Ist Deutschland ein Kirchenstaat?
Heute mit im Aufzug: Philipp Möller!
Philipp ist Vorstand des Zentralrats der Konfessionsfreien und leidenschaftlicher Kämpfer für einen säkularen Staat.
Denn seiner Aussage nach hat Deutschland ein echtes Kirchenproblem. Fast 360.000 Menschen sind letztes Jahr aus der katholischen Kirche ausgetreten – so viele, wie noch nie zuvor. Auch bei der evangelischen Kirche sieht es nicht viel besser aus. Die Kirche verliert rapide an Bedeutung und doch sind die Kirchen ein fester Teil des Staates. Mitgliedsbeiträge werden über der Finanzämter eingezogen, es gibt ein eigenes Arbeitsrecht und rechtseigene Räume. Philipp Möller bezeichnet sich selbst als Säkular-Lobbyist und will dabei helfen, Deutschland von der Kirchenrepublik zum säkularen Rechtsstaat entwickeln.
Wie er das tun will, erzählt er mir heute im Aufzug!
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Das Studium der Theologie, so sagt mein heutiger Gast, ist nichts anderes als ein staatlich finanziertes Rhetorik Seminar. Begrüßt mit mir im Aufzug Philipp Möller. Er ist Autor und seit März diesen Jahres Vorsitzender des Zentralrats der Konfessionsfreien. Das erste Mal ist mir Philipp Möller in einem YouTube Video begegnet. Das muss ungefähr zehn Jahre her sein. In diesem Clip spricht er auf der Konferenz Disput Berlin Warum die Welt ohne Religion besser dran wäre.
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Er tat das so unterhaltsam und mitreißend, dass ich mit großem Interesse verfolgte, was Philipp Möller seitdem so macht. Seitdem hat er sehr viele unterhaltsame Bücher geschrieben, über Religion und über Politik und warum wir das vielleicht auch voneinander trennen sollten. Und Religion wirklich nur Privatsache sein sollte.
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So viel vorweg, reden kann der Mann. Tür auf für Philipp Möller.
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Die Tür geht auf und wer kommt rein? Der Philipp Möller. Was für eine Ehre! Weiß du eigentlich, dass ich schon seit 2000 keine Ahnung vier oder so deine Videos mir anschaue, wenn welche von dir zu sehen sind. Und ganz schön beeindruckt bin und war von deiner Rhetorik. Ja, danke, da kann ich auch nichts für. Irgendwie bin ich in einer sehr redseligen Familie groß geworden und mit einer Menge jüngeren Geschwister musste man sich immer behaupten.
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Ich quatsche außerdem gerne und ich glaube, dann ist das quasi automatisch so! Wir sind jetzt hier im Aufzug. In welcher Etage bist du eingestiegen und in welcher Etage musst du raus? Also, ich bin im Erdgeschoss eingestiegen und ich glaube, du und ich, wir fahren jetzt einfach so weit nach oben, bis es nicht mehr weitergeht, oder? Da haben wir aber eine Menge vor uns haben. Ja. Ich weiß nicht, um vielleicht dich da unserem Publikum vorzustellen.
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Auf dich gestoßen bin ich, weil du Religionskritiker bist, und du setzt dich für ein Humanismus ein. Und dass wir uns ein bisschen religionskritischer in Deutschland auch aufstellen. Du zweifelst die Existenz Gottes an, und du hattest in London, glaube ich mal die Idee, mit einem Bus durch die Stadt zu fahren, wo draufsteht Es gibt keinen Gott oder so. Ja, so ähnlich. Also die Idee war nicht von mir, sondern wir haben diese Idee, die in London entstanden ist, nach Deutschland geholt.
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Aber ich will mal so ein bisschen voran schicken. Ich finde, Religionskritik ist voll 2010. Ich glaube, es hat sich inzwischen rumgesprochen, wie problematisch Religion ist und zwar nicht der persönlich gelebte spirituelle Glauben, an welchen oder wie viele Götter auch immer, sondern die verfasste, die Religion, der organisierte Aberglaube und vor allen Dingen die Verquickung von Religion und Politik.
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Und deswegen geht es mir heute eigentlich gar nicht mehr so stark um Religionskritik, sondern eigentlich um Staatskritik, um die Kritik an einem Staat, der es sich gefallen lässt, dass die Religion innerhalb dieses Staates rechts eigene Räume bekommt. Keine rechtsfreien Räume, aber doch rechts eigene Räume. Oh, deswegen bin ich eigentlich dazu übergegangen, nicht länger die Kirchen zu kritisieren, denn ich glaube, die Problematik der Kirchen ist inzwischen den allermeisten Leuten bekannt.
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Das hat sich rumgesprochen, sondern den Staat zu kritisieren. Und deswegen wirst du mich heute eher als den säkularen Lobbyisten erleben, als den flammenden Religionskritiker. Könnte man auch sagen, dass du ein Sprachrohr der Atheisten bist? Ja gut, auch der Atheismus ist, ich finde meinen Atheismus, um das mal mit Richard Dawkins zu sagen, inzwischen so wichtig wie mein Afeeismus, weil ich genauso wenig an Götter glaube, wie ich an Feen glaube.
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Aber meine ganz persönliche spirituelle Einstellung spielt in dieser politischen Frage des säkularen Rechtsstaats eigentlich gar nicht so eine große Rolle. Und Sprachrohr Ja, ich hätte jetzt fast gesagt Mein Gott, ich freue mich, wenn ich über weltanschauliche Themen reden kann und mich dazu jemand fragt. Und in der Tat werden die meisten Konfessionsfreien auch nicht religiös sein, also nicht an Gott glauben, also Atheisten sein.
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Aber noch mal Ich finde den Atheismus eigentlich gar nicht so wichtig, sondern die Konfessionsfreihheit. Das ist inzwischen eigentlich das viel wichtigere Thema, finde ich. Das heißt, um es noch mal für mich in andere Worte zu fassen, es geht dir gar nicht so sehr darum zu sagen, diese oder jene Religion ist da und da problematisch. Sondern es ist grundsätzlich problematisch, dass es eine Verquickung gibt zwischen Staat und Religion. Und es ist auch egal welcher Religion. Ja, also ich meine unsere Verfassung und das ist ja wirklich ein kluger Schachzug dieser Verfassung, sagt ja, dass alle Weltanschauungsgemeinschaften gleich behandelt werden müssen und dass sie alle auf dem Boden des demokratisch entstandenen Gesetzes stehen müssen.
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Das heißt, es ist ja vollkommen egal, ob die Anhänger der einen Religion an den oder an den Gott glauben oder an diesen Quelltext. Sie alle sind dazu verpflichtet, sich an die Gesetze dieses Landes zu halten. Und damit gibt es in Deutschland noch das eine oder andere Problem, sage ich mal vorsichtig. Da können wir gern noch drüber reden. Aber mit dem Zentralrat der Konfessionsfreien, den wir gegründet haben, wollen wir Deutschlands Entwicklung zum säkularen Rechtsstaat begleiten.
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Das heißt, wir fordern, dass keine Gesetze auf religiösen Motiven beruhen, weil das dazu führt, dass sich auch Konfessionsfreie an Gesetze halten müssen, die auf religiösen Überzeugungen beruhen. Und wir wollen, dass alle Weltanschauungsgemeinschaften exakt gleich behandelt werden. Und damit ist etwa das besondere Arbeitsrecht, das wir auch gerne Arbeitsunrecht der Kirchen nennen oder aber auch der Kirchensteuereinzug, alt rechtliche Staatsleistungen.
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Über all das wird zu reden sein. Und die Ampel Fraktion, die aktuelle Bundesregierung hat dazu schon ein paar, ja halbwegs mutige, aber immer noch halbwegs vorsichtige Andeutungen im Koalitionsvertrag gemacht. Darauf werden wir sie auch festnageln. Und ich glaube, wir werden in dieser Legislaturperiode mal abgesehen von den weltpolitischen Problemen sage ich mal vorsichtig, wenn in dieser Wahlperiode eine Menge Fortschritte auch sehen können, was den säkularen Staat und die wirklich freie, offene Gesellschaft angeht.
