Wie hilft man Menschen aus der Armut heraus?
Deutschland im Jahr 2022. Die Tafeln des Landes werden überrannt – Preissteigerung, Inflation und hohe Energiekosten zwingt Menschen dazu, zu sparen.
Eine Frau, die mit ihrem Engagement gegen Armut arbeitet ist Sabine Werth. Sie ist die Gründerin der Berliner Tafel, und damit die Mitbegründerin aller Tafeln in Deutschland.
Sabine ist Urberlinerin – ich wollte von ihr wissen, inwiefern sie Berlin geprägt hat, wie es zur Gründung der Tafel kam und wie man Menschen aus der Armut heraus helfen kann.
Aufzugtür auf für Sabine Werth!
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Meine heutige Gästin kenne ich schon viele, viele Jahre. Sie ist die Gründerin der Berliner Tafel und heißt Sabine Werth. Sie ist Berlinerin, und zwar so eine richtige Berlinerin, ein sogenanntes Berliner Urgestein, von dem es heutzutage ja immer weniger zu geben scheint.
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Ich spreche mit ihr über soziales Engagement und ob sie schon immer eine soziale Ader hatte. Mit ihr habe ich einen Schlüssel, was Berlinerinnen und Berliner eigentlich so besonders machen. Und woher sie die Energie nimmt, neben der Tafel auch noch einen eigenen Familien- Pflegedienst zu schmeißen. Und dann hat sie mir noch erzählt, wie sie in Schöneberg bereits in den 60er und 70er Jahren ihre Frau mit Fäusten gestanden hat. Was sie damit meint, erfahren wir jetzt.
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Tür auf für Sabine Werth.
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Herzlich willkommen, Sabine Werth.
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Die Aufzugstür geht auf und wer kommt rein? Sabine Werth. Was für eine Ehre! Hallo, Raul. Das ist ja lustig, dich hier zu treffen. Schön. Wo steigen wir ein? Und wo musst du gleich wieder aussteigen? Wir steigen jetzt gerade mal auf der Etage eins ein. Ich komme gerade von einem Rundfunkinterview hier im Haus. Ich wusste gar nicht, dass die hier ein Studio haben, aber es war ganz nett. Und ja, ich fahr einfach mal Och Mensch, wenn ich dich schon treffe, ich fahr einfach mal mit dir mit, egal wohin. Ja, ganz nach oben.
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Unbedingt. Wir kennen uns ja schon eine ganze Weile und ich bin unglaublich angetan von den Gesprächen, die wir regelmäßig führen. Dazu kommen wir auch gleich. Gibt es für dich ein Erlebnis, dass du mal in einem Aufzug hattest, das du nicht vergessen würdest?
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Boah Ich muss ganz ehrlich sagen Ich fahre relativ selten Aufzug. Wenn du mich das jetzt noch mal in einem Jahr fragst, dann würde ich sagen Ja, Raul, dass ich dich vor einem Jahr getroffen habe, das war toll. Ich weiß jetzt gar nicht ganz genau, aber was ich auf jeden Fall total erinnere sind Paternoster Fahrten. Die finde ich viel schöner als Aufzüge. Ich liebe Paternoster und von daher gehe ich wahnsinnig gerne zum RBB ins Haus des Rundfunks, weil da haben sie noch einen schönen alten Paternoster, den Paternoster im Rosenthal Haus, den haben sie ja leider stillgelegt, von daher läuft er da nicht mehr.
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Aber das finde ich richtig klasse. Und da so alleine drin zu stehen finde ich auch ganz nett. Aber so ein Paternoster, wenn man oben ankommt, steht man dann auf dem Kopf, wenn man wieder auf der anderen Seite ist. Oder? das ist, das ist die mehr, die immer rumgeht, dass du dich automatisch umdrehst stimmt aber nicht. Die Dinger laufen ganz normal weiter und dann fährst du halt runter. Aber man darf da nicht rein, wenn der oben ist. Also ich glaube, in die letzte Etage darfst du nur noch zum Runterfahren. Aber du kannst natürlich drin stehen bleiben, aber na ja, also ich muss sagen, ich habe es mir aber auch nur erzählen lassen, dass die Dinger sich nicht auf den Kopf stellen.
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Ich habe es noch gar selber ausprobiert. Bin da doch eine Schisserin Ich wollte gerade sagen, ich glaube, das muss man, wahrscheinlich muss man es immer sagen, damit es niemand gewesen ist, genau. Du hast 1993, wenn ich das richtig erinnere, die Berliner Tafel gegründet. Genau. Wie ist es eigentlich dazu gekommen? Ich war damals Mitglied eines Frauen Vereins und wir hatten einen Vortrag der damaligen Senatorin Ingrid Stahmer gehört zum Thema Obdachlosigkeit in Berlin.
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Dann haben wir überlegt Was können wir da machen? Dieser Frauenverein hatte immer so Ideen, irgendwelche guten Taten zu vollbringen und möglichst laut drüber zu reden. Und dann kam ein anderes Mitglied aus dem Verein mit einem Artikel über City Harvest New York. Und da hieß es, dass die Ehrenamtlichen in New York abends nach Empfängen die Lebensmittel einsammeln und die dann an Obdachlose verteilen. Und da haben wir überlegt Ja, bei solchen Gelegenheiten sind wir auch öfter mal, das können wir ja auch mal machen. Dann hatten wir in der Gruppe auch noch eine Frau, die hatte mit ihrem Mann zusammen sechs Bäcker Läden, blöderweise in Britz.
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Aber nun gut, damit hatten wir aber Bäckereien. Ein anderes Mitglied hatte mit ihrem Mann noch eine Bäckerei am Hohenzollern Damm, dann jemand anderes, kannte wiederum Händlerinnen und Händler auf dem Fruchthof. Und so hatten wir die ersten Kontakte und konnten die ersten Lebensmittel einsammeln und hatten dann überlegt, wie wir das Ganze nennen. Und dann war völlig klar Berliner wegen der Identifikation mit der Stadt, das ist ganz wichtig. Und dann hatten wir überlegt, erst kamer wir natürlich auf Tischlein deck dich.
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Erst mal unabhängig von Berlinern, erst mal auf Tischlein deck dich. Und das war aber die Zeit, als die Obdachlosen in den Großstädten gerade von der Polizei mit Knüppel Gewalt an den Stadtrand verfrachtet wurden. Und mir fiel dann ein, dass in dem Märchen Tischlein deck dich die Stelle Knüppel aus dem Sack vorkommt. Und da habe ich gedacht Also diese Parallele ist richtig scheiße, das will ich auf keinen Fall, dass wir eine Assoziation zu der augenblicklichen Verfrachtungssituation von Obdachlosen dann auch noch per Märchen herstellen.
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Und dann kamen wir halt auf Tafel, weil wir gesagt haben, wir wollen denen eine Tafel decken, die es sich sonst nicht leisten können. Und so kam Berliner Tafel raus. Tafel klingt auch unglaublich würdevoll. So hatten wir gehofft. Genau. Also es ist eben keine Spenden Ausgabe oder so, das ist eine Tafel. Genau und auch keine Suppenküche. Zwei Jahre später habt ihr dann sogar den Bundesverband der Tafeln in Deutschland gegründet, der ja heutzutage immer noch existiert. Die Tafeln e.V. nennen die sich.
