inspiration Porn“ im Allgemeinen natürlich auf einer ganz anderen Ebene nochmal gespielt.
Aber ich glaube, das Bewusstsein für „wie mächtig ist Sprache?“, „was können wir mit Sprache anrichten?“, wird immer größer und es ist auch immer mehr Interesse da, sich da Input zu holen.
Und was war dort dein größtes Learning?
Dass wir wirklich quasi mit unserer Arbeit trotzdem nur einen Teil abbilden.
Es geht immer um die Selbstbezeichnung.
Also ich bin großer Verfechter davon, dass das Wort „handicapped“ zum Beispiel nicht zu benutzen, weil ich spiele selbst keinen Golf, ich finde das Wort „handicapped“ als Ersatzbegriff für Behinderung komplett unpassend, weil es sehr defizitorientiert ist.
Aber wenn es natürlich Menschen mit Behinderung gibt, die sich gerne als „handicapped people“ oder „ich habe ein Handicap“ bezeichnen, ist das vollkommen in Ordnung.
Das ist deren Selbstbezeichnung.
Und auch diese Selbstbezeichnung zu achten und darauf Rücksicht zu nehmen.
Was ich auch spannend finde, dass Journalismus ja auch nur ein Teil ist, was Medien angeht.
Es gibt ja noch einen viel größeren Teil, wahrscheinlich auch vom Budget her.
Und das ist letztendlich Film und Fernsehen.
Und auch da bist du ja Vorstandsvorsitzender vom Verein „Vielfalt im Film“.
Was habt ihr euch auf die Fahnen geschrieben?
Erstmal ist es so, dass quasi „Vielfalt im Film“ eine große Organisation war von Leuten aus der Filmlandschaft, aus der Medienlandschaft, die sich auf die Fahne geschrieben haben, die deutsche Filmlandschaft inklusive und vielfältiger zu machen.
Weil es immer dieses Gefühl gibt, dass das, was in Film und Fernsehen zu sehen ist, eigentlich nicht unsere Gesellschaft abbildet oder widerspiegelt.
Wenn man aber quasi etwas ändern möchte, braucht man Fakten und braucht irgendwelche Argumente.
Und deswegen haben wir uns damals, 2018/2019, rum zusammengetan und haben gesagt, okay, wir müssen diesem Gefühl ein bisschen mehr Macht geben.
Wir brauchen Zahlen, Daten, Fakten. Wir brauchen eine Umfrage.
Wir haben dann Deutschlands erste und bis dann auch einzige intersektionale Diversitätsumfrage unter Filmschaffenden vor und hinter der Kamera gemacht.
Und wo über 6000 Filmschaffende daran teilgenommen haben zum Thema Diskriminierungserfahrung, zum Thema Vielfalt.
Und wir haben halt dadurch herausgefunden, dass es große Missstände gibt in der Film- und Fernsehlandschaft in Deutschland und haben jetzt sozusagen unsere alltäglichen Arbeit im Sinne von auch, dass wir Workshops geben, dass wir Beratungen machen, dass wir Sensitivity Readings machen von Drehbüchern, dass wir natürlich in die Entscheidungsposition auch rein wollen, also quasi in die Juries, in die Produktionsfirmen, also überall dort, wo Geld und auch die Macht sitzt, dass man dort etwas verändern kann, dass wir bessere Argumente haben im Sinne von, hey, schaut mal, es ist nicht nur das Gefühl von, ich gucke mir Filme an und sehe dort eben wenig Menschen mit Behinderung, wenig People of Color, wenig queere Menschen, sondern dass wir eben die Zahlen und die Beweise in Anführungsstrichen haben und damit eben versuchen, peu à peu, dass die Filmlandschaft das widerspiegelt, wie unsere Gesellschaft ist, weil das finde ich generell, egal ob es der Journalismus ist oder eben, sage ich mal, die Filmbranche, es ist ja einfach der Spiegel der Gesellschaft und aktuell ist er es noch nicht.
Würde ich dir denn zustimmen, ich nehme mal an, ja, dass Deutschland da im Vergleich zu den USA auch wirklich nicht so weit entwickelt ist, also dass es viel mehr Vielfalt in amerikanischen Produktionen gibt als in deutschen?
Also ich glaube, da ist Jonas der Experte für, aber ich glaube schon, also ich habe das Gefühl, gerade auf so Streamern wie Netflix, die ganzen US-Shows sind schon, oder die
bemühen sich mittlerweile schon sehr irgendwie verschiedene Charaktere mit verschiedenen Backgrounds zu haben und so, also ich glaube das Paradebeispiel, das immer jeder nutzt, ist Sex Education, da ist glaube ich für jeden irgendwie was dabei, so dass sich jeder ein bisschen gesehen fühlt.