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Also im Prinzip so ähnlich, wie Ruth Bader Ginsburg in den USA als Verfassungsrichterin dafür gekämpft hat, dass es keine Geschlechter Ungerechtigkeit in der Verfassung gibt. Ja, also ich meine, ich habe immer so den ganz starken Eindruck, dass diese Geschlechter Ungerechtigkeit eben auch ganz tief verwurzelt ist in den in den großen Weltreligionen. Also gerade wenn wir uns mal die drei abrahamitischen Religionen anschauen, das Christentum, den Islam und das Judentum, dann sind das alles weitgehend patriarchale Systeme, die gigantische Unterschiede zwischen Männern und Frauen aufmachen.
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Es gibt Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Männer und Frauen sind nicht gleich, aber sie sind eben gleichberechtigt. Und ich wundere mich ehrlich gesagt über jede Frau, die noch Mitglied einer solchen Religion ist. Weil gerade die Frauen haben es eben im Verlaufe der religiösen Geschichte immer schwerer gehabt als die Männer. Und das ist ein absolutes Unding. Und je weiter wir in einer modernen Gesellschaft landen, desto weiter entfernen wir uns eigentlich von der Religion.
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Gibt es Gesellschaften, wo du sagst, da ist es besser organisiert oder getrennt als bei uns? Na ja, also unter den westlichen, sage ich mal, sind das eine Menge. Also es wird ja gerne, die USA werden gerne als Beispiel herangezogen. In den USA herrscht natürlich das Thema, dass diese privaten Kirchen doch auch recht groß sind. Da haben wir allerdings auch den Bible Belt. Also da herrscht ja wirklich auch noch ein super crazy Vorstellung von Religion.
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Unser direkter Nachbar Frankreich, da herrscht der Laizismus. Mir geht es eigentlich darum, dass Kirchen Teil der Zivilgesellschaft werden. Also im Moment sind die Kirchen letztlich ein Teil des Staates. Sie ziehen ihre Mitgliedsbeiträge über die Finanzämter ein. Man muss den Austritt aus der Kirche über die Amtsgerichte erklären oder über andere staatliche Institutionen, je nach Bundesland. Wir bezahlen die Ausbildung der Kleriker an staatlichen Hochschulen.
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Es gibt einen konfessionellen Religionsunterricht, der ganz offiziell dazu da ist, Kinder religiös zu erziehen, also nicht über Religion aufzuklären, sondern religiös zu erziehen. Wir haben diese altkirchlichen Staatsleistungen, die auf 200 Jahre alten Rechtstitel beruhen, schon längst abgelöst werden sollten, aber noch immer dazu führen, dass wir den Kirchen 500 Millionen € im Jahr überweisen müssen und mehr. Und das alles zeigt, dass wir eigentlich in einer Art Kirchen Republik leben.
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Und das Problem daran ist meines Erachtens vor allen Dingen, dass mit dem Auftreten des Islam da natürlich die Frage aufkommt Wollen wir, wenn alle Religionsgemeinschaften, alle Weltanschauungsgemeinschaften gleichberechtigt sind, wollen wir dem Islam die gleichen Rechte zusprechen, wie wir im Moment den Kirchen zusprechen? Oder machen wir es vielleicht andersherum? Sprechen den Kirchen die gleichen Rechte zu wie dem Islam, nämlich gar keine besonderen, sondern sie sind dann ganz normale Religionsgemeinschaften, die keinen besonderen Zugriff auf staatliche Infrastrukturen haben.
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Und das ist aus unserer Perspektive die richtige Herangehensweise. Also ich bin auch Atheist. Ich wurde als Kind heimlich getauft, weil ein Teil meiner Familie Mormonen Anhänger waren in Südamerika. Und als meine Eltern erfuhren, dass ich da heimlich getauft wurde, weil man Angst hatte, ich würde gottlos sterben, weil ich eine Behinderung habe, waren meine Eltern stinksauer und sind dann relativ schnell von dieser Familie wieder abgereist.
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Aber also ich würde sagen, ich habe auch eine bestimmte religiöse Geschichte, auch wenn ich ein Baby war. Aber ich war auch sehr skeptisch. Und jetzt, wo ich mich für die Rechte für Menschen mit Behinderung einsetze, ich sage das jetzt unter uns beiden, hört ja eh keiner zu, aber ich habe manchmal das Gefühl, dass gerade im kirchlichen Kontext Menschen mit Behinderung noch viel mehr wie Kinder behandelt werden als in nicht kirchlichen Organisationen, die behinderten Menschen helfen.
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Kannst du das bestätigen oder denkst du, das ist jetzt eher eine subjektive Wahrnehmung?
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Also ich könnte deiner subjektiven Wahrnehmung eine zweite subjektive Wahrnehmung entgegenstellen, nämlich meine ganz persönliche. Ich bin ja aufgewachsen als Sohn eines Kirchenmusiker, eines katholischen Kirchenmusiker in Berlin, Westend und einer, ich sage mal, rest religiös protestantischen Mutter als Grundschullehrerin. Ich war als Kind oft in der Kirche, und in der Gemeinde meines Vaters waren auch Eltern mit ihren behinderten Kindern.
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Und ich kann, ja, ich weiß gar nicht, ob ich das bestätigen soll. Ich, also ich weiß nur, dass mein Onkel, der älteste Bruder meines Vaters, kurz nach dem Krieg, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg im katholischen Fulda geboren. Und meine Großeltern haben seine Behinderung eigentlich immer tabuisiert. Der hat, der hat bei der Geburt zu wenig Sauerstoff bekommen und ist behindert, war behindert, ist verstorben inzwischen.
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Aber das wurde immer tabuisiert. Und ich habe immer den Eindruck gehabt, dass die es wahnsinnig schwer gehabt haben, darüber offen zu sprechen. Und sie haben ihn eigentlich, ich würde nicht sagen, behandelt wie ein Kind sicherlich auch, aber vor allen Dingen hat er so eine Art Narrenfreiheit zu Hause genossen, weil man ja eigentlich so tun wollte, als sei er nicht behindert. Ich weiß, ich müsste auch lügen, wenn ich jetzt sagen würde, das hatte unbedingt was mit der Religion zu tun. Ich glaube, dass Religion als konservative Haltung nicht so gut in der Lage ist, offen mit dem Thema Behinderung umzugehen.
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Es gibt eine Menge Einrichtungen, die sich um Behinderte kümmern, aber der Umgang damit erscheint mir sonderbar. Das ist interessant. Okay, dann würde ich meine subjektive Wahrnehmung erst mal ganz subjektiv behalten. Ist ja meine auch. Ich glaube, worauf ich hinaus wollte, war, dass in kirchlichen Kontexten und ich glaube, es ist sogar relativ egal, welche Religion sehr schnell so etwas von oben herab passieren kann.
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Also nehmen wir doch zum Beispiel mal die Krise der Unterbringung, als Menschen Schutz suchten, als sie aus Syrien geflohen sind und in Deutschland dann diese Willkommenskultur hier gab. Das lief so lange gut, teilweise auch in solchen Einrichtungen, bis die die Menschen, die dann hier Schutz suchten, sich irgendwann auch als Bürger begriffen haben in diesem Land und eben nicht mehr ständig alles erklärt bekommen wollten, wie es hier so läuft, sondern jetzt anfingen auch Rechte zu äußern oder Wünsche.
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Und dann das so ein bisschen ja was wollt ihr denn noch alles, entweder rüber kam oder aber wir erklären euch immer noch, wie man hier einen Bankautomaten benutzt, obwohl das schon längst klar war. Und ich habe mich dabei auch gefühlt, als ich das so mitgekriegt habe, dass es behinderten Menschen ähnlich geht, dass ihnen oft weniger zugetraut wird. Man kümmert sich ja so liebevoll um die und dieses Nächstenliebe-Ding fühlte sich manchmal sehr von oben herab an, einfach so ähnlich. Verstehst du was ich meine? Vermische ich grad zu viel?
