Im Aufzug mit Marc-Uwe Kling

Wie gehst du mit Weltschmerz um?

Marc-Uwe Kling ist Autor. Viele, inklusive mir, lieben seine Geschichten vom Känguru – und seine Gesellschaftskritik. Dabei ist er eigentlich ungern berühmt. Dass er trotzdem zu Besuch im Aufzug ist, freut mich natürlich umso mehr. Ich wollte wissen, ob er mehr Künstler oder Aktivist ist und wie er auf neue Ideen kommt.

Mit seinem neuesten Roman VIEWS bedient er jetzt ein für ihn ganz neues Genre. Besonders sprechen wir auch, wie soll es anders sein, über die Politik. Sollte die Verantwortung großer Themen auf dem Rücken von Individuen lasten? Und wieso sind Politiker*innen so empathielos? Es geht um Weltschmerz und Zynismus, um die Klimakrise und die Letzte Generation.

Aufzugtür auf für Marc-Uwe Kling!

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Weitere Organisationen, die er unterstützt

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Raúl Krauthausen: Bist du bereit für deine nächste Fahrt? Dann steig ein!

Diese spannende Aufzugsfahrt dauert eine gute Stunde. Wenn du wissen

willst, wie hoch du in einem normalen Aufzug dann gefahren wärst, dann

bleib bis zum Ende der Folge dran. Wir verraten es dir. Dieses Jahr feiern

wir bei Schindler unser 150-jähriges Bestehen. Und in dieser Zeit haben

wir viel spannendes Wissen angehäuft und bewegen jeden Tag zwei

Milliarden Menschen. Viel Spaß bei dieser Folge, wünscht dir Schindler.

Bevor es heute losgeht, du weißt sicher, was jetzt kommt. Wie immer der

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gesamten Team, den Podcast Schritt für Schritt unabhängig zu

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wirst, wenn du das möchtest, namentlich im Podcast genannt. Diese Woche

geht ihr Dank an die Unterstützer*innen Adriana und Anke. Und schon

geht’s los. Wer kennt ihr nicht? Marc Uwe Kling. Marc Uwe Kling ist

Autor. Viele, inklusive mir, lieben seine Geschichten vom Känguru und

seine Gesellschaftskritik. Dabei ist er eigentlich ungern berühmt. Dass er

trotzdem zu Besuch im Aufzug ist, freut mich natürlich umso mehr. Ich

wollte von ihm wissen, ob er mehr Künstler oder Aktivist ist und wie er auf

neue Ideen kommt. Mit seinem neuesten Roman „Views“ bedient er jetzt ein

für ihn ganz neues Genre. Aber natürlich sprechen wir auch, wie soll es

anders sein, über die aktuelle Politik. Sollte die Verantwortung großer

Themen auf dem Rücken von Individuen lasten? Und wieso sind

Politiker*innen so oft so empathielos? Es geht um Weltschmerz und

Zonismus, um die Klimakrise und die letzte Generation. Also Aufzug Tür

auf für Marc Uwe Kling. Die Tür geht auf und wer kommt rein? Oh mein

Gott, ich freu mich so. Marc Uwe Kling, schön, dass du da bist.

00:02:33.000

Marc Uwe Kling: Hallo.

00:02:34.000

Raúl Krauthausen: Hi. Hattest du schon mal einen awkward Moment in

einem Aufzug?

00:02:37.000

Marc Uwe Kling: Äh, nee. Tatsächlich nicht. Aber ich laufe auch gerne

Treppen. Also so ist, äh, manchmal diese ganzen, diese Aufzugs… Ich bin

so ein richtig krasser Motion Sickness Typ.00:02:50.000

Raúl Krauthausen: Ja.

00:02:51.000

Marc Uwe Kling: Das kann wirklich jegliches, alles furchtbar. Und sogar

diese kleine Beschleunigung im Aufzug, es will manchmal too much. Und

dann nehm ich die Treppe.

00:03:01.000

Raúl Krauthausen: Aber irgendwann gibt’s ja so eine psychologische

Grenze, wo du sagst, okay, jetzt muss ich…

00:03:04.000

Marc Uwe Kling: Auf jeden Fall. Fünf.

00:03:08.000

Raúl Krauthausen: Fünf, okay. Also das heißt, die meisten Berliner

Wohnhäuser kannst du noch zu Fuß gehen?

00: 03:12.000

Marc Uwe Kling: Ja.

00: 03:13.000

Raúl Krauthausen: Okay. Aber so Fernsehturm hochlaufen? Ich war mal im

Berliner Fernsehturm damals, als man das als Rollstuhlfahrer irgendwie

durfte, oder man mich irgendwie lies, keine Ahnung. Und dann

irgendwann durften Rollstuhlfahrer die nicht mehr.

00: 03:27.000

Marc Uwe Kling: Oh really?

00: 03:28.000

Raúl Krauthausen: Ja, weil es könnte ja brennen. Und wenn es brennt, dann

wird man evakuiert auf dieser Zwischenebene. Und da muss man durch

eine ganz eigene Treppe alle Menschen evakuieren. Man muss dann dort

warten, bis der Brand gelöscht ist. Weil das Ding gilt als unkaputtbar,

wenn es brennt. Aber man muss das Feuer löschen, bevor man die Leute

evakuieren kann. Und weil die Treppe so eng ist, ja, können da quasi

Menschen im Rollstuhl vorausschauen, nicht rauf, obwohl es in dem Ding

noch nie gebrannt hat. Also irgendwie so vorausseilt auch die Leute

diskriminiert. Aber, und das fand ich interessant, dass der

Feuerwehrmann, der uns das erzählt hat, der sagte, die Treppe ist so eng,

dass da auch nicht behinderte Menschen sich verletzen werden, wenn es

darauf ankommt. Und man eigentlich, alle wissen, das Ding ist

denkmalgeschützt, das kann man nicht reparieren, nicht renovieren.Sobald da mal was passiert, wird das Ding geschlossen. Es wird aber so

lange behalten, bis was passiert. Das fand ich interessant.

00:04:33.000

Marc Uwe Kling: Ja.

00:04:35.000

Raúl Krauthausen: Aber das ist…

00: 04:36.000

Marc Uwe Kling: Bisschen scary, scary news. Zum Anfang hier.

00: 04:38.000

Raúl Krauthausen: Mein Aufzugs-Fanfact, beziehungsweise Evakuierungs-

Fanfact. Du hast Theaterwissenschaften studiert. Und Philosophie.

00: 04:48.000

Marc Uwe Kling: Jaja.

00: 04:50.000

Raúl Krauthausen: Ich würde mal sagen, man entnimmt das auch deinen

Produktionen. Dem Känguru, deine Bücher, dein Podcast. Das da so eine

Mischung drin ist, des permanenten Zweifels. Aber gleichzeitig auch das

dramaturgisch super aufgearbeitet.

00:05:06.000

Marc Uwe Kling: Also das Studium hat mir auf jeden Fall total viel

gebracht. Also ich hab’s ja nie abgeschlossen, weil das dachte ich dann

irgendwann, das brauch ich nicht. Ich brauch keinen Schein, aber ich hab

keinen Bock mehr. Aber ich habe trotzdem so lange studiert, wie man

normalerweise studiert unten, wenn man einen Abschluss macht. Und ich

fand das toll. Ich weiß nicht mehr, ob das heute noch so möglich ist, weil

es ja schon viel stärker verschult ist. Aber es war eine tolle Zeit.

00:05:29.000

Raúl Krauthausen: Wie viele Semester hast du gemacht?

00: 05:33.000

Marc Uwe Kling: Schon irgendwie so 10, 11, 12.

00: 05:36.000

Raúl Krauthausen: Aber du warst anwesend, oder hast du…

00: 05:38.000

Marc Uwe Kling: Ja, teilweise.00: 05:40.000

Raúl Krauthausen: Also oder es hat auch sein können, dass du nur die Dinge

gemacht hast, die dich interessiert haben.

00: 05:43.000

Marc Uwe Kling: Ich hab tatsächlich einfach die Seminare und

Vorlesungen gemacht, die mich interessiert haben.

00: 05:48.000

Raúl Krauthausen: Du hast mit Poetry Slam angefangen auf kleinen

Kunstbühnen.

00:05:53.000

Marc Uwe Kling: Ja, genau. Also ich hab früh Poetry Slam gemacht. Noch

vorher hab ich mit Lesebühnen angefangen. Also ich hab quasi, das war

noch ein paar Monate davor.

00:06:02.000

Raúl Krauthausen: Du kennst doch bestimmt die Scheinbar, oder?

00: 06:03.000

Marc Uwe Kling: Na klar.

00: 06:04.000

Raúl Krauthausen: In Berlin Schöneberg.

00: 06:04.000

Marc Uwe Kling: Ja.

00: 06:05.000

Raúl Krauthausen: Ich finde das so abgefahren, weil ich war da, keine

Ahnung, mit 20. Also als Zuschauer. Regelmäßig.

00: 06:11.000

Marc Uwe Kling: Ja.

00: 06:12.000

Raúl Krauthausen: Und jetzt sieht man Leute, die wirklich auf großen

Bühnen stehen, die ich damals als super kleine Künstler entdeckt habe.

00: 06:20.000

Marc Uwe Kling: Ich bin auch in der Scheinbar aufgetreten.

00: 06:21.000

Raúl Krauthausen: Ja, das ist doch abgefahren.00: 06:23.000

Marc Uwe Kling: Das ist ein super Ort.

00: 06:24.000

Raúl Krauthausen: Und es braucht auch viel mehr solche Orte.

00: 06:26.000

Marc Uwe Kling: Ja. Ich hab mein erstes Soloprogramm war, glaube ich,

in der Scheinbar. Und damals war das so, man musste, glaube ich, 100

Euro bezahlen, um den Laden für den Abend zu mieten. Und es kamen kein

Dutzend Leute, die bezahlt haben. Und ich hab aber am Ende 101 Euro

eingenommen. Also ich hab 1 Euro verdient. Das war ein 1 Euro Job

gewesen.

00: 06:49.000

Raúl Krauthausen: Und für die Zuschauerin, da passen irgendwie so 20, 30

Leute rein.

00: 06:52.000

Marc Uwe Kling: Ja, ich glaube du kriegst schon, wenn du quetschst,

vielleicht 40, 50 rein.

00: 06:57.000

Raúl Krauthausen: Aber es ist ein sehr kleiner Schuppen.

00: 06:57.000

Marc Uwe Kling: Ja, ist wirklich sehr klein.

00: 06:59.000

Raúl Krauthausen: Und es fühlt sich aber sehr heimlich dadurch auch an.

00: 07:01.000

Marc Uwe Kling: Naja, genau. Und ich war natürlich früher schon vor

dem Solo ganz oft bei der Open Stage.

