Warum wird Frauen abgesprochen witzig zu sein?
So ausführlich über Aufzüge philosophiert, haben wir während einer Fahrt wohl noch nie. Aber das wundert mich nicht: Meine heutige Gästin Ariana Baborie kann Abschweifen, als gäbe es kein Morgen mehr.
Ariana ist auf allen Plattformen witzig. Ob in ihren Instagram Stories, oder im Podcast Endlich Normale Leute mit Co-Host Till Reiners. Einige von euch kennen sie vielleicht noch von „Herrengedeck” oder aus dem Radio. In der Comedy-Branche als Frau Fuß zu fassen, ist noch immer nicht einfach. Ariana erzählt mir von ihren Erfahrungen damit, ständiger Kritik und wie Frauen immer abgesprochen wird, lustig zu sein. Wir reden darüber, wer Witze über Minderheiten oder Depressionen machen darf und worüber wir alle lachen können. Warum Ariana einen schwäbischen Migrationshintergrund hat und wie sie ihrem Opa ihren Beruf erklärt, hört ihr in dieser Folge.
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Raúl Krauthausen: Bevor es heute losgeht, ihr wisst wie immer, was jetzt kommt, der Hinweis auf Steddy. Denn mit Steddy könnt ihr diesen Podcast finanziell unterstützen. Mit einem kleinen monatlichen Beitrag helft ihr mir und dem Team, den Podcast Schritt für Schritt unabhängig zu produzieren. Jetzt unter www.im-aufzug.de informieren und Unterstützer*innen werden. Supporter*innen erhalten vorab Zugang zu neuen Folgen und werden namentlich im Podcast genannt. Diese Woche geht also der Dank an die Unterstützer*innen Vanessa, Janine, Maria und Julia. So, los geht’s mit der Folge. So ausführlich über Aufzüge philosophiert, haben wir während einer Fahrt wohl noch nie. Aber das wundert mich nicht, meine heutige Gästin Ariana Baborie kann abschweifen, als gäbe es kein Morgen mehr. Ariana ist auf allen Plattformen witzig: Ob in ihren Instagram-Stories oder im Podcast “Endlich normale Leute” mit Co-Host Till Reyners. Einige von euch kennen sie vielleicht noch von “Herrengedeck” oder aus dem Radio. In der Comedybranche als Frau Fuß zu fassen, ist immer noch nicht einfach. Ariana erzählt mir von ihrer Erfahrung ständiger Kritik und wie Frauen immer abgesprochen wird, lustig zu sein. Wir reden darüber, wer Witze über Minderheiten oder Depressionen machen darf und worüber wir alle lachen können. Warum Ariana einen schwäbischen Migrationshintergrund hat und wie sie ihrem Opa ihren Beruf erklärt, hört ihr in dieser Folge. Die Tür geht auf, und wer kommt rein? Ariana Baborie.
00:01:49
Ariana Baborie: Hallo, schön dich zu sehen.
00:01:51
Raúl Krauthausen: Freut mich sehr, dass du mein Gast bist heute.
00:01:53
Ariana Baborie: Freu mich auch.
00:01:54
Raúl Krauthausen: Gibt es eine Aufzugsituation, an die du dich erinnern kannst, die zumindest merkwürdig war? Also “des Merkens würdig”?
00:02:02
Ariana Baborie: Ja, ich hab tatsächlich sehr oft Angst im Fahrstuhl (lacht) und mache deswegen auch seit ich denken kann Folgendes, das hat mir nämlich mal jemand gesagt oder ich hab’s im Film gesehen, ich geh immer so ganz leicht in die Knie, weil ich hab – (lacht) ich hab mal in ‘nem Film gesehen, ich glaube es war keine Reportage, sondern es war ein Fiction-Film, das heißt, die Informationslage ist fragwürdig, man müsste die Fakten mal überprüfen, dass wenn ‘nen Fahrstuhl –
00:02:25
Raúl Krauthausen: Macht man heutzutage nicht mehr.
00:02:27
Ariana Baborie: Nein!
00:02:28
Raúl Krauthausen: Fakten; das ist überbewertet.
00:02:29
Ariana Baborie: Wir bauen unsere eigene Realität und man kennt mich dort und deswegen möchte ich nicht woanders hingehen, ich bleibe einfach da. Und zwar, dass wenn ein Fahrstuhl abstürzt und man steht gerade da, dass man sich dann die Beine bricht. Deswegen steh ich im Fahrstuhl immer mit so leicht angewinkelten Beinen, weil das angeblich dann den Effekt hat, dass du dir nicht die Beine brichst, sondern du fällst dann einfach hin quasi. Also du setzt dich auf deinen Hosenboden, und da passiert aber nichts, genau. Du kannst es dadurch abfedern. Das heißt, das mach ich eh immer schon, ich bin sehr aware im Podca- äh im Aufzug, nicht im Podcast, da auch, aber vor allem im Aufzug. Und ich habe vor, ich glaube, wie lange ist das denn jetzt her? Acht oder neun Jahren beim Hessischen Rundfunk gearbeitet. Ich hab da ‘ne Morningshow moderiert, da bin ich einmal mit einem Kollegen im Fahrstuhl stecken geblieben. Das war eines der schlimmsten Erlebnisse. Wir waren Gott sei Dank zu zweit, aber irgendwann – er hat dann mit den Händen so die Tür aufgezogen.
00:03:20
Raúl Krauthausen: So wie Bruce Willis.
00:03:21
Ariana Baborie: Ungefähr so, nur dass er nicht, er sah nicht ganz so – er sah anders aus. (lacht) Optisch sah er etwas anders aus. Und der Boden der Etage, der war auf der Hälfte der Tür, das heißt, wir waren – so wie es diesen Zentauren gibt, der halb Pferd ist, halb Mensch – waren wir so halb Boden, halb Raum. Das war ganz furchtbar dieser Anblick. Ich musste mich auch umdrehen, weil ich meinte “Das ist so atypisch, irgendwas Schreckliches passiert gerade”. Ich hab mich gefühlt wie in so ‘nem Film, obwohl wir einfach nur im Aufzug stecken geblieben sind. Also aber, ich bin da ein bisschen dramatisch und das ist ehrlich gesagt so die Stimmung, mit der ich in jeden Fahrstuhl geh. Deswegen, ich hab leichten Angstschweiß, ich hoff, es ist okay für dich. Ich hoff, es riecht nicht (lacht). Aber ich bin froh, dass du hier an meiner Seite bist und guck mal, was jetzt die nächste Stunde hier im Aufzug passiert.
00:04:05
Raúl Krauthausen: Das find ich ganz interessant, die Mai Thi, die war auch zu Gast und die ist ja Physikerin – ne Wissenschaftlerin, Chemikerin ist sie. Und wir haben uns sehr viel über Aufzüge unterhalten, daran erinnere ich mich. Und sie hatte auch so diese Idee, was wäre denn, wenn man hochspringt, wenn der Aufzug abstürzt und man im richtigen Moment springt, ob man dann weich landen würde. Und nee, natürlich nicht, weil du hast ja die Geschwindigkeit, ich weiß auch nicht genau, aber man hat ja trotzdem die Geschwindigkeit des Aufzugs. Und die kannst du ja nicht “rausspringen” quasi. Dann hab ich ihr aber erzählt, dass ich mal bei einem Aufzugshersteller zu Besuch war, die so eine Führung gemacht haben durch ihre Werkstätten. Und die haben erzählt, dass die ganzen Horrorfilme, wo Aufzüge abstürzen, eigentlich totaler Nonsense sind, weil Aufzüge stürzen nicht ab. Weil die haben so viele Sicherungssysteme. Die Seile halten doppelt so viel Gewicht aus, als das Maximalgewicht ist. Und die Idee ist, wenn der Aufzug einigermaßen ausgelastet ist, dass du möglichst wenig Energie brauchst, weil sich das quasi ausgleicht mit diesem Gewicht. Und wenn du jetzt also alleine in diesem Aufzug bist und diese Betonplatte wiegt aber 200 Kilo, und irgendwas sollte kaputt gehen, dann fällst du nicht runter, sondern rast nach oben, weil die Betonplatte schwerer ist als du.
00:05:20
Ariana Baborie: Okay, das heißt, wenn da was reißt, dann rast der Fahrstuhl nach oben?
00:05:28
Raúl Krauthausen: Ja.
00:05:29
Ariana Baborie: Ja okay, dann knallt man aber oben an die Decke und wird zerquetscht.
00:05:31
Raúl Krauthausen: Genau, aber da hilft das dann mit dem Bücken auch nicht mehr.
00:05:33
Ariana Baborie: (lacht) Okay, man stirbt trotzdem, aber einfach anders.
00:05:36
Raúl Krauthausen: Anders.
00:05:37
Ariana Baborie: Anders, okay. Ja, okay, ich bin leicht überzeugt. Ich hab nur noch einen Rest …
00:05:44
Raúl Krauthausen: Hoffnung.
00:05:45
Ariana Baborie: Nee, gar nicht mal Hoffnung, so ‘nen Rest Misstrauen, sag ich mal. Weil passiert dir das auch manchmal, dass du in so einem Rabbit Hole gefangen bist, dass du irgendwie nachts bei YouTube – du willst eigentlich nur ganz kurz gucken, wie lang braucht ein Grashalm, um einen Zentimeter zu wachsen und plötzlich findest du dich wieder, dass du seit vier Stunden auf YouTube unterwegs bist.
00:06:00
Raúl Krauthausen: Auf so Abstürze guckst.
00:06:00
Ariana Baborie: So – zum Beispiel. Und da gibt es so Zusammenschnitte von diesen, kennst du ganz bestimmt, so Überwachungskamera Clips. So. Da habe ich schon gesehen, wie Aufzüge abgestürzt sind. Und ich bin mir – ziemlich sicher, dass die Videos echt waren (lacht). Das war tatsächlich meistens glaub ich nicht in Deutschland, nicht mal in Europa, wenn ich mich richtig erinnere, sondern eher so im asiatischen Raum. Aber das ist mir ehrlich gesagt egal, weil ich denke, Aufzug ist Aufzug.
00:06:26
Raúl Krauthausen: Aber die haben auch viele Hochhäuser.
00:06:28
Ariana Baborie: Ja, okay. Du meinst die überwinden da nochmal ‘ne andere Strecke?
00:06:32
Raúl Krauthausen: Ja oder haben einfach potenziell mehr Aufzüge als wir es hier brauchen.
00:06:36
Ariana Baborie: Ja siehst du, aber das heißt ja nur, dass die Wahrscheinlichkeit sich verringert. Wenn die mehr Aufzüge haben, heißt das, dann passiert es seltener – aber ich kann ja in Deutschland der eine von einer Million … (lacht)
00:06:47
Raúl Krauthausen: 80 Millionen. (Singt) Einer von 80 Millionen.
00:06:49
Ariana Baborie: (lacht) Oh Gott, ich wollte keine Assoziation dazu entstehen lassen. Aber sagen wir, nur jede millionste Aufzugfahrt endet – nee, es müssten glaub ich mehr sein – sagen wir, jede fünfmillionste Aufzugfahrt endet in einem Unfall, in einem schrecklichen Desaster, könnte ich ja diese fünfmillionste Fahrt sein.
00:07:07
Raúl Krauthausen: Also, die Firma Schindler fährt eine Milliarde Menschen am Tag.
00:07:11
Ariana Baborie: Ja, das hab ich mal bei dir gehört, glaub ich. Ich glaube, es war bei dir im Podcast, da hab ich die Zahl gehört.
00:07:15
Raúl Krauthausen: Das war ja absurd. Ich frag mich immer, was macht ihr jetzt mit der Info?
00:07:17
Ariana Baborie: Ja. Damals hast du glaube ich sogar gesagt, “die bewegen”, dass die gesagt haben, die bewegen eine Milliarde Menschen, das fand ich noch schöner. Das klingt so, als würden sie mit dieser abstrakten Zahl auch so Postkarten bedrucken, mit so Schnörkelschrift “Wir bewegen eine Milliarde Menschen am Tag”. Die Bahn würde es glaub ich so machen.
00:07:31
Raúl Krauthausen: Ja, wahrscheinlich, ne?
00:07:32
Ariana Baborie: Ja okay, also du hast mich ein bisschen überzeugt.
00:07:36
Raúl Krauthausen: Also ich hab’s auch nicht nachgeprüft, aus Gründen. Aber ich find’s interessant, wie viel man über Aufzüge reden kann.
00:07:44
Ariana Baborie: Ja.
00:07:45
Raúl Krauthausen: Obwohl es eigentlich so ein Ding ist, so ein Allerweltsding, das man mal eben so benutzt, ohne darüber nachzudenken.
00:07:50
Ariana Baborie: Aber ich finde, man hat ganz viele Geschichten zu Aufzügen, wenn man einmal drüber nachdenkt. Weil man so oft sich darin befindet und es ist ja wie so eine eigene kleine Welt, die da stattfindet. Also ich muss zum Beispiel – ich ertappe mich manchmal dabei, (lacht) dass, wenn ich in einem Aufzug bin, der nicht in meinem Haus ist, sondern ich bin, keine Ahnung, bei einer Behörde oder irgendwo, und ich steige in diesen Aufzug rein, oder bin auf dem Weg zu einer Arztpraxis, und da stehen noch andere Menschen drin. Da ist die Stimmung ja so ernst und so angespannt, dass ich ganz oft kurz davor bin, laut zu lachen. Das ist dieses, wie Leute manchmal aus Versehen bei einer Beerdigung lachen, weil sie diese Angespanntheit nicht ertragen und dann aus Übersprungshandlungen in so ein ganz unangemessenes Verhalten reinrutschen. Und so ist es dann bei mir ganz oft, dass ich denke “Fuck, nicht lachen jetzt”. Einfach nur, weil fünf Leute im Anzug in einem Aufzug stehen und ich daneben. Und ich denke mir so “Okay, das ist das Unpassendste, was du machen könntest, bitte tu’s einfach nicht”.
00:08:39
Raúl Krauthausen: Und dann machst du’s.
00:08:40
Ariana Baborie: Ich bin kurz davor, ich kann mich gerade noch so beherrschen, weil ich glaub auch das ist – vielleicht kennst du das, wie heißt das nochmal? Es gibt da so ‘nen tollen französischen Begriff glaub ich für … Manchmal, also – oder nee, ganz viele Menschen sind in so Situationen, dass sie zum Beispiel auf einer Brücke stehen oder Auto fahren und am Lenkrad sitzen und sich denken “Scheiße, hoffentlich reiß ich jetzt nicht das Lenkrad rum” oder “Hoffentlich spring ich jetzt nicht von der Brücke, weil mich irgendwas überkommt und ich wissen will, wie das ist”. Ich hab lange gebraucht, wenn Leute mir das gesagt haben, bis ich verstanden habe, was sie meinen, weil ich dachte “Wieso sollte man das tun?”. Aber ich versteh’s schon. Oder man schneidet was mit einem großen Messer und denkt “Oh Gott, hoffentlich schneide ich mir jetzt nicht so einfach mal so in den Finger”.