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Nee, nee, nee. Also ich will halt nicht den Fehler machen zu pauschalisieren, weil ich aus Erfahrung der festen Überzeugung bin, dass es, dass es innerhalb der, gerade der Kirchen in Deutschland oder in Europa eine ganz große Bandbreite von von Menschen gibt. Von den super Aufgeklärten, die also gewissermaßen zu 99 % so denken wie ich, nur noch diesen letzten Funken ach, ich bin da noch so ein bisschen religiös übrig haben, bis zu solchen, die total verbohrt und konservativ sind, bis heute ein Problem mit Schwangerschaftsabbruch und Homosexualität haben.
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Und so weiter.
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Islamophobie im wahrsten Sinne, also eigentlich sogar Antimuslimismus, also eben nicht die Angst vor dem Islam. Die habe ich teilweise auch, sondern die der der Hass auf muslimische Menschen. Da ist
wirklich alles vertreten. Deswegen würde ich, würde ich mich ganz stark davor verwehren, das so zu pauschalisieren. Aber die Tendenz der christlichen Religionen und überhaupt der abrahamitischen mit den anderen kann ich mir jetzt nicht so gut aus
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aber das hat ja immer was paternalistisches, also was Väterliches. Es gibt da auch eine starke Hierarchie. Zuerst kommt Gott, das hat Borat auch immer so schön gesagt, also Sacha Baron Cohen als Borat. First come Gott, then comes man, ganz wichtig, then comes horse and then women and then little rreepy animal. So also diese starken Hierarchien und dieses Obrigkeitsdenken, was in im Monotheismus verankert ist, kann natürlich dazu führen, dass man Menschen, denen man nicht so viel zutraut, auch herablassend begegnet.
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Ja, ich würde aber gerade mit Blick auf die organisierte Religion in Deutschland da ein großes Fragezeichen dran machen. Es gibt sicherlich wahnsinnig viele Leute in Caritas und Diakonie, die sich ausgesprochen gut in Pflegeeinrichtungen um pflegebedürftige und auch behinderte Menschen kümmern und die das nicht herablassend machen. Und die das übrigens auch nicht machen, weil sie glauben, Jesus hätte ihnen das vorgelebt, sondern weil das ihre Berufung ist. Und wir als Zentralrat der Konfessionsfreien stehen vor allem dafür zu sagen in Caritas und Diakonie, die zu 98 % vom Staat finanziert werden und eben nicht von den Kirchen, müssen die gleichen Arbeitsrechte wie woanders gelten.
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Denn wie können zwei Sozial Konzerne sich hinstellen und behaupten, sie würden sich für die Schwächeren einsetzen, aber letztlich all ihre Arbeitnehmer arbeitsrechtlich diskriminieren und zwar hardcore. Und das ist eher unsere größere Kritik an Caritas und Diakonie. Ich glaube trotzdem, dass in den Einrichtungen tolle karitative Arbeit stattfindet. Du hast das mal formuliert, dass das die größte Marketing Lüge der Kirchen ist, dass sie immer noch mit dem Argument durchkommen, sie tun ja auch was gutes.
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Wenn es aber 98 % trotzdem vom Staat finanziert wird, sind das ja nur 2 % der Kirchen Einnahmen, die überhaupt in sowas investiert werden. Habe ich das richtig verstanden? Das ist richtig. Genau das sind sogar, um genau zu sein 1,8. Wir nennen das die sogenannte Caritas Quote 1,8 %. Denn das ist mal, haben wir mal so berechnet. Carsten Frerk, mein lieber Freund und Kollege Carsten Frerk, hat es in mühsamer Kleinarbeit gemacht, dass 98,2 % der Kosten für Caritas und Diakonie, also etwa 40 Milliarden € im Jahr, aus öffentlicher Hand kommen und nur 1,8 % von den Kirchen dazu beigetragen.
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Und deswegen müsste man sagen In Caritas und Diakonie wird viel Gutes getan, aber eben nicht von den Kirchen, sondern im Namen der Kirche. Bezahlt wird es aber von der Öffentlichkeit, von uns allen. Sie haben dadurch natürlich eine riesige Werbung, aber was Sie vor allen Dingen haben, ist die Möglichkeit, ja man muss es leider so nennen, so eine Art Zwangs Konfessionalisierung. Also wer in Deutschland eine Ausbildung zum Krankenpfleger, zur Krankenpflegerin macht, Erzieherin, Erzieher, alle möglichen sozialen Berufe sind vor allen Dingen außerhalb der Großstädte
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wahnsinnig stark besetzt, im Arbeitsmarkt durch die Träger der Caritas und Diakonie. Und es gibt eben zahlreiche Geschichten von Leuten, die auf Jobsuche sind. Und der Sachbearbeiter im Arbeitsamt sagt, Sie sind nicht in der Kirche, sind Sie wahnsinnig? Treten Sie da sofort ein, und dann haben Sie sofort einen Job. Und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat diese Praxis eben die, die Arbeit in einem in einer Einrichtung zu binden an die Konfessionszugehörigkeit.
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Diese Praxis hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zweimalig schärfstens kritisiert und Deutschland das untersagt. Aber die deutschen Arbeitsgerichte setzen das eben noch nicht um. Allerdings ist dieses sogenannte kirchliche Arbeitsrecht der dritte Weg. Das ist auf der Kippe. Ja, da haben auch die Kirchen und auch die Parteien gemerkt, dass sich das eigentlich niemandem mehr so richtig vermitteln lässt. Also wenn es jetzt um einen Verkündigung Auftrag geht okay, dass jetzt ein Pfarrer religiös sein sollte, sage ich mal, das kann ich noch nachvollziehen, aber dass der IT Experte, die Krankenpflegerin,
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die Reinigungskraft, dass die Mitglied der Kirche sein muss, das ist einfach nur absurd. Das lässt sich niemandem mehr vermitteln. Und das ist meines Erachtens wird hier wirklich das Arbeitsrecht mit Füßen getreten. Da bin ich ein bisschen enttäuscht, auch von der SPD, die im Vergleich zu FDP und Bündnis 90 Die Grünen sich doch gar nicht so stark positioniert hat. Obwohl das ja eigentlich sage ich mal eine Ur Aufgabe der SPD ist, sich für die Rechte von Arbeitnehmerinnen
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und Arbeitnehmer einzusetzen. Also hier muss ordentlich nachgeschärft werden und hier werden wir als Zentralrat der Konfessionsfreien ganz freundlich als Service NGO die Bundesregierung dabei unterstützen, Deutschland von der Kirchen Republik zum säkularen Rechtsstaat weiterzuentwickeln. Das ist ja auch ein spannender Aspekt mit den also sicherlich mit dem dritten Weg und der ungleichen Bezahlung und unfairen Bezahlung. Das Thema gibt es ja schon sehr, sehr lange. Was mich in den letzten Jahren wirklich richtig massiv verwundert ist, warum der Rechtsstaat bei diesen ganzen Missbrauchsfällen eigentlich so still war.
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Also gefühlt zumindest. Wenn so was bei der Bundeswehr passieren würde, wäre er also ein ganz anderer Zahn los. Ja, also das ist ein Riesenthema und es ist auch leicht, hier ins Fettnäpfchen zu treten oder falsch, Dinge auch falsch einzuschätzen. Aber ich glaube, was man gut sagen kann und damit würde ich mal ein Staatskirchenrechtler zitieren, dessen Namen mir vielleicht gleich wieder einfällt, der sagt Besonders auffällig ist doch eben auch, dass der Staat dabei lange zugesehen oder sogar weggesehen hat.