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Tafel Deutschland heißt es heute. Ich habe das damals initiiert, weil ich gesagt habe, wir sind im Augenblick noch relativ wenig Tafeln, aber mit zunehmender Tendenz, was die, was die Anzahl anbelangt, und da haben wir die 35 existierenden Tafeln nach Berlin eingeladen und haben den Bundesverband gegründet. Der hieß ursprünglich Deutsche Tafelrunde, hatte sich dann noch mal umbenannt. Und jetzt zum Schluss in Tafel Deutschland. Und ich denke, bei Tafel Deutschland wird es auch bleiben. Davor hattest du und hast du immer noch einen Familien Pflegedienst.
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Ja. Das finde ich unfassbar beeindruckend und managed die ja auch noch. Ich finde unfassbar beeindruckend wie wie du, also ich habe ja schon Probleme eine Organisation zu managen, wie du es einfach mal en passant zwei managed und dann auch noch mit so nachhaltigen, wichtigen Themen. Ich habe einfach immer in allen Bereichen unheimlich gute Unterstützung. In meinem Familie Pflege Betrieb habe ich einfach gute Koordinatorinnen. Meine aktuelle Koordinatorin ist allerdings gerade in der Elternzeit.
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Das heißt, ich leite jetzt seit Oktober mein Laden wirklich wieder alleine und das merke ich schon. Aber da ist eben wirklich der Vorteil, dass es bei der Tafel inzwischen unheimlich gut läuft. Wir haben ein wahnsinnig tolles Team. Wir haben inzwischen 35 Festangestellte bei der Berliner Tafel und eine davon ist unsere Geschäftsführerin, die wirklich richtig klasse ist. Und wir arbeiten auch sehr gut zusammen. Das ist auch wichtig für so was. Und auf die Art und Weise habe ich, wenn meine Koordinatorin bei der Familien Pflege da ist, den Rücken frei für die Berliner Tafel.
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Und jetzt, wo ich mich um die Familien Pflege kümmern muss, habe ich den Rücken aber frei bei der Berliner Tafel. Also insofern alles gut und ich krieg’s auch auf meine alten Tage noch ganz gut hin. Du bist Berlinerin, durch und durch. Durch und durch. Du bist in Schöneberg Ende der 50er und 60er Jahre aufgewachsen, in der Sichtweite zum Straßenstrich. Ja. In wie weit hat dich Berlin geprägt? Berlin hat mich hundert Prozentig sehr geprägt, ganz bestimmt meine Art, weil ich habe genau die Kodderschnauze, die uns Berlinerinnen und Berlinern immer nachgesagt wird.
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Ich lass mir nichts gefallen. Da ist auch so ein typisches Berlin gehen drin. Und ja, was mich sicher auch geprägt hat, war halt die Gegend, in der ich aufgewachsen bin. Ich bin ja nicht einfach nur in Schöneberg aufgewachsen, sondern ich bin Potse Ecke Bülowbogen aufgewachsen, also Potsdamer Straße 139, wo heute die BEGINA drin ist. Was mich auch richtig glücklich macht in dem Haus, was irgendwann von Frauen besetzt wurde und ich aufgewachsen bin. Da sind jetzt lauter Frauenprojekte drin.
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Das finde ich natürlich total klasse. Und die Gegend war insgesamt schon immer eine ziemlich brutale Ecke. Also ich habe von vornherein gelernt, mich mit meinen eigenen Fäusten zu verteidigen. Der Vorteil in der Zeit der 60er Jahre war aber, dass niemand von uns Waffen in der Hand hatte oder in der Tasche hatte und wir wirklich uns schlicht und ergreifend auf unsere Fäuste verlassen mussten. Das hat mich unheimlich geprägt und hat mir auch, denke ich mal gar nicht so übel mitgespielt.
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Also insofern bin ich sehr glücklich und ich wohne auch wieder in Schöneberg und auch gar nicht so weit weg von Potse Ecke Bülowbogen gebogen. Also von daher hat es mich ganz bestimmt geprägt, sonst wäre ich da nicht immer noch oder schon wieder. Kommt da auch deine soziale Ader her, dass du, sagen wir mal in diesem Berlin teil gelebt hast? Jein. Also ich kann das gar nicht so richtig beurteilen. Ich glaube, ich war schon immer auf Gerechtigkeit aus, aber jetzt nicht übersteigert. Also ich habe mich nicht für Gerechtigkeit nur pausenlos ins Zeug geworfen, aber wenn ich halt der Meinung war, es wäre was anders besser für jemanden, dann habe ich auch versucht, das irgendwie durchzusetzen.
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Ich glaube, mein ganzes Leben hat mich einfach zum Sozialen hin, hin geprägt. Auch meine Beziehungen, die ich dann hatte, nachdem ich von zu Hause ausgezogen waren. Ich denke, dass das Leben insgesamt mir einfach auf so wundervolle Art und Weise mitgespielt hat, dass ich ganz viel lernen durfte und dass ich dadurch die geworden bin, die ich geworden bin. Und ich glaube, das ist ganz in Ordnung geworden. Absolut. Das kann ich bestätigen. Hast du jemals in einer anderen Stadt gewohnt?
Nee. Ich bin nie aus Berlin weg.
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Ich wollte auch nie aus Berlin weg. Und ich denke da immer mal zwischendurch drüber nach. Habe ich damit was versäumt? Ja, wenn ich mir die junge Generation von heute angucke, also nicht, die gerade vor zwei Jahren das Abi gemacht haben, die sind ja wirklich in Hintern gekniffen durch Corona, weil die haben ja nun gar keine Chancen gehabt, aber die davor, das finde ich schon klasse, wo die überall studiert haben. Wir sehen es ja bei der Berliner Tafel, wenn wir Bewerbungen kriegen, was da drinsteht, wo die studiert haben, wo die Praktika gemacht haben, welche Sprachen diese jungen Menschen alle sprechen.
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Also das finde ich schon wirklich richtig klasse. Letztens kam eine Bewerbung, da dachte ich Ach, nur drei Fremdsprachen, das ist ja auch mickrig heutzutage. Und dann habe ich umgeblättert und auf Seite zwei standen dann noch drei.
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Das ist aber auch wiederum selten. Das ist wirklich. Aber wir haben unheimlich oft Bewerbungen, wo wirklich die Menschen vier, fünf Sprachen sprechen, ist es Wahnsinn. Was würdest du sagen? Ich meine, du bist Urberlinerin. Das ist wirklich super selten, dass man überhaupt so jemanden noch trifft, der oder die einfach nur in Berlin geboren ist, alleine schon ist ja schon selten. Aber was würdest du sagen ist Berlin spezifisch einzigartig? Also zu dem, was du da vorgesagt hast Inzwischen ist es gar nicht mehr so selten.
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Also spätestens seit Wiedervereinigung gibt es sehr viel mehr Berlinerinnen und Berliner. Und vor allem seit der Wiedervereinigung ist die Situation für junge Männer eine andere als vorher. Zu Westberliner Zeiten kam halt wahnsinnig viele junge Männer zum Studieren nach Berlin, weil sie damit nicht zum zum Bund mussten. Und da war ich, in der Zeit war ich die meiste Zeit selbst in einer ziemlich großen Gruppe, immer die einzige gebürtige Berlinerin, weil alle anderen waren zugereist.