00:09:17
Raúl Krauthausen: Oder “Was wäre eigentlich, wenn das jetzt passieren würde”.
00:09:19
Ariana Baborie: Genau, exakt. Und ich glaube, das ist das, was bei mir im Kopf abgeht, wenn ich in diesem Aufzug stecke, dass mein Körper – der will es irgendwie so ein bisschen wissen.
00:09:26
Raúl Krauthausen: Ja ja, voll.
00:09:27
Ariana Baborie: “Was macht die Alte, wenn wir sie jetzt einfach dazu zwingen, mitten im Aufzug wie so eine Gestörte zu lachen?” Und ja, ich glaube, mein Unterbewusstsein möchte mich überlisten. Bis jetzt war ich aber stärker.
00:09:39
Raúl Krauthausen: Ich hab mal mir vorgenommen, ich hab’s noch nicht umgesetzt, aber ich hab mir mal vorgenommen, wenn man mich fragt “Wo wollen Sie hin?” im Aufzug, zu sagen “Egal wohin, ich werde überall gebraucht”.
00:09:52
Ariana Baborie: Oh, das find ich toll.
00:09:50
Raúl Krauthausen: Einfach so, als Treppenwitz.
00:09:52
Ariana Baborie: Das find ich wirklich toll. Und dann am besten aber auch so an der Person dann vorbei und weg in die Ferne. Und weg in die Ferne … Also wenn der Fahrstuhl schon offen ist, sonst ist es blöd (lacht). Dann würde man einfach gehen.
00:10:02
Raúl Krauthausen: Oder auch so Sätze sagen wie “Sie werden sich sicherlich fragen, warum ich Sie alle hierher gerufen habe”.
00:10:08
Ariana Baborie: (lacht) Das find ich gut. Aber man muss dann natürlich auch mit der Resonanz klarkommen, die wahrscheinlich halt einfach zero ist. Alle werden dich nur angucken, als wärst du bekloppt und es wird nichts passieren.
00:10:21
Raúl Krauthausen: Es muss auf jeden Fall anschlussfähig bleiben. Weil wenn das dann in so einem schlechten Witz verpufft, das ist auch das Schlimmste. Du bist ja Comedian, wie gehst du damit um, mit dieser Angst, dass die Leute vielleicht nicht lachen könnten?
00:10:34
Ariana Baborie: Mmh. Die ist tatsächlich relativ groß. Ich glaube das ist auch einer der Gründe, warum ich nicht mehr Stand-Up-Comedy im klassischen Sinne mache. Das hab ich nämlich am Anfang – jetzt kommen große Anführungsstriche – meiner Karriere gemacht, dass ich so klassisch mit Stand-Up-Comedy auf die Bühne gegangen bin. Das heißt, ich hab mir Themen vorher genau überlegt, hab die dann – ja, nicht in so einem Fließtext – aber fast in so einer Art Text quasi zusammengefasst und das dann vorgetragen. Also, ist jetzt schlecht beschrieben und ich glaub, Leute, die jetzt zuhören, die wirklich Stand-Up-Comedy jeden Tag machen, die sagen “So macht man doch keine Stand-Up-Comedy!” …
00:11:07
Raúl Krauthausen: So wie bei Poetry Slam, da war es so komisch betont immer.
00:11:11
Ariana Baborie: Ja, da machst du es aber tatsächlich so – also hab ich zumindest wahrgenommen, dass in den meisten Fällen die Leute, die Poetry Slam machen, lesen es wirklich ab. Also die haben ja sogar den Text auf der Bühne noch mit.
00:11:18
Raúl Krauthausen: Aber auch so theatralisch.
00:11:19
Ariana Baborie: Ja, genau. Da kommt dann diese Betonung dazu: Und wenn (Pause) du einmal im Leben im (Pause) Fahrstuhl standest und (Pause), ja … hast diesen Zettel und (Pause) wenn du dann liest und (Pause), wenn du dann stehst und (Pause), wenn du dann gehst (Pause), dann fragst du dich – oh Gott, okay alles klar, Leute, ich hab es verstanden. Ihr wollt mir was vom Zettel vorlesen (lacht). Stand-Up-Comedy ist das so ein bisschen freier aber trotzdem hast du ja meistens diesen, ich sag mal den Themenkomplex, über den du sprechen möchtest, den bunten Blumenstrauß an Themen, das Potpourri, schon vorbereitet und weißt relativ genau, wo es hingeht. Und ich glaube, dass das nicht so … meine Form war und dass ich besser damit zurecht komme, wenn ich weiß, ich kann spontan sein. So wie jetzt hier im Podcast, dass man nicht so richtig weiß, was passiert eigentlich.
00:12:01
Raúl Krauthausen: Wo es kein Publikum gibt, wie in diesem Podcast.
00:12:03
Ariana Baborie: (lacht) Ja okay, das ist scheiße. Aber wenn Publikum da ist, dann reicht es manchmal, wenn man so Stichwörter bekommt. Entweder von jemandem, der mit einem auf der Bühne steht oder, was weiß ich, man hat ein Glas mit Zetteln vor sich und kann die dann ziehen. Aber das, was man erzählt, in dem Moment entsteht, wo man da ist, und das hat vorher noch nie so stattgefunden und wird wahrscheinlich danach auch nicht so stattfinden. Und das hilft mir auch über so Momente hinwegzukommen, wenn die Leute nicht lachen oder wenn das Publikum was nicht witzig findet, mach ich ehrlich gesagt entweder einfach schnell weiter oder ganz oft reite ich dann genau auf diesem Punkt auch rum, weil das ist für mich einfacher. Dass ich dann sage, “Ach, darüber könnt ihr nicht lachen, alles klar okay, also nichts mehr über Kinder, hab ich verstanden, da seid ihr empfindlich”. Damit kann ich irgendwie besser umgehen, als so stur dann so meinen Stiefel weiter durchzuziehen.
00:12:47
Raúl Krauthausen: Aber ist es so, dass Publikum …. Publiki, Publikumse
00:12:52
Ariana Baborie: Publikae.
00:12:52
Raúl Krauthausen: Publikae, natürlich. … Publikae so unterschiedlich sein können, von Bühne zu Bühne?
00:12:58
Ariana Baborie: Ja. Von Bühne zu Bühne, von Tag zu Tag auch. Auch wie das Publikum zusammengestellt ist, wenn’s mal mehr Männer sind oder mehr Frauen –
00:13:06
Raúl Krauthausen: Aber dass die dann gar nicht lachen?
00:13:09
Ariana Baborie: Gar nicht lachen ist selten, aber es kann schon passieren, dass, sagen wir, da sitzen 300 Leute und da so 10 Lachen hinter vorgehaltener Hand.
00:13:16
Raúl Krauthausen: (imitiert Lachen hinter vorgehaltener Hand)
00:13:18
Ariana Baborie: Ja, genau so ein bisschen. Dann merkst du, uhh. Aber das thematisiere ich dann meist auch und sag so “Ah, das mögt ihr also nicht so gerne, Witze über Kinder heute nicht” (lacht). Da hat man manchmal so Schwachstellen erwischt oder wo Leute dann in dem Moment nicht drüber lachen können.
00:13:32
Raúl Krauthausen: Ich hab ja einige Comedians auch hier im Podcast gehabt und ich stell immer ähnliche Fragen, merk ich, aber dir würd ich jetzt die Frage andersherum stellen: Bist du freier als Frau mit Migrationshintergrund auf Comedybühnen? Hast du mehr Witzpotenzial, als wenn jetzt, sagen wir mal, keine Ahnung, ein El Hotzo einen Witz machen würde?
00:13:53
Ariana Baborie: Ah, ich hätte erst gesagt nein, aber jetzt, wo du mir so (lacht) ein Beispiel gibst, an dem ich mich abarbeiten kann, würde ich tatsächlich sagen ja. Ich glaube einmal, weil ich eine Frau bin und dieser Migrationshintergrund – ich würde nicht sagen, dass beides jetzt Freikarten sind, aber ich glaube, dass die Leute auch befreiter oder freier lachen können, wenn auf der Bühne jemand steht, der einen Witz macht und der gehört dieser Gruppe an, sag ich jetzt mal ganz blöd. Also, ich glaube, ich – nee, ich glaube nicht, sondern ich weiß es – ich kann, wenn jemand auf der Bühne steht, der keine Behinderung hat und der macht Witze über Behinderte oder über Rollstuhlfahrer*innen oder wie auch immer –
00:14:34
Raúl Krauthausen: Felix Lobrecht.
00:14:35
Ariana Baborie: Jaaa. Ich kann da, ich … es fällt mir sehr schwer. Da irgendwie … ich weiß nicht … ich hab da wie so eine innere Hemmung, dass ich denke, ich kann da grad nicht drüber lachen, weil ich das Gefühl habe, ich lach als Nichtbetroffene über einen Witz, den jemand macht, der auch nicht betroffen ist, über jemanden, der betroffen ist, der aber gerade gar nicht hier ist. Und weiß ich nicht, es fühlt sich für mich irgendwie falsch an, und unfair und nicht richtig. Und ich kann mir deswegen aber im Umkehrschluss vorstellen, dass Leute, die im Publikum sitzen, befreit lachen können, wenn ich Witze mache über … also ich weiß nicht, ob das jetzt so oft vorkommt, aber tun wir einfach so, Menschen, die einen Migrationshintergrund haben, sagen wir … typische afghanische Onkel oder so. Ich glaube, dass die Leute einfach befreiter lachen können, wenn ich das mach, als wenn Hotzo das macht, ja. Gutes Beispiel, genau. Und deswegen, stimmt, du hast recht, ich glaube, dass ich über manche Themen oder Themengebiete gar nicht so nachdenke, weil ich einfach denke “Ja klar, kann ich das sagen”. Also wieso soll ich jetzt nicht Witze über afghanische Onkel machen können? Ja, stimmt.
00:15:36
Raúl Krauthausen: Weil’s Männer sind. (lacht)
00:15:37
Ariana Baborie: (lacht) Ja, genau.
00:15:39
Raúl Krauthausen: Nee, aber Quatsch. Ich fand das total interessant, weil bei den Recherchen zu deiner Person – und ich glaube, wir sind beide sehr humorvolle Menschen, also ich lache auch gerne und nehme auch mich selbst auf’s Korn – und ich hab dann irgendwann aber realisiert als junger Erwachsener, dass das für mich so eine Art Strategie auch war, um mit meinem Minderheiten-Dasein oder Andersartigkeit auch einen Umgang zu finden in einer Welt, wo alle anderen unsicher zu sein scheinen. Also, “Was darf man denn noch sagen?” Und man will ja auch nichts falsch machen. Und wie gesagt, ich brauch ja auch Hilfe. Und ich hab dann irgendwann gemerkt, wenn ich Witze über mich selber mache, wenn ich Witze über Behinderung mache, dann lachen alle und sind irgendwie erleichtert. Bis zu ‘nem bestimmten Punkt ist das hilfreich, aber irgendwann ist das gekippt, dass dann mein Umfeld anfing, Witze über Behinderung zu machen. Was ich dann nicht mehr witzig fand.
00:16:37
Ariana Baborie: Weil die dachten “Darf ich ja, er macht’s ja auch”.
00:16:40
Raúl Krauthausen: Genau. Also, da kommt dann auch eine gewisse Verantwortung quasi, als jemand, der einer Minderheit angehört, darüber Witze zu machen. Weil nicht alle das witzig finden und auch nicht immer witzig finden. Auch du selber nicht.
00:16:52
Ariana Baborie: Ja, das kann ich total gut verstehen. Ich muss auch sagen, mir fällt gerade was ein und … wir sind ja nur unter uns, hört ja niemand zu, sind ja nur wir beide, deswegen sag ich das jetzt. Fällt mir auch schwer, ich mach’s jetzt aber einfach. Und zwar, ich war im Dezember mit einer Freundin von mir auf der Bühne, wir waren in Köln im Gloria. Und – das wurde nicht mal aufgezeichnet – das heißt, es könnte sein, dass sich nie wieder jemand dran erinnern würde, weil es nirgendwo zu finden ist, aber ich sag es jetzt einfach. Da haben wir nämlich genau das gemacht, wir waren auf der Bühne und haben einfach spontan Geschichten erzählt. Ich glaub, wir hatten auch ‘nen Glas mit Zetteln und haben uns quasi Geschichten erzählt mit Assoziationen, die wir zu diesen Begriffen auf dem Zettel hatten. Und was mir tatsächlich oft passiert, ist, dass mir Gags raus …. ich würd jetzt nicht ‘rausrutschen’ sagen – mir fällt ‘ne Pointe ein, ich hau die raus und bin mir währenddessen und auch danach gar nicht so sicher, ob das jetzt so gut war.
00:17:41
Raúl Krauthausen: Treppenwitz.
00:17:42
Ariana Baborie: Hm?
00:17:43
Raúl Krauthausen: So ‘ne Art Treppenwitz, nur andersherum.
00:17:44
Ariana Baborie: Ja, genau. Und manchmal denke ich “Nee, also komm, das muss jetzt sein”, wo andere Leute zusammenzucken. Zum Beispiel hab ich kein Problem damit, vielleicht auch, weil ich einfach so damit aufgewachsen bin, weil Depression bei uns in der Familie irgendwie – war einfach immer ein Thema. Meine Oma hat sich das Leben genommen wegen Depressionen, die hab ich nie kennengelernt. Und wenn jetzt mir spontan eine Pointe einfällt, die irgendwie rund um das Thema Depression ist, dann hau ich die raus. Und dann gibt’s aber Leute, die sich natürlich davon angegriffen fühlen, die sagen “Das finde ich nicht witzig, darüber kann ich nicht lachen”. Die sind manchmal noch gar nicht betroffen von Depressionen, aber die sagen “Das ist so ein ernstes Thema, wie kannst du darüber Witze machen?”. Das heißt, du musst manchmal – oder musst du nicht, aber du gehst über die Grenzen von anderen, ohne das in dem Moment zu wissen. Also du machst den, weil du sagst “In meiner Welt ist der okay”. Es kann aber sein, dass ich andere … also es passiert in dieser Spontanität oft – oder viel ist gar nicht so geplant. Also genau, das ist halt die Schattenseite von dieser Spontanität. Und worauf ich die ganze Zeit hinaus will, ist, ich war im Dezember mit einer Freundin, Lena Kupke, auf der Bühne in Köln und wir haben das ganz spontan gemacht. Und ich kann dir wirklich nicht mehr sagen, was der genaue Witz war – oder der Spruch. Ich versuch’s einfach mal zu konstruieren: Vielleicht hat Lena oder irgendjemand gesagt “Da bleiben wir jetzt einfach mal sehr lange sitzen”. Und dann hab ich gesagt “Das hat Samuel Koch auch mal gesagt”. So. Und genau das war die Situation, 350 oder 400 Leute im Saal und 10 “hohoho” (imitiert Lachen) und der Rest war still. Und das ist dann exakt der Moment gewesen, wo ich gedacht hab “Technisch, fand ich den Witz okay, aber irgendwie fühl ich mich jetzt, mein ich, auch selber so mmh”. Weil das war genau das; ich bin nicht betroffen, die Leute im Publikum sind nicht betroffen. Und ich hab jetzt quasi eine Pointe gebracht, auf Kosten von jemandem, der nicht da ist als Außenstehende. Und obwohl ich den Witz irgendwie – der ging glaub ich ‘nen bisschen anders, aber so in die Richtung – und ich fand ihn in dem Moment gut, weil die Pointe irgendwie überraschend war und gepasst hat aber es ging auf Kosten jemandem und ich bin in diesem Kreis eigentlich nicht drin. Und da hadere ich sehr mit mir.