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Genau, mein ich ja. Genau das ist tatsächlich ja auch unsere größte Kritik. Also ich befürchte, dass der Missbrauch übrigens nicht nur der sexuelle Missbrauch, sondern dass das Ausnutzen von Verantwortung gegenüber Schutzbedürftigen in der Kirche eine jahrhunderte alte Tradition hat.
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Wenn wir beispielsweise in die, in die christlichen Kinderheime in Deutschland der Nachkriegszeit schauen, dass das ist der Horror. Also da sind Jungen und Mädchen eben nicht nur sexuell missbraucht worden, sondern auch als Arbeitskräfte missbraucht, in Keller gesperrt worden usw. das ist ja inzwischen alles aufgearbeitet. Deswegen ist ehrlich gesagt meine Hoffnung, dass die Kirchen sich hier bemühen, Licht in diesen finsteren Keller zu bringen.
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Diese Hoffnung geht gegen Null. Ich will den Kirchen da auch überhaupt nicht reinreden. Ich erwarte von denen nichts anderes, als dass sie die Praxis, die sie über Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte umgesetzt haben, auch weiterhin durchführen und praktizieren. Aber es ist der Staat. Der eigentliche Skandal besteht ja darin, dass der Staat sich das gefallen lässt, dass der Staat den Kirchen, wie gesagt, rechts eigene Räume zugesprochen hat, in denen die Kirche nicht die Pflicht hatte, den Verdacht oder den belegten Kindesmissbrauch an Staatsanwaltschaften weiterzugeben.
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Und das kommt daher, dass man den Kirchen irgendwann ein sogenanntes Selbst Verwaltungsrecht zugesprochen hat. Und die Kirchen haben es geschafft, man sagt ja, die Kirche denkt in Jahrhunderten. Die haben es geschafft, über die Jahrzehnte aus diesem Selbst Verwaltungsrecht ein Selbstbestimmungsrecht zu machen. Und dieses Selbstbestimmungsrecht haben sie dafür ausgenutzt, sich selbst eigene Räume, also rechts eigene Räume zu schaffen, in denen es möglich war, das nicht zu machen, das nicht weiterzugeben.
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Jetzt kommt ja noch etwas hinzu und das du sagst richtig, in der Bundeswehr, da wäre ein ganz anderer Zahn los. Schauen wir auf Lobbygruppen wie die Pharmalobby, die Rüstungslobby oder ähnliches, die ja vollkommen zu Recht. Die Bundeswehr ist auch kein heiliger Verein, muss man dazu sagen. Ja, genau. Genau. Und diese Gruppen werden ja auch vollkommen zu Recht so, also so genau wie möglich beobachtet. Bei der Kirche, glaube ich, ist der Öffentlichkeit noch nicht vollkommen klar, dass es sich hier eben auch um eine Lobby handelt, die mit Caritas und Diakonie wahnsinnige Umsätze generieren und die natürlich über so etwas wie das eigene Arbeitsrecht dafür sorgen, dass sie nur ihre eigenen Leute einstellen müssen.
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Und die, also die Zusammenarbeit aus Kirche oder aus Religion und Regierung ist so tradiert, dass man mit Rückblick auf unsere Geschichte sagen muss Religion und Politik waren ja lange ein Synonym. Und wenn wir heute in andere Länder schauen, da ist so etwas wie Trennung von Religion und Regierung überhaupt gar nicht vorstellbar. Also in der gesamten arabischen Welt ist das ist das fast gleichbedeutend miteinander. Und auch jemand wie Wladimir Putin hat seine orthodoxen Berater.
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Die Kirchen haben es geschafft, über die Jahrzehnte in allen wichtigen Schaltstellen und übrigens auch in allen Parteien ihre Funktionäre und FunktionärInnen zu platzieren, die dafür sorgen, dass man den Kirschen nicht so sehr auf den Leib rückt und sie ja nach wie vor schalten und walten lässt, wie man will. Aber ich glaube, Stichwort Zeitenwende. Diese Zeit ist vorbei bei 41 % Konfessionsfreien. Tendenz steigend.
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In absehbarer Zeit wird die Hälfte aller Menschen in Deutschland keiner Konfession angehören. Da ist das nicht mehr möglich. Wer sich heute noch als Lakai der Kirche
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zeigt, der wird sehen, dass er an politischer Bedeutung verliert und zwar maßgeblich. Das führt mich zu der Frage, wenn ich als Mensch mit Behinderung kritisiere, dass unter anderem auch kirchliche Organisationen für behinderte Menschen tun, also Behindertenwerkstätten, Behinderten Wohnheime, wenig selbstbestimmtes Leben von behinderten Menschen überhaupt möglich ist in diesen Strukturen, aus anderen Gründen, hat das nicht zwangsläufig etwas mit der Religion zu tun, und ich das dann kritisiere bei der Politik,
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dann merke ich, dass die Politiker persönlich sehr betroffen sind, wenn man sie kritisiert, weil sie selber sagen, dass sie früher in der Kirche als Teenager wie auch immer sich so liebevoll für diese behinderten Menschen eingesetzt haben. Und es könne ja gar nicht sein, dass das problematisch ist. Und das heißt nicht die, die sachliche Kritik, die wir versuchen zu äußern, wird dann für die Kritisierten, sehr schnell zu der persönlichen Kritik, weil sie selber vielleicht auch einen Teil ihrer Jugend oder ihres jungen Lebens da verbracht haben und bis heute immer noch in Vorständen von Caritas und so weiter sitzen.
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Und die sägen ja ungern am eigenen Ast. Das ist eine Beobachtung, die ich zumindest mache. Kannst du das bestätigen? Ja, also am interessantesten finde ich daran, diesen, diesen persönlichen Aspekt. Ich hatte mal so einen zum Auftritt Disput Berlin Das ist so ein vier minütiger Beitrag, ich sag mal, zur Trennung von Staat und Kirche, die Eckpunkte der modernen Religions und Kirchenkritik. Und darin habe ich gesagt Das Interessante an Religion ist, dass sich Religiöse durch die Kritik an Religion häufig persönlich beleidigt fühlen. Das mag der eine oder die andere von ihnen jetzt auch persönlich spüren.
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Und da hat man richtige Betroffenheit in den Gesichtern gesehen. Also Religion ist eine wahnsinnig emotional aufgeladene Angelegenheit, gerade, ich sag mal, Menschen, die heute irgendwo zwischen 40 und 60 sind, gerade auch noch über 60, die sind ja mit der Kirche als einer mit einer viel stärkeren Präsenz aufgewachsen und die sind natürlich auch früh, ich sag’s jetzt noch mal vorsichtig
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religiös unterwiesen worden. Und die erfolgreichste Indoktrination erkennt man ja daran, dass der Indoktrinierte sich nicht indoktriniert fühlt. Und wenn man, ich sage mal, gerade im Westdeutschland der 60er Jahre aufgewachsen ist, dann empfindet man das als Teil seiner Persönlichkeit unter Umständen.
Und wenn jetzt jemand hinkommt und die politischen ich gehe auch nicht hin, oder du gehst ja wahrscheinlich auch nicht hin und sagst hier Religion ist doof und überhaupt an Gott glauben, das ist ja Quatsch, sondern wir kritisieren ja politische Zustände und das können viele nicht auseinanderhalten.
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Und ich glaube, da besteht von unserer Seite auf jeden Fall noch viel Kommunikations Bedarf, eben ganz klar zu trennen. Wir sind nicht dafür da, die persönliche Spiritualität eines Menschen zu kritisieren oder gar in Frage zu stellen. Jeder Mensch muss glauben, was er oder sie will. Sondern es geht darum, politische Zusammenhänge zu kritisieren, übrigens auch erst einmal transparent zu machen. Und du sagtest eben so, dass ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderungen in christlichen Behinderteneinrichtungen oft gar nicht möglich ist, weil viel bevormundet wird.