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Heute ist es durchaus häufiger der Fall. Und jetzt habe ich deine Frage vergessen vor lauter. Was Berlin spezifisch einzigartig ist. Berlin spezifisch, also ich denke, unsere große Schnauze ist ganz bestimmt was besonderes. Dann denke ich auch, dass wir bei weitem nicht so viel Schiss vor neuen Situationen haben wie andere. Das meine ich jetzt wirklich in jeder Hinsicht, sowohl politisch als auch in jeder anderen Hinsicht.
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Und ich glaube, das ist schon was ganz Besonderes. Also wir sind ganz sicher, bei all unserer Meckerei haben wir trotzdem sehr soziales Herz und mögen auch anderen helfen und mögen auch generell Ungerechtigkeit nicht. Und die ist da einfach massivst. Als ihr die Berliner Tafel gegründet habt, dachtet ihr, das ist eine vorübergehende Sache. Ich vermute mal, die anderen Mädels im Verein haben das so gesehen, weil ich habe nach relativ kurzer Zeit festgestellt, ich war ständig am Sammeln und Verteilen von Lebensmitteln und am Neue Kontakte schaffen und organisieren.
01:13:40:28 – 01:14:12:20
Und die Mädels kamen im Wesentlichen immer dann, wenn die Presse kam. Und das fand ich jetzt nicht so wahnsinnig toll und habe dann die Berliner Tafel einfach aus der Initiativgruppe herausgelöst. Ich denke, dass wenn ich da nicht die treibende Kraft gewesen wäre, wäre das nicht endlos gegangen. Also wir hatten auch noch ein paar andere aktive Frauen. Es sind ein paar auch bis heute Mitglied bei der Berliner Tafel, aber ich glaube trotzdem nicht, dass die das so weitergemacht hätten.
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Bzw es wäre ganz bestimmt weiter ein Unterstützungs Projekt für Obdachlose gewesen. Aber ich habe ganz schnell auch bei anderen sozialen Einrichtungen gesagt ja, wir nehmen euch mit in die Liste auf und wir unterstützen euch auch mit Lebensmitteln, weil ich gleich das Gefühl hatte, dass das über die obdachlosen Szene hinausgeht. Und von daher glaube ich, dass es mit der Initiativgruppe bestimmt nicht allzu lange noch weitergegangen wäre. Und dachtest du, oder wusstest du vielleicht sogar, dass diese Thematik Menschen können sich Essen nicht mehr leisten wird größer als kleiner? Ich habe mir die Dimension, in der wir jetzt leben, so nicht vorstellen können.
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Ganz bestimmt nicht, weil ich gehöre zu der Generation Wirtschaftswunder. Ich bin 57, geboren und in meiner Kindheit und Jugend, auch wenn meine Mutter Alleinerziehende war und immer unheimlich viel gearbeitet hat, um uns durchzubringen. Also ich weiß wirklich was, was es heißt, wenig Geld im Monat zur Verfügung zu haben. Und trotzdem war gab es eben auch trotzdem Augenblicke, wo wir verreist sind oder wo meine Mutter uns auch mal was schönes gegönnt hat oder wo wir essen gegangen sind.
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Das ist bei der Armuts struktur die wir um uns rum haben, für unendlich viele Menschen überhaupt nicht vorstellbar. Und deshalb ich glaube nicht, dass ich mir das in jungen Jahren hätte träumen lassen, dass es mal so schlimm werden könnte. Und ich denke, wir haben unser unsere sogenannte Hängematte einfach von allen Seiten her extrem überstrapaziert und haben nicht dran gedacht, dass es auch noch eine Zukunft gibt und dass sich die Dinge vielleicht auch verändern könnten. Insofern haben wir ein politisches und gesellschaftliches Problem, was wir meiner Meinung nach nur alle gemeinsam lösen können, weil es nur der Politik über zu helfen ist zu billig.
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Die schaffen es ja offensichtlich nicht. Es beweisen sie uns ja nun tagtäglich und immer wieder. Als wir uns kennengelernt haben vor zehn Jahren, war das ungefähr, da hast du mir erzählt und das hat mich sehr beeindruckt, dass ihr zumindest war das damals so, ich weiß nicht, ob es noch so ist, dass ihr keine 1 € Jobber beschäftigen wollt, weil du nicht in die Abhängigkeit geraten möchtest, dass ihr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze schafft, die vom Staat subventioniert werden,
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weil ihr mit der Tafel den Staat ja kritisiert, nämlich dass sie wachsen müssen, die Tafeln wachsen immer, werden immer größer und das heißt, Armut nimmt zu. Und gleichzeitig dann aber ihr Geld vom Staat zu kriegen für die Beschäftigung der Fahrerinnen zum Beispiel wäre dann letztendlich die Bestätigung dessen. Kannst das in deinen Worten besser formulieren. Also die, die 1 € Jobber, die haben wir nicht genommen, weil ich es arbeitsmarktpolitisch für eine total falsche Maßnahme halte.
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Es bringt uns nicht weg von der Langzeitarbeitslosigkeit bei den Leuten und das war der Grund, warum wir das nicht gemacht haben. Wir nehmen keine staatlichen Gelder in Anspruch, sogar ganz allgemein. Also wir beantragen auch nicht Projekt Gelder oder sonst was, weil wir 350 soziale Einrichtungen inzwischen unterstützen, manche bis zu sieben Tage in der Woche. Und wenn wir staatliche Gelder bekämen, würde es ganz bestimmt bei den sozialen Einrichtungen abgezogen werden und das wäre extrem kontraproduktiv.
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Dann hätten zwar wir Geld, um besser wirtschaften zu können, aber die sozialen Einrichtungen wären in noch größerer finanzieller Not, weil sie noch weniger hätten. Und das wegen uns. Und das würde ich auf keinen Fall wollen. Und deshalb haben wir gesagt, wir nehmen keine staatlichen Gelder in Anspruch. Die Sache mit den 1 € Jobbern, die haben wir ein klein wenig umschifft, weil wir mit dem Beschäftigungs Träger Goldnetz zusammenarbeiten und die uns diese Menschen zur Verfügung stellen.
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Das ist so ein kleines bisschen um die Ecke gedacht, so nach dem Motto, wir sind nicht schuld, wir machen es nicht, das machen die anderen, aber wir versuchen halt. Deshalb haben wir auch Goldnetz ausgewählt. Goldnetz hat uns über Jahre bewiesen, dass sie wirklich bemüht sind, die Leute auf dem ersten Arbeitsmarkt unterzubringen und nicht einfach nur per Beschäftigungsmaßnahmen sie irgendwie in Arbeit zu halten und dann aber wieder in Wind zu schießen. Und deshalb haben wir uns für Goldnetz entschieden und da machen wir einfach gute Erfahrung und sind aber nach wie vor ganz klar bei der Linie Wir nehmen keine staatlichen Gelder in Anspruch.
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Wenn jetzt jemand, keine Ahnung, beim Sozialamt Hartz IV beantragt, dann hören diese Menschen immer häufiger den Satz Wenn sie sich Essen nicht leisten können, dann gehen Sie doch zur Tafel. An der Stelle spätestens outsourced ja der Staat das Problem an die Tafeln. Und das ist der Augenblick, wo ich richtig wütend werde und wo ich mir dann auch immer ganz genau sagen lasse, bei welchem Jobcenter war das oder bei welchem Amt war das, möglichst auch noch mit Namensnennung und wir gehen massiv dagegen vor. Also wir machen Meldung dann bei den Ämtern, teilen ihnen mal wieder mit, es gibt keinen Anspruch auf Lebensmittel bei der Tafel.