00:19:52
Raúl Krauthausen: Aber das ehrt dich, dass du da quasi auch so eine Art Selbstreflexion machst. Weil es gibt auch Comedians, die sagen “Ja, wieso? Da saß jemand im Rollstuhl im Publikum und der hat auch gelacht”. Und dann denk ich so, “Ja, aber es ist auch nur einer und trotzdem bleibt nicht immer alles okay”. Es gibt ja auch Frauen, die gegen die Gleichberechtigung von Frauen sind oder gegen die Frauenquote.
00:20:13
Ariana Baborie: Und es gibt wahnsinnig viele Leute, denen begegne ich oft, die dann sagen “Das N-Wort zu sagen, ist doch völlig okay, weil ich hab einen Schwarzen Kumpel und der findet’s okay”.
00:20:19
Raúl Krauthausen: Genau, so, wer ist denn dein Kumpel? Ja, genau.
00:20:23
Ariana Baborie: Ja, es ist wirklich – also das ist, muss ich wirklich sagen, die Gefahr bei diesen … in dieser Spontanitätsgeschichte, dass sowas dann passiert. Und dadurch, dass ich relativ … ich weiß nicht, ob ich sagen würde, relativ niedrige Grenzen – aber ich bin bei vielen Dingen sehr schmerzbefreit, auch die mich angehen. Und halt, also Depression ist auch ein Thema, was mich betrifft und trotzdem bin ich da zum Beispiel so, da können meinetwegen alle drüber Witze machen. Weil das für mich einfach kein Thema ist, wo ich sage, da müssen sich aus meiner Sicht Leute zurückhalten. Weil ich, ich kann drüber lachen, mich betrifft es und ich mach trotzdem Witze drüber. Und ich glaube, dass in meinem Unterbewusstsein sich das dann manchmal verselbstständigt. Und dann mach ich so ‘nen Witz wie mit dieser Samuel-Koch-Pointe und dann merk dann “Oh warte mal, aber nur weil ich sage, ich find’s okay, obwohl ich von Depressionen betroffen bin, dass andere darüber Witze machen”, heißt es jetzt noch nicht, dass ich sagen kann “Ja wieso, Witze über Rollstuhlfahrer*innen sind doch völlig in Ordnung, weil ich kann ja auch über Depressionen lachen”.
00:21:15
Raúl Krauthausen: Ja genau, das ist dann manchmal so der falsche Schluss, den man zieht. Du hast ja gesagt, dass du in Berlin geboren bist, trotzdem wirst du permanent gefragt nach deinem afghanischen Migrationshintergrund, der dann reininterpretiert wird. Gibt es denn etwas Afghanisches in dir, das du lebst und hast und regelmäßig machst?
00:21:37
Ariana Baborie: Sehr gute Frage, weil dadurch, dass ich in Deutschland geboren bin, aufgewachsen bin und immer hier gelebt habe, noch nie in Afghanistan war, hab ich natürlich mit der Kultur, dem Land und den Menschen an sich gar nicht so viel Berührungspunkte. Meine Familie väterlicherseits, die sind bis auf einen einzigen Onkel all in Afghanistan geboren und auch größtenteils aufgewachsen. Und das ist für mich auch manchmal krass im Kopf zu vereinbaren, dass ich denke, ich fühl mich zum größten Teil deutsch und nur zu einem sehr kleinen Teil irgendwie afghanisch. Aber ein so großer Teil meiner Familie hat zu so einem großen Anteil afghanische Wurzeln. Das ist manchmal ganz ganz schwierig für mich so im Kopf überein zu bekommen. Wenn ich an Kindheit denke, denk ich an was ganz anderes, als wenn die an Kindheit denken und wo sie zur Schule gegangen sind und wie sie zur Schule gegangen sind. Und so richtig im Alltag oder in meinem Leben gibt es kaum was … also ich koche nicht afghanisch, ich kleide mich nicht afghanisch – also es gibt ja so traditionelle Kleidung, die haben meine Verwandten mir früher oft mitgebracht. Die hab ich als Kind gerne so zum Verkleiden benutzt, weil die so wahnsinnig tolle farbenfrohe schillernde Kleidung haben. Und ich hab diese kleinen Spiegelchen geliebt, da sind immer wie so kleine Spiegel mit eingenäht.
00:22:50
Raúl Krauthausen: Voll aufwendig.
00:22:51
Ariana Baborie: Ja wirklich, ist unglaublich. So eine Tasche, also so eine typische afghanische Tasche mit wie viel Ornamenten und Stickereien und Verzierungen …
00:23:00
Raúl Krauthausen: Und wir gehen alle zu Zara und kaufen uns so ‘ne …
00:23:03
Ariana Baborie: Ja wirklich, und kaufen das für 15 Euro im Sale, herzlichen Glückwunsch. Nee genau, und deswegen gibt’s aber bei mir so im Alltag relativ wenig. Also mit meiner Oma sprech ich viel Persisch, aber …
00:23:13
Raúl Krauthausen: Also die Sprache ist dir dann doch mitgegeben worden?
00:23:15
Ariana Baborie: Ja, das schon, genau. Also wir sind zweisprachig aufgewachsen, meine Schwester und ich, weil das unserem Vater wichtig war, dass wir die Sprache so mitbekommen. Aber … ich treff auch – also meine Familie ist relativ verstreut auf der Welt, das heißt, es ist jetzt auch nicht so, dass wir uns jede Woche sehen und ich dann jede Woche drei Stunden Persisch spreche, sondern das reduziert sich auf so ein paar Treffen und Telefonate. Und deswegen ist tatsächlich wenig übrig geblieben – außer, absurderweise, mein Äußeres. Wo man entweder merkt, Menschen sprechen es direkt an oder die wuseln da so drum herum, wie so ein bisschen der Elefant im Raum, “Also irgendwas ist ja da, du bist ja jetzt nicht blond und deutsch” …
00:23:53
Raúl Krauthausen: “Wo kommst ‘n du wirklich her?”
00:23:55
Ariana Baborie: Ja, so. “Nee, aber eigentlich also …” -”Ja, nee aus Berlin” “Nee, aber davor?” -”Also ich bin in Berlin geboren” “Ja aber, also deine Familie?”
00:24:05
Raúl Krauthausen: Da musst du sagen, dass du einen schwäbischen Opa hast.
00:24:08
Ariana Baborie: Ich hab einen schwäbischen Migrationshintergrund auch noch, ja (lacht).
00:24:11
Raúl Krauthausen: Bei deinem schwäbischen Opa, wie würdest du dem deine Arbeit erklären?
00:24:15
Ariana Baborie: Oh Gott, ich hab das mal versucht tatsächlich. Ich hab die kompliziertesten Sachen außen vor gelassen. Also ich konnte ihm – doch, nee obwohl, stimmt, ich hab ihm sogar versucht, Podcasts zu erklären. Also, angenommen er würde jetzt vor mir sitzen und ich würde es nochmal zum wiederholten Male versuchen …
00:24:32
Raúl Krauthausen: “Opa -”
00:24:33
Ariana Baborie: -Opa. Würde ich sagen: “Also Opa, einmal mache ich zum Beispiel Sachen im Fernsehen”. Das guckt er dann auch manchmal, wenn es ein Fernsehsender ist, den er empfangen kann. Weil ich glaub, ZDF Neo zum Beispiel, wenn ich da bei Sendungen zu Gast bin, das kann er glaub ich auf seinem Riesenröhrenfernseher nicht empfangen. Das heißt da muss ihm dann irgendjemand, der wohnt immer noch im Schwabeländle am Bodensee, da muss ihm jemand, der ein Handy hat, das zeigen auf dem Handy. Aber sonst würd ich sagen “Ja Opa, ich bin ja zum Beispiel im Fernsehen zu Gast manchmal oder habe da auch eine eigene Sendung dann, wo ich zum Beispiel mit Comedians durch Museen gehe. Das hab ich. Oder ich mach Podcasts, Opa, und das ist wie, wenn du Radio hörst, da der Teil, wo die Leute sich nur unterhalten, wo nicht die Musik läuft. Das mach ich jede Woche. Und da geht’s meistens um witzige Themen, also Comedy. Das ist so Sinn meiner Haupttätigkeiten, Opa. Oder ich stehe auf der Bühne und moderiere Veranstaltungen, Opa”. (lacht) So würd ich’s machen.
00:25:22
Raúl Krauthausen: Und dann: “Schön, mein Kind”.
00:25:22
Ariana Baborie: Genau. Ja so, ja – ist ein bisschen gebrochener bei ihm mittlerweile, er ist wirklich schon – ich glaub 93 oder 94, das heißt, ganz so klar würde er nicht mehr sprechen, wie du’s grad gemacht hast. Ich würd’s aber noch sehr viel lauter und langsamer machen müssen, ja.
00:25:35
Raúl Krauthausen: Das mit dem “lauter” kenn ich inzwischen, ich hab jetzt Hörgeräte. Der Vorteil ist, ich kann sie auch lauter stellen, das heißt, die anderen müssen nicht lauter reden (lacht). Aber ich fühle das, und ich bin erst 42.
00:25:46
Ariana Baborie: Ja, aber du musst wahnsinnig moderne Teile haben, weil ich sehe gar nichts.
00:25:50
Raúl Krauthausen: Ja, sie haben die Haare – gleiche Haarfarbe, also die gleiche Farbe wie meine Haare.
00:25:54
Ariana Baborie: Ah, das ist geschickt. Das ist aber gut, weil mein Opa hat schon seit ich denken kann keine Haare mehr und bei ihm seh ich die sofort.
00:25:59
Raúl Krauthausen: Neongrün (lacht).
00:25:59
Ariana Baborie: Nee, aber in diesem … in diesem rentnergrau, ja. Und halt ohne Haare.
00:26:04
Raúl Krauthausen: Ja, mal gucken, was kommt, wenn ich keine Haare mehr hab. Ich werde berichten.
00:26:08
Ariana Baborie: Aber du bist ja auch leidenschaftlicher Mützenträger. Das heißt, wenn du da einfach versuchst – es gibt doch auch so Mützen mit so Sonnenschutz, mit so ‘nem Tuch hinten dran (lacht).
00:26:15
Raúl Krauthausen: Ja oder diese sibirischen Wintermützen. Mit Fell drin.
00:26:21
Ariana Baborie: Sehr gut. Oder so – es gibt auch so Tiermützen …
00:26:25
Raúl Krauthausen: Einmal Trendsetter sein.
00:26:25
Ariana Baborie: Ja, damit kannst du ‘nen Trend setzen, zum Beispiel indem du jede Woche ein anderes Tier dir aufsetzt. Weil ich war mal mit ‘ner Freundin irgendwo unterwegs und dann hat die gesagt “Guck mal, die Frau da drüben sieht aus, als würde die gerade von ‘nem Eisbären ausgekackt werden”. Weil die hatte so eine dieser Tiermützen, wo es so aussieht als hättest du dann halt so ‘nen halt so ‘nen Eisbären auf dem Kopf, aber es sah wirklich irgendwie ungeschickt aus, als würde sie aus der Mitte, also zwischen seinen Beinen herauskommen. Vielleicht da nochmal genau gucken, wo du …
00:26:50
Raúl Krauthausen: Danke, danke, ich werd drauf achten. Wie ist denn die Ariana, wenn sie nicht vor dem Mikro oder hinter – äh vor der Kamera ist?
00:26:57
Ariana Baborie: Mir wurde mal gesagt, tatsächlich – zu mir hat mal jemand gesagt “Krass, du bist ja so privat genauso lustig, also auch so locker drauf”. Und da war ich ganz erstaunt und dachte so “Hä, dachtest du, ich spiel irgendwie was vor vor der Kamera oder so?”. Und dann, ich weiß gar nicht mehr genau, wer es war, aber ich erinnere mich noch so gut an das Gespräch, und die Person meinte “Nee, aber ich hab wirklich schon sehr viele Comedians getroffen und super viele sind so privat total ernst, und sind auf der Bühne – nicht dass sie sich verstellen – aber die sind einfach im Leben so trockene, ernste Personen. Und auf der Bühne kriegen die dann so ihre Bühnenpersonality und dann drehen sie auf, und dann ist so – da wird so ‘nen Schalter umgelegt und dann ist so Showtime”. Und dann meinte … weil ich weiß nicht mehr, wer das war, scheint ‘nen sehr eindrückliches Gespräch gewesen zu sein (lacht), meinte die Person “Bei dir ist das gar nicht so”. Genau, und ich glaube auch, dass es so ist. Also, dass ich so wie ich vor Kamera oder auf der Bühne oder vor dem Mikro bin, auch relativ viel privat bin. Aber was man natürlich in der Öffentlichkeit jetzt nicht so sieht sind halt diese – ja, ich würd’s erstmal als eher dunkle Phasen bezeichnen, die man natürlich auch so hat. Ich weiß, dass es mittlerweile ganz viele Leute gibt, die so in der Öffentlichkeit drüber reden, was ich auch gut finde, ehrlich gesagt, damit es so enttabuisiert wird, damit es irgendwie sichtbarer wird und nicht immer so hinter vorgehaltener Hand “Ja, die Uschi hat Depressionen”, sondern dass man so ein bisschen sieht, ey, das ist nichts, wofür man sich schämen muss und auch so ein bisschen diese Stigma davon nimmt, so – “Nee, darüber redet man nicht”. Also, wenn man sich’s Bein gebrochen hat, geht man zum Arzt aber wenn du mit Depressionen zu kämpfen hast – nee, nee, das behalt mal schön für dich. Das find ich gut, aber ich fühl mich nicht so danach, das so sehr in die Öffentlichkeit zu tragen. Das heißt, dass ich glaube, diese Seite man von mir nicht so sehr sieht.
