Im Aufzug mit Anne Gersdorff

Wieso dürfen Menschen mit Behinderung nicht einfach mal ausprobieren?

Anne Gersdorff ist Aktivistin, Sozialarbeiterin und Autorin – und eine Kollegin, die ich regelmäßig im Büro sehe.

In dieser Folge erzählt sie mir, wie ein kaputter Aufzug sie dreieinhalb Jahre lang aus ihrer eigenen Wohnung ausgesperrt hat – und wie viel Macht Bürokratie über Barrierefreiheit haben kann. Wir reden über absurd enge Gaudí-Aufzüge in Barcelona, Schattenvorschriften für Neubauten und über ein Bildungssystem, das immer noch viel zu viele ausschließt.

Anne nimmt mich mit in ihre Schulzeit in Ostberlin, spricht über Assistenz als politisches Werkzeug und erklärt, warum es kein Widerspruch ist, gleichzeitig für Inklusion zu kämpfen und Menschen mit Behinderung auch mal das Scheitern zuzugestehen.

Ein Gespräch über strukturelle Hürden, wachsende Bewegungen und das gute Gefühl, nicht alleine zu sein. Aufzugtür auf für Anne Gersdorff!

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Annes Empfehlungen: Karina Sturm, Max Czollek, Emilia Roig, Feuer und Brot

00:00:03,899 [Schindler Werbung]

Aufzüge spielen in vielen Filmen eine große Rolle. Als Schauplatz für Action, Thriller oder sogar Horror. Aber welcher Film spielt fast komplett in einer Aufzugskabine? Die Antwort gibt’s am Ende dieser Folge. Jetzt viel Spaß mit Raul im Aufzug wünscht Schindler. 

00:00:25,699 [Raul Krauthausen]

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00:02:16,179 [Anne Gersdorff]

Hi Raul. 

00:02:17,399 [Raul Krauthausen]

Hattest du schon mal eine merkwürdige Situation in nem Aufzug? 

00:02:20,859 [Anne Gersdorff]

Bestimmt. Aber auf jeden Fall sehr viele mit Aufzügen. Ja, das beste Erlebnis in

Anführungsstrichen war, dass ich dreieinhalb Jahre nicht in meine Wohnung gekommen bin. 

00:02:33,619 [Raul Krauthausen] Weil der Aufzug kaputt war, quasi? 

00:02:35,279 [Anne Gersdorff]

Genau, weil der Aufzug kaputt war. Vom TÜV stillgelegt und neu gebaut werden musste. 

00:02:41,079 [Raul Krauthausen]

Das ist einfach so krass, oder? Wie viel Macht, wie viel Macht dann so ein TÜV einfach hat und da keine Ausnahmen gemacht werden? 

00:02:50,039 [Anne Gersdorff]

Ja, vor allem, die hätten das einfach so gemacht. Wäre nicht ’ne Freundin einfach zu mir gekommen zum Frühstücken und stand dann ganz aufgeregt vor meiner Tür und war so: „Anna, Anna, dein Aufzug ist gerade stillgelegt.“ Ich so: „Hä? Wie?“ Und dann haben die mir halt noch drei Tage Zeit gegeben, irgendwie, aber dann war halt vorbei. Und dann dauerte das halt, bis sich Eigentümer und Hausverwaltung und Gewährleistung und alle irgendwie geeinigt haben. 

00:03:25,759 [Raul Krauthausen]

Das heißt, du konntest dreieinhalb Jahre nicht in deine Wohnung? 

00:03:28,639 [Anne Gersdorff]

Ja. 

00:03:29,659 [Raul Krauthausen] 

Und wo hast du gewohnt? 

00:03:31,679 [Anne Gersdorff] 

Bei meinen Eltern. 

00:03:33,299 [Raul Krauthausen] 

Ist auch irgendwie nicht etwas, was jeder hat. 

00:03:36,359 [Anne Gersdorff]

Nein, das war super Glück, dass sie in der selben Stadt gewohnt haben, einfach ein Haus haben, was genug Platz hat. Genau, das ist total Glück und dass wir uns aber auch so gut verstehen. Ich meine, das war schon auch herausfordernd. 

00:03:56,679 [Raul Krauthausen]

Trotzdem, obwohl ihr euch gut versteht. Aber nicht auszumalen, was gewesen wäre, wenn du diese Option nicht gehabt hättest. 

00:04:04,899 [Anne Gersdorff]

Ja, keine Ahnung. Dreieinhalb Jahre Hotel hätte ich mir nicht leisten können. 

00:04:10,359 [Raul Krauthausen] 

Also vor allem, wer hätte das bezahlt? 

00:04:12,719 [Anne Gersdorff] 

Ja, keine Ahnung. 

00:04:14,359 [Raul Krauthausen] 

Wäre ein Heim die Antwort gewesen? 

00:04:17,379 [Anne Gersdorff]

Das müsste ja auch mehr bezahlen, oder? 

00:04:20,339 [Raul Krauthausen] 

Aber kannst du nicht auf der Straße landen? 

00:04:22,499 [Anne Gersdorff]

Ja, aber dann hätte ich halt auch keine Assistenz und das wäre dann wahrscheinlich wiederum andersherum gefährlich. Also es war auch immer so, ich hab dem Amt immer nicht gesagt, dass ich gerade wieder bei meinen Eltern wohne, weil ich dann auch immer die Befürchtung hatte, dass die dann nachher, dann können die ja die Assistenz machen. 

00:04:43,759 [Raul Krauthausen] 

Ach, dass sie das dann quasi auch noch wegkürzen? 

00:04:46,279 [Anne Gersdorff] 

Mhm. 

00:04:46,599 [Raul Krauthausen] 

Ach, krass. 

00:04:48,559 [Anne Gersdorff]

Es war immer alles so ein bisschen… Genau. Dreieinhalb Jahre. Ja, ein bisschen anstrengend. 

00:04:56,999 [Raul Krauthausen]

Obwohl wir uns schon so lange kennen, war mir diese Tragweite gar nicht so klar. Also, dass man ja dann auch Angst haben kann um seine Assistenz. Oder was wäre gewesen, wenn die Eltern nicht zur Verfügung gestanden hätten? 

00:05:14,439 [Anne Gersdorff]

Ja, und es geht ja auch weiter, ne? Wie ist es mit Freundschaften? So, die lädst du ja auch nicht ständig nach Hause zu deinen Eltern ein. Also, auch wenn viele meiner Friends irgendwie meine Eltern kennen und die halt mögen, aber genau, die lädst du ja nicht Sonntag zum gemeinsamen Tatort gucken mit deinen Eltern unbedingt ein. 

00:05:40,139 [Raul Krauthausen]

Ich frag mich gerade, wie vielen Menschen das so geht, dass die, weil der Aufzug zu Hause nicht mehr funktioniert, länger als, sagen wir mal, n Monat in ihre Wohnung kommen. Monat ist schon krass. 

00:05:51,759 [Anne Gersdorff]

Ja, ja, schon. Aber, also ich weiß, ich hoffe, nicht so viel, weil mir war es halt auch irgendwie-Ja, eine besondere Situation, weil die Wohnung halt auch meinen Eltern gehört und es war halt ein Haus, wo lauter Eigentümer drin gewohnt haben und die sich dann halt erst noch einigen mussten. Und dann gab es irgendwie einen ersten Architekten, der war dann aber zu teuer. Dann gab es einen zweiten Architekten. Dann gibt es sehr so komische Bauordnungen, dass der Schatten vom Aufzug irgendwie nicht oder nur in bestimmten Rahmen und Winkeln und

Bedingungen auf das Haus nebenan fallen darf und da braucht es dann so Abstände und ja, ja. 

00:06:43,601 [Raul Krauthausen] Das klingt sehr, sehr deutsch. 

00:06:46,222 [Anne Gersdorff] Aber dann bist du halt schnell bei dreieinhalb Jahren. 

00:06:49,081 [Raul Krauthausen] Na ja, krass. Ich war vor ein paar Monaten in Barcelona und Barcelona ist ja eine Stadt, die jetzt vom Krieg nicht so zerbombt war. Und da gibt es tatsächlich viele alte Gebäude mit Aufzügen. Also ich habe noch nie so viele alte Häuser gesehen, die standardmäßig anscheinend von Anfang an Aufzüge haben. 

00:07:10,121 [Anne Gersdorff]

Ich bin bei meinem Gaudi-Aufzug stecken geblieben. Aber ich bin stecken geblieben, weil ich da irgendwie nicht mehr rauskomme. 

00:07:20,621 [Raul Krauthausen] Verkanntet, oder wie? 

00:07:21,981 [Anne Gersdorff]

Ja, also ich bin da reingefahren. Das ging halt auch gut, aber ich bin irgendwie nicht mehr rückwärts rausgekommen. Hat sich immer irgendwie ein Kabel von meinem Rollstuhl in der Tür verheddert. 

00:07:37,102 [Raul Krauthausen] Ach, Scheiße. Aber der ist auch sehr eng, dieser Aufzug. 

00:07:40,821 [Anne Gersdorff]

Ja, der war super eng und dann musste ich da drin drehen. Es ging halt nur quasi vorwärts wieder raus. 

00:07:47,001 [Raul Krauthausen]

Ach, Fuck. 

00:07:48,821 [Anne Gersdorff]

Das ist auch eine der witzigen Geschichten mit Aufzügen.

00:08:02,001 [Raul Krauthausen]

Wollte ich dich gerade fragen, ob du auch eine schöne Geschichte mit Aufzügen hast. Du bist dann rausgekommen, ja? 

00:08:07,561 [Anne Gersdorff]

Sonst wäre ich ja heute nicht hier, oder? 

00:08:11,001 [Raul Krauthausen]

Ja, das stimmt. 

00:08:12,561 [Anne Gersdorff]

Das lebende Maskottchen im… Wie heißt denn das? Gaudi. 

00:08:15,461 [Raul Krauthausen] Im Aufzug? 

00:08:17,041 [Anne Gersdorff]

Nein, wie heißt denn das Haus? 

00:08:20,641 [Raul Krauthausen] Oh Gott, ich war ja auch da drin. 

00:08:22,381 [Anne Gersdorff]

Ja, wahrscheinlich hast du die Kratzer von mir noch irgendwo sehen können. 

00:08:29,441 [Raul Krauthausen]

Ja, aber es gibt ja mehrere Gaudí-Gebäude. Ich glaube, ich war in dem Museum. 

00:08:35,921 [Anne Gersdorff]

Ich meine, das, wo alle oben auf der Dachterasse sind. 

00:08:38,941 [Raul Krauthausen] Ja, genau. In dem war ich auch.

00:08:40,101 [Anne Gersdorff] Genau der Aufzug war das. 

00:08:42,681  [Raul Krauthausen]

Aber der war doch so samt verkleidet, vielleicht wegen der Kratzer. 

00:08:46,341 [Anne Gersdorff]

Ja, vielleicht. 

00:08:49,741 [Raul Krauthausen]

Ja, wenn mal ein krasser Typ, der Gaudí. Dieser Grader Familia ist in drei Jahren fertig, habe ich gelesen. 

00:08:56,461 [Anne Gersdorff] Wow. 

00:08:57,321 [Raul Krauthausen]

Ja. Und tatsächlich sehr beeindruckend. Ich habe noch nie ein so schönes Gebäude gesehen. 

00:09:03,141 [Anne Gersdorff]

Ja, ich fand es auch richtig krass. 

00:09:05,561 [Raul Krauthausen]

Wo man auch denkt: „Wow, Alter, was hat der genommen? Aber er war angeblich Autist. 

00:09:10,721 [Anne Gersdorff] Angeblich. 

00:09:11,961 [Raul Krauthausen]

Oder mindestens Neurodivers. Davon geht man erst seit relativ kurzer Zeit aus. Und dieses Gebäude wird betreut von Menschen aus dem Autismus-Spektrum. 

00:09:23,621 [Anne Gersdorff] Okay. 

00:09:24,621 [Raul Krauthausen]

Fand ich ganz interessant. Also so als, keine Ahnung, Arbeitsmaßnahme für Menschen mit Behinderungen. 

00:09:31,921 [Anne Gersdorff]

Solang es inklusiv ist. Das ist ja cool. 

00:09:34,921 [Raul Krauthausen]

Das konnte ich leider nicht herausfinden in der Kürze der Zeit, aber die Frage habe ich mir tatsächlich auch gestellt, ob das jetzt billige Arbeitskräfte sind. Aber ich glaube, in Spanien gibt es so was wie Werkstätten nicht, so ausgeprägt wie in Deutschland. Ich habe dann irgendwann mal recherchiert und angeblich ist das spanische Bildungssystem sogar eines der inklusivsten in Europa seit den Achtzigern. Und es gibt zwar auch Förderschulen, aber die Durchlässigkeit ist wohl viel besser. 

00:10:02,261 [Anne Gersdorff]

Genau. Das weiß ich auf jeden Fall auch. Und ich weiß auch, dass es keine Werkstätten gibt, so wie in Deutschland. Aber ich glaube, es gibt manchmal so verdeckte Sondersysteme quasi. 

00:10:16,281 [Raul Krauthausen] Ja, das kann gut sein. 

00:10:17,061 [Anne Gersdorff]

Die heißen dann halt inklusiv, sind es aber trotzdem nicht. 

00:10:20,781 [Raul Krauthausen]

Das kann ich mir auch gut vorstellen. Aber man sieht tatsächlich, fand ich, dann doch relativ viele Menschen mit Behinderungen, zumindest in Barcelona, im Stadtbild. Und ich kenne mindestens aus den Medien zwei Menschen mit Downsyndrom, die studiert haben. Aus Spanien. Kann man sich schon die Frage stellen: Warum geht das in Spanien und bei uns nicht? 

00:10:43,821 [Anne Gersdorff]

Ich weiß es nicht. Keine Ahnung. Andere Bildungssysteme. Danke, Bismarck. Genau, ich meine, das separierende Schulsystem, das basiert ja irgendwie auf preußischen Tugenden und auch Stöße zu reproduzieren und das geht dann natürlich immer weiter. Also das macht ja nach der Schule nicht, stopp, sondern dass dann irgendwie Uni als was sehr elitäres angesehen wird oder irgendwie Gymnasien. 