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Die Leute haben die Möglichkeit, sich unterstützend Lebensmittel zu holen. Aber wir sind nicht die Ausputzer, des Senats oder der Bezirke oder der Jobcentern. Also von daher bin ich immer sehr froh, wenn ich solche Sachen höre, weil das darf nicht passieren. Ich weiß auch, dass es Bezirksämter gibt, die geben den Leuten Zettel in die Hand und sagen hier, wir brauchen paar Wochen mit der Bearbeitung. Und derweil gehen sie mal zur Ausgabestelle und da kriegen Sie Lebensmittel. Das geht einfach nicht. So läuft es nicht. Die müssen den Leuten Übergangsgeld zahlen, damit die sich Lebensmittel kaufen können.
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Es ist schlimm genug, die Preise im Augenblick in den Läden anzugucken. Aber das kann nicht auch noch sein, dass wir als Feigenblatt benutzt werden. Wie hat sich denn Armut als solche in Berlin verändert, außer dass es mehr wurden? Ich habe das Gefühl, manche Menschen haben sich in ihrer Armut Situation eingerichtet und sagen halt auch dann in der Konsequenz Ja, gehe ich halt zur Tafel oder gehe ich halt zu einer Ausgabestelle. Das ist auf der einen Seite dann wiederum gut, dass es uns gibt.
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Auf der anderen Seite ist es aber auch so, wir dürfen auch für Arme nicht der einzige Ausweg sein. Also das ist ein ganz wesentlicher Punkt, wo wir immer wieder versuchen, auch gerade in den Ausgabestellen, wir haben unsere, unsere Ausgabestellen haben ja den Titel Leib und Seele. Leib mit ai geschrieben, der Laib Brot, den wir miteinander teilen. Aber wir wollen halt auch auf die Seele der Leute gucken. Wir wollen halt auch darauf achten Wie geht es denen?
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Gibt es irgendwelche Hilfsmöglichkeiten, von denen Sie einfach noch nichts wissen, die unsere Ehrenamtlichen Ihnen aber anbieten können. Und sehen wir vor allem die Menschen. Und ich denke, das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Ich glaube, dass sich viele inzwischen auf der Strecke gelassen fühlen
und auch nicht das Gefühl haben, dass sich jemand wirklich konsequent um sie kümmert und um ihre Belange kümmert. Und das ist schade. Also ich habe das Gefühl und da ist Corona ganz bestimmt auch noch mit ausschlaggebend, wir sind gesellschaftlich ziemlich weit voneinander entfernt.
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Also da müsste ne ganze Menge mehr passieren, dass wir einander wieder stärker sehen und uns auch gegenseitig unter die Arme greifen. Denn Armut hat in den seltensten Fällen den Hintergrund, dass die Leute selber schuld sind. Aber es wird halt ganz oft dazu gemacht. So nach dem Motto Na ja, krieg den Arsch hoch und geht mal arbeiten.
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So niedrig wie die Arbeitslosenzahlen sind, musst du doch wohl einen Job finden. Aber ist halt so eine Sache. Das heißt, Armut ist nicht nur ein monetäres Problem. Armut ist meiner Meinung nach schon seit vielen Jahren gar nicht nur ein monetäres Problem. Sicher vorrangig das erste was die Menschen spüren ist kein Geld in der Tasche. Aber es ist auch ein, wir haben so viel seelische Armut inzwischen, so viel Armut im Miteinander, im Füreinander. Und ich finde, das müsste doch eigentlich möglich sein, dass wir da selber den Arsch hochkriegen und was tun und nicht immer nur die anderen dazu anhalten, dass sie doch arbeiten gehen sollen.
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Klar, ich suche bei der Familienpflege auch ständig Mitarbeiterinnen und im Augenblick scheint der Markt so leergefegt wie noch nie zuvor. Also ich habe ganz große Schwierigkeiten neue Mitarbeiterinnen zu kriegen, obwohl es sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse sind mit 30 Tagen Urlaub im Jahr. Meine Güte, was will der Mensch denn mehr? Irgendwann können wir ja auch mal wieder wegfahren.
Also ich glaube, wir müssen wirklich so vom Gefühl her stärker zusammen rutschen und uns wirklich auch mal wieder unseres Gegenübers annehmen.
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Das Idealziel der Berliner Tafeln oder der Tafeln allgemein ist ja wahrscheinlich, an der eigenen Arbeitslosigkeit zu arbeiten. Ja, das habe ich, habe ich früher immer so gesagt, dass das Schönste, was ich mir vorstelle, ist, dass es die Tafel nicht mehr braucht. Wenn ich mir die Gesellschaft und die politische Situation angucke, dann habe ich das Gefühl, das ist ein Schwachsinns Satz, weil das werden wir halt nie erreichen. Wir werden nie erreichen, dass es keine Lebensmittelverschwendung gibt und wir werden auch nie erreichen, dass es keine Armut mehr gibt.
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Und insofern fürchte ich, dass es wirklich alles, beide Seiten auch weiterhin braucht. Aber ja, wäre natürlich schön. Also die, das Ideal Ziel Tafeln nicht mehr zu brauchen und alle Tafeln aufzulösen hätte schon was. Also ich wüsste mit meiner plötzlich mehr Zeit auch was anzufangen. Aber was macht das mit allem? Was macht das mit dir zu merken, verdammt wir driften immer weiter auseinander, als dass wir diesem Ziel näherkommen.
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Ich muss dir ganz ehrlich sagen, ich bin eine von den Personen, die immer lösungsorientiert denkt und nie problemorientiert. Und ich mache mir einfach keine Gedanken darüber, wie schrecklich die eine oder
andere Situation ist. Deshalb habe ich mir in den letzten zwei Jahren auch nie das die Gedanken gemacht, dass meine Freiheit beschnitten wird, sondern ich lebe mein Leben und ich lebe es so gut ich kann und versuche es für mich persönlich und auch für Menschen in meiner Umgebung so schön wie möglich zu machen.
01:25:22:28 – 01:25:54:26
Und ich habe einfach keine Gedanken, verschwende ich keine Gedanken daran, wie schrecklich alles um mich herum ist, weil ich glaube, das würde mich blockieren, dann könnte ich nicht mehr so effektiv arbeiten, wie ich es tue. Die ARD Hauptstadt Journalistin Tamara Anthony, die jetzt, glaube ich, Auslandskorrespondent in Peking ist für die ARD, die hat mal gesagt, immer dann, wenn Politikerinnen von der Entlastung von niedrigen und mittleren Einkommen spenden, sind Menschen mit Grundsicherung nie gemeint.
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Wie bekämpft man also aktiv Armut?
01:26:00:19 – 01:26:31:23
Das ist die 1 Millionen Frage, würde ich sagen. Ich bin nach wie vor, auch wenn mir 1000 Leute schon erklärt haben, dass es wirtschaftlich nicht machbar ist. Ich bin trotzdem eine Verfechterin für bedingungsloses Grundeinkommen, weil ich glaube, das wäre auf die Art und Weise wären unsere Steuergelder sinnvoll eingesetzt. Den Menschen müssten natürlich auch schöne Angebote gemacht werden. Also es müsste auch Spaß machen, das eine oder andere zu machen. Aber ich weiß es.