00:28:26
Raúl Krauthausen: Aber das stimmt, es gibt verschiedene Typen von Comedians, die dann privat anders sind. Es gibt welche, die sind mega … die strahlen sowas Unsicheres aus.
00:28:43
Ariana Baborie: Stimmt.
00:28:44
Raúl Krauthausen: … dass sie dann, wenn sie eben nicht vor der Kamera stehen oder am Mikro, dann nicht genau wissen – “Am liebsten wär ich jetzt hier weg”.
00:28:49
Ariana Baborie: Ja.
00:28:50
Raúl Krauthausen: Ne, und das hab ich jetzt bei dir auch nicht gehabt.
00:28:53
Ariana Baborie: Ich hab sogar ‘ne Vermutung, warum das bei denen so ist, aber das ist jetzt wirklich krasse Küchenpsychologie.
00:28:57
Raúl Krauthausen: Ja geil, raus.
00:28:58
Ariana Baborie: Ja (lacht). Aufzugphilosophie – äh psychologie
00:29:00
Raúl Krauthausen: Genau, natürlich.
00:29:01
Ariana Baborie: Aufzugpsychologie … Wobei der erste Teil davon ist gar nicht küchenpsychologisch … Man sagt ja ganz oft, oder das ist so ein Klischee, aber ich find, es ist auch was dran, dass Leute die’s so auf die Bühne zieht oder vor die Kamera oder vor’s Mikro, ist ja erstmal was sehr Untypisches. Warum sollte man sich so ins Scheinwerferlicht bewegen? Alle Augen sind auf einen gerichtet, alle hören einem zu. Da gibt’s dieses Klischee , dass die Leute so versuchen, sich die Liebe wiederzuholen oder so die Anerkennung zu holen, die sie vielleicht mal, das steht dann in Klammern, woanders oder früher nicht bekommen haben und ich glaub da ist ganz viel dran. Und jetzt kommt von mir dieses Küchenpsychologische dazu, dass ich mir vorstellen könnte, dass es halt genau das der Grund ist, der viele Leute so auf die Bühne zieht – irgendwie aus dem, ich nenn’s jetzt mal Gebrochenem, etwas zu machen oder vielleicht sich selber zu heilen, indem man so diese Anerkennung bekommt. Und aber am Ende sind sie natürlich trotzdem noch die Person, die irgendwie diesen Bruch hat oder die diese Wunde hat und das macht sich dann vielleicht bemerkbar, wenn sie eben nicht im Scheinwerferlicht stehen, weil innen drin sind sie ja trotzdem noch der gleiche Mensch – aber das ist jetzt hier sehr weit …
00:30:02
Raúl Krauthausen: Aber das find ich ‘ne ziemlich geile These, weil das würde für mich die Frage fast … also ich würde nachfragen, ob das zutrifft, aber … du hast ja mehrfach den Mut bewiesen, Jobs einfach zu lassen. Aufzuhören, zu kündigen. Vielleicht weil du in dir ruhst; vielleicht, weil du einfach weißt, wer du bist, was du wert bist, was du kannst, was du vielleicht auch nicht kannst, und dann gar nicht so sehr nach dieser Geltung suchst?
00:30:25
Ariana Baborie: Naja, das weiß ich nicht, ob das bei mir so der Fall ist (lacht).
00:30:28
Raúl Krauthausen: Sondern einfach, wenn du dich woanders auch wieder ausprobieren bereit bist zu tun, und wenn … Ich frag mich immer, was machen eigentlich Leute, die lange berühmt sind. So, Thomas Gottschalk ist für mich so einer dieser Menschen, die einfach nicht aufhören können.
00:30:42
Ariana Baborie: Ja (lacht). Ja, was ist eigentlich los mit dem?
00:30:44
Raúl Krauthausen: Ja, ich bin nicht derjenige, der das jetzt entscheidet oder beurteilen will aber … es ist ja schon sehr – also es wird immer cringiger. Also er ist so ein bisschen aus der Zeit gefallen, macht dann auch so schlechte Altherrenwitze, wo man da auch denkt “Warum machst du das noch? Du musst es nicht tun”.
00:31:00
Ariana Baborie: Mmh, ja bei dem weiß ich tatsächlich gar nicht, was die Motivation war, auf die Bühne zu gehen (lacht).
00:31:06
Raúl Krauthausen: Oder David Hasselhoff. Also, gibt ja einige.
00:31:08
Ariana Baborie: Ja, vielleicht greift da meine These, oder ist ja nicht meine These, aber diese allgemeine These auch nicht bei jedem aber ich glaub, so ein Stückchen ist schon was dran, dass es erstmal aus einem, ja nicht aus einem Mangel heraus, aber ich glaub, es mal irgendwas passiert sein, dass es Leute auf eine Bühne treibt. Also das ist nicht einfach – ich behaupte, das passiert nicht einfach so bei jemandem, der zu 100 Prozent erfüllt ist und der denkt “Ist doch alles mega. Mir geht’s richtig gut. Ich geh jetzt mal auf die Bühne und erzähl das”. Das glaub ich irgendwie nicht.
00:31:37
Raúl Krauthausen: Ja, aber es kann auch nicht … Es gibt keinen Menschen, dem es hundertprozentig gut geht.
00:31:41
Ariana Baborie: Ne, das stimmt. Okay, das jetzt auch … Das ist auch glaub ich gar nicht das Ziel, dass es einem immer und 100 Prozent gut geht. Aber, ich hab schon irgendwie das Gefühl, dieses – wenn man diesen Drang verspürt, auf die Bühne zu gehen, dass man schon nach irgendwas sucht. Oder irgendwas, das es einen aus ‘nem ganz bestimmten Grund dahin treibt und dass der Grund nicht ist “Ich glaube, dass ich Leute gut unterhalten kann. Ich mach das jetzt einfach mal und geb denen was ganz Selbstloses”. Glaub ich nicht, ich glaub nicht, dass es so selbstlos ist, sich auf eine Bühne zu stellen, sondern dass das ganz viel damit zu tun hat, was das einem selber eigentlich gibt.
00:32:14
Raúl Krauthausen: Ein Freund von mir hat vor ein paar Wochen mal zu mir gesagt, dass er ein Buch liest oder einen Podcast gehört hat von irgendeinem Unternehmensberater, und ich dachte schon “Oh Gott”. Und dann meinte er “Nee jetzt hör mal zu, der hat gesagt, die meisten Menschen, die streben nach etwas, wovon sie nie genug haben können. Also, Geld zum Beispiel, Ruhm oder Macht oder Einfluss. Und die Menschen, die nach etwas streben, wovon man genug haben kann, zum Beispiel Freunde oder ein Dach über dem Kopf oder Essen, sind in der Regel glücklicher”.
00:32:49
Ariana Baborie: Sehr weiser und interessanter Punkt. Ich überleg gerade mal, was es da so gibt. Jaa. Könnte was dran sein. Ja, weil es kein so natürliches Limit gibt.
00:32:59
Raúl Krauthausen: Genau, weil du kannst nicht zu viel, also … irgendwann gibt’s zu viele Freunde, weil dann sind es keine echten Freunde oder enge Freunde. Ich hab mal gehört zwischen 5 und 10 enge Freunde, und danach ist einfach genug.
00:33:12
Ariana Baborie: Ja. Ja ja, das stimmt. Oder danach kann’s auch noch mehr geben aber es wird dann sehr oberflächlich.
00:33:16
Raúl Krauthausen: Genau.
00:33:17
Ariana Baborie: Ja, das stimmt und es gibt ja auch dieses, es ist glaub ich auch so ein … wie so ein Klischee, aber auch da kann ich sagen, es stimmt, dass wenn man auf der Bühne steht, ich glaub es ist vor allem Bühne, also wo du so diesen Rausch des Publikums erlebst. Da reicht Podcast dann nicht aus, sondern es muss wirklich vor halt – also du musst halt die direkte Rückmeldung bekommen der Leute. Und vor allem, wenn du dann Comedy machst und so diesen Applaus und dieses Lachen, und du merkst, du bewegst gerade was bei den Leuten und dann bist du auf Tour – bei Tour ist es echt extrem – und du kommst dann von den Auftritten zurück und bist zum Beispiel abends im Hotel in einer ganz anderen fremden Stadt allein –
00:33:52
Raúl Krauthausen: Horror.
00:33:53
Ariana Baborie: Du fällst in so ein Loch und das wird nochmal multipliziert, wenn du von einer Tour zurückkommst und … da ist so eine riesen Diskrepanz zwischen diesem jeden Tag dieser Adrenalinschub und halt auch diese Zuwendung. Am Ende ist Lachen ja einfach nur Anerkennung, so, ich finde, das, was du gerade machst, ist gut. Mit diesem Lachen lobt man ja die Person. Und dann gibt’s noch, wenn’s gut läuft, Standing Ovations und die Leute klatschen und dann kommst du nach Hause und bist allein in deinem Hotelzimmer und musst dich irgendwie wieder darum kümmern, dass du die zehn Mahnungen noch nicht bezahlt hast oder …
00:34:23
Raúl Krauthausen: Ja oder man verabschiedet sich von dem Partner oder den Kindern.
00:34:25
Ariana Baborie: Ja, genau. Oder du bekommst ‘ne Nachricht, dass nächste Woche ist eine Abgabe, du darfst irgendeine Frist nicht verpassen und kommst auf einmal wieder im normalen Leben an. Und das macht dann wirklich süchtig. Man kommt dann in so eine Spirale, dass man das immer wieder erleben will. Und wie du gesagt hast, man möchte immer mehr davon. Das hört nicht auf, ja.
00:34:45
Raúl Krauthausen: Und wie gehst du damit um?
00:34:47
Ariana Baborie: Ich bin jetzt gar nicht mehr so klassisch auf Tour. Und das Absurde ist, dieses Auf-der-Bühne-Sein hat wirklich wie einen Suchtfaktor. Ich bin jetzt schon länger nicht mehr so regelmäßig auf der Bühne, sondern immer mal wieder, und war letztes Jahr bei einem Auftritt von meinem Freund und Podcast-Kollegen Till Reiners und war –
00:35:04
Raúl Krauthausen: Großartiger.
00:35:05
Ariana Baborie: Ja, ich liebe den auch sehr. Und … ja genau, er hat gefragt, ob ich da zu der Show Eröffnung kommen will, hier in Berlin und –
00:35:13
Raúl Krauthausen: Och nee, lass mal.
00:35:14
Ariana Baborie: (lacht) Nee, muss nicht sein. “Till, ich kenn dein Programm auswendig. Wir sprechen jede Woche anderthalb Stunden. Es reicht jetzt langsam”.
00:35:20
Raúl Krauthausen: “Ich hab alle deine Witze gehört”.
00:35:21
Ariana Baborie: Ja, wirklich.
00:35:22
Raúl Krauthausen: “Reicht jetzt”.
00:35:22
Ariana Baborie: “Ich kann sie schon erzählen, warum soll ich mir die jetzt von dir nochmal angucken?” Ne, und ich bin in diesen Saal reingekommen und allein, also es war wirklich krass, weil alleine schon mal diese Stimmung, dieses Knistern so 15 Minuten vorm Auftritt, da läuft so leise dudelige Musik im Hintergrund, das Saallicht ist noch an. Es ist ja ein unglaublicher Geräuscheteppich auch wenn so vier-, fünf-, sechshundert Leute sich unterhalten noch.
00:35:43
Raúl Krauthausen: Warst du Backstage oder warst du …
00:35:44
Ariana Baborie: Nee … also – war ich auch, klar Raúl. Natürlich war ich Backstage, also sorry. Vor allem, weil Till mir dann immer Getränke umsonst geben kann, was ja praktisch ist (lacht). Aber da saß ich einfach, ich sag mal wie eine stinknormale Bürgerin.
00:35:57
Raúl Krauthausen: Eine von uns!
00:35:58
Ariana Baborie: Wirklich, eine von der Basis. Also eine von ganz weit unten, ich wollte mal schnuppern, wie sieht es da unten eigentlich aus (lacht). Dann saß ich mit meinem Freund dort im Publikum, wir haben drauf gewartet, dass es losgeht. Wir waren, im Gegensatz zu heute, da bin ich zu spät gekommen, es tut mir immer noch herzlich leid, war wir da vorbildlich früh und saßen also zehn Minuten vor Showbeginn da und der Saal hat sich immer mehr gefüllt. Und ich hab – in mir hat sich so eine Aufregung breit gemacht. Ich wollte am liebsten auch auf die Bühne, ich war kurz davor Till zu fragen, ob ich nicht ihn noch in der zweiten Hälfte supporten soll oder so, weil es mich wirklich auf die Bühne gezogen hat. Und dann hat er seine Show gespielt und dann war die Show vorbei. Tosender Applaus natürlich, Till Reiners, tosender Applaus und ich hab in mir so eine Wehmut gespürt, weil ich dacht “Ich will – würde jetzt auch so gerne gerade auf die Bühne und hätte das jetzt auch so gerne erlebt”. Also das ist wirklich krass, was da mit einem passiert, wenn man ein Bühnenmensch ist und wenn man das mag, da so dran kurz vorbei zu schrappen quasi. Und obwohl ich es gerade nicht so regelmäßig mache, merke ich in den Momenten, also das ist jetzt eine steile These und es tut mir leid für alle, die betroffen sind, aber es fühlt sich in dem Moment für mich an, als wäre ich eine Alkoholikerin auf Entzug, die dann mal kurz an einem alkohlfreien Sekt nippt und denkt “Scheiße, das ist jetzt kein echter aber fuck, ist das geil. Ich würde gern mal wieder”. Also weil’s wirklich – das zieht dich sofort wieder rein.
00:37:12
Raúl Krauthausen: Gleich geht’s weiter. Wenn du diesen Podcast unterstützen möchtest, dann kannst du das mit einem kleinen monatlichen Beitrag tun. Im Gegenzug kannst du aktuelle Folgen vorab hören und du wirst, sofern du das möchtest, hier im Podcast auch namentlich genannt. Alle Infos findest du auf raul.de/aufzug. Ende der Service-Durchsage. Viel Spaß beim zweiten Teil der Folge. Gibt es denn etwas, wo es dir die Sprache verschlägt?
00:37:52
Ariana Baborie: Bei der Comedy?
00:37:53
Raúl Krauthausen: Oder auch privat, also wo du sagst – du hast mal eine Geschichte erzählt mit deinem Ex-Chef beim Radio … das fand ich richtig gruselig.
00:38:01
Ariana Baborie: Ja…
00:38:02
Raúl Krauthausen: Wenn du die gerne nochmal erzählen magst, muss du aber nicht.