00:11:20,181 [Raul Krauthausen]

Warum wir hier sprechen, vielleicht auch für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer. Du bist Expertin

genau in dem Bereich, im Bereich Inklusion, im Bereich Arbeitsmarkt für Mensch mit Behinderung, wie man den inklusiv gestalten muss und du sprichst auch aus eigener Erfahrung. Und was ich wirklichzu wenig drüber weiß, ist: Wie war das? Du bist damals in Ostberlin zur Schule gegangen? 

00:11:52,881 [Anne Gersdorff]

Genau. Also ich bin in Ostberlin geboren und..

00:12:00,521 [Raul Krauthausen]

Die Schule war nach der Wende, genau.

00:12:00,881 [Anne Gersdorff] Bin in den Kindergarten gegangen, genau, und bin dann Anfang der Neunziger eingeschult worden. 

00:12:02,521 [Raul Krauthausen]

Und die Einschulung war dann aber in einer Förderschule?

00:12:05,835 [Anne Gersdorff]

Genau, also ich war erst in so einem, ich nenn’s mal Sonderkindergarten. Das war irgendwie so ziemlich der erste wohl in Ostberlin. Ähm, der war damals wohl ganz neu und ich war da angeblich eins der ersten Kinder. Ich kann mich nicht so sehr daran erinnern, ähm, aber meine Mutter meint, da gabs ungefähr für ein Kind eine betreuende Person. Also es war ein super krasser Personalschlüssel. 

00:12:35,595 [Raul Krauthausen] Wow. 

00:12:36,915 [Anne Gersdorff] Und es war wohl ziemlich cool. 

Ähm, genau, und ich, also, kann mich noch so ’n bisschen ans Ende meiner Kindergartenzeit erinnern und da wurde das aber auch ’ne sogenannte Förderschule, vor allem für Kinder mit geistiger Entwicklung. Und dann hat man halt irgendwie gesagt, eher die kleine schlaue Anne, die kommt dann halt zu den älteren Kindern mit Lernschwierigkeiten. 

00:13:05,475   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:13:06,395  [Anne Gersdorff]

Genau, weil dann ist das so ein Niveau. Dann war ich da irgendwie, genau, mit vier älteren Kindern einfach in einer Gruppe. Genau, und dann ging’s halt darum, dass ich eingeschult werden sollte und ich hatte aber immer auch so Freundinnen aus der Nachbarschaft, mit denen ich aber nach dem Kindergarten unterm Wochenende irgendwie ganz viel Zeit verbracht hab. Und die sind natürlich in der Nähe auf die Schule gegangen und meine Mama war auch Lehrerin und, ähm, genau, dann hat sie angefragt in der Schule bei uns in der Nähe, wo eben auch Freundinnen von mir waren. Und dann hat die Schulleiterin sich aber geweigert, dass an die Schule ’ne Rampe angebaut wird. Das war halt so Hof im ersten Stock. Also es hätte eigentlich wirklich nur ’ne Rampe gebraucht für die ersten Jahre. 

00:14:05,895   [Raul Krauthausen]

Oh Mann, ey, das war in den Neunzigern. Anfang der Neunziger. 

00:14:09,655  [Anne Gersdorff]

’92 so. Und deshalb wurde ich halt dann in eine Förderschule eingeschult oder Sonderschule, genau. Und war da halt die ersten sechseinhalb Jahre, genau. Und bin dann aber auf eine inklusive Schule gewechselt und hab dann Abi gemacht. Na ja und so halt. 

00:14:34,875   [Raul Krauthausen]

Das ist interessant, weil tatsächlich dieser Übergang aus der Förderschule raus in, äh, die mittlere Schule oder wie heißt das, Sekundarstufe eins, ähm, gar nicht so üblich ist, ne? Das ist ja relativ selten. Oft bleibt man dann in dieser Schule. 

00:14:48,855   [Anne Gersdorff]

Genau, also das ist– Also, genau, ich kenn keine weitere Person, glaub ich, die’s gemacht hat. Es gibt so manchmal Leute, die dann nach der Sonderschule irgendwie dann noch Abitur machen und dann irgendwie auch noch andere Schulen gehen, aber so quasi mitten in der Schulzeit dann die Schule zu wechseln, das passiert relativ selten und gibt auch eigentlich keine Statistiken zu, soweit ich weiß. 

00:15:19,215  [Raul Krauthausen] Das wär aber überfällig. Hat denn, äh, war das für dich ’ne große Veränderung? 

00:15:24,735   [Anne Gersdorff] Von der Förderschule auf die inklusive Schule? 

00:15:27,875   [Raul Krauthausen]

Ja. 

00:15:28,775   [Anne Gersdorff]

Hm, ja, schon. Also, ne, ich hatte halt vorher auch ganz schön viel Schiss so und deshalb, also, hab ich schon mir mit meinen Eltern auch sehr bewusst irgendwie die Schule ausgesucht, auf die ich dann gegangen bin, ähm, weil das war… 

00:15:46,155   [Raul Krauthausen]

Aber kann man das als Kind überblicken? 

00:15:48,215   [Anne Gersdorff]

Nee, aber, also, ich hätte die Wahl gehabt, ’ne Schule bei uns ganz in der Nähe, wo ich die erste Person mit Behinderung überhaupt an der Schule gewesen wäre, und das wollte ich zum Beispiel nicht. 

00:16:00,475    [Raul Krauthausen]

Ja, verstehe ich. 

00:16:01,415   [Anne Gersdorff]

Das war halt mehr irgendwie so ’n, ne, das, glaube ich, hab ich keinen Bock drauf. Ähm, genau.

Und deshalb bin ich auf ’ne Schule gegangen, die quasi, als ich da raufgekommen bin, auch so ’n Schulprojekt hatte. Die ist halt im Norden von Berlin in Bückenwerder und, ähm, hat damals quasi die Sonderschule, die es in Bückenwerder gab, in der auch viele Leute aus der DDR Abitur gemacht haben, weil das die einzige Sonderschule war, wo man in der DDR halt auch Abitur machen konnte. Und die örtliche Gesamtschule mit Gymnasialer Oberstufe, die wurden damals zusammengelegt. 

00:16:44,415   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:16:45,235   [Anne Gersdorff]

Ähm, genau. Und das war sozusagen der erste Jahrgang, der gemeinsames Lernen hatte. Ähm, und genau, deshalb wollte ich irgendwie auf diese Schule, weil ich halt dachte, okay, die kennen sich halt irgendwie aus. Da gab’s halt eigentlich auch alles, was es sonst so an Sön-Sonderschulen gibt. Also, es gab zu der Zeit ’n Schwimmbad und ’ne Physiotherapie und ’ne Krankenschwester und es gab irgendwie so Erzieher*innen, die man halt fragen konnte, wenn man irgendwie eine lange Klassenarbeit schreibt und zum Beispiel Unterstützung beim Schreiben brauchte oder so. Also es gab ganz viele Ressourcen damals. Ähm, genau, und weil ich ja aber in Berlin gelebt hab, musste mich Berlin von der Schulpflicht befreien und Brandenburg musste mich quasi als Schülerin aufnehmen, aber Berlin musste trotzdem meinen Fahrdienst zur Schule bezahlen. 

00:17:49,415   [Raul Krauthausen]

Ach, krass. 

00:17:51,775   [Anne Gersdorff]

Genau, und ich wollte meinem Papa immer mal fragen, der hat das, glaub ich, alles so organisiert. Der muss, glaube ich, irgendwo noch so ’n Aktenordner voller Briefe und keine

Ahnung haben, weil das halt super komplex war, irgendwie dann 2000 die Schule zu wechseln.

00:18:12,065   [Raul Krauthausen]

Wie lange bist du denn dann, äh, immer mit dem Fahrdienst zur Schule gefahren? 

00:18:15,426   [Anne Gersdorff] So ’ne dreiviertel Stunde, würde ich denken. 

00:18:18,305   [Raul Krauthausen]

Das macht man sich auch nicht klar, ne? Also ich habe auch anderthalb Stunden jeden Morgen im Fahrdienst gesessen- 

00:18:24,105   [Anne Gersdorff]

Ja. 

00:18:24,385   [Raul Krauthausen] -weil wir noch andere Kinder eingesammelt haben. 

00:18:27,605   [Anne Gersdorff]

Ja, also da ich in Birkenberger halt die Einzige war, die ja diesen Weg hatte- 

00:18:33,345   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:18:33,685   [Anne Gersdorff]

-ging das halt noch, aber auf die Förderschule bin ich halt auch über eine Stunde gefahren. Ich war halt die, die am weitesten weg gewohnt hat. 

00:18:44,666  [Raul Krauthausen] Das ist so krass. Das sind zwei Stunden am Tag. 

00:18:47,185   [Anne Gersdorff] Mhm. 

00:18:48,166   [Raul Krauthausen]

Was hast du in der Zeit gemacht? Ich hab dann irgendwann Radio gehört. Ich hab dann so ein kleines Mini-Radio immer dabei. 

00:18:53,745   [Anne Gersdorff] Ähm, also morgens hab ich, glaube ich, eher gedöst. 

00:18:58,565   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:18:59,085   [Anne Gersdorff]

Ich glaube, da war ich irgendwie… Wussten die Fahrer, meistens waren es Fahrer, äh, auch, dass sie mit mir nicht so viel sprechen müssen. Ähm, nachmittags, genau, habe ich mich meistens mit denen irgendwie unterhalten und habe denen gerne auch gesagt, wo sie langfahren sollen, schon aus Eigeninteresse, weil ich immer das Gefühl hatte, ich weiß den schnellsten Weg, weil ich fahr den ja jeden Tag. 

00:19:27,045   [Raul Krauthausen]

Ja, ja, klar. 

00:19:28,425   [Anne Gersdorff]

Aber, ne, da musst du so als kleines Mädchen, das irgendwie, ähm, ja, jeden Tag da in diesem Auto sitzt, erst mal so Fahrer überzeugen, können sie bitte jetzt links abbiegen und nicht geradeaus fahren, weil das der schnellste Weg ist. Ähm, aber ich glaube, ich kann deshalb sehr gut durch Berlin navigieren. Ähm, genau, einfach, das war Teil der Überlebensstrategie in diesem Bus. Und ich kenne, glaube ich, sehr viele Oldies, die besten Hits der Achtziger und Neunziger. 

00:20:04,425   [Raul Krauthausen]

Berliner Rundfunk, Radio achtundachtzigacht, Radio Paradieso. 

00:20:08,385   [Anne Gersdorff]

Ja, weil ich einfach stundenlang mit diesem Radio zugeschaltet wurde. 

00:20:14,025   [Raul Krauthausen]

Es gibt ja auch Fahrer, die, auch wenn man nicht gerne redet, mit einem reden wollen. 

00:20:18,465   [Anne Gersdorff] Mhm. 

00:20:19,245   [Raul Krauthausen]

Ähm, davon gibt es tatsächlich sehr viele. Fand ich persönlich immer sehr anstrengend. Und ich habe in diesen zwei Stunden, die ich dann am Tag in diesen Fahrdiensten saß, irgendwann aufgehört zu navigieren, ähm, und mich auch nicht mehr für den, für Navigation interessiert und hab einfach versucht dann zu warten, bis ich endlich da bin. Und ich bin inzwischen davon überzeugt, dass ich deswegen auch so schlecht bin in Orientierung, weil ich immer gefahren wurde. Meine Eltern haben mich geschoben, ich wurde gefahren. Das heißt, ich habe mich dann irgendwann dem System ergeben, anstatt es, äh, herauszufordern oder besser zu sein. Und ich muss es echt erst jetzt, seit ich, sagen wir, Mitte zwanzig bin, versuche, mich selber zu orientieren. Und ich, es fällt mir tatsächlich schwer zu gucken, wo ist eigentlich Norden? Google Maps läuft immer erst in die falsche Richtung. 

00:21:15,785   [Anne Gersdorff] Google Maps ist aber auch kompliziert. 

00:21:17,925   [Raul Krauthausen]

Oder irgendein Maps.  Also, ich merke auch keine Straßennamen. 

00:21:22,285   [Anne Gersdorff] Aber hattest du erst so spät einen Elektro-Rollstuhl? 

00:21:26,405   [Raul Krauthausen]

Beziehungsweise, also ich kannte meinen Kiez, ne, aber den Kiez zu verlassen, mit dem Bus zu fahren, das habe ich erst spät gemacht, ja. 

00:21:34,945  [Anne Gersdorff]

Ja, also ich habe am Ende meiner Kindergartenzeit halt irgendwie das erste Mal einen Elektro-Rollstuhl bekommen. 

00:21:42,205  [Raul Krauthausen]

Okay, ich hatte das erst Anfang der, nie Mitte der, der, Ende der Grundschulzeit. 

00:21:46,625   [Anne Gersdorff]

Genau, ich war, glaube ich, damals auch eine der jüngsten Kinder bei denen, die irgendwie schon einen Elektro-Rollstuhl bekommen haben. Und meine Mutter meint, es war richtig erstaunlich, was das auf einmal mit mir gemacht hat. So, was ich einfach für einen Entwicklungsschub gemacht habe, weil ich halt autonom war. Also, mich konnte mich halt wegbewegen von Leuten. 

00:22:12,845   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:22:13,725   [Anne Gersdorff]

Und ich finde es immer ganz erstaunlich, wenn ich heute irgendwie so kleine Kinder mit meiner Behinderung sehe, dann düsen die halt mit drei mit so Mini-Rollstühlen irgendwie umher. Halt dann auch, wenn andere Leute richtig gut laufen können. So, und das ist irgendwie voll cool zu sehen, wie sich so die Zeit einfach verändert und das Bewusstsein. 

00:22:38,505   [Raul Krauthausen]

Das wollte ich dich sowieso fragen. Dinge werden auch besser, oder? 

00:22:43,405   [Anne Gersdorff] Ja, ich würde schon sagen. 

00:22:45,385   [Raul Krauthausen]

Ich habe manchmal das Gefühl, in diesem Aktivismus Bereich, in dem wir beide unterwegs sind, dass wir sehr viel über Probleme reden und manchmal dabei vielleicht auch Gefahr laufen zu übersehen, was aber auch alles geil wurde. 

00:23:00,025   [Anne Gersdorff]

Ja, also, ne, ich habe nachts ein Atemgerät. Also, das habe ich auch seit zweitausend, glaube ich. Und das war früher so ein Riesen-Gerät. Das war, glaube ich, so ’n, weiß ich nicht, vierzig mal vierzig mal vierzig Zentimeter Kiste und da war halt ’n Blasebalg drin. 