Für meinen Geschmack manchmal auch ein bisschen zu klischeebeladen, aber ich finde es schon schön, dass zumindest mal irgendwie eine Person mit Behinderung, also eine Person im Rollstuhl dabei ist, die selber auch dieselbe Behinderung hat, also zumindest schon mal authentisch und es ist nicht eine nichtbehinderte Person, die eine behinderte Person spielt.
Also ich glaube, das sind ja irgendwie Baby-Steps hier, die wir manchmal gehen.
Aber woher liegt das?
Woher liegt dieser große Unterschied in der Entwicklung?
Weiß ich gar nicht, ich meine die USA sind relativ, also auch mit der ADA, also dem Americans with Disabilities Act und so, die waren schon immer, eigentlich zumindest auf dem Papier ganz gut und ich glaube die Leute sind auch generell schneller im sich organisieren, schneller im protestieren, schneller im laut werden bei Ungerechtigkeit, also das ist eine andere Protestkultur, habe ich öfter auch das Gefühl gehabt.
Das ist glaube ich auch ein Großteil einfach auch politisch, also so wie das gerade gesagt, dass in den USA ist halt ganz klar, gibt es halt strenge Richtlinien, wenn es um
Diskriminierung geht.
Man kann viel mehr klagen, man kann jetzt natürlich auch sich fragen, ist das quasi ein guter oder ein richtiger Weg, einfach mit Sachen irgendwie umzugehen, aber die USA ist generell behindertenpolitisch einfach Jahre voraus und ich glaube das, was für generell Rechte für Menschen mit Behinderung gilt, auch dass wir merken, dass UK dort besser aufgestellt ist, dass es im skandinavischen Bereich besser läuft als in Deutschland, dass es selbst teilweise in Österreich besser läuft, das spiegelt sich eben quasi bei diesen Diversitätsthemen auch in der Filmbranche wieder, also dass wir häufig merken, dass bei Produktionen aus UK und aus den Vereinigten Staaten, dass es dort Richtlinien gibt, dass es dort Guidelines gibt, die für eine gewisse Vielfalt irgendwie sorgen, dass es ja so Checklisten gibt und wir fangen in Deutschland peu a peu jetzt damit an, dass wir mit solchen Guidelines, mit solchen Checklisten arbeiten, um einfach jetzt nicht irgendwie, die jetzt keine Quotierung oder in dem Sinne hervorrufen, sondern quasi erstmal zu einer gewissen Selbstreflektion anregen, also im Sinne von, guckt hier mal diese Checkliste an, geht das mal durch, schaut, wie deine Produktion gerade aussieht und wenn du hoppela merkst, ist es sehr weiß, sehr hetero, sehr cis, einfach keine Behinderung, dass man das quasi dann einfach nochmal so bewusst wird und es geht auch ja Stichwort vor und hinter der Kamera, ich werde häufig auch gefragt, was ist denn aber jetzt, wenn ich jetzt eine Dokumentation drehe und Carina, du weißt es ja auch selbst im Sinne von, dass wenn man eine Doku dreht, dann ist es halt ein sehr kleines und auch eingespieltes Team, also im Sinne von manchmal hast du eine Person Kamera, eine Person Ton und die Person, die Regie führt, das sind dann vielleicht irgendwie auch Teams, die schon sehr lange miteinander arbeiten und die man
irgendwie auch gemeinsam braucht, um dort irgendwie tief und authentisch in dieses Thema reinzukommen und wenn man dann beim Thema Dokumentation, wo es jetzt auch jetzt nicht vielleicht um das Vielfaltsthema geht und du als Team aber auch jetzt nicht vielfältig aufgestellt wirst, dann irgendwie rankommst mit, ja aber das muss irgendwie divers sein, dann wird es schwierig, aber gleichzeitig kannst du eben auf so vielen Ebenen trotzdem irgendwie gucken, dass man eine gewisse Vielfalt vor und hinter der Kamera irgendwie hinbekommt, also das geht selbst quasi im Dokumentarfilmbereich, deswegen gibt es eigentlich keine Argumente gegen die Förderung von Diversität in der deutschen Film- und Fernsehlandschaft.
Jetzt so zum Ende dieser Folge, habt ihr einen Hinweis, einen Quick Win würde ich jetzt mal sagen, den man vielleicht als jemand mit Behinderung, der oder die gerne im Journalismus oder in der Medienwelt tätig werden will, beachten könnte, den ihr gerne vorher gehabt hättet.
Ich glaube die eine große Sache, die mich verfolgt, seit ich angefangen habe zu schreiben, ist die Tatsache, dass mich ständig auch heute noch Leute anfragen und sagen „Hey möchtest du nicht umsonst für uns arbeiten, also kostenlos, weil hier kriegst du eine Plattform und wir verlinken dich und so, aber ein Budget haben wir keins“.