00:38:05
Ariana Baborie: Es zielte natürlich auch genau wieder auf dieses Bühnending ab. Witzig, ich hab mir gerade vorgestellt, ich erzähl 20 Minuten eine Geschichte und dann guckst du mich so an und sagt am Ende der 20 Minuten “Ach krass, ja, aber die Geschichte meinte ich nicht” (lacht). Ich hoffe, das passiert mir jetzt nicht, aber ich glaube, die Geschichte, die du meintest, ist … genau, da war ich beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt und hatte das – ich hatte vorher so Castings und dann wurde ich quasi genommen und hatte wie nochmal so ein Kennenlerngespräch mit dem “Wellenchef” nennt man das da beim Öffentlich-Rechtlichen. Und hab den kennengelernt und der war super sympathisch, war ein total nettes Gespräch. Und dann sagt der am Ende: “Darf ich dir eine Frage stellen?”. Und wenn man sowas fragt, ist ja immer schon – denkt man so “Ha, was kommt jetzt”. Ja genau, entweder du stellst sie einfach oder du stellst sie nicht. Aber vor allem, darf ich dir eine Frage stellen – wer sagt da nein? Also … (lacht) Und vor allem, dann kommt aber meistens ein Hammer, wo ich mir dann denke “Ja gut, die Verantwortung hättest du jetzt eigentlich selber dir überlegen müssen, ob du die übernehmen willst oder nicht. Aber gut, gib sie mir’”. Weil da kann man am Ende schön sagen “Ja, du hast doch gesagt, darf ich dir eine Frage stellen”. Also hab ich gesagt: “Was möchtest du denn wissen?”. Ich kann ja mir dann immer noch überlegen, ob ich sie beantworten will oder nicht. Und dann meinte er, “Darf ich wissen, wie dein Verhältnis zu deinem Vater ist?”. Und dann hab ich ihn angeguckt und ich war so, wo kommt die Frage denn jetzt her?
00:39:12
Raúl Krauthausen: Also völlig random.
00:39:14
Ariana Baborie: Ja. Und er hat sofort gesagt “Wenn es dir zu persönlich ist, du musst es auf gar keinen Fall beantworten”. Und dann wollt ich anfangen zu sprechen und mir sind einfach nur die Tränen runtergelaufen. Und dann wollt ich wieder ansetzen, hab mich kurz beruhigt, es ging nicht. Und dann hat er irgendwann das Fenster aufgemacht und meinte “Es tut mir total leid. Alles gut, du musst es nicht beantworten”. Und wir haben dann auch nicht weiter darüber gesprochen und ich hab dann da zwei oder drei Jahre gearbeitet. Und ganz am Ende, ich hab dann da gekündigt und bin zurück nach Berlin – und dann hatten wir unser Abschlussgespräch und dann hab ich gesagt “Jetzt muss ich dir nochmal eine Frage stellen: Wieso hast du mich das damals gefragt, als wir uns kennengelernt haben? Wieso hast du diese Frage gestellt? Und vor allem woher wusstest du, dass du da irgendwie in so ein Minenfeld reintriffst, ohne dass ich …”, das ist so ein Thema, was ich ansonsten in der Öffentlichkeit jetzt nicht so weiter besprechen würde. Aber genau, und dann hat er gesagt “Erstmal ist es für Menschen sowieso schon ungewöhnlich, sich” – so wie wir es auch schon besprochen hatten “in so ein Scheinwerferlicht zu stellen auf eine Bühne, ist relativ untypisch”. Das ist eigentlich eine Situation, die man nicht so gern hat. Alle gucken auf einen, gucken genau, was du sagst. Und dann noch den Druck zu haben, jetzt Leute zu unterhalten, muss ja nicht immer zum Lachen bringen sein, aber einfach nur die in irgendeiner Weise zu berühren oder denen einen guten Abend oder Nachmittag zu bereiten, das ist eine relativ untypische Situation. Und in der Schule sind die meisten ja schon beim Referat halten super aufgeregt und denken “Oh Gott, ich will nicht vor der ganzen Klasse spielen”.
00:40:32
Raúl Krauthausen: Aber die kriegen das auch nicht beigebracht in der Schule.
00:40:33
Ariana Baborie: Nee, das stimmt. Muss ich auch sagen, da wird man so ins kalte Wasser geworfen. So ja, nächste Woche halten alle Referate über ihr Lieblingshaustier, aber mehr kriegt man da irgendwie nicht so an die Hand gebracht, genau. Und er meinte, das eint schon die meisten Leute auf der Bühne, dass da halt – ich glaub, von ihm – er war der Erste, der das bei mir so ein bisschen diesen Stein ins Rollen gebracht hat, so, was ist eigentlich das, was alle Leute vereint, die auf der Bühne stehen? Und dann meinte er, und in meiner Welt, in meiner Realität war er damit sehr früh mit der nächsten These, die er aufgestellt hat, weil ich da noch gar nicht so das Bewusstsein für hatte, meinte er, wofür es noch ungewöhnlicher ist, ist bei Frauen, dass Frauen das machen. Weil Frauen so in der Gesellschaft eigentlich nicht dazu ermutigt werden, jetzt doch mal auf eine Bühne zu gehen und mal zu erzählen, was sie denn so erleben, das muss ja wahnsinnig witzig sein. Sondern denen wird meistens so das Gefühl gegeben, so “Mein Gott, Frauen können einfach nicht- lass es doch einfach!”. Und “Weißt du, wenn du auf der Bühne sprichst, das sind so Frauenthemen, die interessieren auch irgendwie keinen”, also, so. Und dass eine Frau auf die Bühne geht und dann auch noch so laut ist, also ich bin ja – also jetzt nicht von der Lautstärke her, das auch, vor allem wenn ich mit meinem Opa rede (lacht), aber so relativ wenig Grenzen und ruhig auch mal derbe und so – in der Öffentlichkeit oder auf der Bühne. Und er meinte, das ist relativ ungewöhnlich und in den meisten Fällen, ich weiß nicht, ob das bei ihm auch wieder Küchenpsychologie war oder ob er da mal eine tiefer greifende arte-Doku drüber geguckt hat, meinte er, ja, hat das so ‘nen Bruch oder einen Mangel oder ein Getriebensein, liegt es dem zugrunde. Und das hat in ganz vielen Fällen damit zu tun, wie das Verhältnis zum Vater ist oder ob da quasi was vorgefallen ist; ob das Verhältnis nicht gut ist oder, ja, ob … genau. Und ich weiß nicht, ob das jetzt einfach nur Zufall war, dass er da so ins Schwarze getroffen hat aber er hat es genau getroffen. Und ich hatte mir dann so in den nächsten Jahren zum Hobby quasi gemacht – du, andere sammeln irgendwie Bücher über Schmetterlinge, mein Hobby war, ich gucke mal bei Comedians, die ich treffe …
00:42:32
Raúl Krauthausen: Und fragst sie diese Frage: “Darf ich dir eine Frage stellen?”
00:42:35
Ariana Baborie: (lacht) Das wär glaub ich ein krasser Psychomove, wenn ich das ab jetzt immer machen würde, aber vielleicht mach ich’s mal auch einfach, weil, hey, warum soll mein Chef das nur machen dürfen und nicht ich? Nee, aber wenn es sich ergeben hat und das Gespräch so ein bisschen persönlicher geworden ist, hab ich versucht, so rauszuhorchen, ob, ich sag jetzt mal sehr floskenmäßig, in der Kindheit alles okay war oder nicht. Und ich muss echt sagen, das ist jetzt nur so eine gefühlte Wahrheit, aber ich würde schon schätzen, dass so bei 90 Prozent der Leute, mit denen ich geredet hab, lag wirklich einiges im Argen. Es muss nicht immer, auf gar keinen Fall, immer der Vater gewesen sein. Oft waren es aber tatsächlich die Eltern oder das Aufwachsen und die Kindheit. Und wenn nicht das, dann gab es irgendwas anderes, was die im Leben so schwer getroffen hat oder die so gebrochen hat, dass die auf der Suche nach etwas, was sie dann auf der Bühne hoffentlich, also ja, in ihrem Interesse hoffentlich finden, dass die auf die Bühne gebracht hat.
00:43:26
Raúl Krauthausen: Trotzdem lässt mich dieser Chef nicht los. Also weil das ist so harte – auch machtübergriffig auf eine Art. Also ich meine, er ist dein Chef und du bist ihm ja egal, du hast ja noch zwei Jahre da weitergearbeitet. Du warst von ihm ja abhängig. Und er wusste ab sofort, wo dein Schwachpunkt ist.
00:43:46
Ariana Baborie: Krass, so hab ich es natürlich nie gesehen. Ja.
00:43:48
Raúl Krauthausen: Das ist so Reviermakieren so ein bisschen. Ich zeig dir mal, wo hier der Hammer hängt.
00:43:54
Ariana Baborie: Ich glaube, das war gar nicht seine Intention.
00:43:56
Raúl Krauthausen: Aber fühlt sich so an.
00:43:58
Ariana Baborie: Ich merk auch oft, dass ich – bin ja wahnsinnig lang schon in Therapie tatsächlich – und merke auch sehr oft, wird mir dann auch so gespiegelt, dass ich da – ich zum Beispiel hab da eher so die Bewunderung gesehen. Also jetzt nicht “Oh mein Gott, mein Chef ist ein Heiliger” aber ich dachte so “Krass, dass der das gesehen und erspürt hat und mich dann so drauf angesprochen hat”. Er hat ja auch ganz empathisch gesagt, ich muss das nicht beantworten. Und das passiert mir oft, dass ich dann sowas sehe, also, dass ich dann andere in Schutz nehme oder verteidige, und Menschen von außen mich drauf aufmerksam machen und sagen “Das ist nicht okay”.
00:44:30
Raúl Krauthausen: Das ist ja auch das, was Frauen oft anerzogen wird.
00:44:33
Ariana Baborie: Ja, das stimmt.
00:44:34
Raúl Krauthausen: Du warst mit Till Reiners im Podcast von Matze Hielscher, in “Hotel Matze”, und Matze hat ja auch so ‘nen Fragenkarten-Set herausgebracht, wo auch so Fragen drinstehen, die ich auch wirklich sehr schöne Fragen finde, die man eigentlich fast jedem stelle kann. Und dann hatte ich vor ein paar Ausgaben, oder Folgen, Ralph Caspers bei mir zu Gast und der hat auch ein Buch geschrieben, mehrere Bücher, 99 Fragen, die man Kindern stellen kann. Und meine Lieblingsfrage aus diesem Buch ist: Was weißt du, was du nicht beweisen kannst? Ich find das so ‘ne schöne Frage, weil es einfach zum Denken einlädt. Du musst jetzt auch gar nicht … du- so, darf ich dir ‘ne Frage stellen?
00:45:15
Ariana Baborie: (lacht)
00:45:16
Raúl Krauthausen: Du musst nicht antworten, wenn es zu persönlich ist.
00:45:19
Ariana Baborie: Raúl, übernimm bitte selber die Verantwortung, ob du mir die Frage stellen willst oder nicht (lacht). Hol dir jetzt nicht meine Absolution. Was weiß ich, was ich nicht beweisen kann? Okay. Ich sag jetzt mal Folgendes: Ich glaub- also nee, ich bin kein super esoterischer oder spiritueller Mensch … also ich bin zum Beispiel mir uneinig mit mir selber über so Sachen wie Homöopathie oder sowas. Ich würde aber nicht alles, was wir nicht beweisen können, direkt verteufeln. Aber es ist jetzt nicht so, dass wenn ich irgendwie … Ich hab gerade – wie nennt man das – ‘nen Ganglion, das musste mir mein Hausarzt erstmal erklären, das ist ‘ne Zyste im Fingergelenk, hab ich. Und dann meinte er “Ja, du kannst da auch so … es gibt Leute, die vergraben ‘nen Apfel. Und man sagt, wenn der Apfel verottet ist, hat sich das Ganglion aufgelöst”. So doll ist es bei mir nicht. Aber es gibt da so ‘ne Sache, das … kennst du “Restless Leg Syndrome”, weißt du, was das ist?
00:46:14
Raúl Krauthausen: Ja.
00:46:14
Ariana Baborie: Ja genau, und ich hab das, das heißt für Leute, die es nicht wissen, das ist ein bisschen wie eingeschlafene Füße aber noch viel, viel stärker. Und das ist nicht nur so ‘nen Kribbeln, sondern das ist so ein merkwürdiger Schmerz, den ich finde, kann man mit nichts vergleichen, der einen zwingt, das Bein zu bewegen. Also man hält es nicht aus, still zu halten, das ist wie Folter tatsächlich. Also es ist so ein unangenehmes Stechen und Kribbeln. Und das hat sich bei mir irgendwann mal entwickelt. Ich hab gemerkt, meistens, wenn ich lange aufrecht sitze und im Internet hab ich leider immer nur die Info gefunden, das ist sehr schlecht erforscht, und es gibt auch nichts, was dagegen hilft und man kann auch nicht sagen, wo es herkommt.
00:46:54
Raúl Krauthausen: Und Ärzte sagen immer, das ist der Stress oder nehmen Sie Kortison.
00:46:57
Ariana Baborie: Ja, oder Eisenmangel (lacht).
00:46:58
Raúl Krauthausen: Eisenmangel, natürlich.
00:46:59
Ariana Baborie: Genau, das ist immer so ein bisschen “Vielleicht einfach mal ein bisschen in die Sonne und wenn nicht, substituieren Sie doch Vitamin D”. “Aber immer darauf aufpassen, dass Sie einen Löffel Öl zu sich nehmen, sonst kann der Körper das nicht aufnehmen”. So, mehr fundiertes Fachwissen gibt es dazu nicht. Und dann hab ich das irgendwann mal meiner Mutter erzählt, ich hoffe, dass ich sie damit jetzt nicht in eine Ecke stelle, aber sie hat zu mir gesagt, dass sie so Globuli hat, die man dagegen nehmen kann. Weil sie hat das auch, und wenn sie die nimmt, ist alles gut. Und viele werden jetzt wahrscheinlich denken “Nein, Globuli, diese esoterischen Zuckerkügelchen” – Genau wie ich, und bin wirklich irgendwann sauer geworden, als sie mir es zum 50. Mal empfohlen hatte. Und hab gesagt “Mama, jetzt hör mir auf damit. Das sind einfach nur irgendwelche Zuckerkugeln, in die irgendeine Bachblüte reingeworfen wurde, 100 Mal geschüttelt und dann wurde gesagt, hier, das ist jetzt die dritte Potenz, Eisenkraut und das hilft”. Und obwohl ich ansonsten bei vielen Dingen sehr offen war, hab ich da gesagt “Nee, mit Globuli versuch ich es nicht”. Und irgendwann war ich aber so verzweifelt, weil Kinobesuche musste ich abbrechen, weil ich konnte nicht mehr so lange sitzen, weil ich dieses Restless Leg hatte; Flüge undenkbar, wo du auch noch gezwungen bist, so zu sitzen und du nicht im Flugzeug hin und her laufen kannst. Und ich dachte irgendwann “Okay, es reicht mir, ich möchte nicht ständig dieses hören ‘Versuch’s doch mal mit den Globuli’”. Und dann dachte ich mir “Ich nehm sie nur aus einem Grund, um zu meiner Mutter sagen zu können“, so, weißt du was, Mama, ich hab sie genommen, es hat nicht geholfen. Lass mich jetzt in Ruhe mit deinen scheiß Zuckerkugeln”. Was soll ich dir sagen? Ich hab mir diese Dinger geholt, ich hab die benutzt und ich hab noch gedacht “Ja, ich wart jetzt einfach nur darauf, dass es nicht funktioniert, damit ich ihr sagen kann- damit ich endlich einen Grund hab, dass ich die Teile scheiße finde”. Es ist das Einzige, das funktioniert.