00:23:23,165   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:23:23,585   [Anne Gersdorff]

So, jetzt ist die Tasche dafür wie so ’ne große Laptoptasche. Also- 

00:23:29,505   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:23:29,865   [Anne Gersdorff]

-ne, alleine das ist ja schon mal irgendwie voll der Unterschied. Und, ne, ich war vor, na ja, fast zehn Jahren war ich in Russland und das war halt auch noch mal krass, weil da einfach so– Es gibt keine abgesenkten Bordsteinkanten, ähm, die U-Bahn ist null barrierefrei. So, ne, all das, Menschen mit Behinderung sind halt null im Stadtbild. 

00:23:58,925   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:23:59,605   [Anne Gersdorff] Und das hat mir irgendwie schon, 

hat mich irgendwie auch ein bisschen demütig gemacht und irgendwie auch so, ja, wir haben schon auch ganz schön viel irgendwie erreicht und finde seitdem auch ein bisschen schade, dass wir das manchmal gar nicht so feiern. Auch wenn es noch super viel zu tun gibt ne und ich meine, wir kennen uns ja beide auch irgendwie durch aktivistische Kontexte und wir da super viel machen müssen und irgendwie wahrscheinlich in den nächsten Jahren richtig viel Scheiß auch auf uns zukommt. Ähm, aber, ja, sich über Erfolge zu freuen oder zu mindestens zu gucken, wie das so ist, ist schon auch, finde ich, immer mal hilfreich. 

00:24:50,972   [Raul Krauthausen]

Nur weil es in anderen Ländern schlechter ist, heißt das ja nicht, dass man nicht hier auch für Verbesserungen kämpfen kann. Das ist mir dann irgendwann klar geworden. Weil sonst ist es sehr leicht zu sagen, na ja, was beschwerst du dich? Andere Menschen haben’s auch schlecht oder haben’s doch schlechter. Das hilft uns ja nicht und es hilft auch denen nicht. 

00:25:10,531   [Anne Gersdorff]

Genau, aber mir hat das irgendwie noch mal so gezeigt, also so habe ich mir das irgendwie in den Achtzigern in der DDR vorgestellt- 

00:25:19,111   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:25:19,491   [Anne Gersdorff]

-so ’ne und noch mal, aber mit so einem Bewusstsein nach Deutschland zu kommen. Boah, es haben aber einfach auch ganz schön viele Leute vor mir für meine Rechte gekämpft. Ähm, ist ja auch noch mal cool zu sehen und vielleicht auch empowernd- 

00:25:39,351   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:25:39,671   [Anne Gersdorff]

-zu wissen, hey, die haben voll viel erreicht. Genau, und das heißt nicht, dass man nicht weitere Dinge kämpfen soll. Also Menschen mit Behinderung werden immer noch in unserer Gesellschaft voll diskriminiert und benachteiligt. So, aber trotzdem hat es irgendwie noch mal, ja, meinen Blick, glaube ich, einfach erweitert. 

00:26:03,651   [Raul Krauthausen]

In der Psychologie heißt es ja öfter, dass, ähm, oft ein Menschen reicht, äh, oft ein Mensch reicht, der, äh, eine Veränderung im, im Leben eines anderen Menschen erzeugen kann. Also es muss nicht zwangsläufih die große Struktur sein oder die große Reform oder der Wegzug oder Geld, sondern kein Mensch kann eine Veränderung bewirken. Bei mir waren es die Einzelverhelfer und also Menschen, die jetzt nicht meine Familie sind oder meine Lehrerinnen. Bei mir waren es die Einzelverhelfer. Hattest du auch so einen Menschen? 

00:26:38,291   [Anne Gersdorff]

Da die beiden Freundinnen, glaube ich, mit denen ich, äh, in der Nachbarschaft gewohnt hab, die haben mich irgendwie voll viel mitgenommen. 

00:26:49,151   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:26:49,411   [Anne Gersdorff]

So ’ne. Also sie waren ein bisschen älter als ich und es waren halt Kinder von Freunden meiner Eltern und ich war mit denen halt jedes Wochenende irgendwie unterwegs und ich bin aus dem Rollstuhl gefallen und es war klar, okay, wir sagen einfach unseren Eltern nichts und so. Ähm, und ich glaube, dass die einfach auch ein bisschen dafür verantwortlich sind, warum ich so bin, wie ich heute bin, glaube ich. Einfach ganz viele Freunde meiner Eltern. Ich glaub schon auch, dass meine Eltern irgendwie ne große Rolle dabei gespielt haben, weil die mich einfach, ne, ich war halt überall irgendwie dabei und es war halt so klar, manche Sachen gehen nicht, aber alles, was geht, wird halt irgendwie gemacht und man macht halt das Beste draus. Und so, also eher so ’n optimistisches Bild auch einfach. Und ich würd aber schon sagen, ich hab superviel durch Assistenzpersonen gelernt. Also, ne, ich hab jetzt seit zwanzig Jahren Assistenz und so ich hab voll viel von denen gelernt, einfach weil die in anderen Kontexten vielleicht unterwegs sind oder irgendwie mehr andere Dinge ermöglicht haben oder mehr in queeren Kontexten leben. Ähm, ja, und das irgendwie macht, glaube ich, noch mal ’n Unterschied und ich weiß nicht, ob ich so politisch oder auch so bewusst mit Diskriminierung wäre, wenn ich selbst keine Behinderung hätte und nicht mit Assistenz leben würde. 

00:28:41,651   [Raul Krauthausen]

Mit Assistenz leben bedeutet auch so ’n bisschen, man bringt die Welt zu sich nach Hause, ne? 

00:28:45,331   [Anne Gersdorff]

Ja, ’n bisschen schon, weil das ja schon auch… Man sucht sich ja auch aus, wer Assistenz bei- 

00:28:53,691   [Raul Krauthausen] Ja, genau. 

00:28:54,211   [Anne Gersdorff]

-einem, ist. Und das sind dann ja schon auch vielleicht ähnliche Personen oder so. 

00:29:00,631  [Raul Krauthausen] Das stimmt. 

Aber oft auch Leute, die vielleicht jetzt nicht sofort vor der ersten Herausforderung zurückschrecken, sich dem auch eher stellen. 

00:29:10,551   [Anne Gersdorff]

Ja. 

00:29:11,111   [Raul Krauthausen]

Interessant. Hast du deinen Freunden gesagt, was, äh, sie für dich bedeuten? 

00:29:16,031   [Anne Gersdorff]

Wir haben gar nicht mehr so Kontakt. Also, mit denen habe ich eher nicht Kontakt. Genau, es gibt noch ’ne andere, also die besten Freunde meiner Eltern, die, ähm, und deren Tochter, die haben, glaube ich, auch ’ne große Rolle gespielt, auf jeden Fall in meiner Kindheit, wo wir die, genau, die stellen coole Fragen, die sind irgendwie da, die, ja, haben ganz viel mit uns gemacht und so was, glaube ich, sind auch einfach sehr wichtige Leute. 

00:29:47,931   [Raul Krauthausen]

Also für die ganzen nichtbehinderten Hörerinnen und Hörer, klar kann man das auch auf sich beziehen, wenn man nicht betroffen ist oder eine Behinderung hat. Aber ich glaube, für mich war das schon ’ne ganz wichtige Erfahrung, zu sehen, wie wenig in der einen oder anderen Situation die Behinderung dann vielleicht doch auch ’ne Rolle spielt. Also dieses Gefühl von, ähm, man ist Teil einer Gruppe, auch wenn man manchmal nicht Teil der Gruppe ist. 

00:30:18,191   [Anne Gersdorff]

Ja. 

00:30:19,111   [Raul Krauthausen]

Und das ist was anderes als reine Freundschaft. Das, das-Kann ich haben wenn, mir mehr Worte fehlen. Aber ich fand das für mich eine ganz interessante Erfahrung. Ich hab’s dann echt erst vor kurzem mit paar Freunden gesagt, was das für mich bedeutet hat. Und die haben es nie so empfunden. Sagen sie mir zumindest. 

00:30:38,061   [Anne Gersdorff]

Also nee, auch gerade so als Kind, die waren halt irgendwie natürlich auch sauer, wenn ich geärgert hab. Klar. So oder ich hab mit der einen Freundin haben wir auch ehrlich gesagt voll fies waren wir manchmal gegenüber anderen Kindern. 

00:30:54,421   [Raul Krauthausen]

Ja, natürlich können behinderte Kinder auch mobben, klar. 

00:30:58,281   [Anne Gersdorff] Ja, ich glaub, das hatte auf jeden Fall für meine Entwicklung irgendwie voll die Bedeutung. 

00:31:05,601   [Raul Krauthausen]

Was ich wirklich, also hab ich dir hab ich das noch nie gesagt, aber was ich als unfassbar befreiend empfunden habe, als Du mal gesagt hast, und es steht auch in deinem Buch, stoppt Ableismus, als du mal gesagt hast, dass Mensch mit Behinderung auch ein Recht darauf haben zu scheitern. Weil das war das, was ich immer dachte, aber mich nie getraut habe auszusprechen. Weil ich denke, es kann auch nicht jeder alles schaffen und es muss auch nicht jeder alles schaffen können. Was wir aber lernen können, ist mit Niederlagen umzugehen. Und da ist Behinderung kein Grund, diese Erfahrung nicht zu machen. 

00:31:46,961   [Anne Gersdorff]

Genau, also ne, wir werden ja, wir schaffen ja einfach auch manchmal Dinge nicht oder ist halt schwieriger, keine Ahnung. Wenn ich öfter aufgrund der Behinderung vielleicht krank bin oder auch ausfalle, dann hab ich ja immer auch Erlebnisse, wo ich vielleicht nicht teilhaben kann oder so. Und ich glaub, dem Kontext, indem ich das gesagt hab, da waren wir beide in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Und da arbeiten voll viele Leute, die, glaub ich, richtig cool auch woanders arbeiten könnte könnten, wenn wir halt ’n bisschen kreativ wären. So, wenn wir irgendwie uns besser überlegen würden, was die Leute machen könnten und wenn halt der Staat auch irgendwie bessere Unterstützungssysteme zur Verfügung stellen würde. Und was aber ganz oft passiert, ist so dieses, ja, der Arbeitsmarkt ist zu hart für Menschen mit Behinderung oder die schaffen das ja nicht. Und nee, ich hab selbst soziale Arbeit studiert und ich krieg da immer son bisschen die Krise, weil ich das Gefühl hab, da haben irgendwie Pädagoginnen einfach in ihrem Studium was richtig nicht verstanden. Weil es ist ja nicht der Job vom Erzieher in Pädagogik, was auch immer, die Leuten vor irgendwas zu beschützen, sondern die Leute halt zu begleiten und ihnen halt die Dinge so zu erklären, dass sie’s halt verstehen, aber am Ende selbst die Entscheidung zu treffen, was sie halt wollen. 

00:33:31,821   [Raul Krauthausen] Und wenn es die falsche Entscheidung ist. 

00:33:34,201   [Anne Gersdorff]

Genau. Und wenn es dann eine falsche Entscheidung ist und wer sagt denn, was eine falsche Entscheidung ist? So, dann ist es meine Aufgabe, das halt zu begleiten und wieder zu stärken und irgendwie so, ne, das mitzunehmen. Aber ich mein, wir alle lernen ja irgendwie aus Fehlern. So, also, ne, die meisten Menschen lernen daraus, weil sie irgendwie mal ’n Fehler gemacht haben und dann irgendwie das nächste Mal was anderes gemacht haben. 

00:34:08,181   [Raul Krauthausen] Absolut. 

00:34:09,121   [Anne Gersdorff]

Und das verkennen wir halt voll viel für Menschen mit Behinderung. Und das ist voll okay, find ich, zu sagen, hey, ich hab das mit Assistenz probiert und ich schaff das nicht. Ich will lieber irgendwie bei ’nem Pflegedienst sein oder ich will lieber irgendwie in ’nem Heim wohnen. Oder auch, ne, ich hab, keine Ahnung, das jetzt so lange auf dem Arbeitsmarkt probiert. Ich brauch mal eine Pause, aber dann ist die Aufgabe von den Leuten da drin, nicht irgendwie Gatekeeper zu sein und die Leute da behalten zu wollen und ihnen halt einzureden, sondern wenn die Leute halt Wünsche äußern und die Wünsche müssen sie halt auch kennen. Also wir sehen halt auch ganz oft, dass Leute einfach nicht informiert sind, so wie was sie eigentlich für Optionen und Möglichkeiten haben und da muss man das halt begleiten und unterstützen. 

00:35:10,561   [Raul Krauthausen]

Ich hab das irgendwann so verstanden, dass das deswegen nicht gemacht wird, entweder weil es ’n Tabu ist, ’nem behinderten Menschen, also darüber zu reden, dass dass nicht alles möglich ist. Also ich glaub, nicht behinderte Menschen tun sich sehr schwer, darüber zu reden, weil sie, also verstehe ich ja auch, ne. Das kannst Du nicht oder das ist wirklich zu gefährlich. Will man ja auch nicht immer sagen, aber man sagt wahrscheinlich trotzdem zu oft, aber dann am falschen. Und da, wo’s vielleicht wirklich nicht geht, da traut man sich das dann nicht. Oder auch die die richtige Gelegenheit zu erkennen, ist wahrscheinlich gar nicht so einfach. Und dann aber auch, wie Du sagst, diese Meile zu gehen, die dir nun mal den Beruf der Sozialarbeit beinhaltet, die Meile zu gehen, auch nach einer Niederlage weiterzumachen, Alternativen zu finden, dann wahrscheinlich oft auch in sonem, ich sag jetzt nicht Bequemlichkeit, aber in aus soner Überforderung, wir haben da keine Zeit, es gibt Zeitdruck, vielleicht auch Personalmangel, dann gar nicht gehen kann. 

00:36:13,861   [Anne Gersdorff] Und auch so dieses aus der Komfortzone raus. 

00:36:18,081   [Raul Krauthausen] Mhm. Genau. 