00: 07:08.000

Raúl Krauthausen: Genau, auf dem Open Mic. Und dann gab es Bodo

Wartke, hab ich da mal gesehen, mit „Baberas Rababaraba“. Und den hab

ich da mal schon gesehen. Ja. Ich find das so cool, dass man irgendwie,

ich hab das Gefühl, so eine Beziehung zu denen schon zu haben. Damals

also noch ganz unbekannt.

00: 07:23.000

Marc Uwe Kling: Ja, ja. Bodo kenn ich auch aus der Zeit. Also mit Bodo

bin ich auch befreundet. Und wir haben uns auch auf diesen Bühnen da

kennengelernt.00: 07:30.000

Raúl Krauthausen: Das heißt, du bist schon sehr lange, ich weiß nicht, wie

lange bist du jetzt in dem Bereich aktiv, künstlerisch tätig?

00: 07:36.000

Marc Uwe Kling: Naja, fast 20 Jahre, glaube ich.

00: 07:38.000

Raúl Krauthausen: Ja, kommt ungefähr hin.

00: 07:39.000

Marc Uwe Kling: Fiese Frage.

00: 07:41.000

Raúl Krauthausen: Nee, aber das muss ja dann die Zeit gewesen sein. Ich

versuch grad rückwärts zu rechnen quasi.

00: 07:45.000

Marc Uwe Kling: 2, 3, 2, 4, 2, 5, sowas, ja.

00: 07:51.000

Raúl Krauthausen: Wie kommst du auf ständig neue Ideen?

00: 07:53.000

Marc Uwe Kling: Also meiner Erfahrung nach kommen die Ideen auf mich

zu und ich muss sie dann aber festhalten. Also ich muss sie halt

aufschreiben. Das heißt, ich hab dieses, wie man es jetzt irgendwie

vielleicht aus Film und Literatur kennt, dieses klassische Writers-Blog-

Problem hab ich nie. Weil immer wenn ich mich hinsetze und mir fällt

nichts ein, dann mach ich einfach mein Notizbuch auf und dann geh ich da

halt durch und finde da irgendeine Idee, die mich jetzt dann in dem

Moment anspringt. Also ich glaube, man darf halt nicht erwarten, dass

man sich hinsetzt und dann kommt die Idee. So, das ist einfach zu viel

verlangt von der Muse, sondern man muss schon bereit sein. Es ist

eigentlich andersrum. Wenn die Idee kommt, dann setzt man sich hin.

00:08:40.000

Raúl Krauthausen: Und da muss man die Zeit dafür haben, in dem Moment.

00:08:42.000

Marc Uwe Kling: Da muss man die Zeit dafür haben, da hilft das

natürlich, wenn das dein Job ist, wenn du dir die Zeit nehmen kannst, dann

hilft das auch, wenn dein Umfeld weiß, ok, jetzt antwortet er wieder zehnMinuten nicht, weil er über irgendwas nachdenkt und gar nicht mitkriegt,

dass wir noch mit im Raum sind. So, und das dann auch akzeptieren.

00:08:58.000

Raúl Krauthausen: Und schreibst du es dann physikalisch auf oder digital?

00:09:01.000

Marc Uwe Kling: Ähm, unterschiedlich. Je nachdem, was gerade so

rumliegt. Also digital ist natürlich praktischer, aber ich versuch nicht die

ganze Zeit am Handy zu hängen. Deswegen, ich experimentiere gerade mit

verschiedenen Diktiergeräten. So, weil ich das irgendwie ganz cool finde,

das dann direkt einzusprechen und eben nicht mein Handy aufmachen zu

müssen. Weil, ich weiß nicht, du kennst das vielleicht, wenn man sein

Handy aufmacht, dann guckt man auch sofort nach den Nachrichten und

nach den E-Mails.

00:09:31.000

Raúl Krauthausen: Ganz automatisch.

00:09:32.000

Marc Uwe Kling: Und das frisst dann so viel Zeit, also irgendwie, da geht

es mir wie allen. Ich versuche die ganze Zeit Möglichkeiten zu finden, nicht

so abhängig von dem Scheißteil zu sein.

00:09:44.000

Raúl Krauthausen: Würdest du sagen, du bist ein glücklicher Mensch?

00:09:46.000

Marc Uwe Kling: Ja.

00:09:47.000

Raúl Krauthausen: Ja?

00:09:48.000

Marc Uwe Kling: Ja.

00:09:49.000

Raúl Krauthausen: Kommt das aus der Arbeit oder aus dem Rest?

00:09:51.000

Marc Uwe Kling: Ähm, also ich bin unglücklich, wenn ich nicht arbeiten

kann. So insofern hat die Arbeit damit zu tun. Aber ich bin auch, ist alles

gut bei mir eigentlich, außer die Weltlage.

00:10:08.000

Raúl Krauthausen: Ja, in der wir alle stecken.00: 10:09.000

Marc Uwe Kling: Ja, in der wir leider alle stecken, genau.

00: 10:10.000

Raúl Krauthausen: Ich finde es total beeindruckend, dass man privat über

dich relativ wenig googeln kann. Man muss eine Menge in Gesprächen dir

gefolgt haben, also ein paar Infos rauszukriegen. Und ich mache für mich

die Beobachtung in meinem kleinen Bekanntheitsleben, dass es wirklich

auch super wichtig ist, nichts zu viel preiszugeben über sich.

00: 10:35.000

Marc Uwe Kling: Ja.

00: 10:36.000

Raúl Krauthausen: Weil es sonst einfach nie Feierabend gibt.

00: 10:39.000

Marc Uwe Kling: Genau, du musst irgendwo die Grenze ziehen und je

früher du sie ziehst, desto weniger Probleme kriegst du damit. Deswegen

habe ich ja ganz lange auch gar keine Interviews gegeben und sowieso

nicht über meine Familie geredet oder über das private, sondern wenn,

dann über die Arbeit. Das ist ja auch wirklich mein Ding.

00: 10:59.000

Raúl Krauthausen: Das wäre die nächste Frage gewesen. Warum magst du

keine Interviews und bist trotzdem hier?

00: 11:03.000

Marc Uwe Kling: Also das habe ich jetzt ja schon vor ein paar Jahren

aufgegeben, diese extreme Position. Ich glaube inzwischen, dass der

Diskurs so verrückt ist, dass ich als Person, die eine gewisse Reichweite

hat, ein gewisses Interesse erweckt, diese Plattform auch nutzen muss, um

dagegen zu halten oder das hochzuhalten, was ich für die Stimme der

Vernunft halte. Also das ist sicherlich ein großer Teil dieses

Sinneswandels. Weil, ich meine, wenn du zurückdenkst, vor 20 Jahren, ich

hatte wirklich Leute im Publikum, die mich gefragt haben, warum ich

Texte gegen rechts, gegen Nazis mache und nicht, weil sie rechts oder

Nazis gewesen wären, sondern weil sie der Meinung waren, dieses

Problem hat sich doch erledigt. Also das ist nicht mehr relevant. Ja, die

gibt es leider nicht mehr.

00:12:07.000

Raúl Krauthausen: Schade eigentlich. Ist das eigentlich auch so eine Art

Beifang, negativer Beifang, wenn man erfolgreich ist, dass dann, also ich

den Eindruck habe, dass du eigentlich ungern berühmt bist.00:12:20.000

Marc Uwe Kling: Ja, es gibt auf jeden Fall Aspekte am Berühmtsein, die

ich nicht so mag. Ich hab mich schon echt oft geärgert, am Anfang nicht

ein Pseudonym genommen zu haben. Das wäre mir am allerliebsten, wenn

die Leute nur meine Werke kennen würden und mich nicht. Also ich hab da

keine…

00:12:40.000

Raúl Krauthausen: So wie Banksy.

00: 12:42.000

Marc Uwe Kling: So wie Banksy.

00: 12:44.000

Raúl Krauthausen: Aber hättest du da eine Lesung machen können?

00: 12:46.000

Marc Uwe Kling: Ja klar, das ist ein Zeug natürlich für diverse… Oh Gott,

ja .gut, eine Lesung mit Maske. Vielleicht gibt es irgendein Zwischending.

Nee, ich meine, im Endeffekt habe ich ja ein Zwischending gefunden. Also

ich bin ja jetzt nicht omnipräsent oder so.

00: 13:03.000

Raúl Krauthausen: Weil ich ja bei dir so wirklich sehr angenehm finde, dass

du machst halt nicht deine Kunst, deine Werke, ausschließlich der Kunst

und Werke willen, sondern auch weil du eine Message hast. Also sehr

kritisch, gesellschaftlich kritisch, sozialistisch, kommunistisch,

klimafreundlich, anti-rechts. Würdest du sagen, du bist mehr Künstler oder

bist du mehr Aktivist?

00:13:30.000

Marc Uwe Kling: Ich bin auf jeden Fall mehr Künstler und wenn die Welt

schöner wäre, dann würde ich nur Kinderbücher schreiben. Also ich sehe

mich auf jeden Fall als politischen Künstler und nicht als künstlerisch

aktiven politischen Aktivisten. Da geiler Satz, da siehst du mal, dass ich

Künstler bin, wenn ich geile Sätze bauen kann. Es ist fast schon so eine

Therapie oft. Wenn ich mich über Sachen massiv aufrege, dann hilft mir

das, die in einem Text zu verarbeiten. Sei es nur eine Känguru-Geschichte

oder wie bei Views in einem Thriller. Aber im Endeffekt mag ich auch

einfach la polar. Also das nächste Buch, das rauskommt, ist das neue

„Neinhorn“ und das ist kein politisches Buch. Das hat einfach total Spaß

gemacht. Oder ich habe dann so ein Fantasy-Krimikomödie mit meinen

Töchtern geschrieben. Und da schreibe ich mir gerade die Fortsetzung.Und das ist natürlich vom Glückslevel was ganz anderes als so ein Thriller

zu schreiben, der sich in alle aktuellen Problemfelder so reinlegt.

00:14:48.000

Raúl Krauthausen: Aber verbietest du dir dann auch die ein oder andere so

viele Botschafter doch einzubauen?

00:14:52.000

Marc Uwe Kling: Nee, das nicht. Klar, du kannst selbst die Fantasy-

Krimikomödie, da geht es ja um die verlorenen Provinzen. Und es geht um

ein Imperium, das dir auch zurück haben will. Natürlich kannst du da auch

Russland reinlesen, wenn du willst. Das war jetzt nicht die Absicht. Aber

man guckt das dann rückblickend an und merkt natürlich, dass alles, was

man so konsumiert an Informationen, auch in die Bücher einfließt. Und

klar, kannst du das so lesen. Aber das passiert halt.