00:48:33
Raúl Krauthausen: Hammer.
00:48:33
Ariana Baborie: Und es funktioniert jedes Mal. Und seit ich denken kann, ich hab das noch kein Mal benutzt und es hat nicht geklappt. Und oft sagt man ja, “Ja, Placebo-Effekt, wenn du denkst, dass etwas funktioniert, dann wirkt es auch”. Ich habe nicht gedacht, dass es funktioniert. Ich hatte Hass in mir drin, ich hatte so eine große Ablehnung. Ich wollte einfach nur beweisen, es geht nicht. Das heißt, es funktioniert etwas, was wissenschaftlich erwiesen nicht funktionieren kann und von dem ich sogar behaupte, es kann auch gar nicht funktionieren und es geht trotzdem. Und ich verstehe es nicht und ich kann es nicht beweisen, aber irgendwie ja.
00:49:07
Raúl Krauthausen: Ja, die Links zu dem Medikament mit Affiliate Code finden wir dann in den Show Notes.
00:49:12
Ariana Baborie: (lacht) Wollen wir die Prozente uns teilen?
00:49:15
Raúl Krauthausen: Teilen wir uns dann auf, ja, ja, ja.
00:49:16
Ariana Baborie: Ja, oder?
00:49:18
Raúl Krauthausen: Das ist ‘ne super gute Geschichte. Meine Mutter ist Ärztin und die immer gesagt “Wer heilt, hat recht”. Und das find ich einen schönen Ansatz.
00:49:23
Ariana Baborie: Das ist ‘nen offener Ansatz.
00:49:25
Raúl Krauthausen: Sie glaubt eigentlich, nicht dran aber wenn es hilft, besser als Schmerzen. Ja, das ist eine gute Antwort auf die Frage, was weißt du, was du nicht beweisen kannst.
00:49:35
Ariana Baborie: Es gibt ansonsten nämlich, glaub ich, wenig Dinge. Deswegen musste ich auch erstmal überlegen, weil ich ansonsten schon oft versuche, mich so an den Fakten zu orientieren. Weil alles, was man nicht so belegen kann, ist ja auch schwer greifbar. Was aber nicht heißt- ich würde von mir behaupten, dass ich ein sehr fantasievoller Mensch bin. Ich hab auch schon ganz früh als Kind- ich wollte mir unbedingt von meiner Tante vor der Schule lesen und schreiben beibringen lassen, weil ich hatte so viele Geschichten und Ideen im Kopf und ich wollte Bücher schreiben. Ich hab natürlich jetzt mit sechs noch keine Bücher geschrieben, aber ich konnte vor der Schule dann lesen und schreiben, damit ich meine Geschichten aufschreiben konnte. Und ich würde schon behaupten, dass ich ein sehr fantasievoller Mensch bin aber für mich gibt es halt einen Unterschied, ob ich jetzt eine Geschichte über Drachen schreibe und in meiner Fantasie der über Häuser fliegt und sich dann noch in einen Hund verwandelt und dann am Ende auf einer Zauberschule irgendwie der Direktor wird oder ob ich wirklich glaube, dass es das gibt und dass es passiert. Und da mache ich den Unterschied.
00:50:34
Raúl Krauthausen: Wir haben ja ganz kurz schon über Gender gesprochen und über das Thema, was Frauen vielleicht auch beigebracht bekommen von ihrer Umwelt oder Familien. Was mir immer wieder auffällt, und ich muss mir da an die eigene Nase fassen, ist das Männer-Podcast-Starten. Das ist nämlich so ein Ding. Und du hast ja auch mehrere Podcasts am Laufen, zwei mit Till Reiners. Und ich hab mich gefragt, ob es nur im Tandem funktioniert.
00:51:06
Ariana Baborie: Podcasten?
00:51:07
Raúl Krauthausen: Also im Sinne von, dass man dann auch als Frau ernst genommen wird und wahrgenommen wird. Warum ich das sage ist, es gab wahrscheinlich super viele Empfehlungen deiner Person, wo gesagt wurde “Ja, ihr müsst unbedingt Ariana einen Podcast machen lassen, die ist super”. Ich würde sofort buchen, wenn ich das Kapital hätte, würde ich sofort machen. Und ganz oft finden diese Empfehlunge, die ich dann mache in meinem Bereich Behinderung, warum immer Raúl fragen, also warum immer Männer fragen, und ich dann Leute empfehle und sage “Frag doch mal meine Kollegin mit Behinderung oder so” dann findet das nie statt. Und das hat mich richtig wütend gemacht. Und dann, weil ich ja auch den Ärger kriege, so was wie “Warum denn du schon wieder?”. Und dann denk ich “Ja, besser ich als jemand, der vielleicht noch weniger von dem Ding versteht” und bin dann stattdessen dazu übergegangen, dass ich mit Tandem arbeite. Das heißt, ich sage “Sie bekommen ein Interview mit mir aber nur wenn ich Kollegen mitbringe”. Und dann bin ich bei Interview dabei und schweige.
00:52:05
Ariana Baborie: Ah, schlau.
00:52:07
Raúl Krauthausen: Jetzt schweigt Till Reiners nicht, ich glaub auch nicht, dass das sein Plan war. Aber ich find es schade, dass es nur über so trojanische Pferdfunktion irgendwie zur Sichtbarkeit führt. Und wenn wir dann so einen ehemaligen ARD-Chef haben, der einfach sagt, dass es eigentlich keinen weiblichen Kai Pflaume gibt – Warum ist Kai Pflaume ‘ne Messlatte? Und ist es vielleicht auch gut, dass es keinen weiblichen Kai Pflaume gibt … Erlebst du das auch in dem Betrieb, in dem du unterwegs bist?
00:52:34
Ariana Baborie: Ja, ganz doll. Also mit Till war das so, dass wir eine Weile befreundet waren und ich immer zu ihm gesagt hab, aber ehrlich gesagt mehr so blöd dahin gesagt, “Mann Till, ich find deinen Humor so toll und wir haben uns auch immer so gut verstanden, irgendwann im Leben will ich mit dir nochmal ein Format haben, egal was es ist”. Und als wir dann mit “Herrengedeck” aufgehört haben, hab ich irgendwann zu Till gesagt “Weißt du was, hast du nicht Lust mit mir einen Podcast zu machen?”. Es hatte aber tatsächlich gar keinen strategischen Hintergedanken, sondern es war einfach, ich hab einen Podcast beendet, hatte ein halbes Jahr keinen Podcast gemacht und konnte mich jetzt irgendwie so neu aufstellen und positionieren und hatte das mit Till ja schon immer im Hinterkopf. Das heißt, es war tatsächlich keine Strategie dahinter aber natürlich ist es genau wie du gesagt hast oder so angedeutet hast oder gefragt hast, dass immer noch Frauen so ein wahnsinnig großes Problem haben, stattzufinden, sichtbar zu sein, Fuß zu fassen. Also beinahe täglich stolper ich da irgendwo drüber, sei es jetzt ein Ankündigungsplakat von so einer Mixed-Show. Also, Mixed-Show heißt, man hat ein Comedy-Event und da treten fünf Comedians und Comediennes auf – aber ich brauch’s eigentlich gar nicht gendern – weil es super oft so ist, dass da einfach die Fotos von fünf Männern drauf sind. Mittlerweile wird das auf Social Media schön sichtbar finde ich, ist ja auch nicht nur schlecht, dass jeder im Internet kommentieren kann und alle aus ihren Löchern rauskommen. Schreiben ganz, ganz viele drunter “Wow, habt ihr mal wieder keine einzige Frau gefunden, die Comedy macht? Das kann eigentlich gar nicht sein”. Das sieht man immer wieder. Und was ich auch beobachte, und das macht mich auch so wütend, ich weiß, dass es Viele in der Medienbranche gibt, die sagen “Nee, es ist nicht so und Frauen sollen sich da nicht so anstellen”. Aber es ist so, wenn man das vergleicht, wenn Männer Fernsehsendungen bekommen und die fangen damit an und man guckt sich eine Folge an, nicht nur ich subjektiv, sondern viele andere Menschen denken sich auch, “Da ist noch bisschen Luft nach oben”. Da gibt es ein paar Leute, die drunter schreiben “Hat mich jetzt nicht so abgeholt”. Und eine Armee kommt sofort, die sagt …
00:54:33
Raúl Krauthausen: Tommi Schmitts erste Sendung war gar nicht so gut im Vergleich zu dem später, muss man sagen. Ich glaub, das würde der selber auch so sehen.
00:54:42
Ariana Baborie: (lacht) Das hast du jetzt gesagt. Aber bei Tommi war es ehrlich gesagt ähnlich. Ich war sehr viel später zu Gast, also bei ihm bei Studio Schmitt, aber hab auch nach den ersten zwei Folgen die Kommentare gesehen, so “Boah, das ist aber schwach”. Dann kam diese Armee aber von Leuten, also die war wirklich, das waren so- gefühlt waren es so fünf Kritiker*innen gegen eine riesige Masse von Leuten, die sagt “Ey, ey, ey, jetzt gibt dem doch mal Zeit. Der muss doch auch erstmal im Fernsehen ankommen, der hat das noch nie gemacht. Jetzt lass den doch erstmal, der muss sich doch erstmal finden. Mein Gott, bei der ersten Sendung so rummeckern, was ist denn mit euch los”. Wenn man sich jetzt mal die Kommentare anguckt unter Videos, wenn Frauen eine Sendung haben, wenn Frauen auf der Bühne stehen, die werden zerrissen mit einer Bösartigkeit: “Noch nie eine lustige Frau gesehen. Was macht die auf der Bühne? Und das soll wer sein? Interessiert keinen, was die Alte labert”. So ist es dann unter den Videos-
00:55:33
Raúl Krauthausen: Warst du das, die das schreibt? (lacht)
00:55:33
Ariana Baborie: (lacht) Sehr auffällig, dass ich so aus dem Stehgreif diese ganzen Kommentare kann, ja komisch. Und nachher schickst du mir so Screenshots und sagst “Wie kann das sein, dass du wortwörtlich genau die Kommentare getroffen hast?”. Nein, aber es ist so, und das sind keine gefühlten Wahrheiten, das sind einfach Fakten. Und das macht mich so sauer und so wütend, vor allem wenn es in der Öffentlichkeit dann so geleugnet wird und gesagt wird, das ist nicht so und “Ja, das kommt euch vielleicht auch nur so ein bisschen vor”, nee, das kommt uns nicht so vor, es ist so.
00:56:01
Raúl Krauthausen: Total. Anke Engelke hatte ja auch mal einen Late-Night-Versuch und der war irgendwie auch nur gefühlte zwei Minuten im Vergleich zu wie lange Stefan Raab da irgendwie rumgenervt hat bis er irgendwie dann ab und zu mal einen guten Gag hatte. Aber das fand ich dann auch wirklich sehr unfair. Offensichtlich unfair.
00:56:18
Ariana Baborie: Ja. Und wie viele von diesen Leuten, die dann seit Jahrzehnten sich da irgendwie so im Showbusiness rumtummeln. Neulich hat erst jemand zu mir gesagt- wer war denn das? Egal, ich würd nicht Namen eh nicht nennen aber ich würde behaupten, jemand meines Alters, der gesagt hat “Für mich gibt- also der Größte für mich, da wird nie jemand rankommen, Thomas Gottschalk”. Und ich saß da und dachte so, also ich versteh es einfach nicht, weil das ist so aus der Zeit gefallen. Und ich kann verstehen, dass man da, das versteh ich total, dass man nostalgische Gefühle hat. Hallo, wir haben auch jeden Samstagabend “Wetten dass…?” zu Hause geguckt.
00:56:48
Raúl Krauthausen: Ich würd das über Günther Jauch sagen.
00:56:49
Ariana Baborie: Ah ja, das kann ich verstehen, ja. Der hat irgendwie noch paar Sympathiepunkte mehr, ne? Genau, aber ich kann es verstehen, dass man da so nostalgische Gefühle und vielleicht halt so Kindheitserinnerungen an Thomas Gottschalk hat. Aber es werden auch immer wieder dann so Leuten, die seit Jahrzehnten sich da irgendwie schon rumtummeln, Sendeplätze gegeben, wo ich denke “Ey, könnt ihr da nicht mal irgendwie Leute nachrücken lassen auch und denen eine Chance geben?”. Und es kann doch auch- es kann einfach nicht sein, dass es keine witzigen Frauen gibt. Die sind da. Ja, aber denen wir a) oft keine Bühne gegeben, also denen wird kein Platz eingeräumt, b) werden die so unfassbar viel schärfer kritisiert als ihre männlichen Kollegen. Das ist wirklich absurd. Und c), jetzt muss ich wirklich aufpassen, dass ich in der Reihenfolge noch richtig bleibe und nicht auf einmal sag “Und fünftens”… Wenn natürlich Frauen die ganze Zeit, sowohl ganz direkt als auch so subtil unterbewusst, das Gefühl vermittelt wird “Das ist nicht euer Platz. Also, ihr seid nicht witzig, Humor ist einfach Männersache, runter da, ihre werdet sowieso platt gemacht”, ja welche Frau traut sich dann da noch zu sagen “Ich mach jetzt einen Comedy-Podcast, ich toure jetzt mit einem Programm”.
00:57:51
Raúl Krauthausen: Ja, voll. Und es zeigt ja auch, es gibt ja großartige Comedians. Ich mag das Wort ‘Comedienne’ nicht, weil das irgendwie so gekünstelt klingt aber vielleicht muss ich mich da dran gewöhnen. Also eine großartige Comedienne ist Maren Kroymann.
00:58:05
Ariana Baborie: Ja, richtig toll. Das stimmt.
00:58:07
Raúl Krauthausen: Großartig, und auch so mit Würde sie das auch alles darbietet und auch so eiskalt seziert, auch genau dieses Thema aufmacht. Dann Tahnee find ich auch richtig gut. Hazel Brugger, Carolin Kebekus, also mir würd’n jetzt spontan einige einfallen, die sind auch schon bekannt. Ich hab auch schon auf kleinen Bühnen großartige weibliche Comedians gesehen. Und ich frag mich, was für ein dickes Fell muss man da aufbauen, um das einfach trotzdem zu machen.