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Und also für uns als Konfessionsfreie steht die Selbstbestimmung wirklich im Zentrum unserer Weltanschauung und auch unserer gesellschaftlichen Vorstellungen, also dass jeder Mensch, Mann oder Frau, groß oder klein, dick oder dünn, hell oder dunkel, behindert oder nicht behindert selbst über sein Leben entscheiden kann. Das ist wirklich unser größtes Anliegen. Und wenn wir uns mal bestimmte Strukturen, vor allen Dingen Gesetzgebungen anschauen, dann ist diese Selbstbestimmung tatsächlich aus religiösen Motiven immer noch eingeschränkt.
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Und das ist eigentlich ja im 21. Jahrhundert, das geht gar nicht. Also, der Fairness halber möchte ich dazu gesagt haben, dass es auch Behinderteneinrichtungen gibt außerhalb der Kirche, die problematisch sind. Also das ist jetzt kein Alleinstellungsmerkmal der Kirchen. Und solche innerhalb der Kirche, die auch gut sind. Also auch hier nochmal von mir wirklich die differenzierte Betrachtung. Ich würde nie hingehen und sagen Alles was die Kirche macht, ist schlecht.
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Mir hat jetzt auch jemand gesagt Mensch, Phillip, auf der Auf der Friedensdemo für die Ukraine hat die Vorsitzende der
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Evangelischen Kirche Deutschlands eine wahnsinnig gute Rede gehalten. Ja, das Mag ja sein. Das heißt aber trotzdem nicht, dass man die Kirchen mit einem eigenen Arbeitsrecht ausstatten oder sie von A bis Z finanziell alimentieren muss. Also da muss man eben schon einen Unterschied machen. Aber es ist ja schon erstaunlich und das beneide ich ehrlich gesagt als Atheist auch. Dieses Gemeinschaftsgefühl. Also wenn du keine Ahnung in einer Kirchengruppe als Teenager dabei warst, da, das war ich halt nie.
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Oder bei den Pfadfindern oder so, dann sind das so Dinge, die ich selber mir mühsam bei der Freiwilligen Feuerwehr, wenn überhaupt, hätte organisieren können. Aber die sind ja anders organisiert, die sind ja weniger gut strukturiert und organisiert. Kann es nicht auch die Gefahr beinhalten, wenn wir Kirchen noch weiter kritisieren und noch weiter vom Staat trennen, dass dann auch dieses, diese Orte der nicht kapitalistischen Begegnung.
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Aber ich meine jetzt, wir können auch in ein Fußballstadion gehen, aber das ist ja, das ist ja rein kapitalistisch inzwischen geworden. Ja, aber die Kirche doch auch. Die Kirche ist es auch. Aber da hängt ja kein Werbeplakat von Gazprom. Nee, aber da hängt ein Werbeplakat für Gott. Das ist doch. Das ist doch nichts anderes. Nochmal, der der Erfinder. Stimmt ja. Der Erfinder von Scientology hat es doch so
deutlich gesagt Wenn du deine erste Million machen willst, gründe eine Religion. Und die Kirchen sind Sozialkonzerne, die
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also die machen ja diese Jugendarbeit. Das will ich jetzt nicht jedem einzelnen Jugendarbeiter in den kirchlichen Einrichtungen unterstellen. Aber strukturell wird diese Jugendarbeit ja nicht aus reiner Nächstenliebe gemacht, sondern weil man über die Jugendarbeit sicherstellen muss, dass man auch in zehn, zwanzig, dreißig Jahren noch Mitglieder hat. Das ist doch, ist doch klar. Ich meine, das ist doch auch, warum haben christliche Kitas ganz offiziell die Funktion, Kinder eben nicht nur zu erziehen, sondern auch zum Glauben zu erziehen? Damit diese Religion weiter existiert. Und die Kirchen sehen ja auch, dass ihnen die Leute weglaufen und entsprechend geben
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sie natürlich an der einen oder anderen Stelle auch noch mal ein bisschen ein bisschen Gas. Aber das, dass du sagst, dass mit den Kirchen unter Umständen nicht kapitalistische Begegnungsstätten wegfallen, das sehe ich nicht. Dass das, dass die nicht kapitalistisch sind. Die haben Aktien, die haben Immobilien ohne Ende, die gucken auch auf ihre Umsätze, die haben höchste, ja quasi staatliche Angestellte mit ihren, mit ihren Pfarrern und ihren Bischöfen und so, die verdienen ein Schweinegeld.
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Mal abgesehen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort, die eben genauso oder teils sogar noch tick schlechter verdienen als woanders. Aber das sehe ich nicht. Zu Betreuungsangeboten kann man natürlich nur sagen Es gibt auch nicht christliche Pfadfinder. Und ich zum Beispiel, ich habe ja eine normale staatliche Schule in Berlin Westend besucht als Grundschüler und ich kannte die Gemeinde meines Vaters und ich habe mich mit meinen Klassenkameraden immer wohler gefühlt, als ich mich in der Gemeinde meines Vaters wohlgefühlt habe.
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Dass mag jetzt, sage ich mal, auf dem Dorf oder auf dem Land oder in Kleinstädten vielleicht noch mal was anderes sein. Aber es gibt doch durchaus auch, ich sage jetzt mal, weltliche, nicht nichtchristliche, nicht religiöse Träger von Jugendeinrichtungen und auch die Möglichkeit sich zu treffen. Dass die Kids jetzt nur noch am Handy sitzen, das ist nochmal das nächste Problem. Aber das war ja das, was ich mit Freiwilliger Feuerwehr meinte.
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Nur ich frage mich, wie kann man Strukturen kreieren, die eine Alternative darstellen, die auch auf dem Land funktioniert zum Beispiel, die sagen wir mal nicht kapitalistisch ist? Also da fehlt ja dann so eine Art Oberhaupt oder Organisationsstruktur die, dass die das hinkriegen kann. Also Fußball ist glaube ich, wirklich eine der wenigen Dinge, die ähnlich viele Menschen begeistern kann. Also ich sage mal Sport im Allgemeinen, wir haben drei Kinder und wenn ich mich mal hier so umschaue,
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die zwei davon sind auf der Grundschule, eine in der Kita. Erst mal geht da kaum jemand in die Kirche. Aber die haben vor allen Dingen ihre Sportvereine, in denen sie sind. Das muss ja nicht nur Fußball sein. Ich denke mal, Sport, das ist auch gleich noch gesund. Das hat noch einen tollen Nebeneffekt. Man lernt
eben auch Teamgeist, große Freundschaften finden darüber statt. Oder man spielt, keine Ahnung, in einer Bigband, einer Schule oder da gibt es ja unterschiedliche Dinge. Aber um mal deinen Begriff Oberhaupt aufzugreifen, also ich sehe, dass Menschen immer weniger Bedürfnisse nach Oberhäuptern haben.
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Das, dass wir uns auf einer Augenhöhe begegnen, dass wir uns gleichberechtigt begegnen. Allein mit so Begriffen wie Bodyshaming sehe ich auch eine Kultur, in der zum Beispiel über über Dicke oder Behinderte viel weniger gelacht wird als noch zu meiner Kindheit. Also ich sehe da einen Fortschritt. Ich weiß nicht. Du wirst es vielleicht anders sehen, weiß ich nicht. Aber ich sehe, dass sich unsere Gesellschaft dahingehend weiterentwickelt hat, dass wir uns gegenseitig stärker so akzeptieren, wie wir sind.
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Und da sind Oberhäupter eigentlich nicht mehr gefragt. Die Kids treffen sich auch so, sie brauchen dafür kein Oberhaupt. Und ich bin zum Beispiel als Kind viel in, also auch in so Jugendclubs gewesen. Die waren jetzt nicht von der Kirche. Das stimmt. Ja. Ja. Was soll ich sagen? Ich wollte mal hören, ob du da als Betroffener meine Einschätzung teilst, dass sich die Akzeptanz
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oder ich auch mal der freundliche Umgang da verbessert hat. Ich weiß, dass in als ich in der Oberschule war, da war es gang und gäbe, dass der Kevin, hieß der glaube ich, der hatte einen starken Gehfehler, der wurde einfach ausgelacht. Da hat mir das Herz gebrochen damals. Klar. Also ich glaube, das gibt es immer noch.