00:36:19,681   [Anne Gersdorff]

Die meisten Sachen, wo ich Sachen gelernt hab, war vielleicht erst mal aus meiner Komfortzone heraus und dann aber zu sehen, dass es irgendwie doch geht. Oder dass es Möglichkeiten gibt, ne? Und das macht, glaube ich, voll viel mit einem selbst und gibt einem ja auch voll viel Selbstvertrauen, wenn man irgendwie mal ehrlich ist, schafft er’s auch. 

00:36:44,851   [Raul Krauthausen]

Ich hab mal einen Vortrag von Aladin El Mafaalani im Haus der Kultur in der Welt gehört und da hat er gesagt, ähm, wir müssen aber auch aufpassen in der, ähm, Reformerbewegung oder in, in, in der Bewegung die Leute– in, in der Bewegung der Leute, die wirklich das Bildungssystem verbessern wollen, dass wir uns nicht flüchten in, in das Argument, wir brauchen mehr Fachkräfte, weil das ist halt so ’n magisches Denken. Wir brauchen halt nur Fachkräfte, aber wir beantworten nicht die Frage, wo kommen die her? Und wenn er die Frage beantworten würde, dann würde er sagen, es gibt diese Fachkräfte nicht und es wird sie auch nicht geben in den nächsten Jahren und Jahrzehnten aufgrund des demografischen Wandels, ähm, dass wir eher andere Leute befähigen sollten, Verantwortung zu übernehmen. Zum Beispiel Menschen, die in Rente gehen, ähm, sich auch vielleicht im Bildungsbereich zu engagieren, dass da eine riesige Ressource ist, von Menschen, die das auch machen wollen, die das auch könnten, ähm, eine Art, ja, Paten, Großelternpaten sein könnten, äh, um solche Systeme auch aufzufangen, weil wir eben keine Fachkräfte haben. Da können wir noch so sehr wollen. Ähm, was für Verantwortung siehst du oder Lösungen siehst du in der Mehrheitsgesellschaft, die wir relativ niedrigschwellig machen könnten, um die Situation aller Kinder und vor allem die, der ’ne Behinderung, zu verbessern? 

00:38:27,551   [Raul Krauthausen]

Gleich geht’s weiter. Wenn du diesen Podcast unterstützen möchtest, [hörbares Einatmen] dann kannst du das mit einem kleinen monatlichen Beitrag tun. Im Gegenzug kannst du alle Folgen vorab hören und du wirst, sofern du das möchtest, hier im Podcast namentlich genannt. Alle Infos findest du unter www.im-Aufzugde. Ende der Servicedurchsage. Viel Spaß beim zweiten Teil der Folge. 

00:38:55,911   [Anne Gersdorff]

Ich glaube erstmal vor allem den Status quo infrage zu stellen, ne? Wir hängen ja immer noch in so Schleifen, weil das früher so war, ist das gut oder so. Also, ne, ich glaube so, also wie oft Leute glauben, dass Behindertenwerkstätten was per se Gutes sind oder Menschen mit Behinderung nichts Schlechtes wiederfahren oder erstmal irgendwie dieses Narrativ durchbrochen werden muss, dass zum Beispiel Menschen da einfach voll gar kein Geld verdienen, so- 

00:39:32,231   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:39:33,691   [Anne Gersdorff] und es auch kaum Wege aus der Werkstatt gibt, beziehungsweise gibt es die Wege, aber die kennt halt niemand. Und, ne, da können wir, glaube ich, anfangen, als Eltern zu fragen, warum gibt’s hier so wenig behinderte Kinder auf dieser Schule? Warum werden die Kinder vielleicht ausgeschlossen aus der Klasse? Was können wir machen? Das aber auch zum Beispiel mit zu bedenken bei Klassenpaten, Elternabenden, weiß ich nicht, Schulfesten und so und gleichzeitig aber auch auf dem Arbeitsmarkt. Ich glaube, ne, sowas wie Personaler*innen fragen, wie viele Menschen mit Behinderung arbeiten denn hier eigentlich? Haben wir ’ne schwere Behindertenvertretung? Warum haben wir keine? Wollen wir nicht mal jemanden einstellen? Und wir wissen zum Beispiel, ganz oft gelingt Inklusion auf dem Arbeitsmarkt über Kontakte. So, ne. Also ganz oft entstehen Jobs, weil jemand, die man kennt, der sagt, „Hey, lasst uns doch mal probieren“, und dann funktioniert das irgendwie. 

00:40:49,551   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:40:50,911  671 [Anne Gersdorff]

Und das können wir, glaube ich, alle tun, ne? Wir können alle fragen, „Hey“, oder auch sagen, ja, ich biete jemandem mit Behinderung ’n Praktikumsplatz oder ich probiere es mal mit ’ner Ausbildung. Ähm, und das ist ja auch okay, wenn Leute unsicher sind oder vielleicht auch Sachen nicht wissen, aber dann kann man sich ja auch Beratung zum Beispiel holen. Mm, genau, ich glaube, das wär so das, was ich vor allem empfehlen würde, den Status quo infrage zu stellen und eben, ja, Leuten ’ne Chance zu geben und ihnen Optionen einfach zu bieten. 

00:41:37,131   [Raul Krauthausen]

Als wir gestern zusammensaßen, zumindest virtuell, ähm, hatten wir ’ne Kollegin zugeschaltet, die sich sehr gut auskennt in dem Bereich Übergang, Schule, Arbeitsmarkt. Und, ähm, sie hat etwas gesagt, worüber ich so theoretisch wahrscheinlich noch nicht nachgedacht habe. Und zwar sagte sie, dass, äh, sie erschrocken ist, wie uninformiert das Lehrpersonal an Regelschulen ist- 

00:42:04,271   [Anne Gersdorff] Mhm. 

00:42:04,451   [Raul Krauthausen]

-über Möglichkeiten von Schülerinnen mit Behinderung nach der Schule. Und, man, da hab ich erst– Mein erster Impuls war, na ja, ist halt auch ’ne Regelschule. Aber dann dachte ich, gerade die müssten das ja wissen, um das überhaupt attraktiv zu machen. Und wissen bedeutet ja nicht, dass man alles wissen muss. Denn wissen würde ja reichen, wie du sagst, ’ne Anlaufstelle zu kennen, an die man sich wenden kann.

00:42:31,653   [Anne Gersdorff] Ja, oder zu wissen, was es für Optionen gibt. 

00:42:34,714   [Raul Krauthausen] Ja, genau. 

00:42:35,513   [Anne Gersdorff]

Und, also ich meine, ich erwarte eigentlich schon von der Person, dass sie es zumindest noch mal googeln können, genau. Also, ich habe auch lange an einer Schule gearbeitet und da halt den Übergang der Schüler in mit Behinderungen irgendwie begleitet. Und es war wirklich auch erschreckend, weil da kam zum Beispiel die Agentur für Arbeit für alle Kinder. Und wenn die aber gesehen haben, dass auf dem Zeugnis irgendwas mit Förder Schwerpunkt steht, dann haben die gesagt: „Nein, ich bin nicht für dich zuständig. Du kommst hier in die Reha-Abteilung. Und das war ganz egal, ob die Kinder irgendwie das wollten oder nicht oder so. Also da fängt es ja auch schon an. 

00:43:27,533   [Raul Krauthausen] Na ja, man wird in so eine Schublade gesteckt. 

00:43:29,613   [Anne Gersdorff]

Genau, einfach aussortiert. So und dann geht es ja irgendwie weiter, dass er einfach… Genau. Das System ist schon auch kompliziert. Also das kam ja gestern auch irgendwie raus, wer soll da eigentlich durchblicken, so bei zig Maßnahmen und Wegen und Programmen, die es gibt. Aber so ein Grundsatz von Inklusion vor Sonderwegen, das wäre halt voll wichtig. Und genau, das fängt halt mit Praktika an und da muss man irgendwie sich schon natürlich wahrscheinlich auch mal ein bisschen mehr bemühen und das geht dann halt mit Ausbildung und Arbeitsplätzen irgendwie weiter. 

00:44:27,713   [Raul Krauthausen]

Ist denn das Personal an Förderschulen besser informiert über Möglichkeiten nach der Schule? 

00:44:33,133   [Anne Gersdorff]

Nein, also ich war jetzt schon lange nicht mehr irgendwie in dem Bereich als Beraterin oder so unterwegs, aber ich weiß zum Beispiel, dass ganz viele Sonderschulen, dass da ausschließlich Praktika in Werkstätten gemacht wird oder dass dann der Weg irgendwie relativ automatisch in Berufsbildungswerke führt, wo halt Leute ausgebildet werden. Das müssen wir halt durchbrechen. Wir brauchen halt irgendwie wirklich Leute, die dann gezielt in Betrieben, in Unternehmen halt Praktika sucht und Ausbildungsplätze. Und genau, dann rein theoretisch, also per Gesetz oder so, gibt es ja auch ganz, ganz viele Maßnahmen. Und ich sage immer, wir haben vor so einem bunten Blumenstrauß, was Leute eigentlich bekommen könnten. Aber dann steht da halt so viel Bürokratie irgendwie im Weg, was halt auch einfach richtig, richtig Kacke ist, wenn Betriebe und Menschen erst mal begründen müssen, was sie brauchen und warum und wie viel und dann zieht sich das ewig hin. Das geht halt so nicht. 

00:45:58,793   [Raul Krauthausen] Wie informierst du dich denn? 

00:46:00,713   [Anne Gersdorff]

Also ich glaube einfach ganz viel durch Kontakt zu anderen Menschen. Tatsächlich, es gibt auf Facebook eine Gruppe von Frauen, tatsächlich auf Facebook, von Frauen mit meiner Behinderung oder flinta Personen. Genau. Und das ist ziemlich cool, muss ich sagen. Weil das ist so, da haben Leute ähnliche Themen. Das geht irgendwie von Menstruation über Wer will die Konzertkarte haben? Aber das ist irgendwie sehr… Ich finde das auch irgendwie empowernd oder auch irgendwie beruhigend, so zu wissen, was machen Leute? Weil ich komme ja in medizinischen Studien zum Beispiel nicht vor. Und das würde ich sagen… 

00:46:58,273[Raul Krauthausen] Und arbeitsrechtlich oder bildungsthematisch? 

00:47:02,033   [Anne Gersdorff]

Kobinet. Kobinet ist eine Nachrichtenseite für Menschen mit Behinderungen oder über Themen zur Behinderung. Dir folgen, finde ich sehr informativ. Also dein Newsletter oder der auf Social Media folgen. Genau. 

00:47:23,073   [Raul Krauthausen]

Danke für die Blumen. Das wollte ich gar nicht herausfischen, weil mir fällt tatsächlich auch, dass es relativ wenig gibt. Also es gibt einiges zum Thema Bildung. Ich schwör da ja sehr auf den Mittendrin e. V. In Köln. Aber so zum Thema Arbeit, da sind dann oft auch entweder gar nicht so gute Websites, nicht so gut gepflegt, nicht so aktuell oder super juristisch oder bürokratisch, dass man das auch gar nicht so gerne liest, oder ich wüsste gar nicht, wo ich da anfangen soll. 

00:47:57,613 [Anne Gersdorff] Ich glaube, es ist schon auch wichtig, einfach mit Leuten in Kontakt zu sein, die auch in der Praxis sind. Aber es gibt halt keine Newsletter zum Thema Inklusion und Arbeit oder es gibt keine Plattform. Und ich meine, was halt richtig cool wäre, wäre, wenn das irgendwie in dieser ganzen Diversity Bubble einfach irgendwie auch mitgedacht werden würde, aber da fällt es halt ganz oft hinten raus.

00:48:34,087   [Raul Krauthausen]

Das ist ja auch ein Thema, das wir immer wieder haben, dass wir versuchen, Diversität aus der Perspektive behinderter Menschen mitzudenken und dann die anderen daran zu erinnern, dass das auch ein Merkmal von Diversität gena– ist, das genauso wichtig ist. Macht Job inkusive das Projekt, das du leitest, bei den Sozialheldinnen ja auch viel Arbeit, Aufklärungsarbeit, Blogartikel, äh, Workshops, Beratung, auch Newsletter hin und wieder, ähm, dass ich da teilweise auch ganz viel von der Arbeit lerne. Gab es in deiner Arbeit, die du jetzt schon viele Jahre machst, etwas, was dich überrascht hat? Also wo man denkt: „Ach, krass.“ Also positiv überrascht oder vielleicht auch negativ überrascht? 

00:49:24,727   [Anne Gersdorff]

Also was ich halt… Also negativ ist natürlich irgendwie immer einfacher, ne? Ähm, aber wir stellen gerade das zweite Mal einen Menschen mit Lernschwierigkeiten bei den Sozialheld*innen ein, also ’ne Person, die vorher irgendwie lange in der Werkstatt war. Und bei beiden Personen war irgendwie dieser Prozess einfach so kompliziert, da ’ne adäquate Unterstützung zu bekommen. Also,ich mein, ich kenne mich jetzt ’n bisschen aus. Meine Kollegin kennt sich irgendwie aus. Und trotzdem argumentieren wir seit ’nem halben Jahr mit Ämtern, dass wir doch bitte Jobcoaching für die Personen brauchen. Und in Berlin sind halt im Budget für Arbeit, was so als die Alternative zur Werkstatt gilt, irgendwie vier Stunden Jobcoaching im Monat vorgesehen. Und, ne, wenn du halt weißt, so: Hey, hier ist jemand, der hat noch nie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gearbeitet. Die Person kann nicht gut lesen und schreiben. Die weiß sich zwar zu helfen irgendwie mit Tools, aber trotzdem kann ich vielleicht ja nicht den Arbeitsauftrag geben, den ich dir vielleicht geben würde oder brauche einfach noch mal anders Unterstützung. Und dass das so schwer gemacht wird, das ist echt richtig, richtig, richtig nervig. Hmm, genau, was ich aber, glaube ich, vielleicht, um noch was Positives zu sagen: Ich hab schon das Gefühl, dass in den letzten Jahren irgendwie gerade dieses Bewusstsein um die Schwierigkeiten auch in Werkstätten, also dass die Übergänge daraus so schlecht sind, was irgendwie die Rahmenbedingungen damit sind, 

relativ viel angekommen ist und dass da noch mal ’n anderes Bewusstsein einfach auch gesellschaftlich passiert ist. 

00:51:42,627   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:51:43,327   [Anne Gersdorff]

Und das ist ziemlich cool, finde ich. 