00:58:37
Ariana Baborie: Also ich hab ja mal mehr diese klassischen Stand-Up-Comedy gemacht. Und einer der Gründe, warum ich aufgehört habe, also ich war bei so einem, ich glaub Poetry Slam war es damals noch … Es ist wirklich super lange her, über 14 Jahre und ich saß da im Publikum, kannte diese Form noch gar nicht, Poetry Slam, und musste sehr lachen über die Teilnehmer*innen da. Und hab gedacht “Das kann ich doch auch”. Hab mich zum nächsten angemeldet mit so einem Text und bin glaub ich gleich Dritte geworden oder Zweite nach Sarah Bosetti, die ja so eine Riesengröße in diesem Gebiet ist. Und die Veranstalter da waren auch so “Hä, wo kommst du denn her? Wir haben dich hier noch nie gesehen”. Und dann bin ich als nächstes direkt zum Quatsch Comedy Club, bin da auch wieder bei der Talentschmiede, das war damals – ich weiß nicht, ob’s die noch gibt vom Quatsch Comedy Club, wie so ‘nen bisschen wie so ‘ne größere Open-Mic-Bühne – und bin sehr schnell, sehr weit nach oben gekommen. Und ich glaube, mein dritter Auftritt überhaupt im Leben war schon im Fernsehen. Und ich glaub, der fünfte war dann beim Vorentscheid vom Comedy Grand Prix von RTL.
00:59:38
Raúl Krauthausen: Das war das, wo du gesagt hast, das geht jetzt zu schnell?
00:59:40
Ariana Baborie: Genau, wo ich gemerkt habe, meine Karriereleiter ist eine Rolltr-, also nee, wie nennt man das? Doch, ‘ne Rolltreppe.
00:59:48
Raúl Krauthausen: ‘Nen Aufzug. (lacht)
00:59:49
Ariana Baborie: (lacht) Genau, es ist ein Aufzug. Es wahnsinnig schnell. Ich müsste eigentlich auf einer Leiter langsam hochklettern, besser werden, Erfahrungen sammeln, vielleicht auch mal scheitern und ich fahre hier in einer mordsmäßigen Geschwindkeit mit diesen 200 Kilo Platten links und rechts nach oben. Das ist viel zu schnell und ich war nämlich noch gar nicht bereit für Fernsehauftritte. Und das hab ich- also der eine Punkt, warum ich dann irgendwann gesagt habe, ich hör auf, war, dass ich gemerkt hab, die Möglichkeit Auftritte wahrzunehmen und auf die Bühne zu gehen, die übersteigen gerade meine Fähigkeiten. Und der zweite Teil, das war so 50/50, war so die Stimmung im Backstage und mit dir umgegangen wurde, und da vor allem von den Männern. Und ich hab dann immer diesen Vergleich gemacht, der ist bestimmt auch irgendwie nicht korrekt und vielleicht, ich weiß nicht, ob er diskriminierend ist, aber ich hab immer gesagt, in der Stand-Up-Comedy da Backstage zu sein, das war wie Germany’s Next Topmodel mit Männern. Also so wie bei Germany’s Next Topmodel die Frauen immer dargestellt werden, so als Zicken, die sich nichts gönnen und die ganze Zeit so die Ellenbogen ausfahren und die größten Konkurrenten sind, so war das mit den Männern. Es war unerträglich hinter der Bühne, wie die mit einem umgegangen sind. Und wie die, wie, ja, wie …
01:00:59
Raúl Krauthausen: Gönnerhaft.
01:01:00
Ariana Baborie: Bitte?
01:01:01
Raúl Krauthausen: Gönnerhaft.
01:01:02
Ariana Baborie: Mmh, mit sehr großen Anführungsstrichen. Ja, es war wirklich … das hat mir so das vermiest, Stand-Up-Comedy zu machen. Weil der Ton einfach so, ich weiß nicht, es hatte auch nichts mehr dann mit Humor oder mit drüber lachen zu tun.
01:01:17
Raúl Krauthausen: Kannst du das beschreiben? Also war das so, ich mein mit ‘gönnerhaft’ sowas Paternalistisches, sowas wie “Hast du fein gemacht”. Sowas?
01:01:23
Ariana Baborie: Nee, das wär noch schön gewesen. Es war eher so, ich saß da mit einem Kollegen, mit Marcel Mann, im Backstage und … wir haben irgendwie einfach Mittag gegessen und nett gequatscht und haben auch Witze gemacht, weil wir in unserer Freiheit einigermaßen humorvolle Personen sind. Dann war da einer daneben, der gesagt hat “Wow, versucht ihr, hier Backstage lustig zu sein”. Und ich hab erst gedacht, das wär ein Scherz und hab dem so zugelacht, bis ich gesehen hab, dass er ‘nem Anderen so mit dem Ellenbogen so rein … “Guck mal, wie sie hier sitzen und versuchen jetzt hier lustig zu sein”. Und das war nur eine Situation an einem Tag und ich hatte meistens pro Auftritt mehrere. Und da war mal ein Kollege, der ist irgendwann rausgegangen und ich hab mich mit dem ganz gut verstanden, wir hatten uns so zwei-, dreimal auf so Veranstaltungen getroffen. Da meinte ich “Wo gehst du denn hin?” Da meinte er “Raus, willst du mitkommen?”, da meinte ich “Ja, klar”. Dann bin ich so mit ihm rausgegangen und da meint ich “Wolltest du Mittag essen gehen?”. Und er so “Nee”, und ich so “Und wo gehen wir jetzt hin?”, er so “Ich muss da einfach mal raus da, ich ertrag das nicht mit den Typen da”. Und das war wirklich, ich weiß nicht, vielleicht hab ich auch einfach sehr schlechte Tage- nee, ich glaub nicht, dass ich schlechte Tage erwischt hab, sondern ist es …
01:02:19
Raúl Krauthausen: … wahrscheinlich, weil das die Situation ist, die öfter passiert. Fuck. Gibt es Comediennes, die du empfehlen kannst oder Podcasts von Frauen, die du empfehlen kannst, die wir vielleicht jetzt nicht auf dem Schirm haben?
01:02:33
Ariana Baborie: Ja, das beantwortet nicht ganz die Frage, sondern eher die davor. Aber ich möchte es noch loswerden, weil ich war jetzt schon so oft in Sendungen und in Gesprächen mit Produktionsfirmen und Sendern, viele sind auch ganz toll, muss man sagen, ich kann jetzt nicht alle über einen Kamm scheren und sagen, alles scheiße. Aber es ist schon wirklich oft so gewesen, dass ich in die Gästewahl mit einbezogen war und ich hab dann Kolleginnen empfohlen oder hab gesagt, ich moderiere die Sendung, ich hätte zum Beispiel gern Giulia Becker, ich hätte zum Beispiel gerne Lena Kupke oder Tahnee. Wobei nee, Tahnee ist sehr groß, da war das jetzt nicht so der Fall. Und ich weiß jetzt auch nicht, ob es jetzt bei Giulia Becker und Lena Kupke der Fall war. Ich möchte jetzt gar nicht so die Aussage, die jetzt kommt, mit diesen Personen verknüpfen aber ganz oft wurde gesagt “Hat nicht genug Follower auf Instagram”. Dann saß ich da und meinte “Aber die ist super, die ist mega witzig. Die hat jetzt noch keine 150.000 aber das sind dann trotzdem irgendwie Kolleginnen gewesen, die, keine Ahnung, zwischen 15.000 und 40.000 Follower*innen auf Instagram haben. Wo dann gesagt wurde, ist zu klein. Das hat mich so sauer gemacht, weil ich dachte “Mann ey” …
01:03:36
Raúl Krauthausen: Ist ‘nen Henne-Ei-Problem jetzt. Du kommst ja nie an den Punkt.
01:03:40
Ariana Baborie: Ja genau! Und vor allem, wir sagen die ganze Zeit “Es kommen keine Frauen nach, keine jungen Gesichter”, wo ich mir denke, wenn ihr immer nur die Großen haben wollt, wie könnt ihr euch dann gleichzeitig über die Auswirkungen beschweren, wenn ihr die Ursache nicht ändert? Also, wie könnt ihr dann immer wieder das Gleiche machen und dann erwarten, dass was anderes passiert? Wie könnt ihr dann immer wieder nur die großen Namen einladen und vor allem dann auch sehr oft nur männlich besetzen und auch nicht divers? Und dann aber sagen “Ja, scheiße, irgendwie sind wir gar nicht divers”. Und da denke ich mir ja, wenn ich euch jemanden vorschlage, der noch nicht mega die Reichweite hat und auf jedem Fernsehsender eine eigene Sendung hat, aber die einfach – die sage ich jetzt vor allem, nicht der, sondern die – einfach mega gut sind und witzig sind und das einfach können und ihr dann sagt “Ja, hat nicht genug Reichweite”, dann kommen wir nie weiter.
01:04:23
Raúl Krauthausen: Genau, genau. Ist beim Thema Behinderung ähnlich. Kennst du behinderte Comedians?
01:04:27
Ariana Baborie: Ähm Comedians … nee, behinderte Comedians tatsächlich nicht.
01:04:32
Raúl Krauthausen: Es gibt einen, einen Poetry-Slammer, den ich neulich gesehen hab, Toby Käp. Der ist gehörlos. Und dann gibt es Martin Fromme, Moderator früher beim MDR gewesen, hat einen Arm und macht Comedy. Aber es gibt sehr wenige, das stimmt.
01:04:49
Ariana Baborie: Ich glaube, dass ich auch manchmal ehrlich gesagt da so eine Unsicherheit habe. Also es gibt Beeinträchtigungen oder Behinderungen, wo ich sage, das ist für mich klar erkennbar und dann gibt es, deswegen hab ich gerade gezögert, weil ich hätte Tony Bauer gesagt. Ich weiß nicht, ob du den kennst, das ist ein ganz junger Comedian, der hat einen- ich glaube, es ist ein künstlicher Darmausgang. Und der auch das zu seinem Programm macht und immer diesen Rucksack mit dem Spiralschlauch quasi, der in diesen Rucksack reinführt, mit auf der Bühne hat und das Teil seines Programms ist. Und – da sag ich jetzt auch ganz offen – da hab ich so eine Unsicherheit, dass ich nicht weiß, ist das eine Behinderung, ist das eine Krankheit?
01:05:22
Raúl Krauthausen: Wahrscheinlich kann die Krankheit zu einer Behinderung führen, situativ. Weiß nicht, vielleicht hat er einen Ausweis, aber vielleicht empfindet er das nicht als Behinderung.
01:05:31
Ariana Baborie: Mmh ja. Aber bei Tony Bauer weiß ich das zum Beispiel.
01:05:34
Raúl Krauthausen: Kennst du noch Carl Josef?
01:05:36
Ariana Baborie: Ja, ja stimmt.
01:05:37
Raúl Krauthausen: Den hab ich mal auf ‘nem Privatsender gesehen. Auch fand ich ein junges Talent, großartig, find ich auch gut. Ich hoffe, er kommt auf Bühnen, die ihm zustehen. Auch wieder ein junger Mann, aber immerhin mit Vielfaltsmerkmal.
01:05:52
Ariana Baborie: Ich hab mich vor einer Weile mit Kristina Vogel, kennst du die, ehemalige Bahnradsportlerin, hab ich mich unterhalten und hab gesagt – hab auch ihr extra Disclaimer quasi vorher – und meinte “Kristina, das kannst nur du- oder in unserem Zwiegespräch, in unserem Dialog nur du beurteilen, ich möchte mir das nicht rausnehmen. Aber ich hab das Gefühl, dass es viel besser wird, was Sichtbarkeit angeht, auf ganz viele Gruppen oder Minderheiten bezogen, die in der Öffentlichkeit irgendwie so ausgeschlossen werden. Nimmst du das auch so wahr? Ich hab das Gefühl, dass es immer mehr so aus diesem … nicht Tabuzone, aber aus diesem ‘Ja, nee, das sehen wir nicht, das hat nicht so Platz in unserer Gesellschaft’, dass wir da immer mehr rauskommen”. Und dann hat sie gesagt: “Ja, ein bisschen vielleicht, aber ehrlich gesagt nicht so viel, wie es müsste”. Und da hab ich auch gemerkt, da dacht ich “Ach krass, ja, da muss ich mich dann- muss ich dieses Gefühl, was ich hab, zurückstellen, weil das kann man nicht als Außenstehender beurteilen”. Und nur weil ich das Gefühl hab “Ach doch ja, Tony Bauer war in meiner Sendung zu Gast, find ich gut, dass sich da so ein bisschen was bewegt”, wenn dann aber Kristina Vogel zu mir sagt “Naja, also ein bisschen hier und da aber ehrlich gesagt noch nicht genug” dann ist das für mich in der Wahrnehmung viel wichtiger und aussagekräftiger als wenn ich das sage.
01:07:00
Raúl Krauthausen: Oh Gott, ich könnte so viel dazu sagen. Ich versuch’s mal in Kurzfassung, weil wir sind bald mit dem Aufzug angekommen.
01:07:08
Ariana Baborie: Ja, wir werden auch langsamer, merk ich.
01:07:09
Raúl Krauthausen: Ja, ich merk es auch, aber sehr langsam langsamer. Also ich gebe Frau Vogel recht, und zwar, ich hab manchmal das Gefühl – und da weiß ich nicht, inwieweit das ein subjektiver Eindruck ist – ich hab manchmal das Gefühl, dass inzwischen Frauen als Vielfalt gefeiert werden, obwohl es eigentlich eine Gleichberechtigung sein müsste. Und dann sieht man jetzt vielleicht öfter mal Kaya Yanar, ja, der macht dann aber auch immer die gleichen Witze über Inder*innen. Und das ist auch nicht mehr Vielfalt, sondern das ist jetzt halt, jeder bleibt halt in seinem Körbchen und bekommt ab und zu mal auch ein bisschen Sendefläche. Und dann wird natürlich jetzt als nächstes von Behinderten erwartet, dass sie was über Behinderte machen. Und von Schwarzen wird erwartet, dass sie was über Schwarze machen. Und das ist alles aber immer nur in einem legitimierten Rahmen von Weißen. Und wie oft ich bei Fernsehshows höre “Ja, Herr Krauthausen, das Thema geht gerade nicht, weil wir hatten vor vier Monaten bereits jemanden mit Behinderung da”. Und dann denke ich so “Ja, okay, alle vier Monate ist jetzt eure Metrik oder was”. Also, das muss auch vom Thema abhängen und nicht von der Tatsache, ob jemand eine Behinderung hat oder nicht. Und natürlich auch sollte das dann repräsentiert werden von jemandem, der das Merkmal hat. Aber dann ist halt fünfmal hintereinander jemand mit Behinderung und dann zehnmal hintereinander jemand, der eine Frau ist. Und, also man sollte das nicht an so einer Ausgewogenheit festmachen. Und, wir haben beide beim Radio gearbeitet, du warst beim Privatfunk, beim Kiss FM in Berlin-
01:08:37
Ariana Baborie: Zuletzt, vorher öffentlich-rechtlich.