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Also ähnlich wie meine subjektive Erfahrung mit der Kirche. Wahrscheinlich würden das die Hörerinnen vielleicht auch anders erleben. Immer mal wieder. Aber was ich an deinen Gesprächen, gibt ja ganz viele Podcasts auch mit dir, so interessant finde, ist dass du so einen Grund Optimismus hast. Ja, du sagst eigentlich so alles gut, also die Daten, also du hast jetzt gesagt, the World Facts zitierst du regelmäßig, wo dann eben gesagt wird Also statistisch gesehen geht es der Welt immer besser. Ja, und das ist ja so ähnlich, wie du gerade gesagt hast Kinder werden vielleicht weniger gemobbt als früher.
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Trifft das dann also auch auf die Kirche zu? Also der synodale Weg, die Reformen, die Kirche, die katholische Kirche vor allem gerade durchläuft, fasst ja Themen an, die lange unaussprechlich für die Kirche galten wie Priester müssen nicht mehr zölibatär leben, Frauen sollen Priesterinnen werden können, Homosexualität ist keine Sünde mehr und so weiter und so fort. Ist die Kirche noch zu retten? Ach. Ich weiß es nicht. Und es ist auch gar nicht so richtig meine Aufgabe.
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Ich versuche mich irgendwie wirklich stärker um die Konfessionsfreiheit und um die Stärken der Konfessionsfreien zu kümmern, als um die Dinge, die da, die da in der Kirche passieren. Vor kurzem gab es ja diese, dieses Aufbegehren aus der Kirche, von Leuten, die gesagt haben Wir sind schwul, wir sind queer, wir sind trotzdem in der Kirche. Und dann bin ich gefragt worden von den Medien, was denn da in der Kirche passieren muss. Hey, keine Ahnung, das müssen die Kirchenleute wissen.
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Und ich finde, vor allen Dingen müssen die Kirchenmitglieder wissen, ob sie Bock haben, Mitglied in einer Institution zu sein, die im Falle der katholischen Kirche, politisch komplett aus dem Vatikan gesteuert wird. Also demokratisch nicht legitimiert, meinst, du? Nein, natürlich nicht. Natürlich nicht, also von deutschen Steuergeldern finanziert, aber aus dem unschwer undemokratischen, geradezu antidemokratischen Vatikan gesteuert.
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Und ich finde das wirklich, auch zum synodalen Weg, also der Kirchenrechtler, den ich vorhin zitiert habe, vielleicht fällt mir der Name noch ein im Laufe des Gesprächs, der hat eben auch gesagt, das ist eigentlich eine totale Pseudo Bewegung. Also man gibt nach außen hin vor, man würde sich öffnen, aber keiner von den Klerikern, von dem Führungspersonal, von der oberen Managementebene der Kirche ist dazu verpflichtet, diese Dinge auch umzusetzen. Also ich halte die Bemühungen der Kirche von unten und so weiter, ja das ist in allen Ehren.
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Viele sagen ja dann auch, ich werde da nur was ändern können, wenn ich drin bleibe. Und ich will das eben von innen ändern. Ich glaube, die Kirche wird einfach nichts dagegen tun können, dass ihr die Leute weglaufen, weil sowohl ihre Weltanschauung mit allem, was wir heute über die Welt wissen, vollkommen inkompatibel ist, als auch ihre Politik zu dem, was wir heute unter einer freien und offenen Gesellschaft überhaupt nicht mehr passt. Und ob, ob die Kirche das noch schafft, sich da zu retten? Na ja, vielleicht.
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Ich weiß es nicht. Aber es, wie gesagt, es liegt mir auch ein bisschen fern, das überhaupt zu beurteilen. Ich sehe einfach die Austrittszahlen. Ich sehe, dass die Kirche ihre Glaubwürdigkeit so sieht, denn bei mir hat sie ehrlich gesagt nie so richtig gehabt. Wer seine Weltanschauung auf Wundern aufbaut, der findet bei mir einfach nicht so richtig viel Platz. Aber dass sie ihre Glaubwürdigkeit auch weitgehend verspielt hat. Und wir können das auch an Statistiken sehen, dass immer weniger Menschen den Kirchen vertrauen.
Also wir haben hier wirklich Werte im einstelligen Prozentbereich in der Frage, ob die Leute den Kirchen eben noch vertrauen.
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Also ich sehe das als eine zumindest sagen wir mal, in europäischen, westeuropäischen Ländern, auch übrigens zentral und osteuropäischen Ländern, als eine aussterbende Weltanschauung. Das sind immer weniger Menschen, die das in ihrem Leben für wichtig halten. Und es gibt auch eine Studie von dem Sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitut der Evangelischen Kirche in Deutschland, die eben abschließt mit dem Fazit Stehen wir vor einer postchristlichen Gesellschaft? Ja. Also ich glaube nicht, dass das noch,
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also natürlich nicht mehr während meiner Lebzeiten, aber das wird an noch weiter, an Beliebtheit verlieren. Und vielleicht noch einen Satz Es tut mir leid, das ich so viel laber, aber noch ein Satz zu zu der Frage der immer besser werdenden Welt So, jetzt könnte man sagen, dieses Buch, was ich da geschrieben habe Isch geh Bundestag, wie ich meiner Tochter versprach, die Welt zu retten. Das ist natürlich vor
Corona erschienen und auch bevor Wladimir Putin diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf den souveränen Staat der Ukraine gestartet hat.
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Ich glaube, dass jemand wie Wladimir Putin Angst vor der Freiheit hat und dass er sie deswegen bekämpft. Und dass er merkt, dass eigentlich kaum noch jemand in dem System leben will, für das er steht, außer sagen wir mal den 1,2 % der Oligarchen, die davon tatsächlich profitieren. Aber Typen wie Putin und Lukaschenko rückt die Freiheit auf die Pelle. Sie sehen, dass sie in einem solchen System keinen Platz mehr haben und deswegen werden sie fuchsteufelswild und starten dann eben auch Angriffe. Und ich würde,
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es fällt mir schwer, angesichts des Angriffskriegs auf die Ukraine und der möglichen Folgen, die das hat, das zu sagen. Aber ich bin trotzdem der Meinung, dass der Fortschritt sich nicht aufhalten lässt und dass die Welt immer besser wird. Dieser Optimismus, der durchzieht sich ja durch deine ganze Arbeit, auch jetzt in den letzten Jahren. Du machst ja Gegenkritik bzw diese Staatskritik, wie du es ja am Ende sagst, schon wesentlich länger, aber woran arbeitest du momentan? Ich arbeite am Aufbau des Zentralrats der Konfessionsfreien.
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Ich bin seit 01.10.2021 Vorstandssprecher des Zentralrats der Konfessionsfreien. Dieser Zentralrat ist hervorgegangen aus dem Koordinierungsrat säkularer Organisationen, kurz KORSO.
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Und das ist ein Zusammenschluss von etwa zehn Verbänden, die sich zum Ziel gesetzt haben, den Wandel Deutschlands zum säkularen Rechtsstaat zu begleiten, sage ich mal. Das baue ich gerade auf. Wir bauen die Website, wir formulieren etwas, das wir säkulare Ampel nennen. Das wird eine Art To Do Liste für die Bundesregierung zum Umbau Deutschlands, zum säkularen Staat, damit wir eben auch irgendwann Bilanz ziehen können.
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Was haben Sie alles geschafft? Und ich habe im Moment wirklich die, die die wahnsinnig befriedigende Aufgabe erstmalig in meinem Leben mich fulltime um die Konfessionsfreiheit zu kümmern, Kommunikationskonzepte dafür aufzusetzen, einen eigenen podcast übrigens auch vorzubereiten, ein Videochannel, ein Youtube Channel aufzubauen, unseren Twitter Kanal dann entsprechend zu bestücken, über Instagram vielleicht auch ein bisschen noch den Lifestyle des Ganzen herauszuarbeiten, Kontakt zu Politikerinnen und Politikern aufzunehmen, um mit ihnen darüber zu sprechen, wie sie sich dafür einsetzen, dass Konfessionsfreie und die Rechte der Konfessionsfreien stärker berücksichtigt werden.