00:51:46,667   [Raul Krauthausen]

Also, was mich ja daran so bestürzt, ist, dass wenn selbst wir oder ihr sagt, dass es so kompliziert ist, das zu beantragen, es auch gar nicht so leicht ist, dann Unternehmen mit Leidenschaft davon zu überzeugen, diesen Weg auch zu gehen. 

00:52:03,827   [Anne Gersdorff] Mhm. 

00:52:04,987   [Raul Krauthausen]

Und gleichzeitig, und das ist das Positive, finde ich es doch erstaunlich, wie viele Unternehmen, ähm, aber die Frage trotzdem haben. Und früher dachte ich, die Erzählung, die uns von Werkstätten immer gesagt wird, das Problem ist der allgemeine Arbeitsmarkt. Die Firmen wollen ja alle gar nicht und so. Dass das auch zu verkürzt ist, also dass das so gar nicht stimmt. Und ich würde jetzt sogar eher sagen, dass der größtere, größere Hemmschuh, wie du sagst, die Verwaltung ist, die Bürokratie. 

00:52:37,187   [Anne Gersdorff] Ja, würde ich auch sagen. 

00:52:39,227   [Raul Krauthausen]

Es ist nicht die Werkstatt das Problem, nicht der Arbeitsmarkt das Problem, sondern die Politik. 

00:52:44,687   [Anne Gersdorff]

Ja, es sind die Prozesse, die wir dahinter aufgebaut haben, weil wir glauben, Sachen sind zu teuer oder Leute schaffen das nicht. Ne? Da sind wir wieder beim Thema scheitern irgendwie. 

00:52:57,227   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:52:58,027   [Anne Gersdorff]

Ähm, wir Gutachten vorher einholen, ob jemand ’ne Ausbildung schafft oder nicht. All das führt,

glaube ich, am Ende dazu, dass Leuten halt die Chance genommen wird, Dinge auch auszuprobieren. 

00:53:14,067   [Raul Krauthausen]

Und dieses Argument, zu teuer, ist ja– Also, ich finde, das ’n sehr neoliberalen Gedanken, also, ne? Und ich neige auch manchmal dazu, so zu denken, versuch mir dann immer auf die Zunge zu beißen. Aber es ist auch unfassbar teuer, was wir jetzt machen. Also volkswirtschaftlich ist das ja unfassbar teuer, weil die Menschen werden ihr Leben lang auf Grundsicherung angewiesen bleiben, weil sie in Werkstätten weniger als den Mindestlohn verdienen. Und die, die eigentlich wirklich profitieren, sind die Werkstätten. 

00:53:46,647   [Anne Gersdorff]

Ja, aber ich finde also generell diesen Kostenfaktor, das ist halt voll das gefährliche Argument. 

00:53:55,767   [Raul Krauthausen]

Ja. 

00:53:56,387   [Anne Gersdorff]

Da sind wir halt voll auch ganz schnell dabei: Wer ist wirtschaftlich verwertbar? Wer nicht? Wer ist mehr wert als wer anderes? Ich würd mich, ehrlich gesagt, gar nicht gerne auf dieses Niveau einlassen- 

00:54:14,347   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:54:14,367   [Anne Gersdorff]

-sondern, ne, das ist halt ’n Menschenrecht. So, Deutschland hat die

UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben. Also müssen wir halt auch dafür sorgen, dass Leute da arbeiten können, wo sie halt wollen. 

00:54:29,607   [Raul Krauthausen] Absolut. 

00:54:29,987   [Anne Gersdorff]

Und wenn wir mit Beschäftigten reden, wollen einfach auch ganz, ganz viele Leute eigentlich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Sie wissen halt nur nicht wie oder sie haben Ängste davor oder, ähm, sie brauchen halt irgendwie Unterstützung, die sie halt nicht bekommen. Aber wenn wir das irgendwie hinkriegen würden,das wäre halt voll der Gamechanger. 

00:54:58,866  Raul Krauthausen] Absolut. Du hast vorhin erzählt, dass du Soziale Arbeit studiert hast. Und danach, äh, hast du dann einen Abschluss gemacht, auch da drin? Also, nur studiert hast du es ja nicht, sondern auch abgeschlossen. Darf ich fragen, was das Thema deiner Abschlussarbeit war? 

00:55:15,465   [Anne Gersdorff]

Ähm, puh. Es war Inklusion in der Schule und irgendwie, was das halt so bedeutet mit der Peer-Ebene. Weil so oft ist so ’n Narrativ halt, dass ja, wenn wir in ’ner inklusiven Gesellschaft leben, Leute keine Gleichgesinnten haben und dadurch vielleicht auch weniger Vorbilder zum Beispiel. Ähm, genau, und ich hab mir das, also meinen Bachelor irgendwie angeguckt, was das halt bedeutet und wie man das irgendwie vielleicht ja auch kombinieren könnte, ne. Also, wenn wir zum Beispiel auch diverses Personal an Schulen hätten, dann hätten wir ja auch da Vorbilder und Gleichgesinnte, auch wenn es vielleicht nicht behinderte Schülerinnen wären. Ähm, genau, und ich hab ja danach noch ’n Master gemacht in Leitung, Bildung und Diversität. Und da hab ich mir die Proteste ums Bundesteilhabegesetz und den Partizipationsprozess, der dahinter steckte, angeguckt. 

00:56:28,206   [Raul Krauthausen]

Mhm. Dazu kommen wir gleich, zum Thema Aktivismus. Aber lass mich noch eine letzte Frage zu deinem Werdegang stellen. Ähm, wenn du jetzt zurückblickst, würdest du das genauso machen? Oder würdest du was anderes studieren oder was anderes machen? Hast du das Gefühl, äh, da ist doch ’ne Welt, die du gerne entdeckt hättest? 

00:56:51,685   [Anne Gersdorff]

Also, ich mochte schon ganz gerne, was ich mache, muss ich sagen, auch wenn ich irgendwie vielleicht meine Behinderung irgendwie ’n bisschen zum Beruf gemacht hab. Ähm, genau, aber ich glaube, so dieses Bildungsarbeit und irgendwie aktivistisch arbeiten und so, das mach ich eigentlich ganz gern. Hmm, ich hab immer überlegt, ob ich auch irgendwie was Kreatives mache. Also, ich hab ’ne Weile damit gehardert, ob ich überhaupt Abi mache, weil das einfach so viel Arbeit war. 

00:57:30,185   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:57:30,205   [Anne Gersdorff]

Ne, wenn du zwei Stunden im Bus sitzt und dann noch irgendwie acht Stunden Schule und dann noch Hausaufgaben machen sollst. 

00:57:37,045   [Raul Krauthausen]

Ja, ja. 

00:57:37,405   [Anne Gersdorff]

Da bleibt halt auch einmal nicht viel Zeit für Leben und sonst was übrig. Genau, und hätte ich das, glaub ich, nicht gemacht, dann hätte ich, glaub ich, irgendwie, ja, so Designsachen, glaub ich, gemacht oder kreative Sachen. 

00:57:55,105   [Raul Krauthausen]

Als ich dich kennengelernt habe, hab ich mich auch so an dich erinnert. Da hattest mir damals gesagt, dass du gerne, äh, dich mit Grafikdesign beschäftigst und dass dich das interessiert. 

00:58:06,625   [Anne Gersdorff]

Ich denk auch manchmal noch so: „Ach, vielleicht sollte ich auch das vielleicht mal machen.“ Und dann denke ich aber wieder: „Na ja, jetzt ist vielleicht ’n bisschen zu spät jetzt.“ Der ist irgendwie abgefahren. Jetzt macht es die KI bald. 

00:58:19,525   [Raul Krauthausen]

Ja. 

00:58:21,145   [Anne Gersdorff]

Ich weiß nicht, ich mache auch manchmal so Sachen, also keine Ahnung, so Einladungskarten oder… Gerade hab ich für jemanden ein T-Shirt gestaltet und irgendwie mir macht das so voll, voll Spaß, da rumzubauen. Aber ich glaube, für mich ist es auch so ’n bisschen wie Bauen, ne. Da sehe ich halt so, was ich… Am Ende habe ich so ’n Produkt in der Hand. 

00:58:47,085   [Raul Krauthausen] Mhm. 

00:58:48,285   [Anne Gersdorff]

Und ansonsten bei unserer Arbeit sieht man ja nicht so richtig, was man am Ende bewirkt hat. 

00:58:54,445   [Raul Krauthausen] Ja, das stimmt. 

00:58:55,505   [Anne Gersdorff]

Ja. Also so ’n bisschen wie Leute vielleicht gerne handwerken oder 

00:59:00,945   [Raul Krauthausen]

Ja, ja, genau. 

00:59:01,505   [Anne Gersdorff] Genau, Handarbeiten machen, ist das eher für mich. 

00:59:04,145   [Raul Krauthausen]

Wir haben uns ja, jedenfalls meine aktive Erinnerung, äh, an dich war bei den

Teilhabegesetz-Protesten, als wir gemeinsam uns angekettet haben am Reichstagsufer, um gegen das Bundesteilhabegesetzt, äh, zu protestieren. Wusste gar nicht, dass du da eine Masterarbeit sogar darüber geschrieben hattest. Ähm, und dass dieser Moment hat mich unfassbar empowert zu merken: „Wow, wir sind ja doch einige, mehr als ich dachte.“ Und es lief dann einfach. Es war dann irgendwann so ’n Selbstläufer. Dadurch, dass wir so viele waren, wurden es auch mehr, bekamen wir plötzlich mediale Aufmerksamkeit. Und ich glaub, wir haben das Thema für die Entscheider*innen zumindest überraschend schnell und laut beherrscht. 

00:59:52,225   [Anne Gersdorff] Mhm. 

00:59:52,905   [Raul Krauthausen]

Trotzdem stelle ich mir seitdem immer wieder die Frage: „Wer fällt eigentlich in unseren

Erzählungen hinten unter?“ Also wenn wir uns engagieren für Inklusion, für Teilhabe, Barrierefreiheit, erzählen wir vielleicht dann doch auch eher Dinge, die uns selbst betreffen und übersehen vielleicht auch andere. 

01:00:11,865   [Anne Gersdorff]

Ja, also ich denke da auch öfter mal drüber nach und es ist halt voll schwer. Ich meine, also gerade auch wenn wir uns das Bundesteilhabegesetz angucken, wir beide haben voll den Fokus auf so Assistenzsachen gelegt zum Beispiel, ähm, und haben dabei sicherlich auch ganz viele Dimensionen von Behinderung irgendwie vergessen. So, also was ist mit Personen mit Lernschwierigkeiten? Wie kann Selbstbestimmung für Leute aussehen, die vielleicht nicht sprechen können? Was ist mit Leuten mit psychischen Erkrankungen? Ähm, genau, und ich glaube, es ist halt voll schwer, oft alle Dimensionen mitzudenken. Und gleichzeitig glaube ich, wir müssen darin viel, viel besser werden und wir müssen viel, viel besser werden, da mit einer Stimme zu sprechen, weil, glaube ich, in den nächsten Jahren die unsere Abwehrkämpfe irgendwie sicherlich härter werden. 

01:01:24,735   [Raul Krauthausen]

Also wir kämpfen wahrscheinlich in Zukunft weniger für Verbesserungen, aber gegen Verschlechterungen. 

01:01:30,615   [Anne Gersdorff]

Gehe ich auch davon aus. Wir beide hören ja, glaube ich, auch manchmal so ’n bisschen munkeln, was gerade in den Koalitionsverhandlungen passiert. Das heißt, glaube ich, nichts Gutes, so. Ähm, was, glaube ich, das allerallerschlimmste ist, was passieren kann,dass sich Menschen mit Behinderungen untereinander spalten lassen, so, und die einen halt sagen, „Ja, wir brauchen aber das und ihr nicht.“ Und da müssen wir echt, glaube ich, richtig vorsichtig sein und so. 

01:02:07,575   [Raul Krauthausen]

Ich glaube, ich bin in diese Falle mal getappt, ähm, als ich zu laut, zu wild gegen Werkstätten mich engagiert habe, weil ich dabei übersehen habe und nicht, also wirklich übersehen habe, ich hab’s nicht vergessen, ich hab’s einfach übersehen, dass, ähm, Menschen mit Behinderungen es aber auch gibt, die dort gerne sind und die dann vor den Kopf gestoßen wurden und ich das gar nicht wollte. Und je länger ich darüber nachdenke oder auch andere aktivistische Bewegungen, äh, beobachte oder dazu recherchiere, ist eigentlich das Tragische am Aktivismus, dass der Anspruch ja höher ist an, an einen selbst, ähm, als ihn die Mehrheitsgesellschaft, die Dominanzgesellschaft, die er an sich selbst stellt. Das heißt, wir müssen noch viel, viel, viel bewusster sein, äh, äh, was andere Gruppierungen innerhalb der Community angeht und auch da irgendwie sensibel sein, als wir es von der Dominanzgesellschaft je verlangen würden im Moment. Und das, obwohl wir viel weniger Ressourcen haben und die Fettnäpfchen viel mehr sind, in die wir treten können. Das ist tragisch irgendwie. 

01:03:23,055   [Anne Gersdorff]

Ja, und gleichzeitig braucht’s ja manchmal auch laute Leute, also, ne, auch gerade in so einer Empörungspolitik, oder, ja, wir sind alle gewöhnt irgendwie uns zu empören. Und gleichzeitig ist es aber auch voll wichtig zu gucken, hey, wo, wo sind denn Leute gerade und wo können sie abgeholt werden? Und ich find zum Beispiel auch, ich beschäftige mich ja voll viel mit dem System Werkstätten und man kann es Leuten nicht aberkennen, wenn die irgendwelche Scheißerfahrungen auf dem Arbeitsmarkt gemacht haben- 

01:04:03,495  [Raul Krauthausen] Genau. 

01:04:03,915   [Anne Gersdorff]

-zu sagen, hey, ich will hier einfach meine Ruhe haben, so, genau, lasst mich hier. Aber das ist halt wiederum auch nur ein Teil der Geschichte, weil ich würde echt sagen, mindestens zwei Drittel der Leute hätten entweder, also könnten locker irgendwo auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt irgendwelche Arbeiten erledigen und formulieren aber auch, dass sie eigentlich raus wollen, dass sie eigentlich irgendwie mehr Potenzial in sich sehen, ähm, dass sie halt mehr lernen wollen, dass sie Chancen haben und dass sie schon eigentlich glauben, irgendwann mal auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. 