Am Anfang dachte ich, ich muss das machen, um überhaupt irgendwie meinen Namen in die Welt zu kriegen und Aufmerksamkeit zu kriegen, aber im Nachhinein weiß ich auch, das war eigentlich total scheiße, weil a) mache ich dadurch den Markt für alle anderen kaputt und b) ist es, ich glaube es hat mir nicht wirklich geholfen, Jobs zu kriegen und ich glaube ich habe mich einfach nur unter Wert
verkauft und für die Leute sah das aus als wäre meine Arbeit irgendwie einfach nichts wert.
Ich glaube das wäre mein Tipp, selbst wenn Leute sagen, die haben kein Budget, irgendwas kleines muss immer drin sein, wenn man Arbeit für andere macht, weil die Arbeit qualitativ hochwertig ist und genauso viel wert ist wie die von nicht behinderten Journalist*innen und keine kostenlose Arbeit.
Ja also auf der einen Seite aus Redaktionssicht, auch von großen Medienunternehmen, einfach diese Chance wahrzunehmen, dass aus unterschiedlichen Perspektiven oder auch neuen Perspektiven so tolle Geschichten entstehen können.
Also es gibt so viele Artikel, wo man weiß, dass vielleicht eine Person, Journalist*in mit Behinderung ist, die erstens über alle möglichen Themen auch schreiben kann, ohne jetzt, dass man irgendwie festgelegt ist auf das Inklusions- und Behinderungsthema.
Und gleichzeitig aber auch dadurch die Chance entsteht, neue Perspektiven mit rein zu bringen.
Also das ist einfach eine große Chance für die Unternehmen ist, die bis dann irgendwie ungenutzt ist.
Und gleichzeitig auch mein großer Wunsch eben auch Journalist*innen mit Behinderung oder generell Menschen mit Behinderung, die jetzt noch keine Journalismus- Erfahrungen haben, aber da gerne rein wollen, weiterhin zu produzieren bzw. sich zu trauen, das anzubieten.
Also im Sinne von, wenn ihr Geschichten habt, wenn ihr
etwas loswerden möchtet, wenn ihr auch selbst ein Recherchestück habt, wo ihr sagt, ok, hier muss ich irgendwie noch mit ein, zwei Leuten reden, um das nochmal ein bisschen zu unterstreichen, meine Argumente, damit eben anzukommen und so etwas anzubieten.
Also keine Scheu auch zu haben, so etwas, ja, Redaktion anzubieten.
Und tatsächlich so, wie Carina es gesagt hat, eben auch das nicht umsonst anzubieten, weil das ist Arbeit, die entlohnt werden muss.
Und damit auch gerne der neuen Norm anbieten, also die neue norm.de/kontakt da auch gerne Vorschläge einreichen.
Absolut.
Eine Frage, die jeder Gast hier beantworten muss im Podcast, ist die Frage, jenseits der eigenen Initiativen und Projekte, die alle auch wichtig und groß sind, gibt es andere Initiativen und Projekte oder NGOs, Organisationen, Menschen, die ihr empfehlen wollt, die sich vielleicht die Zuhörerinnen und Zuhörer mal anschauen könnten?
Also ich hätte da zum Beispiel, es gibt eine Initiative, die heißt Kick-in, wo es um das Thema Fußball und Inklusion geht, auch auf ganz vielen unterschiedlichen Ebenen, sowohl Zugänge zu Fußballspielen als auch die Barrierefreiheit von Fußballspielen im Stadion, als auch quasi wenn es um Sprache geht, weil natürlich gerade der Besuch von Fußballspielen, wo Zuschauer*innen natürlich auch andere Fanlager beschimpfen und für ihr Team sind, dort natürlich auch sehr diskriminierende Sprache benutzt wird
und es darum geht, wie kann man andere Leute beleidigen, aber auch nicht diskriminierend, und sich quasi diesem Thema widmet, was finde ich nochmal spannend ist, weil ich mich für Fußball interessiere und ich mich auch für Vielfalt- und Barrierefreiheitsthemen interessiere und das so eine gute Symbiose von den Sachen ist und gleichzeitig eben auch zu merken, dass auch neue Fußballstadien, die gebaut werden, natürlich eine Verordnung haben, die eine gewisse Anzahl von rollstuhlgerechten Plätzen haben muss, aber es dort noch total viel Nachholbedarf gibt und ich finde das einfach auch nochmal so ein Thema ist, dass es etwas ist, wo es eben nicht nur um in Anführungsstrichen lebenswichtige Sachen geht, also quasi Zugänge zu Arztpraxen, was immens wichtig ist, aber es geht eben auch um Kultur, um Freizeit und auch da ist genauso das Thema Zugänglichkeit und Teilhabe immens wichtig und deswegen finde ich das gut, dass sich da darum gekümmert wird.