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Das mache ich gerade, wenn ich mich nicht gerade um eins meiner, zwischendurch auch Korona kranken, Kinder kümmere. Uns selbst hat es jetzt irgendwie im Februar komplett erwischt. Erst meine Frau, dann ich, dann das erste, dann das zweite, dann das dritte Kind. Und ich habe auch echt das Gefühl, wenn das jetzt so weitergeht, dass ich zwischen Oktober und Ostern bei jeder Rotznase meine Kinder zu Hause
behalten muss, dann kann ich in Frührente gehen. Ich kann wirklich nur hoffen, dass wir wenigstens in dem Bereich unserer Gesellschaft irgendwie ein Stück weit zur Normalität wieder übergehen können.
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Ja, und dann werde ich mittelfristig natürlich auch wieder ein Buch schreiben wollen über die Konfessionsfreiheit und über das Lebensgefühl der Konfessionsfreiheit, weil ich finde, ähm, humanistische Organisationen, säkulare Organisationen haben das bisher sehr gut geschafft, korrekte Argumente aneinanderzureihen. Aber mit der Aneinanderreihung korrekter Argumente gewinnt man vielleicht Debatten, aber nicht unbedingt die Herzen der Menschen. Das heißt, wir wollen ganz stark daran arbeiten, das Lebensgefühl zu vermitteln, das die Konfessionsfreiheit mit sich bringt.
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Und das bedeutet eben Selbstbestimmung. Das bedeutet die Akzeptanz gegenüber anderen Lebensvorstellungen und Lebensmodellen. Das ist eine wahnsinnig farbenfrohe Weltanschauung, die die vollen 360 Grad des Lebens abbildet. Und dafür, damit kann ich mich im Moment den ganzen Tag beschäftigen und das ist total geil. Es macht mir ein Riesenspaß. Habt ihr als Konfessionsfreie auch so etwas wie zehn Gebote? Ja, also wenn, dann wären es Angebote, sage ich mal. Noch besser.
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Ja, mein lieber Freund Michael Schmidt-Salomon hat vor einigen Jahren schon die zehn Angebote des evolutionären Humanismus verfasst. Die Julis, die Jungen Liberalen, haben die zehn Gebote, warte ob ich es noch zusammen zusammenkriegen, die zehn Gebote des weltanschaulich neutralen Staats in einer liberalen Gesellschaft oder so, verfasst. Und das ist, beides, wahnsinnig gute Texte.
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Sind schnell gegoogelt. Ich versuche ein anderes Wording zu finden. Also mit Geboten kann ich schon gar nicht so viel anfangen. Ich bin auch in meiner Persönlichkeitsstruktur nicht so auf Gebote geeicht, sage ich mal vorsichtig. Angebote ja sind nett und schön. Ich, also uns geht es vor allen Dingen, ich will noch mal diese To Do Liste ins Spiel bringen. Ich finde, dass wir als eine Lobbyorganisation, die wir ja sind.
Wir sind eingetragen im Lobbyregister,
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sowohl Öffentlichkeitsarbeit betreiben müssen, als eben auch die Bundesregierung mit Informationen zu versorgen. Und da geht es ja tatsächlich darum, dass viele MdBs, viele Mitglieder des Bundestags gar nicht so gut informiert sind über diese Verquickung aus Staat und Kirche. Und das wird auch unsere Aufgabe sein, die da ein bisschen aufzuklären. Und deswegen würde ich eher, wenn andere Angebote formulieren oder Gebote, dann würde ich mal so eine To Do List schreiben und die kann man dann abhaken.
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Und am Ende dieser Legislaturperiode können wir dann Bilanz ziehen, wie gut es diese Bundesregierung geschafft hat, Deutschland zu einem säkularen Rechtsstaat zu entwickeln. Und das wird jetzt unsere Aufgabe sein. Gibt es Grundeinstellung, die du im Laufe deiner Arbeit an diesem Thema korrigieren musstest? Ja, auf jeden Fall. Zum Beispiel? Ja, also, ich erinnere mich an eine Situation bei Anne Will, in der mir eine waschechte arsch-katholische Abtreibungsgegnerinnen gegenübersaß.
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Und die ist dann nach der Hölle gefragt worden. Dann hat sie gesagt Es gibt die Hölle, aber sie ist leer. Und da habe ich gesagt Entschuldigung, es sind schon Leute für weniger in die Klapse gekommen. Und das ist eigentlich ein Zitat von Volker Pispers. Habe ich natürlich nicht als Zitat gekennzeichnet. Anne Will musste daraufhin sagen Herr Müller, können wir uns darauf einigen, dass Sie meine Gäste nicht beleidigen? So, und ich sage mal, also wenn ich, wenn ich mich von Einstellungen verabschiedet habe, dann ist es vor allem die Einstellung, dass man
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draufhauen muss. Ich habe tatsächlich mich früher wahnsinnig darüber aufregen können, wenn jemand an Gott glaubt oder an Astrologie oder so. Ich habe es ehrlich gesagt, ich weiß noch genau, wie ich meine ganze Party gesprengt habe, mich in der Küche, finde aber die besten Party Gespräche statt, in der Küche mit zwei Frauen über ich weiß garnicht mehr, ich glaube, denn über Sterne, also erst haben wir uns so nett unterhalten. Irgendwann haben die angefangen mit Sternzeichen und dann endete es damit, dass die beide heulend diese Party verlassen haben und alle mich ganz böse angeschaut haben, weil ich halt meine Position zum Thema Sternzeichen und überhaupt meinem wissenschafts orientierten Weltanschauung dargelegt habe.
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Das mache ich nicht mehr. Ich bin sanfter geworden, netter und ich bin vor allen Dingen, ich meine, ich meine das wirklich bierernst, wenn ich sage, ich bin dafür, dass jeder und jede ihre und seine Weltanschauung selbst wählen kann. Und wenn es dazu führt, dass jemand wahnsinnig stark an Gott glaubt, dann ist das seine oder ihre Sache. Aber, aber was sagt sie über die Leute, die an die Reptiloiden glauben, die die Weltverschwörung vorbereiten? Ja, das ist doch deren Sache.
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Also wir könnten uns hinsetzen und miteinander streiten darüber, wie viel das mit der Realität zu tun hat. Das können wir mit Blick auf die Entstehungsgeschichte der Welt in der Bibel machen. Oder auch Scientology, die ganzen Verschwörungstheorien, darüber muss man streiten. Aber dass jede und jeder seine eigene Weltanschauung haben kann, das finde ich wahnsinnig wichtig. Und dafür würde ich mich auch immer einsetzen. Das heißt, wir setzen uns ja nicht dafür ein, dass hier atheistische Politik stattfindet, sondern dass ein weltanschaulich neutraler Staat entsteht, der sich aus diesen Fragen schlicht und ergreifend raushält und der den Religionsgemeinschaft.
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Seine Infrastruktur nicht zur Verfügung stellt, um Kinder weltanschaulich zu beeinflussen. Das ist wichtig. Und da bin ich, ach, vielleicht weißt du Raul, vielleicht bin ich auch einfach, ich meine, ich bin 41, aber vielleicht bin ich ein bisschen altersmilder geworden. Ja, ich, ich war ein bisschen hitzköpfig früher. Ich habe mich da ein bisschen locker gemacht. Es sind einfach auch Sachen in meinem Leben passiert, die mich ein bisschen geerdet haben. Ich habe drei Kinder, ich habe genug Stress. Ich muss mich jetzt nicht noch mit wahnsinnig gläubigen Leuten darüber streiten, ob es jetzt Gott gibt oder nicht.