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Es gibt Menschen, die putzen gerne. Das heißt, wir würden nicht plötzlich ohne Reinigungskräfte da stehen. Das ist ja immer das schlimmste Szenario, was sich Menschen als erstes vorstellen, wenn sie von bedingungslosem Grundeinkommen hören. Wer macht dann die Müllabfuhr, wer macht sauber und so? Und das finde ich irgendwie völlig bescheuert, weil ich denke, wir würden Lösungen dafür finden, aber es wäre ein gerechteres Miteinander. Und ich bin auch absolut für eine Reichensteuer, weil das kann es auch nicht sein, dass es letztlich davon abhängt, dass sie sich freiwillig dem Fiskus melden, um endlich ihre Steuern nachzuzahlen oder dass sie ihre Aktienpakete auflösen, um das Geld zu spenden.
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Das sind ja nette Gesten, aber die haben meistens so unendlich viel, dass das so was von schnuppe ist, ob die 50 % ihres Einkommens hinterher nicht mehr haben. Von daher ich weiß nicht wie, wie Armut wirklich zu bekämpfen ist. Ich sehe wirklich eine eine Hoffnung im positiven Miteinander. Das löst keine Probleme, aber das macht zumindest das Miteinander schöner. Und vielleicht ist es dann auch erträglicher und vielleicht kommen dann auch bessere Ideen auf, wie wir bestimmte Dinge lösen können.
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Ich denke, vieles an der Armut lässt sich nur politisch lösen, aber vieles auch mit möglichst viel gesellschaftlicher Unterstützung füreinander. Wie hast du dich gefühlt, als die Ampelkoalition die Wahl gewann? Hattest du Hoffnung? Na, ursprünglich sah es ja nicht so, als hätte die Ampelkoalition die Wahl gewonnen, sondern als hätten die Grünen die Wahl gewonnen. Das war schon ein Augenblick, wo ich
gejubelt habe. Ich muss aber ganz ehrlich sagen Ja, ich bin mir in Bezug auf die Koalition noch nicht so ganz sicher. Was wir zu guter Letzt von der FDP halten können und sollen und müssen.
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Ich finde aber, Habeck und Baerbock machen im Augenblick einen extrem guten Job und ich beneide die wahrhaftig nicht und finde es aber immer wieder toll, Annalena zuzuhören, weil ich finde, dass sie sich auch rhetorisch sowas von wahnsinnig in den letzten Wochen entwickelt hat. Das ist wirklich hammerhart und gleichzeitig tut mir Habeck leid, weil er so extrem abgespannt gerade aussieht. Ja, Politiker, will man in diesen Zeiten nicht sein oder Politikerin. Nicht wirklich.
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Ich habe mich auch gefragt, ob man vielleicht nicht nur in Parteispitzen, sondern auch in Ämtern Doppelspitzen einführen sollte, weil die Arbeitsbelastung ja echt enorm zu sein scheint. Also das zum einen, die Belastung, glaube ich auch, dass die enorm ist. Da wären Doppelspitzen gar nicht schlecht. Und außerdem denke ich auch, würde es unsere Gesellschaft sehr viel besser widerspiegeln, wenn wir paritätisch besetzte Parteispitzen hätten. Die Berliner Verwaltung,
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die ist ja im Prinzip, also seit ich lebe, bin eigentlich auch eine Berliner Pflanze, bin zwar in Peru geboren, aber seit meinem ersten Lebensjahr in Westberlin. Und die Berliner Verwaltung war schon immer irgendwie kaputt.
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Und es war auch egal, wer oben auf dem Chefsessel sitzt. Ob es ,keine Ahnung, Eberhard Diepgen ist Walter Momper oder jetzt Franziska Giffey. Was machen wir mit der Verwaltung? Das geht doch so nicht weiter. Also das was, was im Augenblick auch immer wieder gesagt wird, ist halt die Verwaltung ist kaputtgespart. Und das ist natürlich inzwischen eine Binsenweisheit. Wir wissen es alle, aber die Frage ist halt, was passiert wirklich? Jetzt
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scheinen ja endlich mal noch mehr Leute eingestellt zu werden. Es ist aber natürlich auch zu guter Letzt eine finanzielle Frage. Wie werden die Mittel, die da sind, so verteilt, dass es auch Sinn macht, dass die Verwaltung auch was abkriegt. Weil das ist unter Wowereit ist halt die Verwaltung besonders klein gespart worden und seither haben wir massivste Probleme. Also ich habe aus der Vergangenheit nicht in Erinnerung, dass ich bei einem Bürgeramt kein Termin gekriegt habe.
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Das war einfach nicht. Inzwischen ist es gang und gäbe und wenn du dich im Netz nicht aus kriegst, kriegst du nie einen Termin da. Inzwischen werden die verkauft. Das ist ja, das ist schon länger, schon länger. Das finde ich auch so abartig. Also da fällt mir auch gar nichts dazu ein. Also ich glaube wir kriegen unsere Verwaltung wirklich nur in den Griff, indem da massiv aufgestockt wird. Und auch diese unsägliche Diskussion, dass wir unsere Lehrerinnen und Lehrer nicht verbeamten, gleich am Anfang, nach dem Referendariat, das kann’s doch nicht sein.
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Wenn uns die Leute seit Jahrzehnten abhandenkommen, dann müssen wir doch endlich mal was tun. Also nur drüber zu sprechen kann ja keine Lösung sein. Also ich glaube, die Verwaltung braucht wirklich einen richtigen Aufschwung, damit wir da was ändern können. Wieso haben arme Menschen in Deutschland oder in Berlin eigentlich keine Lobby? Wo ist die Linkspartei, wenn man sie braucht? Ich bin mir da auch nicht so ganz sicher. Es gab ja dann mal ganz kurzfristig diese Aktion mit den Montagsdemos, wo dann speziell Leute auf Hartz IV demonstriert haben.
01:31:54:28 – 01:32:26:27
Das fand ich ein bisschen merkwürdig, weil es halt so in Anlehnung an die Demos in der DDR stattfand und wo ich dachte Leute, jetzt bringt ihr aber die Dinge doch ein bisschen durcheinander. Das kann’s ja nun wirklich nicht sein. Aber das hat sich dann auch ganz schnell wieder aufgelöst. Ich hab das Gefühl, dass so wenig arme Menschen wirklich politisch denken und es mag jetzt total ungerecht und völlig an den Haaren herbeigezogen sein.
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Nur das ist für mich die einzige Erklärung, warum es da keine Vereinigungen gibt, warum es da nicht mehr Solidarität untereinander gibt, die sich dann auch auf andere Bevölkerungsgruppen verteilt, sodass sich dann auch eine Lobby bilden kann. Also ich habe keine Ahnung. Ich habe immer wieder das Gefühl, arme Menschen sind uns offensichtlich scheißegal und das finde ich richtig, richtig bitter. Wir erhalten hier bei der Berliner Tafel die Würde von Menschen, die bei euch Lebensmittel und Unterstützung beziehen.