00:15:20.000

Raúl Krauthausen: Ich wollte mit dir über die Weltlage reden. Also kleine

Welt, große Welt. Weil ich schon wirklich sehr viel Kopfklicken habe, wenn

ich deine Werke lese oder höre. Und auch dein Podcast. Aber ich denke so,

ja man, endlich sagst du mal jemand. Und weiß gar nicht, wo ich anfangen

soll. Ich habe mir deswegen überlegt, ich erzähle so ein bisschen aus

meinem Aktivistenleben. Und beschreibe so ein bisschen, was meine

großen Fragen und Verärgerungen sind. Vielleicht kannst du dann dazu

wieder ein Feedback geben oder was auch immer. Zum Beispiel beobachte

ich, dass ich zynischer werde in diesem Weltschmerz. Also dass nur noch

Humor, Zynismus, teilweise auch Sarkasmus mich irgendwie noch lachen

lässt. Aber das ist ja eigentlich eine negative Entwicklung, weil ich ja dann

vielleicht auch verrohe oder verharmlose. Und ich sehe das auch bei

anderen Künstler*innen, dass sie immer derber werden. Siehst du das auch

so?

00:16:29.000

Marc Uwe Kling: Also ich kann es insofern nachvollziehen, dass ich mir

lieber eine amerikanische Late Show angucke, um die Nachrichten über

den US-Wahlkampf zu konsumieren als die Tagesschau oder CNN oder

sowas. Aber ich glaube, an mir stelle ich fast eher das Gegenteil fest. Ich

habe das Gefühl, ich werde so ein bisschen weniger streng und versuche

einfach mehr zu differenzieren und das Ganze systemischer zu sehen. Also

ich glaube, als Beispiel, es bringt einfach nichts, jeden Nazi einzeln zu

beleidigen. Das sind einfach zu viele und es bringt auch wirklich nichts,

weil ich glaube, es ist noch nie einer zum Umdenken gebracht worden

durch eine Beleidigung oder auch durch einen sarkastischen Spruch. Ichmeine, das ist natürlich schon ein bisschen meine Arbeit. Also ich sage

nicht, dass ich das nicht mache. Ich mag das auch, das ist auch lustig.

Aber am Ende muss man sich schon angucken, warum gibt es zum Beispiel

diesen massiven Rechtsruck und was kann man systemisch ändern? Und da

fällt einem ganz schnell die Medienlandschaft ein, ich finde, diesen

extremer Auslöser dieses Rechtsrucks. Und sowohl die sozialen Medien als

auch jetzt in deren Gefolge schwappt das rüber auf die anderen Medien.

Und da muss man ansetzen, glaube ich. Und genauso beim Klima, ich

glaube, die Klimakrise dem Individuum aufzubürden, das ist eine Falle.

Das ist eine Falle, die gestellt wurde von der Brennstoffindustrie und ihren

ganzen Lobbyisten. Weil man muss sagen, das kann nicht auf der

individuellen Ebene gelöst werden. Das muss von der Politik auf der

Systemebene gelöst werden. Und das kann so gelöst werden, dass es für die

Individuen gar nicht ein großer Einschnitt ist. Wenn das Große umgestellt

wird, dann folgt das Kleine hinterher. Und du kannst nicht erwarten, dass

die armen Individuen Stück für Stück die Welt retten. Das ist einfach

Bullshit. Das ist einfach eine Falle, die da gestellt worden ist und in die

viele reinlaufen. Also diese ganze Verzichtsdebatte, so ein Blödsinn.

00:18:55.000

Raúl Krauthausen: Naja, Luisa Neubauer hat mal gesagt, die

Bambuszahnbürste wird nicht aus Kleber ritten. Und da hat sie einfach so

recht. Und ich finde das einfach so einen coolen plakativen Satz, der,

glaube ich, allen Menschen einleuchtet. In eine ähnliche Kerbe schlägt für

mich dieses Phänomen, ich nenne es ruinöse Empathie. Also wenn

Politiker*innen so wohlfühlige Sätze sagen, so was wie „Ja, das Thema ist

super wichtig und wir müssen es wirklich ernst geben.“ „Es ist so wichtig,

dass es Menschen von außen gibt, die sich engagieren.“ Und dann aber,

ich hatte jetzt mal nicht so eine Diskussion, also Diskussion verfolgt mit

Olaf Scholz. Da war ich auf der Veranstaltung von

Behindertenbeauftragten. Und die ganze Behindertenbewegung wartet

gerade auf einen Gesetzesentwurf zum Anti-Diskriminierungsgesetz und

Behinderten-Gleichstellungsgesetz. Und alle hatten gehofft, dass Olaf

Scholz neue Informationen mitbringt, ein Update. Wo ist das Gesetz, wie

sieht es aus, wird es diese Legislatur noch was und so. Und dann sagte der

wirklich eine Viertelstunde nichts. Er hat geredet, aber nichts gesagt.

Meine Sitznachbarin meinte dann zu mir, ja, das Gleiche hat vor acht

Jahren Angela Merkel auch gesagt. Und er beendet seinen Satz mit, ja, es

ist so wichtig, dass sie sich engagieren und bleiben sie bitte dran am

Thema. Und ich dachte dann, ähm,00:20:20.000

Marc Uwe Kling: Danke für nichts.

00:20:20.000

Raúl Krauthausen: Ja, das ist so ein imaginärer Mittelfinger. Danke für

nichts, wer bin ich du könnte es ändern. Und jetzt gibst du die

Verantwortung quasi wieder ab. Und das erlebe ich so oft. Da sitzt Robert

Habeck irgendwo und sagt, ja, es ist so wichtig, dass wir Frauen fördern

im Arbeitsmarkt und so. Und ja, du wirst das vielleicht nicht alleine gelöst

bekommen, aber immer nur zu sagen, dass es wichtig ist, aber nicht zu

sagen, welche Maßnahmen du machst, ist genau dieses Ruinöse.

00:20:52.000

Marc Uwe Kling: Ja, also ich würde mir quasi auch von den progressiven

Kräften wünschen, dass sie mehr machen als nur schöne Worte beisteuern.

Auf jeden Fall. Es sind ganz viele Fragen, die auf der Politik-Ebene gelöst

werden müssen. Und da kann ich dir auch nicht genau beantworten, woran

das liegt, dass das nicht passiert. Das frage ich mich auch. Also jetzt auch

bei der aktuellen Debatte um die Migration, dass sich alle so treiben

lassen von Friedrich Merz. Und das ist ja wirklich unsinnig teilweise, was

da passiert. Das ist ja reiner Aktivismus, also nicht mal wenn du wirklich

diese Angst hast, ist das sinnvoll, was da jetzt passiert. Weißt du, wie viele

Menschen in Deutschland seit der Jahrtausendwende Opfer eines

islamistischen Anschlags wurden, also Todesopfer?

00:21:47.000

Raúl Krauthausen: Die Zahl weiß ich nicht, aber ich nehme an, das ist sehr

verschwindend wenig.

00:21:50.000

Marc Uwe Kling: Ja, ich habe das mal recherchiert, weil ich finde, das ist

eine Zahl, die nie vorkommt in der aktuellen Debatte. Das sind 20. 20 in 24

Jahren. Und dann stellt sich Friedrich Merz hin und das ist quasi das

Gegenteil zu dem. Du hast gerade dieses Heucheln der Empathie und das

finde ich ein Problem, aber ich finde noch viel größer ist die

Empathielosigkeit. Weil dann stellt er sich hin und verkündet einen

nationalen Notstand und sagt, der Regierung entgleitet das Land. Und

natürlich sind 20 Morde zu viel und jeder einzelne Mord Anlass genug zu

gucken, wie kann man Radikalisierung früh erkennen, wie kann man sie

unterbinden, wie kann man vorbeugen. Auch da kann man gleich wieder

abbiegen zu den sozialen Medien, weil das ist ja nicht von ungefähr. Jedes

Mal, wenn was passiert, wenn ein Anschlag, ein Attentat, die ersteReaktion ist, was hat der denn in den sozialen Medien geschrieben. Also

offensichtlich ist uns schon klar, dass die einen Einfluss auf diese

Radikalisierung haben. Aber auch da gibt es dann nur wieder schöne

Worte, wir müssten mal was tun und schwierig oder da gibt es auch

Aktivisten, die sich quasi wie Hate Aid und so weiter dagegen einsetzen

gegen diesen Hass im Netz. Und die kriegen von der Politik auch nur toll,

dass ihr das macht. Und das ist genau dieser Mittelfinger, den man da

empfindet. Ja, toll, dass wir das machen, aber das ist eigentlich euer Job.

Wieso macht ihr das nicht? Und das check ich nicht, weil inzwischen geht

es ja auch gegen die Politiker selber.

00:23:36.000

Raúl Krauthausen: Ich habe sogar das Gefühl, nur dann passiert was, wenn

es gegen die Politiker selber geht.

00:23:40.000

Marc Uwe Kling: Ja, aber ich weiß nicht, nicht mal dann. Ich meine, es

gab einen Rechtsradikalen, der hat den CDUPolitiker umgebracht. So, und

trotzdem steht Friedrich Merz, verkündet einen nationalen Notstand. Und

dann muss man es nochmal in ein Verhältnis setzen. Letztes Jahr gab es –

ich habe das recherchiert für einen Text, deswegen weiß ich das – allein in

Deutschland 2.839 Todesopfer durch Verkehrsunfälle. Und davon waren

665 Opfer von Geschwindigkeitsunfällen, weil jemand zu schnell gefahren

ist. Ich kann mir die Zahl gut merken, weil es ist eins unter „Number of the

Beast“. Wenn es Friedrich Merz wirklich darum gehen würde,

Menschenleben zu retten in Deutschland, dann könnte er einfach für ein

Tempolimit sein. Das würde viel mehr Menschenleben retten.

00:24:35.000

Raúl Krauthausen: Das würde das Klima schützen.