01:04:54,655   [Raul Krauthausen]

Und sie formulieren das aber auf ’ne Art, ähm, wider besseren Wissens, ohne das zu formulieren. Die sagen dann so was wie, „Ach, ich wusste gar nicht, dass das geht.“ 

01:05:05,515   [Anne Gersdorff] Die Menschen in Werkstätten? 

01:05:07,235   [Raul Krauthausen]

Genau, also wenn man denen dann eine Alternative vorschlägt, dann ist das oft das erste Mal, dass sie davon hören. 

01:05:13,335  Anne Gersdorff]

Genau, wir sind super schlecht da drin, irgendwie das öffentlich zu machen, also Lösungen zu erzielen, die halt andere sind. Und gleichzeitig finde ich, dürfen wir halt nicht verkennen, dass wir für dieses System Werkstätten regelmäßig auch von der Monitoring-Stelle der Behindertenrechtskonvention einfach richtig einen auf den Deckel kriegen, so, ne, weil wir an nem nicht inklusiven Bildungssystem und Arbeitssystem halt festhalten. 

01:05:47,315   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:05:48,175   [Anne Gersdorff]

Und das somit halt Menschenrechten widerspricht. Das heißt also, bei jeglichem Verständnis und jeglichen individuellen Rahmenbedingungen ist es halt auch voll wichtig, diese menschenrechtliche Perspektive irgendwie zu sehen und das halt als Aktivist innen irgendwie auch zu verändern. Und, ne, wir wissen halt zum Beispiel in Israel, die haben irgendwann angefangen, Werkstätten halt zu transformieren. Und es gibt so ungefähr dreißig Prozent der Leute, die halt vielleicht dauerhaft in Werkstätten sind, weil sie halt sagen, „Boah, ich habe so schlechte Erfahrungen gemacht“ oder „Ich traue mir das grade nicht zu“. Und die anderen sind aber quasi in Unternehmen und arbeiten da, bekommen halt die Unterstützung. Und wenn’s dann halt mal irgendwie nicht mehr klappt oder Leute in Krise kommen oder, weiß ich nicht, vielleicht der Betrieb pleite geht, dann kommen sie halt zurück in die sogenannte Werkstatt, sind da halt für ne Zeit, bis ein neuer Betrieb gefunden ist, bis die Leute wieder empowert sind, stabilisiert, wie auch immer und gehen dann halt wieder in irgendeinen Betrieb. 

01:07:10,345   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:07:10,865   [Anne Gersdorff]

Und ich glaube, da müssen wir halt hinkommen, aber bislang reden wir von Quoten unter einem Prozent. 

01:07:18,725   [Raul Krauthausen]

Und das muss man sich einfach mal klarmachen, dass wir noch nicht mal annähernd auf dem Weg sind. 

01:07:23,846   [Anne Gersdorff] Ja, genau. 

01:07:25,265 [Raul Krauthausen]

Trotzdem noch mal zurück zu der Frage, als Kritik an, an die Community: Ähm, was sind die bequemsten Lügen, die wir uns innerhalb der Szene erzählen, auf die wir uns auch stützen, ähm, obwohl sie eigentlich langfristig falsch sind? 

01:07:43,205   [Anne Gersdorff]

Also ich glaube, was wir schon machen, ist voll oft so ’n Verwertbarkeitslogik-Ding. 

01:07:50,605   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:07:51,166   [Anne Gersdorff] Also ne, „Wir beide 

brauchen aber unbedingt Assistenz, weil wir ja arbeiten“, oder also, „weil wir ja voll viel leisten“. Und das ist halt super gefährlich. Also was ist wirklich mit Leuten, die vielleicht nicht arbeiten können oder die irgendwie trotzdem Assistenz brauchen? Und die sollen ja auch dieselben Rechte haben und jeder Mensch hat irgendwie das Recht auf n gutes Leben, so. Ähm, da bedienen wir, glaube ich, im Grunde genommen voll oft auch so rechte Narrative oder eher faschistische Narrative. Ähm, genau, das ist, glaube ich, super wichtig, dass wir das irgendwie auch hinterfragen. Ja, auch so Schönheitsideale zum Beispiel, glaube ich, versuchen wir ja auch oft irgendwie uns der Mehrheitsgesellschaft vielleicht anzupassen oder so, auch wenn wir das nicht können. 

01:08:58,545   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:08:59,225   [Anne Gersdorff]

Keine Ahnung. Ich hab grad ’n Pflaster im Gesicht und ich denk so: „Oh, alle gucken mich an, öhhh.“ Und meine Assistentin meinte letztens irgendwie so: „Ja, du wirst damit auch nicht mehr angeguckt, als du eh schon bist.“ So, aber da hab ich auch noch mal gemerkt, wie irgendwie mein, so mein vielleicht auch Selbstbild noch mal irgendwie n anderes ist, aber auch meine Wahrnehmung- 

01:09:24,105   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:09:24,425   [Anne Gersdorff]

-vielleicht von irgendwie– Mir fällt es sonst nicht auf, wenn ich angeguckt werde, ähm, aber jetzt so: „Alle, alle gucken mich so komisch an wegen dem Pflaster.“ Ja. 

01:09:38,225   [Raul Krauthausen]

Ich wurde gestern fotografiert und ich hab ja ’n Gips am Arm. 

01:09:41,385   [Anne Gersdorff] Mhm. 

01:09:41,745   [Raul Krauthausen] Und ich hab gemerkt, wie ich den Gips versteckt habe. 

01:09:44,625   [Anne Gersdorff] Mhm. 

01:09:44,825   [Raul Krauthausen]

Weil ich dachte so, also ich hab halt Glasknochen. Das bedeutet ja, dass Knochen schneller brechen. Wahrscheinlich erwartet man sogar einen Gips von mir. Ähm, dass es eher Komisch ist, keinen zu haben. Aber ich hab ihn trotzdem versteckt. Und dann hab ich gedacht, steckt eigentlich in der Tatsache, behindert zu sein, auch eine gewisse Narrenfreiheit. Also, wir können uns kleiden, wie wir wollen, wir werden eh angeguckt. Wir können uns verhalten, wie wir wollen, wir werden eh angeguckt. 

01:10:09,885   [Anne Gersdorff] Ja, kann schon… 

01:10:11,205   [Raul Krauthausen]

’n bisschen, ne? Ich hab manchmal das Gefühl. Ich glaub, man lässt uns mehr durchgehen als andere. 

01:10:16,145   [Anne Gersdorff]

Das auf jeden Fall, glaub ich.

01:10:18,005   [Raul Krauthausen]

Aber noch mal zurück zu der Frage. Ich glaube, eine Erzählung, die wir uns auch viel zu

oft erzählen, ist, und das ist ne Erzählung, die wir übernommen haben von den

Nichtbehinderten, diese Floskel: „Wir müssen die Barrieren in den Köpfen senken.“ 

01:10:31,785   [Anne Gersdorff] Mhm. 

01:10:32,785   [Raul Krauthausen]

Und je länger ich darüber nachdenke, desto wütender werde ich. Und ich merke, dass ich auch wütend auf mich bin, weil ich es selber mindestens fünfzehn Jahre lang gesagt habe. 

01:10:42,825   [Anne Gersdorff]

Ich glaube, da sind wir so’n bisschen unterschiedlicher Meinung oder so, weil ich glaube schon, und das ist wahrscheinlich aber auch so mein sozialarbeiterischer Hintergrund, dass so Bildungsarbeit halt voll wichtig ist, ne, so Aufklärung. Nur wenn ich halt nicht mit Rassismus oder Diskriminierung aufeinandersitze, klar erkenne ich die dann auch mehr oder so, aber dann erkenne ich die halt- 

01:11:10,925   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:11:11,245   [Anne Gersdorff]

-weil wir alle die Sachen irgendwie auch internalisiert haben, so. Mm, und deshalb finde ich es schon wichtig, dass es die halt auch gibt. Aber ich geb dir voll recht, weil du sagst, so glaub ich, öfter, dass es halt viel mehr Begegnung braucht. Und ich glaube, es funktioniert halt nur in Kombination. 

01:11:34,105   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:11:34,425   [Anne Gersdorff]

Also, ich glaube, es braucht Begegnung und es braucht Aufklärung. Aber nur, wenn wir uns begegnen, heißt es nicht, dass wir nicht ableistisch oder sonst wie diskriminiert sind, weil wir das halt lernen. Und ich glaube, wir müssen es halt verlernen. Deshalb braucht es halt beides. 

01:11:54,145   [Raul Krauthausen]

Guter Punkt. Ich hab manchmal– Ich glaub, was mich so wütend gemacht hat, war, dass dieses „Wir müssen erst die Barrieren in Köpfen senken, bevor wir alles andere tun“, dass das so eine Art Konsequenzlosigkeit war. Blieb immer so was Freiwilliges. 

01:12:08,505   [Anne Gersdorff]

Nee und– Also, wir werden das ja auch nie komplett verlernen. 

01:12:13,185   [Raul Krauthausen]

Ja. 

01:12:13,845   [Anne Gersdorff]

Also, es wird immer Barrieren geben, so. Nur wenn wir wieder auf ne neue stoßen, müssen wir die halt wieder abbauen. So, und das meint ja eigentlich auch Inklusion. Inklusion heißt ja nicht, dass es nicht irgendwelche Rahmenbedingungen gibt, sondern dass wir uns halt bemühen müssen, irgendwie, wenn Leute eben auf Ausschlüsse stoßen, die halt abzubauen. Und- 

01:12:41,665   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:12:41,985   [Anne Gersdorff]

-dass es halt eher so ’n Reflektionsprozess eigentlich bedeutet von uns als Gesellschaft, als irgendwie… Das ist der Status Quo, den müssen wir erlernen, sondern, ne, was für uns beide gut ist, ist vielleicht für irgendwie ’ne blinde Person eher schlecht. So, und dann müssen wir halt-Aushandlungsprozesse finden, oder da müssen wir halt irgendwie gucken, welche Räume brauchen wir, welche die andere Person? Wie kann man das irgendwie handhaben? 

01:13:16,323  [Raul Krauthausen] Also Inklusion ist Kompromisse finden. 

01:13:18,424   [Anne Gersdorff]

Auch, aber immer auch wieder irgendwie aufs Neue gucken und dazulernen und Dinge verlernen und reflektieren. 

01:13:28,083   [Raul Krauthausen] Klingt anstrengend für viele. 

01:13:30,243   [Anne Gersdorff] Ja, Leben ist halt auch anstrengend. 

01:13:33,063   [Raul Krauthausen]

Ich glaube auch, das ist nämlich auch so ne andere Erzählung, die wir zu oft in der Welt da draußen machen, zumindest. Wir müssen uns nur alle lieb haben, aber es ist halt auch anstrengend, dieses Aushandeln, sich ständig hinterfragen. 

01:13:48,063   [Anne Gersdorff]

Es gibt, also der ist, glaube ich, schon ziemlich alt, aber es gibt von Andreas Hinz, das ist so einer der Inklusionswissenschaftler, gibt es irgendwie son Artikel, der sagt, Inklusion ist, wenn auch behinderte Menschen das Arschloch sein können. 

01:14:05,764   [Raul Krauthausen] Ja, genau. 

01:14:06,843   [Anne Gersdorff]

Und also, ne, das bedeutet es ja auch. So, also ich will auch Ärger kriegen, wenn ich irgendwie Mist baue. Genau, und das ist halt auch, ja, anstrengend. 

01:14:18,623   [Raul Krauthausen]

Es ist ja auch, find ich so, dass, kennst Du einen behinderten Menschen, kennst Du halt einen behinderten Menschen, ne. Also es gibt ja nicht die Masse, sind ja nicht alle gleich. Und im Gegenteil, es gibt ja viele verschiedene Behinderungsformen, viele verschiedene Bedarfe, Interessen, Hobbys, Charaktere, Leidenschaften ähm und auch Aktivistinnen. Es gibt verschiedenen Aktivismus. Es gibt Menschen, die engagieren sich online. Es gibt Menschen, die engagieren sich vor Ort. Was mir aufgefallen ist, es gibt immer mehr Menschen, die zunehmend Beratungen, Projektleitung oder Speakerrollen haben, Speakerinnenrollen, ähm und dann sich, sagen wir mal, in dieser Szene irgendwie auch beruflich eingerichtet haben, die dann auch brauchen, die Probleme, über die sie reden. Ähm Was son bisschen, ich sag jetzt nicht unbedingt widerspricht, aber nicht zweckläufig dienlich ist für die radikalen Forderungen der Bewegung, weil’s ja dann oft auch um die Erhaltung der Probleme geht. Oder seh ich das zu streng? 

01:15:22,583   [Anne Gersdorff]

Also positiv gewertet macht’s ja erst mal vor allem Sichtbarkeit. Über die wir ja auch ganz viel kämpfen. Genau, aber, ne, wie wir beide ja gerade auch bei ihr diskutiert haben, müssen wir halt schon auch gucken, dass eben Leute nicht dieselben Narrative bedienen. Genau. Und also richtig cool wär’s ja, wenn’s so Aktivistin gar nicht mehr bräuchte. 

01:15:49,783   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:15:50,443   [Anne Gersdorff]

Das wär eigentlich am allercoolsten. 

01:15:53,763   [Raul Krauthausen]

Hast Du für dich eine Methode gefunden, wie Du verhinderst, ein Token zu sein, also die Arbeit der nicht behinderten Menschen zu legitimieren oder der Dominanzgesellschaft zu legitimieren, indem man einfach auf die Bühne gesetzt wurde als, ja, als als, wie nennt man das denn? Als ähm Jemand, der die betroffene Perspektive einnimmt, aber danach bleibt doch wieder alles wie vorher? 

01:16:20,003   [Anne Gersdorff]

Nee, ich glaube nicht. Also es ist halt voll schwer, ne, weil man ja irgendwie nicht so richtig messen kann, was hab ich halt bei den Leuten bewirkt, so? Das weiß ich ja irgendwie nicht. Hmm Wie machst Du das denn? 