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Ja, ich habe immer das Gefühl, das ist eine ganz besondere Atmosphäre da. Es ist durchaus unterschiedlich. Also in den einzelnen Ausgabestellen sind unterschiedliche Stimmungen, weil halt unterschiedliche Menschen da sind. Und auch in unterschiedlichen Bezirken ist auch die Stimmung unterschiedlich. Aber was ich weiß, ist von den Ehrenamtlichen, mit denen ich gesprochen habe und von denen ich gehört habe,
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dass sie es wirklich richtig ehrlich meinen. Dass es ihnen auf der einen Seite darum geht, Menschen zu unterstützen, damit sie den Monat einfach besser überstehen können, was das Essen anbelangt, aber eben auch mit ja, der entsprechenden Empathie an die Leute herangehen und und gleichzeitig eben auch Lebensmittel retten. Also es sind so ganz viele verschiedene Ebenen, die da eine Rolle spielen, aber ich denke, die, die einen Ehrenamtlichen sind empathischer als die anderen, die werden es dann vielleicht besser hinkriegen.
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Ich könnte mir aber vorstellen, dass wenn die
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mit so einer richtigen Berlinerin konfrontiert werden, dass diese Berlinerin dann auch im Zweifelsfall sagt, ey die tut doch nur so, das glaub ich ihr ja garnicht. Das mag sein, also von daher ist das auch immer so eine Frage Wer braucht was? Und das ist das Schöne, dass wir eben 1600 Ehrenamtliche alleine bei
den Ausgabestellen sind, die dann halt auch unterschiedlich auf die Menschen eingehen können und unterschiedlich versuchen können, deren Würde zu erhalten oder wieder herzustellen.
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Also ich glaube, den Menschen, die zu den Ausgabestellen kommen, zu vermitteln, dass sie keine Bittstellerin und Bittsteller sind, sondern dass alle das, was da ist, gerne geben, gerne verteilen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt bei der Sache. Das, was da ist und das, was ihr verteilt, kommt ja größtenteils von Supermärkten, wo ihr letztendlich die Ware, die nicht verkauft wurde, ganz wichtig nicht Ware, die abgelaufen ist, sondern Ware, die nicht verkauft wurde, weitergebt.
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Die werden ja oft früher bevor sie ablaufen schon aus den Regalen genommen und dann gebt ihr die weiter. Hat sich das irgendwie in den letzten Jahren verändert, wird mehr weggeschmissen, wird weniger weggeschmissen oder ist es vielleicht sogar so, das habe ich mal gelesen, dass eine berühmte große Supermarktkette ein Warenwirtschaftssystem hat, das so optimiert wurde, dass immer weniger übrig bleibt, das weggeschmissen wird. Ist das dann ein Problem für die Tafeln zum Beispiel? Also die Firmen optimieren, ganz eindeutig, das ist klar.
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Denn der Sinn und Zweck eines Ladens, der irgendwelche Waren verkauft, ist natürlich, die Dinge zu verkaufen und nicht zu verschenken oder wegzuwerfen. Und von daher optimieren die natürlich alles. Die optimieren ihren Einkauf, die optimieren ihren Verkauf und die optimieren auch das Abgeben. Insofern ist auf diesem Wege schon mal durchaus weniger, was weggeworfen werden würde.
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Dann ist es so, dass es inzwischen wahnsinnig viele Startups gibt, die alle immerhin noch einen gewissen Preis für die übrig gebliebenen Lebensmittel zahlen. Und das machen natürlich die Händlerinnen und Händler dann auch lieber. Das heißt, wir sind in der Nahrungskette die Letzten,
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die Allerletzten sind, die die containern wahrscheinlich, weil da landet dann eben auch noch sehr viel. Und das ist zum Beispiel was, was ich nicht verstehe, warum überhaupt in einem Container irgendwelche Ware landen kann, außer vielleicht Fleisch und Fisch. Da könnte ich es ja noch verstehen, weil da ist ein Verbrauchsdatum und wenn das Verbrauchsdatum erreicht ist, dann nehmen wir es auch nicht mehr. Das Mindesthaltbarkeitsdatum, das ignorieren wir inzwischen auch. Also wir nehmen auch Ware, die du gerade als abgelaufen bezeichnest.
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Das ist eben der Unterschied zwischen Verbrauchsware, das ist Fisch und Fleisch und ähnliches. Das sind so die die potenziellen Salmonellenträger und die müssen wirklich weggeworfen werden. Die dürfen aber auch nicht beim Containern aus der Kiste geholt werden. Wenn dieses Verbrauchsdatum erreicht ist. Das andere ist das Mindesthaltbarkeitsdatum. Und das Mindesthaltbarkeitsdatum ist für meine Begriffe die größte Volksverdummung die es gibt, weil alle es nämlich für ein Wegwerf Datum halten. Sie glauben alle, wenn dieses Datum erreicht ist, dann muss das Lebensmittel in die Tonne und das ist albern.
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Das ist die Herstellergarantie. Bis zu dem Datum garantiert uns die Hersteller der Hersteller, dass das Produkt sich in Form, Farbe und Geschmack nicht verändert hat. Und wenn da irgendwas verändert ist, dann kann es umgetauscht werden. Wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht ist, ist das Produkt meistens noch monatelang haltbar. Das ist sehr unterschiedlich. Wir haben da einen Flyer rausgebracht, wo wir alles erklärt haben, was wie lange darüber hinaus noch haltbar ist. Aber es ist eben kein Verfallsdatum.
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Und von daher ist es auch überhaupt kein Problem, die Waren in den Läden mitzunehmen. Aber wie gesagt, es gibt inzwischen viele Start ups, die kaufen. Dann ist es so, die Foodsharer sind noch da, was aber toll ist, weil Foodsharing und wir sind auf einer Wellenlänge. Foodsharing macht halt die Abholung im Kleinen. Alles was die mit ihren Fahrrädern oder Hängern abholen können, sollte auch wirklich Foodsharing abholen. Alles, was dann im größeren Stil ist, das holen wir dann ab.
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Das heißt, wir kooperieren sehr gut. Wir geben Märkte an, die an die Foodsharer ab, wenn wir merken, dass da zu wenig für uns abzuholen ist. Weil da brauchen wir nicht Benzin zu vergeuden, indem wir da hinfahren und dann weiß ich ein halbes Kistchen kriegen oder so. Also das heißt, wir merken, dass der Handel sich verändert hat. Und wir merken auch, dass es viele Unternehmen inzwischen gibt, die mit übriggebliebenen Lebensmitteln eben noch Geschäfte machen, was auch in Ordnung ist.
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Ich finde es nur wichtig, dass es dann auch gesagt wird, dass es eben Firmen sind, die Geschäfte machen. Und was machen diese Firmen dann damit? Zum Beispiel Surplus hatte sechs Läden und hat da die haben auch gekauft, die Ware, die haben sie ja nicht kostenlos gekriegt, sondern die haben sie gekauft und damit natürlich in den in den Firmen immer Vorrang vor uns gehabt und haben dann halt die Produkte in ihren Supermärkten verkauft. Die Supermärkte gibt es ja nun alle nicht mehr, jetzt haben sie nur noch einen Onlinehandel. Wir versuchen jetzt die Firmen, die uns verloren gegangen sind, weil Surplus da drin war, jetzt zurückzukriegen.