Also ich unterstütze irgendwie relativ viele Organisationen, von denen ich denke, dass die gute Arbeit machen, ganz offensichtlich ganz weit vorne ist AbilityWatch.TV, ansonsten, also ich unterstütze in den USA zum Beispiel die Connective Tissue Coalition und gleichzeitig hier in Deutschland die Lastandos Initiative, dann arbeite ich relativ viel mit Chronic Pain Partners in den USA und eine Organisation, die ich ganz toll finde, die ist auch relativ neu, ist die Disabled Journalist Association, die wurde gegründet von einer behinderten Journalistin in den USA, Cara Reedy, ganz ganz tolle Person, super gute Organisation, genau und ansonsten gibt es bestimmt noch ganz viele mehr, die ich jetzt vergessen habe, ich glaube das reicht erstmal.
Ja die werden wir alle in den Shownotes ja auch verlegen und natürlich und ich freue mich, wenn wir uns da
demnächst wiedersehen, unsere eigene Arbeit, die wir zu dritt machen, dieneuennorm.de/podcast und/oder auch in der ARD-Autothek.
Vielleicht Jonas kannst du noch den kurzen Erklärer machen, wie sind wir in die ARD-Autothek gekommen?
Also ich meine, das ist ja dadurch, dass wir als Sozialhelden e.V. hier in Berlin sitzen, es ist komisch, dass wir quasi aus Berlin für den Bayerischen Rundfunk produzieren, aber ich meine mich zu erinnern, dass der Bayerische Rundfunk dich irgendwann mal angefragt hatte, ob du nicht der Behinderten beauftragt werden möchtest, was du glaube ich dankenswerterweise abgelehnt hast, weil du jetzt irgendwie nicht von Berlin nach München umziehen wolltest, aber dadurch entstand glaube ich der erste Kontakt in die Redaktion von Bayerischen Rundfunk und damals als wir 2019 die Neuen Norm als Magazin gegründet haben und uns klar war, ey wir wollen mit der Zeit gehen, wir machen auch einen Podcast, haben wir diesen Kontakt halt trotzdem gehabt und dann hat das funktioniert, sodass wir quasi für den Bayerischen Rundfunk jetzt einmal im Monat diesen Podcast produzieren und der dann natürlich auch in der ARD-Autothek zu hören ist.
Und wir sind damit, das möchte ich nicht verhehren, der einzige öffentlich-rechtliche dauerhaft regelmäßige Podcast beziehungsweise auch mit Sendefläche zu diesem Thema, der ausschließlich aus Behindertenjournalistinnen produziert wird, aus deren Perspektive und eben alle Themen, wie du es gesagt hast, bespricht, aber eben mit dem Fokus Behinderung bzw. aus deren Blick heraus und damit eigentlich auch für Nicht-Behinderte oft sehr erhellende Momente haben können.
Ja, total und jetzt stand jetzt Ende November haben wir 57 Folgen, das ist auch schon eine Hausnummer.
Liebe Carina, lieber Jonas, hat mich sehr gefreut mit euch doch mal hier privat im Austausch zu sein.
Wir hätten auch so viel mehr besprechen können, wir hätten über die US-Wahl reden können, Carina und was das alles bedeutet.
Ich hab das jetzt mal bewusst ausgeklammert, weil wir wollen ja gute Laune haben am Ende.
Und das können wir in der Medienleitung alles noch erreichen, wo sehen wir die größten Hebewirrungen.
Klingt so ein bisschen danach, dass wir eine Wiederholung machen, vielleicht in ein paar Monaten, dass wir noch mal zusammenkommen und vielleicht eine Bewertung machen, was bisher geschah, was haben wir gelernt, das würden wir anders machen.
Danke, das ist ja der Arbeit. – Danke.
Ja, sehr gerne, war gar nicht so awkward. – So ein bisschen. Danke fürs Mitfahren.
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Am Anfang der Folge haben wir uns gefragt, warum es in vielen Aufzügen Spiegel gibt.
Hier kommt die Antwort.
Ganz praktisch sorgen sie zum einen für mehr Barrierefreiheit.
Die Spiegel machen das Ausparken für Rollstuhlfahrende einfacher, weil sie wie ein Rückspiegel funktionieren.
Außerdem soll es Vandalismus vorbeugen, weil sich Menschen durch Spiegel beobachtet fühlen und so besser verhalten.
Und nicht zuletzt lassen Spiegel den doch eher kleinen Raum im Aufzug größer wirken und machen die Fahrt so
entspannter.
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Dieser Podcast ist eine Produktion von Schønlein Media.
Produktion: Fabian Gieske , Anna Germek
Schnitt und Post-Produktion: Jonatan Hamann
Coverart: Amadeus Fronk