00:23:37.000

Marc Uwe Kling: Kommen wir zum Klima. Da gibt es keine konkreten

Zahlen, weil es zu viele sind. Es gehen Experten davon aus, dass seit der

Jahrtausendwende weit über 10.000 Menschen in Deutschland an Folgen

von Extremwetter gestorben sind. Und Extremwetterereignisse, wenn es

die Augen nicht verschließt, kriegt er mit, dass die ständig passieren

inzwischen. Und da gibt es auch einen glasklaren Zusammenhang. Man

kann das ja auch wissenschaftlich erklären. Also, wir hatten diesen

Sommer war die Donau so niedrig, dass Kriegsschiffe der Nazis, also

Schwarzmeerflottenkriegsschiffe, die versenkt wurden im Zweiten

Weltkrieg, aufgetaucht sind. Die sind ans Licht gekommen. Und da muss

man doch sagen, irgendwie versucht uns die Welt hier eine Warnung zusenden vor dem, was aktuell passiert. Sie zeigt uns, hier guck mal, wenn

ihr weitermacht so, dann passiert das wieder. Also so ein niedriger Pegel

in der Donau. Die Weichsel hat einen Pegelstand von 25 Zentimeter

teilweise. Das ist die Lebensader Polens. 25 Zentimeter Pegelstand. Und

jetzt, kaum zwei, drei, vier Wochen später, haben wir das absolute

Hochwasserproblem. Und das widerspricht sich nicht, sondern das hängt

zusammen. Weil also erstens sorgen die Dürren dafür, dass die Böden so

trocken sind, dass das Wasser schlecht aufgenommen wird. Und zweitens

ist es so, dass pro Grad Klimaerwärmung kann die Atmosphäre 7 Prozent

mehr Wasser aufnehmen. Das Mittelmeer ist aktuell vier bis sechs Grad

heißer als normal. Die Adria ist neun Grad heißer als normal. Das heißt,

dieses ganze Wasser verdunstet wird zu Wolken und das ist gerade ein

Tiefdruckgebiet. Dieses Tiefdruckgebiet ist eingekeilt zwischen zwei

abnormalen Hochdruckgebieten. Kann also nicht abfließen. Und deswegen

regnet es halt da in diesen Regionen Österreich, Polen, Tschechien,

Ungarn so massiv. Eigentlich wird einmal das Mittelmeer und das

Adriatsche Meer angezogen und woanders wieder fallen gelassen. Und ich

check’s nicht. Das passiert schon. Lange hat man gedacht, naja, das

Problem an der Klimakrise ist, dass die Folgen immer in der Zukunft

liegen und man es nicht sieht. Und jetzt fliegt uns schon massiv um die

Ohren. Der Harz hat gebrannt. Irgendwie in Brandenburg brennt alle zwei

Jahre der Wald. Das ist doch nicht normal. Und dann guckst du irgendwie

einen Wetterbericht und dann sagen die, ja, nächste Woche wird es wieder

26 Grad. Da freuen wir uns. Und ich sag, was ist denn los mit euch Leute?

Und jetzt Topthema Migration. Kriegst du so einen Hals.

00:27:26.000

Raúl Krauthausen: Total. Ich hab auch die ganze Zeit darauf gewartet, bis

die eingestürzte Brücke in Dresden jetzt auch den Flüchtlingen

zugeschrieben wird. Bisher ist das zum Glück nicht passiert. Das meine ich

mit zynisch. Irgendwann finden sie auch da wahrscheinlich ein Thema.

Was mich entsetzt hat war, und da das auch gar kein Zusammensehen

gesehen wird, der größte CO2-Emittent der Welt ist das US-Militär. Da

redet ja auch keiner drüber. Also ich kann mir auch nicht vorstellen, dass

hier irgendwann Hybridpanzer einfahren.

00:28:04.000

Marc Uwe Kling: Ja klar. Also da kenne ich mich nicht aus, ob sie

irgendwann das Militär elektrisch laufen lassen. Keine Ahnung. Ich

verstehe absolut, was du meinst. Aber ok, vorausgeschickt, dass ich keine

Ahnung davon habe. Lass uns kurz drüber nachdenken. Ich glaube, es

könnte militärisch Vorteile haben, die Kampfmaschinen nicht mehr mitSprengstoff zu beladen. Sprengstoff als Treibstoff zu haben.

Wahrscheinlich kommen wir irgendwann dahin, dass es einfacher ist, ein

Solarpanel aufzustellen und ein Panzer wieder aufzuladen, als die

Infrastruktur zu schaffen, da Treibstoff hinzubekommen.

00:28:54.000

Raúl Krauthausen: Ja klar.

00:28:55:000

Marc Uwe Kling: Aber jetzt sind wir echt weird abgebogen. Keine Ahnung.

Ja, aber klar.

00:29:00.000

Raúl Krauthausen: Klima und Kriege sind auch…

00:29:07.000

Marc Uwe Kling: Klar, der Ukraine-Krieg ist eine riesen Katastrophe fürs

Klima. Und Putin ist einer der größten Profiteure von Öl und Gas. Also

muss man ja auch so sehen. Das ist für ihn …

00:29:20.000

Raúl Krauthausen: Als ich mit meiner politischen Arbeit angefangen habe,

vor 20 Jahren ungefähr, da gab es eine Phase, wo wir viele Preise

gewonnen haben und dann im Bundestag oft dagegen waren. Und ich hatte

die ganze Zeit so ein Un … also ich konnte das Gefühl nicht beschreiben,

was ich hatte, aber ich fühlte mich unwohl, weil ich dachte, die Gebäude,

in denen diese Menschen arbeiten, diese Größe, diese Historie, dieses, wie

soll ich mal sagen, auch Macht ausstrahlende, wo sie mir erzählen, wie

teuer so ein Türgriff ist und ein Wasserhahn und so, wo ich denke, das

repräsentiert schon lange nicht mehr die Macht, die sie noch haben. Und

die Macht haben sie, glaube ich, schon viel früher irgendwie abgegeben

verloren an die Wirtschaft, an Unternehmen, an Konzerne. Und die

versuchen einfach nur noch zu halten und was sie noch beeinflussen

können. Aber es gibt ja gar keine Bewegung mehr in die Richtung zu

sagen, wir müssen das Großkapital besteuern, wir müssen irgendwie dafür

sorgen. Also allein die Mietpreisfragen haben ja ganz bürgerlich oder

ganz für jeden verständlich, dass es da keine Antwort gibt. Außer zu sagen,

wir bauen neu.

00:30:36.000

Marc Uwe Kling: Warum ist das nicht Topthema?

00:30:37.000

Raúl Krauthausen: Ja. Und was wird denn gebaut?00:30:39.000

Marc Uwe Kling: Naja, und wir bauen neu, das wird ja viel zu wenig

gebaut.

00:30:42.000

Raúl Krauthausen: Genau.

00:30:44.000

Marc Uwe Kling: Ich glaube, du könntest das sogar natürlich ein Stück

weit über sozialen Wohnungsbau lösen, aber dann müsstest du das halt in

einem ganz anderen Maß betreiben.

00:30:56.000

Raúl Krauthausen: Da wird ja nicht gebaut, der soziale Wohnungsbau. Es

wird ja anderes gebaut.

00:30:58.000

Marc Uwe Kling: Ja.

00:30:59.000

Raúl Krauthausen: Und dass da nicht weitergedacht wird.

00:31:02.000

Marc Uwe Kling: Also ich glaube, es ist, man muss das, guck mal, jetzt

komme ich wieder und sage, man muss das differenziert sehen. Ich glaube,

es gibt schon noch Politiker, die quasi gegen die Windmühlen kämpfen und

sich dafür einsetzen wollen. Und dann gibt es natürlich einfach einen

Haufen Politiker, die sind in Wahrheit keine Politiker, sondern Lobbyisten

von irgendwelchen Wirtschaftsverbänden. Und viele von denen sammeln

sich in einer Partei namens FDP. Und ich glaube, wenn du in einer

Regierungskoalition mit der FDP bist, dann ist es sehr schwer, irgendwas

zu verändern.

00:31:39.000

Raúl Krauthausen: Ich hätte nicht gedacht, dass das so schwer ist. Ich

dachte ja, naja, es sind irgendwie so Progressiven, die wollen Erneuerung,

Modernisierung, aber dass diese Schuldenbremse alles anhält.

00:31:49.000

Marc Uwe Kling: Also guck mal, wir haben ja jetzt gerade gesprochen. Ich

glaube, eine der wenigen Sachen, auf die sich alle so ungefähr einigen

können, von rechts bis links, ist, dass wir in einer krisenbelasteten Zeit

leben. Und ich bin kein Historiker, aber ich würde sagen, noch nie hat sich

ein Land aus einer Krise herausgespart. So, das ist einfach Bullshit. So,und das ist ja auch, ich glaube, in Deutschland so ein bisschen singulär.

Diese Schuldenbremse ist so beknackt, ich kann es dir gar nicht sagen.

00:32:23.000

Raúl Krauthausen: Und damit tun die sich, glaube ich, auch selber auch gar

kein Gefallen.

00:32:25.000

Marc Uwe Kling: Nee, die schießen sich voll ins eigene Bein, weil sie

natürlich ihre Handlungsfähigkeit damit limitieren.

00:32:29.000

Raúl Krauthausen: Aber das ist das Letzte, was noch für die FDP steht.

00:32:33.000

Marc Uwe Kling: Ja, also diese Partei, also boah, ich meine, das ist ja das

einzig Schöne an diesen Landtagswahlen, dass die FDP pulverisiert

wurde.

00: 32:45:000

Raúl Krauthausen: Aber das passiert ja der FDP nicht zum ersten Mal, die

sind immer wieder zurückgekommen.

00: 32:50.000

Marc Uwe Kling: Was meinst du, so eine Zombie-Partei?

00: 32:51.000

Raúl Krauthausen: Ja, so ein bisschen.

00: 32:53.000

Marc Uwe Kling: Aber Friedrich Merz ist auch so ein bisschen Zombie,

der war da auch schon mal weg.

00: 32:57.000

Raúl Krauthausen: Ja, genau. Du hast gerade gesagt krisenbehaftete Zeit.

Ich frage mich, weil, ist das nicht aber auch medial konstruiert oder auch

ermöglicht worden, weil wir so viel jetzt auch gleichzeitig mitbekommen

können aus der ganzen Welt?

00:33:10.000

Marc Uwe Kling: Ja, auf jeden Fall.

00:33:11.000

Raúl Krauthausen: Und ich habe meinen Begriff gelernt, Sattelzeit. Also,

dass historisch gesehen eigentlich alles immer in so Wellen ist. Also, die

Dinge spitzen sich zu, dann knallt es und dann organisiert sich dasirgendwie wieder neu. Und diese Phasen, diese Wellen kann man in der

Regel historisch immer nur rückwirkend erklären.

00:33:40.000

Marc Uwe Kling: Ja.

00:33:42.000

Raúl Krauthausen: Und jetzt gibt es aber Historiker*innen, die sagen, dass

wir vielleicht durch die neuen Medien, Technologien und diese

Echtzeitwelt vielleicht sogar in der Lage sind, die Sattelzeit zu erkennen,

also auf dem Höhepunkt ist dann der Sattel, die Sattelzeit vorher zu

erkennen, um noch Maßnahmen zu ergreifen, um das Ganze zu retten.

Findest du das zu optimistisch?