01:08:39
Raúl Krauthausen: Genau, ich war bei Radio Fritz, ich war nur öffentlich-rechtlich. Und was ich immer gehasst habe beim Radio war diese Haltung, die man hatte, wo gesagt wurde “Wir müssen die Hörer*innen abholen, mitnehmen und freilassen”.
01:08:51
Ariana Baborie: Oh, das mit dem Freilassen hab ich noch nie gehört, das mit dem Abholen jeden Tag.
01:08:54
Raúl Krauthausen: So, wir müssen den Hörer abholen. Und dann denk ich so “Was heißt das eigentlich?”. Und dann hieß es “Ja, stellt euch mal vor, es gibt eine Autoschrauberin aus Cottbus, ja, und für die gibt es keine Semesterferien”.
01:09:05
Ariana Baborie: Okay, das heißt, ihr durftet nichts moderieren, was mit Semesterferien…?
01:09:08
Raúl Krauthausen: Oder weniger, nicht nur. Und das hat am Ende des Tages dazu geführt, dass das Programm immer flacher wurde. Und dann sollte man die Hörer auch mitnehmen aber nicht länger als 2,30 und alle 90 Sekunden Stimmwechsel. Und dann denkst du “Ja okay, wenn wir das alles jetzt so formatig machen, dann geht am Ende des Tages der Inhalt verloren”. Und mit Freilassen hieß es nur noch “Und jetzt gibt es Musik”. Und so kann natürlich nichts nach oben kommen und auch nicht mal was gewagt und Mutiges gemacht werden. So können auch keine Leute aufgebaut werden. Und ich glaube, da geht gerade ganz, ganz, ganz viel verloren und zwar ans Internet. Wo dann Algorithmen, auch nicht gerechter, aber Algorithmen dann eher entscheiden, was erfolgreich ist und was nicht und nicht ein weißer, heterosexueller, nichtbehinderter Chefredakteur.
01:09:59
Ariana Baborie: Du, im besten Fall haben jetzt viele, die es betrifft und die was ändern können oder an den entscheidenden Stellen sitzen, zugehört und vielleicht was mitgenommen.
01:10:08
Raúl Krauthausen: Genau und am Ende des Tages gewinnen auch immer die Formate, die mal was gewagt haben.
01:10:12
Ariana Baborie: Ja, wobei gewagt dann auch immer so die Frage ist, ob das jetzt wirklich was gewagt ist …
01:10:17
Raúl Krauthausen: … ja, oder was anders gemacht wird. Ja, aber jetzt noch ‘ne Quizshow mit ‘nem Typen brauchen wir nicht. Es gibt eine weibliche Quizshow-Moderatorin und das hat mich schon immer erzürnt, warum man eigentlich davon, dass nur Männer das können, Pokerface.
01:10:32
Ariana Baborie: Aber das ist wieder genau das Gleiche, als ich beim Radio meine Ausbildung gemacht hab, lang ist’s her, 2010, also 13 Jahre, da wurde mir von dem damaligen Chef, der die Morning Show moderiert hat, wenn ich so Nachrichtenstücke beziehungsweise so reportagige Beiträge geschnitten habe, hat er gesagt “Den Text dann über was auch immer, irgendeinen politischen oder tagesaktuellen Zusammenhang, bitte von einem von den Sprechern einsprechen lasse, aber bitte einen Mann, weil-”, und dann hat er mir erklärt, er meinte, Menschen nehmen so seriöse Fakten oder so sehr faktische Dinge besser wahr, wenn die von Männerstimmen vorgetragen sind. Frauen werden nicht als so versiert wahrgenommen. Also von denen kauft man das dann nicht so ab. Das ist immer besser, wenn eine männliche tiefe Stimme- das ist wissenschaftlich erwiesen, hat er gesagt. Gab es auch Studien zu und deswegen musste ich das immer von Männern einsprechen lassen. Und dann fragt man sich, woher das kommt, wenn das natürlich aber so beigebracht wird. Und er ist ja nicht der Einzige. Ich hab so viel recherchiert irgendwann mal dazu, weil eine groß angelegte Inst-Story- nee, aber ich glaub, wir haben damals auch eine Podcast-Folge bei “Herrengedeck” genau darüber gemacht. Ich hab super viele Studien zusammengetragen, und natürlich wenn- er ist ja nicht der einzige Mensch in Deutschland oder auf der Welt, der das so propagiert hat, und wenn die breite Masse das macht, an den Schrauben, also an den Stellen auch noch, wo Leute ausgebildet werden oder wo Menschen studieren, natürlich setzt sich das dann in den Köpfen ab. Und natürlich, wenn die dann später mal selber Fernsehen oder Radio machen, mach die die Beiträge genau so. Und natürlich wird dann daraus, Leute gucken Fernsehen und sagen “Ah, eine Quizshow mit einer Frau? Weiß ich jetzt nicht”. Und dann ist so die Frage, wer war zuerst da? Henne oder Ei? Weil dann gesagt wird “Ja, Menschen gucken nicht so gern so faktische Dinge von Frauen”. Nee, es wurde sehr lange einfach nur gesagt, dass Menschen das nicht gerne tun, weil Frauen das abgesprochen wurde. Und deswegen denken das jetzt ganz viele.
01:12:22
Raúl Krauthausen: Wahrscheinlich waren Männer diejenigen, die die Studien beauftragt haben. Was nicht, bedeutet, dass sie die manipuliert hätten, sondern dass einfach die Fragestellung auch schon so schräg ist. Man könnte auch die Frage stellen, wie muss eine weibliche Moderation gut werden oder was muss geschehen, um eine weibliche Moderatorin genauso gut sein zu lassen? Und da gehört garantiert – kann man bestimmt auch Studien zu machen – Ausbildung, Vorbilder, Gelegenheiten, Ausprobieren, Scheitern, Niederlagen, Erfolge … ist ja banal.
01:12:52
Ariana Baborie: Und wie tief diese Sachen sind, sieht man zum Beispiel dann daran, dass ich auch lange gebraucht habe, um aus diesem Denkmuster rauszukommen. Weil ich natürlich dann- ich hab ja da gelernt, wie man moderiert und wie man redaktionell arbeitet, ich hatte natürlich auch super lange drin “Ah nee, so faktische Sachen eher von Männern”. Ich dachte dann auch “Ja stimmt, wenn ich Männerstimmen hören, das finde ich auch immer seriöser”. Aber man muss erstmal drauf kommen, dass das nicht aus einem selber kommt, sondern dass das eine gesellschaftliche Prägung ist. Ich muss da auch offen zugeben, ich hab da lange für gebraucht und das hat viel Aufklärung von außen bedarf, bis ich gemerkt habe, das ist ja kompletter Schwachsinn, das ist was, was uns einfach nur anerzogen wurde. Ja genau, und dann musst du es erstmal durchbrechen. Patriarchat heißt ja nicht, dass Frauen immer Frauen supporten, sondern leider auch, dass Frauen selber Frauen diskriminieren, weil sie es so mitbekommen haben, ja.
01:13:44
Raúl Krauthausen: Woran arbeitest du denn jetzt gerade? Weil gleich die Aufzugstüren aufgehen, was können wir in den nächsten Monaten von dir mitkriegen?
01:13:55
Ariana Baborie: Vielleicht endlich mal mein Buch zu schreiben, das wäre so schön (lacht). Ich mach mir oft so Blocker im Kalender und sehe dann so, Dienstag hab ich gar nicht so viele Termine-
01:13:59
Raúl Krauthausen: Oh, ein Einhorn!
01:14:00
Ariana Baborie: Ja wirklich, es ist genau so. Dienstag schreibe ich Buch und dann ruft jemand an und sagt “Hey, wir treffen uns da mit denen und denen, hast du Lust da mitzukommen”. Ich denke “Ach, das wäre jetzt schon auch ganz interessant, sich mit denen zu treffen”. Also Buch wäre tatsächlich mal was, was gut wäre, wenn ich es machen würde.
01:14:13
Raúl Krauthausen: Und noch Fernseh-, Podcast-, Show-, Comedy-Comeback?
01:14:18
Ariana Baborie: Comedy-Comeback, oh da sprichst du was an. Das ist noch gar nicht spruchreif, aber ich- dadurch, dass ich glaube – es hatte auch mit Tills Auftritt zu tun tatsächlich – dadurch, dass ich gemerkt habe, das Bühnenfieber packt mich so. Was ich noch nie gemacht habe, ist ein richtiges Programm, also eine Stunde, anderthalb Stunden alleine zu machen. Und es könnte sein, dass ich mich da gerade damit so ein bisschen auseinander setze.
01:14:39
Raúl Krauthausen: Maybe.
01:14:40
Ariana Baborie: Maybe, im Herbst dann, ja.
01:14:42
Raúl Krauthausen: Gibt es für dich eine Organisation – wir haben ja vorhin schon kurz über das Thema Depressionen und so weiter gesprochen, das muss aber nicht das Thema sein – wo du sagst, die findest du so wichtig, das du empfiehlst, dass man sie unterstützt?
01:14:57
Ariana Baborie: Mmh, ‘ne Organisation?
01:14:58
Raúl Krauthausen: Oder ein Verein oder ein Thema.
01:15:02
Ariana Baborie: Ja. Ich muss zugeben, dass ich mich damit gar nicht so gut auskennt, weil mein Mittel der Wahl quasi immer Therapie war.
01:15:09
Raúl Krauthausen: Achso nee, muss auch nichts mit dem Thema Depressionen zu tun haben, sondern ganz allgemein. Wofür setzt du dich ein? Was findest du wichtig? Du hast dich ja auch sehr stark eingesetzt zum Geflüchteten-Thema.
01:15:22
Ariana Baborie: Okay, ich weiß, was du meinst. Ja, das ist fast schon eine Person beziehungsweise das ist eigentlich auch eine Organisation und die heißt “HÁWAR.help”. Ich glaube, ‘háwar’ heißt auf Arabisch ‘Hilfe’. Und zwar ist es die Organisation von Düzen Tekkal, die ist Menschenrechtsaktivistin, Journalistin und- ganz, ganz tolle Frau, die zusammen mit ihren Schwester diesen Verein hat und die sich so unermüdlich einsetzt, um Menschen, die quasi keine – die keine Stimme haben, stimmt nicht, alle Menschen haben eine Stimme – aber die nicht gehört werden, ganz besonders … Also sie ist selber Jesidin und die sich zu Anfang, glaub ich, dafür besonders eingesetzt hat, auch für die Gerechtigkeit quasi. Oder dass da Gerechtigkeit hergestellt wird. Und während dieser Zeit, muss man echt sagen, als dieses Thema Afghanistan noch aktueller war, jetzt ist es ja total verschwunden-
01:16:16
Raúl Krauthausen: Als ob’s gelöst wäre.
01:16:17
Ariana Baborie: Ja, oder? Aber es war klar, ich hab ja damals schon immer gedacht “Wir haben ein kurzes Zeitfenster, in dem wir jetzt auf dieses Thema aufmerksam machen können” und da muss man alles dran setzen, weil das Zeitfenster schließt sich irgendwann leider wieder. Mit dem Iran ist es ja ähnlich, wobei ich da das Gefühl habe, dass es jetzt gerade noch einigermaßen sichtbar, aber auch lange nicht mehr so, wie es sein müsste. Und Düzen und ihre Schwestern setzen sich einfach so unglaublich toll ein. Und auch wenn, das ist ganz lustig – also lustig ist es eigentlich nicht – aber es ist interessant, so rund um die Weihnachtszeit fragen mich ganz oft Leute bei Instagram, weil die sehen, dass ich mich politisch einsetze – oder versuche so zu engagieren – “Ariana, hast du Organisationen, die du empfehlen könntest, wo du guten Gewissen sagen kannst, da kann man hin spenden?“. Weil rund um Weihnachten wollen immer alle spenden. Und Düzens Verein oder Organisation ist da immer eine der ersten, die ich nenne. Weil ich sag, also die sind einfach so toll und leisten so wichtige Arbeit. Und ja, genau.
01:17:15
Raúl Krauthausen: Oh Mann, ich könnte ewig mit dir weiterreden. Wir haben einen Bruchteil der Fragen besprochen, die wir eigentlich vorbereitet hatten. Vielleicht schreit das nach einer zweiten Folge?
01:17:23
Ariana Baborie: Ja, jederzeit.
01:17:24
Raúl Krauthausen: Oder wir laden uns zwei gegenseitig zu irgendwelchen Veranstaltungen ein. Ich hab dir ein kleines Gastgeschenk mitgebracht – also du bist ja die Gästin aber ich hab dir ein Geschenk mitgebracht. Und das übergebe ich dir nachher und bedanke mich sehr, dass du da warst.
01:17:36
Ariana Baborie: Das war eine sehr schöne Aufzugfahrt mit dir. Ich bin auch froh, dass ich nicht um die Situation hier unterbrechen zu müssen an einer ganz unpassenden Stelle gelacht habe. Du müsstest jetzt eigentlich noch zu mir sagen, was war einer deiner Gags?
01:17:49
Raúl Krauthausen: Meiner Gags?
01:17:50
Ariana Baborie: Ja, einer deiner- wo du meintest, das ist der Spruch, den du im Aufzug eigentlich gerne mal bringen würdest.
01:17:55
Raúl Krauthausen: Achso, ja. Einmal wär dieser Gag alle Knöpfe drücken und dann sagen “Jedes Stockwerk verdient es, gesehen zu werden”.
01:18:04
Ariana Baborie: (lacht) … und damit Tschüss!
01:18:06
Raúl Krauthausen: Danke für’s Mitfahren. Wenn ihr mögt und euch diese Folge Spaß gemacht hat, bewertet diese Folge bei Apple Podcasts, Spotify oder wo auch immer ihr zuhört. Alle Links zur Folge sowie die Menschen, die mich bei diesem Podcast unterstützen, findet ihr in den Show Notes. Schaut da gerne mal rein. Wenn ihr meine Arbeit unterstützen möchtet, würde ich mich freuen, euch bei Steddy zu begrüßen. Mit einer Steddy-Mitgliedschaft bekommt ihr exklusive Updates von mir und die Gelegenheit, mich zweimal im Jahr persönlich zu treffen. “Im Aufzug” ist eine Produktion von Schønlein-Media. Ich freue mich auf das nächste Mal, hier im Aufzug.
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Dieser Podcast ist eine Produktion von Schønlein Media.
Produktion: Fabian Gieske , Anna Germek
Schnitt und Post-Produktion: Jonatan Hamann
Coverart: Amadeus Fronk