01:16:37,643   [Raul Krauthausen]

Mir fällt das unglaublich schwer. Und ich hab mit vielen People of Color, mit vielen Frauen über diese Frage gesprochen. Und die haben ja oft gesagt, dass für die das leicht ist, das zu erkennen, aber ich konnte das irgendwie auf mich nicht anwenden. Es gibt immer noch oft die Situation, dass ich auf der Bühne stehe und denke, Alter, wie bist Du denn jetzt hier hingeraten? 

01:16:59,323   [Anne Gersdorff]

Mhm. Nee, ich find es auch superschwierig. Genau, grade bei so großen Konferenzen find ich’s oft irgendwie noch mal schwieriger als bei anderen. 

01:17:12,623   [Raul Krauthausen]

Ja. Danke, das hilft mir. Ich dachte mir, ich bin falsch. Ähm Ich hab da weiterhin dein Buch erwähnt, das Du zusammen mit Carina Sturm geschrieben hast, Stoppt Ableismus. Ich würde ja sagen, es sollte das Standardwerk in jeder äh in jedem Haushalt sein oder zumindest in jedem äh Haushalt, der oder die sich mit dem Thema Diversität auseinandersetzt, weil es wirklich einen sehr guten Einstieg bietet in das Thema Ableismus, also die strukturelle Behindertenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft, die in allen Lebenslagen sich äh durchsetzt. Ein Buch für Allies, also für verbündete äh Menschen ohne Behinderung wahrscheinlich meistens dann. Ähm Nicht unbedingt ein Buch für Menschen mit Behinderung, auch wenn ich da einiges rausgezogen habe. Gibt es Reaktionen auf dieses Buch im Verlag erschienen, äh äh die dich überrascht haben? 

01:18:12,603   [Anne Gersdorff]

Hmm Also ich weiß von ’n paar Leuten auf jeden Fall, dass sie das zum Beispiel in der Uni benutzen, also um quasi Studierenden das Thema irgendwie näherzubringen. Ähm Das, genau, das hat mich irgendwie sehr gefreut. Ähm Und wie das halt mit so Büchern ist, ne, wir haben ja irgendwie probiert, das vor allem auch son, also wir haben sehr viele Fragen an dem Buch auch irgendwie, die halt Leute nutzen sollen, um darüber zu reflektieren, was sie für Bilder von Menschen mit Behinderung haben, welche Glaubenssätze sie haben. Und dabei stoßen halt viele Menschen natürlich auch auf Widerstand. Oder sind so wütend, dass wir das jetzt auch noch wollen oder so. Und das ist irgendwie ’n bisschen schade, aber find ich, also ist auch ’n bisschen gewollt. Wobei natürlich, also gerade wenn Leute so auf Widerstand gehen, merkt man halt, dass sie sich zumindest anfangen damit auseinanderzusetzen. So, also es ist einfach der… 

01:19:23,221   [Raul Krauthausen] Der Lernprozess einsetzt. 

01:19:25,301   [Anne Gersdorff]

Genau, ich bereue mittlerweile so ein bisschen oder nicht bereuen. Nee, bereuen ist nicht das

falsche Wort. Aber wir haben ja absichtlich, quasi gibt es kein Symbol, was irgendwie Behinderung beinhaltet auf dem Cover. Und dadurch, glaube ich, wissen viele Leute erstmal auch gar nicht, was dieser Begriff quasi bedeutet. 

01:19:54,301   [Raul Krauthausen] Der Begriff Ableismus. 

01:19:55,922   [Anne Gersdorff] Mhm. 

01:19:56,582   [Raul Krauthausen]

Also einfach so ein Rollstuhlsymbol hätte was getan, oder wie? 

01:19:59,521   [Anne Gersdorff]

Vielleicht. Ich werd’s nicht erfahren, aber ich glaube, genau, also ich find’s schon noch mal interessant, dass es irgendwie… Genau, also es ist schwierig, das zu vermarkten, glaub ich, weil’s halt nicht der Rollstuhl drauf ist, wo wir halt auch wieder irgendwie bei Tokenism sind. 

01:20:20,481   [Raul Krauthausen]

Ja. Ich kann mir vorstellen, dass das Buch aber ein Steady Seller ist. Also eins, das sich zeitlos kaufen lässt. 

01:20:27,381   [Anne Gersdorff] Das hoffe ich. 

01:20:28,361   [Raul Krauthausen]

Und der Begriff Ableismus schon zumindest meiner Wahrnehmung nach, äh, immer mehr auch an Bedeutung, ähm, gewinnt und die Leute immer mehr davon gehört haben. Und vielleicht hilft das dann dem Buch auf lange Sicht. 

01:20:43,861   [Anne Gersdorff]

Ja, hoffentlich. 

01:20:45,381   [Raul Krauthausen]

Wenn ich mich richtig erinnere, ist das Buch ja unter anderem auch inspiriert von Tupoka Ogettes Buch, äh, ähm, Exit Racism. 

01:20:54,841   [Anne Gersdorff] Mhm. 

01:20:55,261   [Raul Krauthausen]

Und Stopp! Ableismus geht ja in ’ne ähnliche Richtung. Hattest du schon das Privileg, Tupoka kennenzulernen? 

01:21:02,381   [Anne Gersdorff]

Mm mm. Nee. Also genau, ich folg Tupoka ganz viel und, ähm, ich hab mich, genau, relativ viel mit so Anti-Bias-Sachen und Social Justice irgendwie beschäftigt. Genau, aber jetzt, genau, Tupoka kenn ich nicht. Ähm, genau und son bisschen der Hintergrund war, dass ’n Freund von mir, der Schwarz ist, ähm, queer, quasi dieses Buch gelesen hat und, ähm, mich gefragt hat, ob es was Ähnliches zur Inklusion gibt. 

01:21:38,241   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:21:38,761   [Anne Gersdorff]

Und hab ich gemeint, „Ey, nee, das heißt nicht Inklusion, das heißt Ableismus“. Und nee, so richtig gibt es das nicht. Das gibt es halt vor allem im englischsprachigen Raum, aber eher auch viel so wissenschaftliche Sachen in dem Kontext. Ähm, aber jetzt kein so, ich sag mal, irgendwie Sachbuch oder was irgendwie für die Mehrheitsgesellschaft irgendwie- 

01:22:06,541   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:22:06,841   [Anne Gersdorff]

-gut lesbar ist. Genau. Und so ist das Buch entstanden. 

01:22:12,001   [Raul Krauthausen]

Das heißt, vielleicht weiß Tupoka gar nicht, dass es das Buch gibt. 

01:22:15,541   [Anne Gersdorff]

Ich glaub schon. Ich glaub, wir haben ihr geschrieben. 

01:22:18,121   [Raul Krauthausen]

Okay. Also, ich würde sie wirklich unglaublich gerne mal kennenlernen. 

01:22:23,421   [Anne Gersdorff] Hast du sie nicht schon interviewt? 

01:22:25,841   [Raul Krauthausen]

Nee, wir hatten noch keine Gelegenheit, miteinander zu sprechen. 

01:22:28,801   [Anne Gersdorff]

Ah ja. 

01:22:29,701   [Raul Krauthausen]

Ach doch, natürlich. Wir haben, äh, virtuell miteinander gesprochen im Podcast. 

01:22:34,241   [Anne Gersdorff]

Ja, ich wollt grad sagen, war sie nicht in dem einen oder anderen Podcast? 

01:22:37,881   [Raul Krauthausen] Ja, ja, aber wir haben uns nie live gesprochen. 

01:22:40,661   [Anne Gersdorff]

Ach so. 

01:22:41,101   [Raul Krauthausen]

Also live gesehen, das meinte ich. Ähm, nee, natürlich im Podcast. Sie ist ja ’n großes Vorbild, äh, in, für mich, weil sie in dem Thema, ähm, genau dieses Sich-dem-Thema-Stellen als nicht-behinderter Mensch und dann auch diese Schmerzen zuzulassen- 

01:22:59,861   [Anne Gersdorff] Mhm. 

01:23:00,221   [Raul Krauthausen]

-ich glaub auch ganz viel mir über meinen eigenen internalisierten Ableismus beigebracht hat. Ich hab vor ’ner Woche Martin Sperr wiedergesehen. Martin Sperr ist ’n Freund von mir. Der hat, ähm, schon viele Bücher zum Thema, Sexismus geschrieben und auch Feminismus. Und sein aktuelles Buch, dass er zusammen mit ’nem Kollegen geschrieben hat, heißt, äh: „Wenn die letzte Frau den Raum verlässt, was Männer wirklich über Frauen denken“. Und da hat er mir das mitgebracht und wir haben uns dann darüber unterhalten. Und irgendwann hab ich ihn gefragt, „Ich hab schon sehr, sehr lange die Frage im Kopf, was denken eigentlich nicht-behinderte Menschen über behinderte Menschen, wenn behinderte Menschen nicht anwesend sind?“ Weil ich kann sie das nicht fragen. Die werden mir nie die Wahrheit sagen. 

01:23:53,121   [Anne Gersdorff] Mhm. 

01:23:53,701   [Raul Krauthausen]

Weil, oder vielleicht doch und ich krieg’s nicht mit, ja? Aber ich würde sie nicht glauben, weil sie vielleicht Filter anlegen, wenn sie mit mir sprechen als behinderten Menschen. Und dann habe ich das, Bex erzählt, Bex Rilly. 

01:24:09,381   [Anne Gersdorff] Mhm. 

01:24:10,721   [Raul Krauthausen]

Bex meinte, wenn man das überführt auf das Thema Behinderung, müsste es eigentlich heißen, bevor der erste behinderte Mensch den Raum betritt, was Nichtbehinderte über Behinderung denken. 

01:24:21,681   [Anne Gersdorff] Mhm. 

01:24:22,581   [Raul Krauthausen]

Und das war so ein, das hat mich so mind geblown, dass ich jetzt seitdem darüber nachdenke, wie finden wir das heraus? 

01:24:30,781   [Anne Gersdorff] Mhm. 

01:24:31,661   [Raul Krauthausen]

Weil ich hab richtig Bock auf dieses Projekt und wenn es, es muss kein Buch sein, es kann auch ’n Quartett sein oder ’n Kartenspiel. Es wär echt scheißegal, ja. Ich hätte da richtig Bock drauf, son Projekt mal zu machen, ohne dass es, also dass es quasi so ne Ergänzung zu dem Allie Buch ist. 

01:24:50,581   [Anne Gersdorff] Mhm. 

01:24:51,221   [Raul Krauthausen]

Und dass wir als behinderte Menschen uns mal die Würde zurückholen und den Stolz zurückholen und die Nichtbehinderten erforschen. Weil die ganze Zeit werden wir ja erforscht und beforscht. 

01:25:05,041   [Anne Gersdorff]

Ja, aber ich glaube, da würden uns voll viele Sachen einfallen. 

01:25:09,121   [Raul Krauthausen] Hast du da Bock drauf?

01:25:10,561   [Anne Gersdorff]

Ja, voll. Ich würde das gerne mal brainstormen. Ich glaub, eins wär so, die kreisen alle so um sich-

01:25:19,303   [Raul Krauthausen]

Ja und, und, und bestätigen sich dadurch auch untereinander. 

01:25:22,123   [Anne Gersdorff]

Ja, ja, so. Ich merk das gerade manchmal, wenn so Leute irgendwie so körperlich struggeln, die halt irgendwie keine Behinderung haben, wie genervt ich davon bin. 

01:25:36,463   [Raul Krauthausen] Wo man halt einfach denkt: „ Ja, ja, hold my beer.“ 

01:25:39,303   [Anne Gersdorff] Ja, genau. So: „Boah, jetzt mach noch Yoga.“ Also so, wo ich denke: „Oh.“ 

01:25:47,883   [Raul Krauthausen]

Ja, das, das verstehe ich gut. 

01:25:49,844   [Anne Gersdorff] Check mal deine Privilegien. 

01:25:52,023   [Raul Krauthausen]

Genau. [lacht] 

01:25:52,764   [Anne Gersdorff]

Ne? Und das bedeutet aber auch für mich, weil wir arbeiten so dann irgendwie zu denken: „Ja, okay, ist für die Person gerade schlimm und schwer.“ 

01:26:02,523 [Raul Krauthausen] Ja, man darf leider Leid nicht vergleichen. 

01:26:05,323   [Anne Gersdorff] Nee, genau. Aber es ist so– Es ist wirklich schwierig. 

01:26:11,123   [Raul Krauthausen]

Bex meinte auch, äh, im, im Gespräch, ähm, dass das Wort Resilienz, äh, das ja gerade auch in dem Work-Life-Balance-Thema oder vor allem auch im Arbeitskontext, ähm, sehr häufig, äh, verwendet wird, auch ein gefährliches Wort sein kann. Und ich erinnere mich, dass du das auch kritisch siehst, äh, das Wort Resilienz beziehungsweise die Gefahr, die dahintersteckt. Ähm, kannst du das noch mal ausführen? 

01:26:40,844   [Anne Gersdorff]

Ja, also das verstehe ich schon auch, so dieses Narrativ irgendwie zu sagen: „Ja, hier, du musst jetzt resilienter werden oder an dir arbeiten, damit du irgendwie mit den Barrieren klarkommst.“ Und gleichzeitig, glaube ich, ist es so wichtig, in dieser Welt zu bestehen als Mensch mit Behinderung, um zu wissen, was dir guttut, ne? 

01:27:07,063   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:27:08,403   [Anne Gersdorff]

Also, ich glaube, das ist so essenziell. Also, was ich viel mehr beobachte oder was mich gerade so ein bisschen umtreibt, ne: Alle meditieren, gehen zu irgendwelchen Retreats, keine Ahnung, was halt Leute so machen. Und das ist ja aber voll oft steckt da so ein Selbstoptimierungsding hinter, habe ich das Gefühl. So ne, ja: „Jetzt mache ich das, damit ich danach irgendwie noch besser arbeiten kann oder irgendwie leistungsfähiger bin.“ Und, also, ne, ich merke auch, wie ich da… Ich gehe da manchmal voll auch auf Widerstand, so mit diesem Meditieren und, hm, und bin so Leute, ey. Also, ne, ich weiß, oder ich merke schon auch, dass mir das, glaube ich, manchmal guttun würde oder wenn ich da mal in irgendwie so eine Gruppe komme, wo Leute das machen und ich mich da auch reinlasse, mir das vielleicht auch guttut. Und gleichzeitig habe ich aber wirklich so ein Gefühl, boah, das hat voll was mit Privilegien zu tun. 