00:34:10.000

Marc Uwe Kling: Also im Gegenteil, was mir Optimismus gibt, ist, dass die

Zukunft völlig unvorhersehbar ist. Also jeder, der behauptet, der weiß, was

in zwei Jahren ist, der wird widerlegt werden. Deswegen würde ich sagen,

Verzweiflung ist nicht angebracht und können wir uns auch nicht erlauben.

Klar, man muss alles versuchen. Der Knall ist scheiße. Also der Knall wird

für alle richtig blöd. Wir sollten auf jeden Fall alles tun, um den zu

vermeiden.

00:34:38.000

Raúl Krauthausen: Zu Gast war hier auch mal Tadzio Müller. Vielleicht

kennst du den? Der ist einer der Strategen von Ende Gelände gewesen.

Sehr krasser Typ, redet super schnell. Wir haben zwei Stunden gesprochen

und eigentlich waren vier Stunden, weil er halt so schnell redet. Und der

hat sehr kluge Sachen gesagt in meinen Augen. Zum Beispiel, dass wir

akzeptieren müssen als Gesellschaft, dass wir das Klima nicht mehr retten

werden. So ein Grad Ziel ist schon längst verloren.

00:35:11.000

Marc Uwe Kling: Ja, das finde ich eine schwierige Aussage, weil das

impliziert, dass es wie so ein Schalter ist. Also wir haben es gerettet oder

wir haben es nicht gerettet, weil es ist natürlich einfach eine ewig lange

Skala. Also klar, wir haben es schon ein Stück weit kaputt gemacht. Aber

wir können es halt einfach auch noch viel massiver kaputt machen. Also es

ist halt keine Hü oder Hot Entscheidung, sondern je früher wir anfangen,

es ist ja auch kein Klimaschutz, es ist ja Menschenschutz. Je früher wir

anerkennen, dass das das Topthema ist, egal was sonst passiert, wirklich

egal, weil das wird uns so massiv treffen. Je früher wir das anerkennen, je

früher wir dagegen steuern, desto weniger schlimm wird es.00:36:05.000

Raúl Krauthausen: Genau, und er war auch noch nicht fertig mit seiner

Ausführung, weil er meinte dann nämlich, dass das müssen wir erstmal

realisieren, dass ein Grad Ziel auch nicht mehr das Thema ist. Sondern wir

müssen Trauerarbeit machen mit der Bevölkerung. Wir müssen, also er

macht da verschiedene Beispiele. Ein Beispiel ist zum Beispiel, wenn Olaf

Scholz sich hinstellt und sagt, ich bin der Klimakanzler, dann braucht er

jemanden, der sagt, nein, das bist du nicht. Und wenn du das zu laut, zu

aggressiv sagst, dann, und das beobachten wir halt gerade bei den ganzen

Rechten, dann werden diese Menschen sehr schnell zu Arschlöchern. Weil

die dann das einfach nicht wahrhaben wollen. Und das ist Trauerarbeit.

Das heißt, wir müssen der Gesellschaft irgendwie beibringen, schonend

beibringen, so gut es geht, aber auch so ehrlich, wie es geht, dass

bestimmte Dinge nicht mehr zurückkommen werden. Und dass Olaf Scholz

nicht der Klimakanzler ist, aber einer werden könnte, wenn. Und dann,

sagt er, der nächste Schritt wäre, wir müssen uns auf das Chaos

vorbereiten. Also Kühlräume zur Verfügung stellen, Wasser zur Verfügung

stellen, Menschen, die vielleicht obdachlos werden, Unterstützung bieten.

Und das sollten wir aus der Zivilgesellschaft heraus organisieren,

natürlich finanziert bekommen, aber die Zivilgesellschaft muss das

machen. Und da meint er auch, wir haben die Willkommenskultur nicht

kommen sehen. Also nicht die Millionen Menschen, die sich plötzlich

engagiert haben. Aber da scheint ja da irgendwie so eine schlummernde

Kraft zu existieren in unserer Gesellschaft, die, wenn es wirklich hart auf

hart kommt, da ist. Die hat man nicht vorher gesehen, die hat er ja nicht

vorher gesehen. Wenn wir aber diese Netzwerke nicht bemühen und auch

nicht darauf vorbereiten, dass wir uns auf das Chaos vorbereiten müssen,

dann werden es die Rechten machen. Und dann wird es nur noch

Kühlräume für Deutsche geben. Und dass das quasi die Arbeit ist, die wir

jetzt machen könnten und sollten, anstatt immer wieder zu erzählen, das

Klima brennt, das Klima brennt, das Klima brennt.

00:38:23.000

Raúl Krauthausen: Gleich geht’s weiter. Wenn Du diesen Podcast

unterstützen möchtest, dann kannst Du das mit einem kleinen monatlichen

Beitrag tun. Im Gegenzug kannst Du alle Folgen vorab hören und Du

wirst, sofern Du das möchtest, hier im Podcast namentlich genannt. Alle

Infos findest Du unter www.im-aufzug.de. Ende der Service-Durchsage.

Viel Spaß beim zweiten Teil der Folge.00:38:50.000

Marc Uwe Kling: Also ich würde auch auf jeden Fall sagen, dass man eine

positive Vision entwickeln kann und muss. Und auch insofern finde ich,

dass was da in den USA gerade passiert mit der Harris-Kampagne, dass

sie auf Joy setzen. Ich glaube, das ist richtig, weil wer weiß was passiert.

Da kann immer noch Trump gewählt werden. Aber ich glaube, man muss

die Leute auch mit was Positives mitnehmen. Ich glaube übrigens, die

Rechten nutzen natürlich jede Lücke, die sich ihnen bietet, aber auf jeden

Fall sie aktuell nicht machen, ist auf den Klimawandel einzugehen. Das

heißt, diese Kühlräume für Rechte, die gibt es auch noch nicht. Ich weiß

nicht, ob es die jemals gibt, weil aktuell haben die sich ja so verheiratet mit

den Klimawandelleugnern, dass die da völlig in die Katastrophe

reinlaufen. Das heißt, klar, es geht nicht mehr nur darum, die Emission zu

reduzieren, sondern auch jetzt schon zu antizipieren, was sind die

Katastrophen, die auf uns zukommen und wie können wir die entschärfen.

00:39:58.000

Raúl Krauthausen: Du hast jetzt gesagt, deine Hoffnung basiert darauf, dass

du nicht weißt, was in zwei Jahren ist. Das ist ungefähr das, was Tadzio

Müller sagt. Wir haben die Willkommenskultur nicht vorher gesehen, aber

er hat das Gefühl, da ist eine Kraft.

00:40:12.000

Marc Uwe Kling: Ja, da würde ich mir halt quasi von dem, ich glaube

schon, dass das auch ein bisschen von der Politik ausgehen muss. Und

dann müssen die progressiven Politiker sich halt auch mal in den Sturm, in

den Shitstorm stellen und standhaft bleiben und sagen, nein, das, was

Friedrich Merz sagt, ist populistischer Quark. Er missbraucht das

Andenken an die Opfer dieses Anschlags für seinen kurzfristigen

politischen Gewinn. Das ist nicht sinnvoll, einfach wirklich dagegen zu

halten und nicht zu sagen, ja, ok, dann kontrollieren wir halt ein bisschen

mehr. Das ist Bullshit, weil damit validierst du das ja.

00:40:49.000

Raúl Krauthausen: Aber wer könnte das sein? Also ich meine, Kevin Kühner

sagt so was, Robert Habeck sagt so was, Olaf Scholz schweigt wie immer.

Wir bräuchten auch so eine Art Michel Obama theoretisch oder Taylor

Swift.

00:41:03.000

Marc Uwe Kling: Klar, das weiß ich auch nicht. Aber ich bin ja kein

Orakel, das kann ich dir jetzt nicht beantworten, wer das am Ende ist oder

ob es passiert ist, wäre natürlich eine Hoffnung. Aber das geht natürlich

nicht allein. Also du sagst ja, es gibt so Figuren, die das machen. Aber inder aktuellen medialen Landschaft ist es einfach ein Schwimmen gegen den

Strom. Und da müssen sich auch die Medienvertreter mal total an der

eigenen Nase fassen und hinterfragen, was sie da tun. Wir haben ja vorhin

kurz vor einem Podcast darüber geredet, dass es so eine, selbst in den

öffentlich-rechtlichen Medien, die tausendmal besser sind als alles andere,

ist es so eine, diese Meinungsnachrichten. Es geht nicht um wirklich, was

ist passiert, sondern wer hat was zu was gesagt. Und dann gibt es so am

Ende sich so ein selbstwiedererzeugender Nachrichtenkreislauf aus der hat

gesagt und der hat das gesagt. Also weißt du, wie lange reden wir jetzt

schon nicht mehr darüber, was in Solingen passiert ist, sondern was

Friedrich Merz Neues gesagt hat. Also wir reden ja eigentlich mehr über

die Meinung von Herrn Merz als wirklich über eine sinnvolle

Problemlösung in irgendeine Richtung.

00:42:36.000

Raúl Krauthausen: Vor allem die Probleme, die gelöst werden, die hätten

das gar nicht verhindert. Also jetzt werden Messer verboten, das war ein

anderes Messer, das Messer war eh verboten. Also was sollen jetzt noch

strengere Messergesetze. Und was ich mich immer frage, und das hast du

auch schon vorhin so angedeutet, die Leute schreien ja nur, wenn es

jemand mit Migrationshintergrund war. Also wenn es ein Schwede war,

dann hätte keiner was gesagt. Und das heißt wir haben ja einen so tief

sitzenden Rassismus, auch in der Berichterstattung, den niemand

wahrhaben will, den alle leugnen. Aber wie viele Messerstechereien gibt es

denn unter Deutschen, wo keiner aufschreit?

00:43:20.000

Marc Uwe Kling: Also ich habe tatsächlich lustigerweise gerade die Zahl

parat. Also es gibt seit der Wende, das ist die Zahl vom Bund, 113 Morde

mit rechtsradikalem Hintergrund. Und die Zahl wird angezweifelt, es gibt

Stiftungen, die sprechen von bis zu 219 Morden. Das ist bis zu zehnmal so

viel. Und da hast du völlig recht. Also das ist ja das Hauptding. Ich bin

Atheist, ich habe zero Verständnis für ein islamistisches Attentat, wirklich

gar nichts. Ich finde das total furchtbar und diese Leute, I don’t get it. Ich

finde das ist durch nichts zu rechtfertigen. Aber die Debatte ist so

aufgeblasen, wenn man bedenkt, wie klein das Problem ist im Verhältnis zu

den anderen Problemen, die wir jetzt gerade besprochen haben. Und die

Debatte ist das Problem selber, weil dieser Furcht und dieser Schrecken,

den die Terroristen erzeugen wollen, der schafft es erst in die Herzen und

Gehirne der Menschen durch Leute wie Friedrich Merz. Also irgendwo ist

Friedrich Merz ein Multiplikator des Terrors, er ist der Influencer des IS.