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Weil ganz vieles werden sie im Onlinehandel ja gar nicht unbedingt vertreiben können. Von daher versuchen wir, das dann anders hinzukriegen. To good to go ist zum Beispiel so eine Sache. Das fand ich am Anfang total klasse, weil ich mir gut vorstellen konnte, dass in den Restaurants abends, wenn die zumachen wollen, eben noch was übrig ist. Jetzt ist es aber inzwischen so, dass to good to go eben auch Lebensmittel Tüten in den Supermärkten anbietet. Und wenn du da hingehst und eben so ein 5 € Tütchen kaufst, dann kriegen weiß ich nicht,
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20 % oder so kriegt dann eben to good to go. Alles in Ordnung, finde ich völlig richtig. Da habe ich überhaupt kein Problem damit. Es muss eben bloß allen Beteiligten klar sein, wir würden es kostenlos kriegen und geben es eben wirklich nur gegen einen minimalen symbolischen Betrag ab. Und bei den sozialen Einrichtungen sogar ganz frei, ohne das bei irgendwas dafür kriegen. Und ich finde es immer nur furchtbar wichtig, dass alle dann auch sagen Leute, wir sind ein Startup, wir wollen damit Geld verdienen langfristig. Wir tun es noch nicht, aber langfristig wollen wir es.
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Und dann habe ich damit auch gar kein Problem. Und was ist mit Biogas und so weiter. Also wenn man jetzt, tretet ihr in Konkurrenz mit der Berliner Stadtreinigung zum Beispiel, weil die damit vielleicht Biogasanlagen betreiben. Ach die haben nur eine Biogasanlage bei der BSR und die holen unseren Biomüll ab und wir zahlen gewaltig dafür. Aber wir kriegen auch einmal im Jahr von der BSR eine Spende. Also das ist dann auch wieder ganz nett. Und ja, die Frage ist grundsätzlich, machen Biogasanlagen eigentlich wirklich den Sinn? Eine Biogasanlage bei der BSR hier im Stadtgebiet finde ich total klasse, weil die haben inzwischen einen Großteil ihrer Fahrzeugflotte umgestellt auf Biodiesel und bzw Biogas und fahren ihr eigenes Biogas bei der BSR.
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Das finde ich dann klasse. Schlimm finde ich halt die ganzen Biogasanlagen, die auf dem platten Land existieren. Und wofür dann extra Mais und Weizen, ne Quatsch, Mais und Raps angebaut wird nur, damit die Biogasanlagen betrieben werden können und dafür aber die Felder für unsere Ernährung kaputt gehen. Krass, so habe ich das noch gar nicht gesehen. Wenn du Bilanz ziehst über deine ja, 30 Jahre jetzt bei der Tafel, fast. 29. Ja genau. Wie viel konntest du in den letzten 29 Jahren bewegen? Also ich glaube, ich habe und sei es indirekt unheimlich viel bewegen können, denn immerhin war ich ja treibende Kraft bei der Gründung der ersten Tafel.
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Wir haben heute 960 Tafeln in Deutschland. Es gibt, ich weiß nicht wie viel, zehn, 15 oder so was in Österreich, elf in der Schweiz, die alle in Deutschland entweder bei der Berliner Tafel oder bei der Hamburger Tafel gelernt haben. Und danach dann in ihren Ländern, die Tafeln gegründet haben. Und ich glaube, da habe ich einfach, wir sind 60.000 Aktive bundesweit für Tafeln. Die Firmen haben umgedacht, und da glaube ich wirklich, sind wir auch massiv beteiligt daran, weil die die Tatsache, dass wir ständig darüber reden, seit 29 Jahren, wie viel Lebensmittel weggeworfen werden.
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Das spätestens hat doch den Firmen auch die Augen geöffnet darüber, was sie da für ein Schwachsinn machen. Und das es für sie wirtschaftlicher überhaupt kein Sinn macht, die Sachen nicht verkauft zu haben, sondern wegzuwerfen. Also haben sie ihre Dispositions- Vorgänge umgestellt, haben ihre Verkaufspraktiken umgestellt und und und. Also ich glaube da sind wir Tafeln massiv daran beteiligt. Also ich will das nicht alles auf meine Fahne schreiben, aber wir, wir Tafeln machen halt auch immer wieder darauf aufmerksam, was in unserer Gesellschaft in dieser Hinsicht gemacht wird.
01:44:05:25 – 01:44:36:26
Und ich glaube, dass wir auch noch mal ganz massiv darauf hingewiesen haben, dass wir zwar die Politik immer wieder an die Wand nageln können mit unseren Vorwürfen, die wir machen, aber gleichzeitig dabei unheimlich aktiv sind und nicht einfach nur Vorwürfe machen und uns zurücklehnen und sagen So, Politik, jetzt mach mal! Sondern in unserem Tun machen wir ja immer wieder auf die Missstände aufmerksam. Und das finde ich viel effektiver, als nur rum zu meckern.
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Ich habe das mal bei einem, bei einem Vortrag in Irland erlebt. Da war eine Gruppe von Politikern und Gewerkschaftern und das mache ich jetzt nicht im generischen Maskulinum, sondern das waren nur Männer. Also von daher kann ich das auch so formulieren. Und der eine Gewerkschafter, der sagte irgendwann mal, also er findet es ja unmöglich, was wir da machen. Wir nehmen ja die Politik total aus der Pflicht. Sie haben mal, es musste eine Kita renoviert werden und Sie haben fünf Jahre lang dafür gekämpft, dass der Staat die Renovierung dieser Kita bezahlt.
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Und ich habe gesagt Was für ein Schwachsinn. Ich hätte zugesehen, dass wir Farbe gesponsert bekommen, ich hätte ein Aufruf gemacht und Ehrenamtliche gesucht. Dann hätten wir diese Kita in einer Wochenend Aktion gestrichen. Derweil hätte ich die Presse eingeladen und die Politik derart an die Wand genagelt, dass sie sich nie wieder getraut hätten, das Geld für so eine Renovierung nicht zu geben. Und am Montag werden die Kinder in renovierte Kita gekommen.
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Das finde ich sehr viel effektiver, die Politik zu ermahnen und gleichzeitig aber auch was zu tun. Und ich glaube, da sind wir ziemlich gut drin und da bin ich auch stolz drauf. Kann ich nicht anders sagen. Also kann ich total nachvollziehen diesen Ansatz. Manchmal frustriert es mich selber als Aktivist, der sich für die Rechte behinderter Menschen einsetzt, dass aber so viel an der Zivilgesellschaft hängen bleibt von Problemen, die wir in der Gesellschaft haben. Was sind denn für dich die Hindernisse, mit denen du auf deiner Arbeit immer noch, immer wieder neu konfrontiert wirst?
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Also was sicher immer wieder ein Problem ist, sind halt irgendwelche Regularien, irgendwelche Gesetze, die irgendwo rum dümpeln, die eigentlich kaum jemand kennt, aber wenn sie angewandt werden, dann sind sie ganz blöd. Also zum Beispiel, dass die Abgabe von Lebensmitteln Einkommensteuer pflichtig ist. Also ich muss nur Umsatzsteuer darauf zahlen und als Selbstständiger dann eben entsprechend ist es eine doofe Situation. Da sind wir jetzt als Tafeln seit ewigen Zeiten dran.