01:28:24,623   [Raul Krauthausen]

Ja, Zeit und Geld. 

01:28:26,323   [Anne Gersdorff]

So, Zeit, Geld, aber auch, ne, sind diese Retreats irgendwie, äh, ja barrierefrei? 

01:28:34,543   [Raul Krauthausen]

Ja. 

01:28:34,823   [Anne Gersdorff]

Ich meine, geh mal mit Assistenz in ’n Schweige-Retreat. Das funktioniert halt nicht so. 

01:28:40,123   [Raul Krauthausen]

Oder ’n Yoga-Retreat oder Tantra-Seminar. 

01:28:44,743  Anne Gersdorff]

Jaaa. 

01:28:44,763   [Raul Krauthausen] Geht halt schwierig. 

01:28:46,083   [Anne Gersdorff]

Und am Ende sind wir dann halt irgendwie wieder auch bei so: „Ja, und irgendwie sind wir ja alle gleich.“ Und ich weiß nicht, mir fehlt da irgendwie so ’ne strukturelle Ebene. Ich glaube, so ’n-Genau, das irgendwie zusammenzubringen, da hänge ich noch so ’n bisschen drin rum grade. 

01:29:08,543   [Raul Krauthausen]

Ehrlich gesagt, das räsoniert so krass mit mir, weil ich das auch mich herum sehe in meinem Bekannten-und Freundeskreis, wie viele das so für sich entdecken und dann auch teilweise wieder erleuchtet aus diesen Sachen wieder rauskommen. Wo ich denke: „Okay, krass. War das barrierefrei? Wahrscheinlich nicht. Äh, und wäre das was für mich?“ Ja, man weiß auch nicht. Mhm, das war schon alles sehr, äh, sehr wild. Also, na, hm, schade. Trotzdem haben wir als behinderte Menschen auch unsere Orte, wo wir Kraft tanken, wo wir, äh, uns erholen, wenn wir schwierige Phasen bewältigen müssen. Ich würde jetzt mal mutmaßen, bei dir ist es Reisen, weil du sehr gerne verreist. 

01:29:51,883   [Anne Gersdorff] Mhm. 

01:29:52,803   [Raul Krauthausen] Und, äh, du bist auch eher so Team Camping? 

01:29:56,883   [Anne Gersdorff] Nee, Camping nicht. 

01:29:58,863   [Raul Krauthausen]

Oder so zumindest mit dem Auto irgendwie durch Europa reisen oder so? 

01:30:02,703   [Anne Gersdorff]

Genau, also- 

01:30:03,423   [Raul Krauthausen] Ich bin ja eher Team Luxushotel. 

01:30:05,743   [Anne Gersdorff] Mhm. 

01:30:07,483   [Raul Krauthausen] Ähm, gibt’s noch irgendwas, wo du Kraft tankst? 

01:30:11,563   [Anne Gersdorff] Hm, ich geh sehr gerne auch auf Konzerte. 

01:30:15,303   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:30:15,883   [Anne Gersdorff]

Ich mag irgendwie Musik ziemlich gerne. Ich finde Essen unglaublich gut. So, also, ich ess voll wenig, aber ich ess voll gerne. 

01:30:25,803   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:30:26,983   [Anne Gersdorff] Und tatsächlich glaube ich, das meiste Wohlwollen finde ich, oder, ne, das meiste, wo ich, glaub ich, Kraft tanke, ist so mit Freundschaften oder Beziehungen mit Menschen, ne? Und das können irgendwie, können auch ganz unterschiedliche Sachen sein, aber ich finde es so wertvoll, wenn es irgendwie Räume gibt, wo man sich austauschen kann oder, ja, wo einfach gute Menschen um einen rum sind, die irgendwie einen stärken. 

01:31:00,763   [Raul Krauthausen]

Gibt es ein Thema, das du in Zukunft stärker in den Fokus rücken möchtest? 

01:31:04,963   [Anne Gersdorff]

Hmmm, ich denke ziemlich viel darüber nach, wie man so die Bewegung irgendwie stärken kann. Also ich hab irgendwie so das Gefühl, wir haben alle auch so mit uns zu tun und unseren…Eigenen Strugglea und so, dass wir gerade irgendwie gar nicht so gut zusammenkommen. Und es fehlt da irgendwie voll viel an Verbindung und Gemeinsamkeit und so. Und genau, mit meinem Freund, der auch in der, ja ganz aktivistisch unterwegs ist, da denken wir gerade viel darüber nach und machen zum Beispiel jetzt auch einmal im Monat über die Sozialheldinnen so ’n Treffen. Also, wir nennen das Weltschmerz-und-eine-schöne-Zukunft-Treffen, ähm, wo halt behinderte Menschen und deren Allies kommen können. Ähm, genau, und wo es einfach darum geht, irgendwie ’n Ort zu schaffen, wo Leute sich austauschen können, wo sie irgendwie erzählen können, wie’s ihnen damit grade geht mit der politischen Weltlage, ähm, aber auch zu gucken, wie kann man da vielleicht noch mal ’ne Community aufbauen oder wie kann man Leute auch irgendwie stärken, einfach Dinge zu machen, ne? Und was du halt sagst, ich hab‘ vielleicht auch nicht immer den richtigen Weg oder was Leute machen, find‘ ich vielleicht auch nicht richtig, aber am Ende ist es ja voll cool, dass Leute Dinge tun, so. 

01:32:51,245   [Raul Krauthausen]

Und es ist, glaub‘ ich, auch super wertvoll zu sehen, dass man nicht alleine ist. 

01:32:54,445   [Anne Gersdorff]

Ja, voll. 

01:32:54,765   [Raul Krauthausen]

Man muss nicht immer eine Lösung haben. Gibt es unabhängig von deiner Arbeit ’ner Organisation oder ’nem Projekt, ’n Menschen, äh, den oder die du empfehlen kannst, die sich, ja, die Hörer*innen hier mal anschauen könnten oder auch unterstützen könnten?

01:33:12,065   [Anne Gersdorff]

Hm. Also ich finde ja, Carina Sturm macht sehr, sehr, sehr tolle Sachen. 

01:33:20,925   [Raul Krauthausen]

War ja auch mal zu Gast oder mit Jonas Karbal und die neue Norm. 

01:33:25,005   [Anne Gersdorff]

Genau. Ähm, ich finde auch, also, ich bin auch ein großer Max-Schollek-Fan. 

01:33:33,125   [Raul Krauthausen]

Oh ja. 

01:33:33,725   [Anne Gersdorff]

So, ähm, genau. Ich lerne irgendwie sehr viel von Max und genau den Sachen, die Max macht, find‘ ich irgendwie richtig… 

01:33:45,225   [Raul Krauthausen] Habt ihr euch mal getroffen? 

01:33:46,605  Anne Gersdorff]

Ja, ich kenne Max. Ich hab‘ bei Max Tante, glaube ich, studiert. 

01:33:51,905   [Raul Krauthausen]

Ach, cool. Ich hab ihn zum ersten Mal live gesehen, äh, in Dortmund, äh, bei der

Pentagon-Veranstaltung von Aladin El-Mafaalani. Und da saßen wir zusammen auf dem gleichen Podium. 

01:34:04,145   [Anne Gersdorff]

Genau, Max macht so ’n, ähm, so ein, wie heißt das? Pluralistisches Erinnerungskulturprojekt. 

01:34:13,365   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:34:13,945   [Anne Gersdorff]

Ähm, und da bin ich mit im Verteiler und, genau, geh da so ’n bisschen auch mit und war auch manchmal schon auf Veranstaltungen. 

01:34:22,365   [Raul Krauthausen] Er ist auch sehr unterhaltsam. Also… 

01:34:24,285   [Anne Gersdorff]

Voll. 

01:34:24,645   [Raul Krauthausen] Man hört ihm gerne zu, ja. 

01:34:26,345   [Anne Gersdorff] Genau, also es gibt super viele tolle Leute irgendwie. 

01:34:32,185   [Raul Krauthausen] Die verlinken wir auf jeden Fall in den Show Notes. 

01:34:34,565   [Anne Gersdorff]

Klar, als Podcast gerne Feuer und Brot. 

01:34:37,845   [Raul Krauthausen] Ah ja, auch gut. 

01:34:39,765   [Anne Gersdorff] Find‘ ich irgendwie ziemlich gut, Emilia Rock. 

01:34:44,005   [Raul Krauthausen]

Mhm. Die hat ’n neuen Newsletter, der mir sehr gut gefällt. 

01:34:48,065   [Anne Gersdorff]

Ja, dem, ja, folg ich auch. Ja. 

01:34:53,225   [Raul Krauthausen] Und ihre Bücher sind natürlich auch fantastisch. 

01:34:55,725   [Anne Gersdorff] Mhm. 

01:34:56,045   [Raul Krauthausen] Muss ich auch mal einladen. 

01:34:57,605   [Anne Gersdorff] Ja, mach das mal. 

01:34:58,965   [Raul Krauthausen]

Ja, auf jeden Fall. Steht sogar auf der Liste. Anne, es hat mich sehr gefreut, dass du da warst. 

01:35:03,585 [Anne Gersdorff] Es war ’ne ganz schön lange Aufzugsfahrt. 

01:35:05,705   [Raul Krauthausen] Ganz schön lang, ja. 

01:35:07,385   [Anne Gersdorff] Aber nicht dreieinhalb Jahre. 

01:35:08,925  [Raul Krauthausen]

Das stimmt. Äh, äh, aber tatsächlich, also, fand sie sehr ergiebig und ich hatte noch viele Fragen gehabt hier, die es leider dann nicht mehr geschafft haben. Vielleicht beim nächsten Mal, wenn Du Lust hast. 

01:35:22,045   [Anne Gersdorff] Klar, fahren wir wieder runter, sozusagen. 

01:35:25,465   [Raul Krauthausen]

Ja, genau. Wenn die Aufzugtür jetzt aufgeht, wo geht’s für dich weiter? 

01:35:30,105   [Anne Gersdorff]

Ähm, ich bin gleich mit Carina Sturm und Thomas verabredet, weil wir an diesem Community Building, ähm, noch ’n bisschen weiter rumdenken- 

01:35:43,345   [Raul Krauthausen] Ach, sehr cool. 

01:35:44,045   [Anne Gersdorff]

-Wollen und wie man das stärken kann und so. Ähm, die Idee ist so ’n bisschen ein Crip Camp vielleicht zu gründen. Ich hoffe, ich spoilere jetzt nicht, äh, genau. Muss ich später noch mal erklären, ob das in den, in den Podcast darf. 

01:35:59,985   [Raul Krauthausen]

Ja, klar. Sag Bescheid. 

01:36:01,545   [Anne Gersdorff]

Genau, aber das ist so ’n bisschen die Idee, nach dem Vorbild in den USA aus den

Siebzigerjahren irgendwie zu gucken, wie kann man ’nen Ort schaffen, wo Aktivist*innen mit Behinderung irgendwie zusammenkommen? 

01:36:15,105   [Raul Krauthausen]

Auf jeden Fall wär das bitter nötig in Deutschland, da mal für Empowerment wieder zu werben. 

01:36:20,445   [Anne Gersdorff]

Genau, das ist, glaub ich, das. Ähm, gerade hab ich ’n bisschen Urlaub, also bis nächste Woche. Nächste Woche ist ja auch der Disability Summit in Berlin. 

01:36:31,605   [Raul Krauthausen] Mhm. 

01:36:32,125   [Anne Gersdorff] Da bin ich drei Tage. 

01:36:34,145   [Raul Krauthausen] So viel zum Thema Behinderung zum Beruf machen. 

01:36:36,405 [Anne Gersdorff]

Ja, ja, genau. 

01:36:37,365 [Raul Krauthausen]

Liebe Anne, äh, wirklich noch mal vielen Dank, dass du da warst. Hat mich, äh, sehr gefreut. Hatten schon ewig vor, jetzt haben wir’s endlich geschafft. Ich wünsch dir eine schöne Zeit. Bis wir uns wiedersehen. 

01:36:46,845 [Anne Gersdorff] Danke, dir auch. 

01:36:47,825 [Raul Krauthausen] Danke. 

01:36:48,445 [Anne Gersdorff] Bis denn. 

01:36:50,225 [Raul Krauthausen]

Danke fürs Mitfahren. Wenn ihr mögt und euch diese Folge Spaß gemacht hat, bewertet diese Folge bei Apple Podcast, Spotify oder wo auch immer ihr zuhört. Alle Links zur Folge, sowie die Menschen, die mich bei diesem Podcast unterstützen, findet ihr in den Show Notes. Schaut da gerne mal rein. Wenn ihr meine Arbeit unterstützen möchtet, würde ich mich freuen, euch bei Steady zu begrüßen. Mit einer Steady-Mitgliedschaft bekommt ihr exklusive Updates von mir und die Gelegenheit, mich zweimal im Jahr persönlich zu treffen. „Im Aufzug“ ist eine Produktion von Schönlein Media. Ich freue mich auf das nächste Mal, hier „Im Aufzug“. 

01:37:43,485 [Schindler Werbung] Diese Folge wurde dir präsentiert von Schindler. Am Anfang der Folge haben wir uns gefragt, welcher Film fast vollständig in einem Aufzug spielt. Die Antwort: „Abwärts“ aus dem Jahr 1984. Ein deutscher Thriller, in dem vier Menschen in einem steckengebliebenen Aufzug um ihr Leben kämpfen. Aber auch „Fahrstuhl zum Schafott“ und „Devil“ setzen den Aufzug als zentrales Element ein. Willst du auch mehr über Aufzüge erfahren? Dann steig bei uns ein. Unter schindler.de/karriere findest du viele Möglichkeiten, um mit uns nach ganz oben zu fahren.

Diese Folge wurde dir präsentiert von Schindler Aufzüge. Willst du noch mehr über Aufzüge erfahren und vielleicht mit uns ganz nach oben fahren, dann steig gern ein. Unter schindler.de/karriere findest du viele Möglichkeiten für Einsteiger und Senkrechtstarter.

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Dieser Podcast ist eine Produktion von Schønlein Media.
Produktion: Fabian Gieske , Anna Germek
Schnitt und Post-Produktion: Jonatan Hamann

Coverart: Amadeus Fronk

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