Und da frage ich mich, das muss ihm doch klar sein, der ist ja nicht doofder Mann. Also ist er einfach so machtgeil, dass ihm das Scheiß egal ist?

Oder warum tut er das? Lad ihn doch mal ein und frag ihn. Und dann

sagen wir Bescheid, was er gesagt hat.

00:45:02.000

Raúl Krauthausen: Ja, also die einzige Frage, wenn eine Fee auf mich

zukommen würde, sagen würde er, du hast einen Wunsch frei, dann wäre

wirklich dieser Wunsch, ich würde wirklich gerne mal alle CDU-

Führungsköpfe fragen, ob sie glauben, was sie sagen.

00:45:19.000

Marc Uwe Kling: Ich glaube, das ist die verlogenste Partei. Also nicht die

schlimmste, die AfD ist sicherlich die schlimmste, aber die AfD sagt pretty

much, was sie machen wollen. Und die CDU, wie die aktuelle Regierung

ist dysfunktional. So meines Erachtens liegt das hauptsächlich an der FDP,

aber sei mal dahingestellt, wie die CDU diese Regierung kritisiert für eine

Politik, die sie 16 Jahre lang unter Angela Merkel selber geliefert haben,

das ist so verlogen.

00:45:58.000

Raúl Krauthausen: Und dass die damit durchkommen, auch medial.

00:46:00.000

Marc Uwe Kling: Ja, dass sie dann nicht jemand hinstellt, aber Herr Merz,

das ist doch Sie, Ihre Partei, hat auch den Atomausstieg gemacht.

00:46:08.000

Raúl Krauthausen: Und dass das immer so gemacht werden müsste, von den

Journalistinnen, damit die dann irgendwie nicht immer wieder damit

durchkommen. Manchmal wird es ja gesagt, aber so einer von zehn. Und

dann kommen die halt neunmal durch. Und das ist wirklich auch mein

Vorwurf an die Medien insgesamt, dass durch dieses er hat gesagt, Sie hat

gesagt, auch ein false balancing entsteht. Dass wir dann glauben, das

Thema von Merz ist so wichtig wie Klimaschutz. Und das ist ja überhaupt

nicht der Fall. Und wir können uns gerne darauf einigen, wie du halt sagst,

du bist Atheist, jeder glaub motivierter Glaube motivierter Mord. Also,

Scheiße. Nazis glauben auch an etwas. Die morden auch eher als Linke,

momentan zumindest.

00:47:01.000

Marc Uwe Kling: Ja, massiv.00:47:02.000

Raúl Krauthausen: Und ich würde mich auch nicht wundern, wenn das

irgendwann auch im linken Spektrum, irgendwann aus voller Verzweiflung,

fehlender Selbstwirksamkeit nicht gehört werden, das sich irgendwann

radikalisiert. Aber es gibt jetzt keine Klimaschutzmörder*innen.

00:47:18.000

Marc Uwe Kling: Nee, überhaupt nicht. Aber wie, also, sind wir immer die

letzte Generation, ja?

00:47:26.000

Raúl Krauthausen: Wie die gehasst wurden.

00:47:28.000

Marc Uwe Kling: Wie die gehasst wurden, wie die als Terroristen

dargestellt wurden. So, wie die, musst du dir angucken, wie die

Verkehrsblockaden, die durch die Bauernproteste entstanden sind, mit den

Verkehrsblockaden, die durch die letzte Generation entstanden sind. Wenn

du dann die mediale Berichterstattung und gerade auch die

Politikeräußerungen dazu vergleichst, für etwas, was schlussendlich

ungefähr dasselbe war. Da fällt man ja vom Glauben ab, selbst wenn man

ihn noch hat. Und, verstehe mich nicht falsch, ich glaube, die letzte

Generation, also ich verstehe ihre Motive, aber ich glaube, es war dem

Diskurs überhaupt nicht dienlich, wie sie vorgegangen sind. Weil den

Verkehr auf der Autobahn zu blockieren, da trifft die Individuen. Und das

ist, was ich vorhin gesagt habe, das ist falsch, das auf der individuellen

Ebene lösen zu wollen, weil du kannst das nicht. Du musst die

Systemvertreter irgendwie blockieren. Also kette dich halt an das Flugzeug

von Friedrich Merz. Da bin ich bei dir und wenn du dann verklagt wirst, ja

bezahle ich dir den Anwalt. Die Autobahn zu blockieren ist einfach, also

man muss ja schon auch denken in unserer medial gesteuerten

Demokratie, was hat das für eine Rückwirkung. Und dann siehst du doch,

da lungern die Merzens und die Söders und die AfD, die lauert nur darauf,

dass genau das passiert, um das auszuschlachten für ihre Zwecke. Das

heißt, unabhängig davon, wie lauter deine Motive sind, solltest du dir in

unserer Zeit schon überlegen, was hat das für eine Rückwirkung auf die

Debatte. Und ich finde, das hätte man vorhersehen können, dass das eine

schlechte Rückwirkung für das Klima auf die Debatte hat, trotzdem ist es

absolut irre, was denen gerade angetan wird, als eine kriminelle

Vereinigung verfolgt werden als Terroristen. Das ist totaler Bullshit. Aber

genau das war, glaube ich, doch relativ vorhersehbar.00:49:36.000

Raúl Krauthausen: Auch das ist ein false balancing. Wir setzen auf jeden

Fall den Fokus auf die Menschen, die jetzt wirklich das geringste Problem

darstellten. Und um was Versöhnliches mal zu versuchen. Ich war vor ein

paar Tagen bei den Grünen auf einem Kongress zum Thema Vielfalt. Und

ich habe halt versucht, den Punkt zu machen, zu sagen, dass wir einen

gemeinsamen Nenner suchen müssen. Und jeder Mord ist scheiße, wenn

aber die Bürger*innen das Gefühl haben, Morde werden nicht geahndet.

Und das gilt ja sowohl für die Nazis, die das Gefühl haben, dass die

mordenden Islamisten hier so weitermachen können. Und das Gefühl

hinter den Linken, dass die mordenden Nazis anscheinend völlig, soll ich

mal sagen, rumwildern können und zu wenig passiert. Da haben wir ja

grundsätzlich ein Problem. Anscheinend mit dem Gefühl, dass wir uns

nicht sicher fühlen.

00:50:36.000

Marc Uwe Kling: Ja, aber ich würde argumentieren, das Hauptproblem ist

das Gefühl. Weil selbst das Klima der Angst ist schon das Problem.

00:50:49.000

Raúl Krauthausen: Absolut. Aber wenn du jetzt im Internet gehasst wirst und

du meldest diesen Post, meinetwegen über Hate Aid, schaltest Anwälte ein

und so, wie oft passiert nichts?

00:50:59.000

Marc Uwe Kling: Ja, viel zu oft.

00:51:00.000

Raúl Krauthausen: So, und dieses Gefühl, das haben glaube ich sehr viele

Leute. Ich habe neulich eine Schlägerei mitbekommen in einem

Regionalexpress. Ich saß in diesem Waggon, wo sich geprügelt wurde. Die

Leute sind schreiend weggerannt. Ich kam nicht weg, weil ich auf den

Rollstuhl Platz gebunden war. Ich musste hoffen, dass mir nichts passiert.

Und man hat den Notrufknopf in den Zug gedrückt, mehrfach. Die Leute

haben die Notbremse gezogen. Der Zug fuhr weiter. Es hat niemand

abgehoben. Und an der nächsten Station war dann natürlich die Tür auf,

der Zug fuhr nicht weiter, alle haben die Tür blockiert und so. Aber es war

ein riesiges Gerangel und man hat sich wirklich ohnmächtig gefühlt in dem

Moment. Und ich glaube, so was passiert, wenn auch Personal gestrichen

wird, wenn sich niemand mehr zuständig fühlt, wenn alles in so einer

Verantwortungsdiffusion an die nächste Privatfirma weitergegeben wird.

Und irgendwann kam die Polizei und die hat dann zumindest die zwei

Leute, die sich geprügelt haben, verhaftet. Und dann fragte einer einenanderen im Zug, was ist denn da eigentlich passiert? Und dann so, ja da

hat eine Freundin von einem anderen schief angeguckt und dann gab es so

eine Schlägerei. Und dann meinte der, meinte ich so scherzhaft, war

wahrscheinlich ein Schwede. Und sie so, nee wie kommen sie denn darauf?

Natürlich war das ein Syrer. Die Polizistin. Weil ich wollte wissen, ob

diese, also dieser Rassismus sitzt einfach sehr tief. Und ihre Aussage zu

mir war, nee wie kommen sie denn darauf? Natürlich war das ein Syrer.

Sagt so viel. Und diese Hilflosigkeit, ich habe jetzt zwei Themen vermischt,

mir leid, aber eine Hilflosigkeit, dass man an den Notrufseil drückt und

nichts passiert. Und die andere Hilflosigkeit, dass die Polizei vielleicht

auch echt ein Rassismusproblem hat, mehr als sie es haben will. Und dann

vielleicht auch härter Durchgriff. Ich weiß es nicht.

00:53:00.000

Marc Uwe Kling: Ja, das ist auch so ein bisschen so ein interessantes

Problem, was die Politik lösen könnte, aber nicht will. Ich habe jetzt

natürlich, hatte ja jetzt im aktuellen Buch eine Protagonistin, die bei der

Polizei ist. Ich habe mir auch nicht träumen lassen vor 20 Jahren. Und

habe da so ein bisschen recherchiert und gab ja immer mal wieder Anstöße

zu dieser Rassismusstudie bei der Polizei, die quasi immer vom

Innenministerium und auch von der Polizeigewerkschaft geblockt wird.

Wobei ich aber gelesen habe in diesem Artikel, dass es einfach unter den

Polizisten und Polizistinnen selber viele gibt, die sagen, ja mach das mal.

Weil wir haben keinen Bock die ganze Zeit auch quasi als Rassisten

beschimpft zu werden, weil es sind nicht alle von uns Rassisten. Es gibt das

Problem und die quasi selbst in der Polizei stimmen, die sagen, ja lass uns

das mal erforschen, weil nur wenn wir es angucken, können wir auch

gegen die Gründe vorgehen.

00:54:00.000

Raúl Krauthausen: Ja guter Punkt, fair enough. Aber dieses Gefühl der

Hilflosigkeit, der Machtlosigkeit, der fehlenden Selbstwirksamkeit, wenn

ich die Notrufsäule. drücke, wenn ich was melde auf Instagram, TikTok

und Co.