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Jetzt haben wir immerhin erreicht seit ein paar Jahren, dass das Gesetz nicht mehr angewandt wird, aber es existiert immer noch. Aber ich werde nicht eher Ruhe geben, bis dieses Gesetz endlich mal weg ist. Und ich, ich weiß auch, ich habe das schon mal erreicht. Es gab mal das Gesetz, dass Arbeitslose oder Erwerbslose nicht mehr als 14 Stunden in der 14 1/2 Stunden in der Woche arbeiten durften, also ehrenamtlich beschäftigt sein durften, weil sie dann also dem Arbeitsmarkt nicht mehr ausreichend zur Verfügung standen, also alles, was dann drüber war, da verloren sie dann jeglichen Anspruch auf ihre Stütze.
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Und ich war eingeladen bei der Enquetekommission des Deutschen Bundestages zum bürgerschaftlichen Engagement. Und da habe ich genau das, sie fragten mich Was würden Sie gerne verändern? Habe ich gesagt dieses 14,5 Stunden Gesetz hätte ich gerne geändert. Und da waren die Bosse erstaunt. Hatten Sie noch nie davon gehört? Und zu guter Letzt hat der Bericht der Enquetekommission dazu geführt, dass es eine der letzten Amtshandlungen von Schröder war, dieses Gesetz vom Tisch zu wischen. Und von daher weiß ich, dass wir die Möglichkeit haben, auch wirklich Gesetze zu verändern, wenn wir nur im richtigen
Augenblick an der richtigen Stelle unsere unsere Forderungen stellen und die auch auf eine Art und Weise, wie sie dann eben vom Gegenüber auch angenommen und umgesetzt werden können.
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Insofern gebe ich die Hoffnung da nicht auf, dass egal wie schwierig manches erscheint, es sich dann vielleicht doch irgendwann mal ändern lässt. Ich bin ja noch jung an Jahren, ich bin ja erst 65. Ich kann ja noch. Ich habe gesagt, mit 90 gehe ich auf halbtags. Also von daher kann ich schon noch einiges erreichen. Ich bewundere diesen Optimismus, denn so weit ich dich kenne, lebst und ich finde es unglaublich ansteckend. Und trotzdem stelle ich mir die Frage Ist deine Arbeit nicht auch manchmal richtig frustrierend und scheiße? Nö, habe ich noch nie so empfunden.
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Weder frustrierend noch scheiße. Nie, jedes Hindernis ist für mich ein unheimlich schöne Herausforderung, gegen dieses Hindernis anzulaufen. Ich habe irgendwann mal gesagt, ich gehe nicht mit dem Kopf durch die Wand, sondern ich reiße einfach die Wand ein. Und das ist so ein absolutes Lebensmotto von mir. Und manche mögen mir Naivität in meinen Gedanken und Vorstellungen und Forderungen unterstellen. Mag alles sein, aber ich bin gern naiv, weil ich denke, ich habe auch damit eine ganze Menge erreicht.
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Ja, ich denke, das enttarnt oder entzaubert auch jeden Vorwurf der Naivität, wenn man sieht, was du alles so viele Jahre schon aufgebaut und gemacht hast. Gerade 29 Jahre Berliner Tafel. Glaube jeder Berliner oder Berlinerin kennt die Tafel. Das ist ja auch eine Marke, die gebaut wurde. Die ist nicht einfach so wegzudenken. Ja, das denke ich auch. Und wir hatten diese Marke schon nach zehn Jahren und das hat mich schon sehr stolz gemacht. Wir hatten ganz am Anfang mal einen Film über unsere Arbeit drehen lassen und da wurde auf der Straße so gefragt Was ist die Berliner Tafel? Kennen Sie die Berliner Tafel? Es kam keine einzige richtige Antwort.
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Heute ist es so, wir haben, glaube ich, einen Bekanntheitsgrad von 98 %. Und das finde ich schon ziemlich beachtlich. Ja, das ist unglaublich. Ich hatte sogar, das war ein sehr schönes Erlebnis. Ich hatte letztens mal Weltspiegel gesehen und da ging es, es war nach Trump Zeit und da ging es um die wirtschaftlichen Niedergang der
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Bevölkerung in den Staaten. Und dann war ein Beispiel von einer Food Bank. Aber sie haben die Food Bank gezeigt in irgendeiner Stadt und haben als Erklärung dazu gesagt, die Detroiter Tafel.
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So und das fand ich irre, dass das ist eine Food Bank, die da ist. Und das wurde aber nicht als Fotoband bezeichnet, sondern als Tafel, weil klar war, in Deutschland wissen die Leute mit Football nichts anzufangen, aber mit Tafel, ja, und das ist schon, das fand ich schon beeindruckend. Wir kommen zum Ende der Aufzugsfahrt und leider auch unseres Gespräches.
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Eine Frage, die ich all meinen Gästen stelle und ich finde das eine unglaublich schöne Frage. Eigentlich. Welche Organisation oder Stiftung oder Verein findest du unterstützenswert, den du nicht gegründet hast? Ups.
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Ähm, da gibt es eigentlich eine ganze Menge. Ich, mir fällt trotzdem gerade keine ein. Also ich bin an der einen oder anderen Stelle zwar Mitglied, aber ja, das bin ich aus Überzeugung. Ich bin bei Leadership Berlin Mitglied, aber da würde ich jetzt auch nicht sagen, das wäre jetzt eine Organisation, die zu unterstützen sein müsste. Ich glaube, ich würde mir je nach Situation das ausgucken.
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Also ich finde Ärzte ohne Grenzen total klasse. Ich war früher Mitglied bei Amnesty International. Insofern: Es gibt so wahnsinnig viele tolle Vereine und es ist nicht leicht, sich da zu entscheiden. Ja, wobei diese zwei ja so bekannt sind, dass sie es wahrscheinlich auf unserer beider Spendenaufruf ja auch verzichten könnten. Ja, genau. Aber so eine kleine Initiative im Kiez oder was auch immer, das sind diese Perlen, die ich suche. Wenn dir was einfällt.
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Dann melde ich mich bei dir. Ja, genau. Dann schreiben wir das in die Shownotes von diesem Podcast. Cool prima. Wow, liebe Sabine, vielen Dank. Ich danke dir. Das war ein super schönes Gespräch und ich hoffe, wenn es Corona erlaubt, wir treffen uns mal auf ein Schultheiss hier.
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Wobei, hier um die Ecke ist der, wie heißt der Dings Berg? Wie heißt die Brauerei? Die hier ein paar Straßen weiter ist. Berliner Berg. Das ist geiles Bier. Und hier ganz um die Ecke. Alles klar. Dann tun wir das. Super, freue ich mich schon. Tschüss.
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Danke fürs Mitfahren. Wenn ihr mögt und euch diese Folge Spaß gemacht hat, bewerte diese Folge bei Apple Podcast, Spotify oder wo auch immer ihr zuhört. Allerdings zur Folge, so wie die Menschen, die mich bei diesem Podcast unterstützen, findet ihr in den Shownotes. Schaut da gerne mal rein.
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Im Aufzug ist eine Produktion von Schonlein Media. Ich freue mich auf das nächste Mal hier im Aufzug.
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Dieser Podcast ist eine Produktion von Schønlein Media.
Produktion: Fabian Gieske , Anna Germek
Schnitt und Post-Produktion: Jonatan Hamann
Coverart: Amadeus Fronk