00:54:15.000

Marc Uwe Kling: Ja, das sind ja auch zwei verschiedene Sachen, würde

ich sagen. Also das eine, hast du schon völlig zurecht gesagt, liegt daran,

dass überall gestrichen wird und Personal gespart wird. Und dann fällt

das auch, die Bahn ist ja kaputt gespart, ne? Für einen beknackten

Börsengang, der nicht stattgefunden hat. Und auch da ist glaube ich

systemisch was falsch. Jetzt wird es Hartes Hören sagen, ich hab das nicht

gecheckt, also bitte checkt das bevor ihr das weiter verweilt. Aber ich habegehört, dass es quasi, wenn was richtig kaputt ist, dann bezahlt es der

Bund. Und wenn es repariert werden muss, bezahlt es die Bahn. Und das

ist natürlich systemisch nicht gut. Weil dann gibt es einen Anlass, es kaputt

gehen zu lassen und nicht zu reparieren. Das heißt, es sind wirklich ganz

oft die Spielregeln, an die man ran muss. Und bei Social Media glaube ich,

dass es auch die Spielregeln sind, an die man ran muss. Völlig anderes

Beispiel, aber das fällt mir dazu immer ein. Im Irakkrieg hatten die

amerikanischen Zulieferfirmen für die US-Army damals oft so plus X-

Verträge. Das heißt, sie haben die Kosten gekriegt plus 10%. Und das

heißt, wenn der LKW einen Platten hatte, dann haben die den gesprengt.

Weil sie haben ja die Kosten für den LKW plus 10% gekriegt. Das ist was

ich darauf will hinaus. Man muss sich die Spielregeln angucken. Und die

Spielregeln verändern. Und nicht jeden Nazi einzeln beleidigen, weil das

bringt nichts.

00:55:55.000

Raúl Krauthausen: Und das heißt, es ist auch nicht die Zivilgesellschaft, die

das Problem löst?

00:56:00.000

Marc Uwe Kling: Nein. Die Zivilgesellschaft kann immer nur auffangen

und das ist toll, wenn sie das tut. Aber das ist einfach zu viel verlangt. Das

ist Aufgabe der Politik, die Spielregeln sinnvoll zu gestalten. Und ich weiß,

dass es schwierig ist, wenn du in die USA guckst und dir das Wahlsystem

anguckst. Alle finden das bescheuert. Alle. Auch die Amerikaner. Und das

sind die Spielregeln, die geändert werden müssen. Weil wenn Donald

Trump überhaupt eine Chance hat, wieder Präsident zu werden, liegt an

diesen beknackten Spielregeln. Also beiden hat er, glaube ich, 7 Millionen

mehr Stimmen. Ich glaube, jeder, mit Ausnahme von der Wiederwahl von

George W. Bush, in den Wahlen seit der Jahrtausendwende hatten die

Demokraten immer die Mehrheit der Stimmen. Immer.

00:56:56.000

Raúl Krauthausen: Das ist unfassbar.

00:56:57.000

Marc Uwe Kling: Ja.

00:56:59.000

Raúl Krauthausen: Und auch da guckt ja medial keiner rein. Also in der

Tagesberichterstattung „Tagesschau“ war das nie Theme. „Tagesschau“ ist

bestimmt auch getrieben durch den Trag. Aber in der Zeit habe ich es auch

eher nicht gelesen.00:57:11.000

Marc Uwe Kling: Ja, das steht bestimmt auch drin. Aber es ist halt nicht

Topthema. Topthema ist Migration. Migration, Migration, Migration. Und

Friedrich Merz hat noch mal dasselbe gesagt wie gestern. Deswegen

bringen wir das noch mal ganz fett heute in den Nachrichten. Also Hillary

Clinton hatte 3,5 Millionen Stimmen mehr, glaube ich, als Trump.

00:57:28.000

Raúl Krauthausen: Ja krass. Du bist der Zahlenmensch, aber du hast die

Zahlen ja in deinem Kopf.

00:57:32.000

Marc Uwe Kling: Ja, nur wenn ich drüber geschrieben habe.

00:57:35.000

Raúl Krauthausen: Apropos drüber geschrieben. Du hast ein ganz neues

Werk geschrieben, „Views“. Also neu im Sinne von deinem Genre unüblich,

wie man dich so kennt, Kinderbücher, Comedy, einen Kriminalroman

geschrieben, das das Thema Rassismus aufgreift. Und ich habe zwei

Fragen dazu, die mir sofort in den Kopf kamen. Nämlich einmal, wann

hast du gemerkt, dass du das, was du machst, dass du das kannst? Und

geht das für jedes Genre?

00:58:10.000

Marc Uwe Kling: Ich habe das wahrscheinlich auf der Bühne gemerkt,

dass das gut funktioniert. Ich meine die Bühne war immer mein

Lehrmeister. Und das funktioniert natürlich für Humor besonders gut, weil

entweder lachen die Leute oder das war nicht witzig. Da kriegst du es

immer brutal aufs Brot geschmiert. Und ich habe einfach Riesenspaß

daran, mich in anderen Genres auszuprobieren und zu gucken, wie sind

die Mechanismen, wie macht man das.

00:58:46.000

Raúl Krauthausen: Ich wüsste nicht, wie man ein Krimi baut. Also ich wüsste

gar nicht, wie man das nachschlagen muss. Hast du es nachgeschrieben,

wie ein Krimi funktioniert?

00:58:55.000

Marc Uwe Kling: Nee, ich hatte die Grundidee, den Twist im Kopf und

dachte, das wäre ein geiler Twist für einen Thriller. Leider schreibe ich

keine. Und ich habe nicht vorgehabt, das zu schreiben. Aber wenn ich

nicht schlafen konnte oder erst mal nichts zu tun hatte, entwickelt sich

diese Idee so weiter und irgendwann habe ich festgestellt, ich weiß

wirklich alles, was in dem Buch passiert. Ich habe die ganze Handlung imKopf. Inklusive dem letzten Twist und so weiter. Und dann dachte ich, ja

gut, dann schreibe ich das jetzt mal.

00:59:31.000

Raúl Krauthausen: Aber als weißer Mann über Rassismus zu schreiben, ist

ja auch, sagen wir mal, große Fettnäpfchen gefallen. Hattest du da Hilfe?

Sensitivity reading?

00:59:40.000

Marc Uwe Kling: Ja, also ich habe das diversen Leuten zum Lesen

gegeben. Und naja, ich finde das, also ich verstehe das Argument

teilweise, aber ich finde das teilweise auch Quatsch, weil wenn ich als

weißer Mann jetzt nur noch über weiße Männer schreiben würde, dann

würden mir dieselben Leute das vorwerfen.

01:00:01.000

Raúl Krauthausen: Bezieh doch mal Position.

01:00:03.000

Marc Uwe Kling: Ja, genau, genau. Also das finde ich schwierig, dass

man, klar, wenn ich, es kommt dran auf die Tendenz des Buches an. Also

was steht in dem Buch?

01:00:19.000

Raúl Krauthausen: Aber wenn man dir jetzt sagen, wenn man einen Hinweis

gegeben hat oder hätte, dann hättest du das angenommen.

01:00:24.000

Marc Uwe Kling: Ich habe auch Sachen verändert, die ich einfach nicht

wusste oder nicht so im Kopf hatte oder so.

01:00:30.000

Raúl Krauthausen: Vielleicht ist das der Unterschied, weil wenn man das

erstmal vergleicht, super schwieriger Vergleich, es tut mir leid, vielleicht

soll ich es nicht machen, aber so, keine Ahnung. Es gab ja auch bestimmte

Comedians, die in einem bestimmten Podcast behinderten feindliche Witze

gemacht haben, die von sich aus sagen, man wird ja wohl noch sagen und

lachen dürfen und so.

01:00:52.000

Marc Uwe Kling: Aber ich finde, du hast das entscheidende Wort schon

genannt, das ist feindlich. Und das ist mein Buch ja überhaupt nicht. Also

die Hauptfigur hat einen Migrationshintergrund, aber ich stehe dem ja

nicht feindlich gegenüber, sondern es war einfach auf die Geschichte, wieich sie erzählen wollte, die weitaus interessantere Perspektive als die eines

weißen Mannes.

01:01:13.000

Raúl Krauthausen: Mhm.

01: 01:14.000

Marc Uwe Kling: So.

01: 01:15.000

Raúl Krauthausen: Ist denn das Thema Inklusion bei dir in deinen Sketchen

hin und wieder mal Thema oder kennst du witzige, bekannte oder nicht

bekannte Leute, die man kennen sollte, mit Behinderung?

01: 01:27.000

Marc Uwe Kling: Außer dich?

01: 01:29.000

Raúl Krauthausen: Ich weiß nicht, ob ich witzig bin.

01: 01:30.000

Marc Uwe Kling: Ja, doch, du bist schon witzig teilweise. Ich weiß, es ist

nicht dein originärer Job, aber unser Gespräch hat mir viel Spaß gemacht.

01: 01:38.000

Raúl Krauthausen: Das freut mich sehr.

01: 01:40.000

Marc Uwe Kling: Also ich versuche das mitzudenken. Ich habe natürlich

noch nie was gemacht, was quasi das zum Hauptthema hatte, weil ich

glaube, das ist auch nicht meine Area of Expertise. Also wenn ich das mal

machen würde, also ich glaube, mir würde jetzt ein Plot einfallen, so wie

jetzt für Views, wo es um Inklusion geht. Dann würde ich mich da ran

trauen und würde dann wahrscheinlich zum Beispiel auf dich zukommen

und sagen, guck mal, ich habe das geschrieben, kannst du das mal bitte

lesen und mir sagen, was davon Bullshit ist?

01:02:15.000

Raúl Krauthausen: Würde ich auf jeden Fall machen.

01:02:17.000

Marc Uwe Kling: Also das wäre auf jeden Fall der Anspruch, wenn das

das Hauptthema ist. Aber ansonsten bin ich so ein bisschen, ich versuche

nicht zu monothematisch zu werden. Ich habe es zum Beispiel, aber das

Klima beschäftigt mich massiv. Ich habe es zum Beispiel über den, alsowenn die täglichen Comics noch in der Zeit hatten, ich auch irgendwann

zu Bern gesagt, boah, Bern, wir können nicht schon wieder einen Comic

zur Klimakrise machen.

01:02:41.000

Raúl Krauthausen: Ja, das verstehe ich. Aber vor allem täglich, ne? Thema

Comedy und Behinderung. Frage ich mich die ganze Zeit, ich glaube, das

können wir wirklich von anderen Comedians lernen, von Aurel, von

Caroline Kibikus, von Maren Kräumann, dass der Humor eigentlich darin

liegt, dass man die Unbeholfenheit der anderen, der Mehrheitsgesellschaft

zum Thema macht.

01:03:07.000

Marc Uwe Kling: Auf jeden Fall.

01:03:10.000

Raúl Krauthausen: Oder nach oben treten.

01:03:11.000

Marc Uwe Kling: Also, das ist ein richtig guter Punkt. Also es geht immer

um die Tendenz des Witzes. Und es gibt so ein sehr interessantes Comedy-

Programm von Hannah Gatsby, wo sie quasi auch sagt, sie hört auf mit

Comedy, weil sie festgestellt hat, dass sie zwar erfolgreich damit wurde,

aber indem sie ihre Community lustig, sich über ihre eigene Community

lustig gemacht hat. Sie hat quasi, und das will sie nicht mehr machen und

sie weiß nicht, ob das funktioniert, wenn sie das nicht mehr macht. Aber

ich finde, sie hat jetzt auch den Beweis erbracht, dass das funktioniert,

wenn sie das nicht mehr macht. Und genau in die Richtung, wie du gerade

gesagt hast, also über dieses, da ist Humor drin.

01:03:56.000

Raúl Krauthausen: Da ist so viel Potenzial.

01:03:57.000

Marc Uwe Kling: Da ist Humor drin, ohne zu diskriminieren, ohne sich

selber klein zu machen. Da ist Humor drin, wenn man die Reaktion

thematisiert. Das ist zum Beispiel bei, zum ersten Kapitel von „Fuse“. Das

ist ja noch sehr lustig, weil es ist ein Date zwischen dieser Kommissarin

und einer Kartoffel. Und da finde ich sehr viel Humor drin in seiner

Unsicherheit, wie er mit ihrem Migrationshintergrund umgeht.

01:04:36.000

Raúl Krauthausen: Als Autorität gleichzeitig.01:04:40.000

Marc Uwe Kling: Ja, aber da ist halt quasi, da habe ich versucht, also der

Humor entsteht nicht darüber, dass über sie sich lustig gemacht wird,

sondern eher über seine Unsicherheit.

01:04:50.000

Raúl Krauthausen: Genau.

01:04:51.000

Marc Uwe Kling: Über dieses diffuse, wo die Gesellschaft nicht weiß, wie

sie damit umgehen soll.

01:04:55.000

Raúl Krauthausen: Bei Christian Eumen hat mir mal gesagt, und da hatte er,

finde ich, einen Punkt, es gibt keinen Witz, der nicht auf Kosten eines

anderen Menschen geht.

01:05:03.000

Marc Uwe Kling: Das weiß ich nicht, ob das stimmt. Es gibt sicher viele,

die auf Kosten eines anderen Menschen gehen. Im Idealfall gehen sie

halt…

01: 05:10.000

Raúl Krauthausen: Oder Charakter, kann auch ein Igel sein, aber so…

01: 05:14.000

Marc Uwe Kling: Ja. Du, oft sind die schönsten, also bei mir in meiner

Perspektive ist es natürlich, wenn ich oft die schönsten, wird sie dir auf

meine Kosten gehen?

01: 05:24.000

Raúl Krauthausen: Genau.

01: 05:26.000

Marc Uwe Kling: So, genau. Das stimmt. Da muss ich länger drüber

nachdenken, ob das stimmt.

01: 05:30.000

Raúl Krauthausen: Also ich denke auch, die ganze Zeit, seitdem er mir das

gesagt hat, darüber nach, wollte ich mir den Gegenteilbeweis erbringen.

Gehen zwei Zahnstocher durch den Wald, kommt ein Igel vorbei, sagt der

eine Zahnstocher zum anderen, ich wusste nicht, dass hier Busse fahren.

Aber trotzdem könnten es auch Menschen sein. Das ist zwar nicht mehr

witzig, aber…01:05:50.000

Marc Uwe Kling: Ich glaube, das stimmt nicht. Also, ja, natürlich, wir

beschäftigen uns schon sehr viel miteinander, aber es gibt auch

Situationskomik, wo der Humor aus der Situation entsteht, und nicht

darüber, dass sich über irgendjemand lustig gemacht wird.

01:06:08.000

Raúl Krauthausen: Vielleicht für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer was zum

Nachdenken.

01:06:11.000

Marc Uwe Kling: Ja.

01:06:16.000

Raúl Krauthausen: Ja, ich, also die Aufzug Fahrt ist schneller vorbei, als ich

wollte und dachte, es gibt eine Frage, die ich allen, meinen Gästen stelle,

weil ich glaube, da können wir auch alle nachhaltig von profitieren. Gibt

es irgendeine Organisation, die jetzt nicht deine eigene ist, wenn du eine

hast, die du weiterempfehlen kannst, die man sich anschauen oder

unterstützen könnte?

01:06:37.000

Marc Uwe Kling: Super viele. Also, ich habe meinen Webshop so

organisiert, dass alles, wenn die Leute sich die Mühe machen, nicht bei

„The Shop“ zu bestellen. Und dann, dafür spende ich das Geld, und da

habe ich ganz viele Organisationen, wo das Geld hinfließt. Und da geht es

viel um Klima natürlich, aber auch Lobby-Control finde ich extrem

wichtig. Oder Hate-Aid, also oder Digital-Courage. Also, es gibt einfach

sehr viele gute zivilgesellschaftliche Organisationen. Wen interessiert,

welchen ich gut finde, kann man da gucken, wo die Spenden hingehen.

01:07:20.000

Raúl Krauthausen: Würden wir auf jeden Fall auch in den Show Notes

verlinken. Was hältst du davon, dass wir auch vielleicht die, die wir uns

gegenseitig in unsere Podcast einladen, auch irgendwie uns zusammentun,

um diese progressive Meinung, also ich lade mir jetzt nicht mehr eins ein.

Es gibt ja so eine Basis, auf der wir uns gegenseitig in unsere Podcast

einladen oder luden. Und dass wir uns vielleicht auch da viel mehr

vernetzen müssen.

01:07:50.000

Marc Uwe Kling: Auf jeden Fall müssen wir.01:07:51.000

Raúl Krauthausen: Und das nicht über eine Agentur unbedingt laufen sollte,

wenn es ein E-Mail-Verteiler ist.

01:07:57.000

Marc Uwe Kling: Ja, genau. Das finde ich gut.

01:07:59.000

Raúl Krauthausen: Machen wir das?

01:08:00.000

Marc Uwe Kling: Ja, klar.

01:08:01.000

Raúl Krauthausen: Sehr gut. Lieber Marc Uwe Kling, super schön, dass du

da warst.

01: 08:05.000

Marc Uwe Kling: Sehr gerne, danke für die Einladung.

01: 08:06.000

Raúl Krauthausen: Hab mich sehr gefreut.

01: 08:06.000

Marc Uwe Kling: Mich auch.

01: 08:07.000

Raúl Krauthausen: Wenn die Aufzugtür hier jetzt aufgeht, wo geht es für dich

weiter?

01: 08:09.000

Marc Uwe Kling: Ich fahre nach Hause. Schreiben. Heute habe ich noch

nichts geschrieben. Muss noch mal bei meinem Buch arbeiten.

01: 08:13.000

Raúl Krauthausen: Musst du jeden Tag schreiben?

01: 08:15.000

Marc Uwe Kling: Ich will. Es ist wie so eine Sucht.

01: 08:18.000

Raúl Krauthausen: Okay, das fand ich gut.

01: 08:19.000

Marc Uwe Kling: Ich bin wirklich nicht happy, wenn ich nicht geschrieben

habe.01: 08:21.000

Raúl Krauthausen: Wie viel schaffst du am Tag?

01:08:24.000

Marc Uwe Kling: 1000 Wörter.

01: 08:26.000

Raúl Krauthausen: Wörter? Dachte Seiten, oh Gott. Okay, wow. Das sind

fünf Tweets. Nee, das sind Zeichen, stimmt.

01: 08:36.000

Marc Uwe Kling: Ja, das ist deutlich mehr als fünf Tweets.

01: 08:39.000

Raúl Krauthausen: Okay, aber das ist ja gut materiell. Dann wünsche ich dir

frohes Schreiben.

01: 08:43.000

Marc Uwe Kling: Alles klar, danke dir.

01: 08:44.000

Raúl Krauthausen: Danke, dass du da warst.

01: 08:46.000

Marc Uwe Kling: Gerne. Ciao.

01: 08:50.000

Raúl Krauthausen: Danke fürs Mitfahren. Wenn ihr mögt und euch diese

Folge Spaß gemacht hat, bewerte diese Folge bei Apple Podcasts, Spotify

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die mich bei diesem Podcast unterstützen, findet ihr in den Show Notes.

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mich 2 mal im Jahr persönlich zu treffen. Im Aufzug ist eine Produktion

von Schönlein Media. Ich freue mich auf das nächste Mal hier im Aufzug.

Diese Folge von „Im Aufzug wurde dir präsentiert“ von Schindler.

Normale Aufzüge, in beispielsweise Wohngebäuden, sind mit

Geschwindigkeiten von 1 bis 1,5 Metern pro Sekunde unterwegs. Wenn

diese Aufzugfahrt knapp eine Stunde gedauert hat, dann bist du jetzt

mindestens fünfeinhalb Kilometer über dem Boden. Die schnellsten

Aufzüge der Welt fahren übrigens sogar mehr als 20 Meter pro Sekunde.

Ab diesen 70 km/h wird es dann aber langsam auch physisch unangenehm

für die Fahrgäste. Willst du noch mehr über Aufzüge erfahren, dann steigbei uns ein. Unter schindler.de/karriere findest du viele Möglichkeiten, um

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Diese Folge wurde dir präsentiert von Schindler Aufzüge. Willst du noch mehr über Aufzüge erfahren und vielleicht mit uns ganz nach oben fahren, dann steig gern ein. Unter schindler.de/karriere findest du viele Möglichkeiten für Einsteiger und Senkrechtstarter.

Dieser Podcast ist nur möglich durch die Unterstützung meiner Steady-Mitglieder.

Das Bild zeigt Marc-Uwe Kling, der vor einem Backstein-Hintergrund steht. Er trägt eine dunkle Mütze und einen bordeauxfarbenen Pullover mit einem hellen Reißverschluss und hat die Arme verschränkt. Er schaut leicht nach links und hat einen nachdenklichen Gesichtsausdruck. Auf dem Bild steht der Text: „Wenn die Welt schöner wäre, würde ich nur Kinderbücher schreiben.“ Marc-Uwe Kling – Folge 63 Finanziert durch Steady Mitglieder

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Dieser Podcast ist eine Produktion von Schønlein Media.
Produktion: Fabian Gieske , Anna Germek
Schnitt und Post-Produktion: Jonatan Hamann

Coverart: Amadeus Fronk

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