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Das ist doch mir vollkommen egal. Das ist deren Sache. Ich will bloß nicht, dass Sie mit Gott Gesetze schreiben, die dazu führen, dass Konfessionsfreie oder eben Menschen anderer Religionen sich plötzlich an Gesetze halten müssen. Denn so ist das ja in einem Rechtsstaat, dass diese Gesetze dann für alle gelten, die eben auf religiösen Überzeugungen beruhen. Also wenn jemand zum Beispiel sich ärgert darüber, dass wir als Konfessionsfreie so auftreten, dann kann ich nur sagen Du willst doch auch nicht, dass ich dir meine Weltanschauung überstülpe.
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Und deswegen solltest du auch verstehen, dass ich nicht will, dass du mir deine Weltanschauung überstülpst. Ich finde, wir sollten uns in dem Fragen gegenseitig in Ruhe lassen. Wenn wir Politik betreiben, dann muss diese Politik kritisch, rational, evidenzbasiert und weltanschaulich neutral sein. Weil da werden Entscheidungen getroffen, unter denen dann etwa 80 Millionen Leute unter Umständen auch zu leiden haben. Aber wenn es jetzt um persönliche Entscheidungen geht, so what? Also ich, und ich glaube, Tucholsky hat es gesagt, ich habe lieber mit einem vernünftigen Christen zu tun als mit einem durchgeknallten Atheisten.
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Und das geht mir ehrlich gesagt auch so, ich meine, wie oft treffen wir Leute und unterhalten uns überhaupt nicht darüber, ob jemand religiös ist oder nicht und verstehen uns ansonsten super gut mit denen. Also ich habe tatsächlich auch schon im Laufe meiner Arbeit super nette religiöse Menschen getroffen und ich würde eben nie hingehen und denen ihre Religion ausreden wollen, sondern wie gesagt, uns geht es vor allen Dingen um die Politik und das muss im Zentrum stehen. Jetzt gibt es natürlich nicht nur die Politik und die Religion, sondern auch die Zivilgesellschaft.
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Und das ist eine Frage, die ich allen meinen Gästen, kurz bevor der Aufzug angekommen ist, stelle.
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Gibt es eine Organisation oder eine Stiftung, die du für unterstützenswert hältst und vielleicht an der du nicht beteiligt bist?
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Wo unsere Hörerinnen und Hörer vielleicht sich engagieren könnten oder Geld spenden könnten und du sie quasi empfiehlst. Also ich selber habe über eine Stiftung tatsächlich meinen Horizont so erweitern können, dass ich sie jeder und jedem empfehlen würde. Und es tut mir leid, sie gehört zum Zentralrat der Konfessionsfreien, aber ich finde, dass alle Themen, die in der Giordano Bruno Stiftung behandelt werden, alle Positionen, die dort gefunden werden, so bunt und so vielfältig und zugleich so klar sind, dass ich
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und ich will jetzt, ich will jetzt gar nicht hingehen und sagen Spendet da Geld oder ist toll, wäre toll. Aber setzt euch mit den Themen auseinander und betrachtet sowohl unseren Zentralrat als auch diese Stiftung und auch andere Organisationen bei uns als so ein Ausgangspunkt, sich eben die volle Bandbreite des Lebens anzuschauen. Also ich kann nur sagen, der Vorstandssprecher der Giordano Bruno Stiftung, mein
lieber Freund Michael Schmidt-Salomon ist ein Typ, den könnte man als Telefonjoker haben, weil der einfach dieses wahnsinnige Talent besitzt, sich in alle möglichen Themen reinzulesen.
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Der verfasst da noch auf einmal juristische Gutachten, und ich habe am Anfang immer gedacht Ja gut, okay dafür kennt er sich dann wahrscheinlich so mit so normalen Lebensthemen nicht so aus. Nein, der hört dann noch super viel Musik, guckt die Bundesliga, kennt alle mögliche, auch Trivialliteratur und das ist einfach irgendwie ein Tausendsassa. Und die Auseinandersetzung mit Michael Schmidt-Salomon und der Giordano Bruno Stiftung, die ist, die möchte ich einfach empfehlen.
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Ja, sie gehört zu uns, aber sie ist trotzdem gut. Okay, ich könnte noch Stunden mit dir weiter reden. Wir haben einen ganzen Themen Cluster nicht behandelt. Einmal das Thema Cluster deine Kritik an Fridays For Future, zum Beispiel. Was ich auch super spannend gefunden hätte oder auch dein Isch geh Bundestag Buch wo du deiner Tochter sagst du gehst mal kurz die Welt retten. Super spannende Themen auch. Vielleicht können wir dafür noch bei einer anderen Gelegenheit, um darüber zu sprechen.
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Meine letzte Frage an dich wäre Was macht der Hoffnung? Die Tatsache, dass die Welt bisher immer besser geworden ist und ich davon ausgehe, dass durch die fleißige Arbeit vieler Menschen das auch weiterhin so bleiben wird. Wir
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haben es geschafft, uns aus einem Leben im Einklang mit der Natur zu befreien, was ein ziemlich grausames Leben ist. Allerdings haben wir das nur geschafft, indem wir fossile Brennstoffe dafür nutzten. Ich bin der Meinung, dass wir nicht zu viele sind, sondern bisher nur zu doof und dass wir es auch noch schaffen werden, unsere Intelligenz dafür einzusetzen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, ohne sie dabei kaputt zu machen. Wir sind da auf guten Wegen.
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Ich habe jetzt lange für Cradle to Cradle gearbeiteten, ein NGO in Berlin, die sagt, dass alles von der Wiege zur Wiege gehen muss, dass alles so entworfen werden muss, dass erst gar kein Müll entsteht. Und das ist zum Beispiel eine Perspektive auf die ganze Frage des Umweltschutzes, die eben nicht moralisch angegangen wird. Von wegen der böse Mensch, der den bösen Fußabdruck hinterlässt, sondern wo man sich mit, eigentlich mit Erfindungsreichtum und Ingenieurskunst eben daran macht zu sagen, dann müssen wir es halt anders machen.
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Und dass wir solche Dinge tun, dass wir gelernt haben, dass das Recht des Stärkeren nicht dazu führt, dass wir als Menschheit stärker werden. Das macht mir Hoffnung. Und alle anderen Auseinandersetzungen, die können unsere Hörerinnen und Hörer ja auch in meinen Büchern nachlesen. Lieber Phillip, wir sind angekommen. Vielen, vielen Dank für das sehr interessante und ehrlich gesagt auch aufklärende Gespräch. Ich habe eine Menge verstanden und habe eine Menge zum Nachdenken mitgenommen.
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Ich danke dir, Raul. In welchem Stock sind wir jetzt angekommen? Sind ja eine Weile gefahren, oder? Ja, das ist wahrscheinlich so 428 oder so mit drei vier Stops dazwischen, in der Leute ein und ausgestiegen. Vielleicht haben wir auch einfach vergessen, den Knopf zu drücken und sind einfach im stillstehenden Aufzug geblieben. Genau. Vielleicht war es auch ein super langsamer Fahrstuhl und wir sind jetzt einfach im dritten Stock oder so! Du, es hat mir total Spass gemacht mit dir zu sprechen und ich freue mich auf Feedback auch von den Menschen die diesen Podcast hören und freue mich dich, wenn der ganze Corona Spuk mal vorbei ist, vielleicht auch mal in echt zu sehen.
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Sehr gerne. Auf bald. Cool. Ich danke dir. Danke dir für das Gespräch. Gerne. Ciao. Ciao. Tschüss. Tschüss.
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Danke fürs Mitfahren. Wenn ihr mögt und euch diese Folge Spaß gemacht hat, bewerte diese Folge bei Apple Podcast, Spotify oder wo auch immer ihr zuhört. Allerdings zur Folge. So wie die Menschen, die mich bei diesem Podcast unterstützen, findet ihr in den Shownotes. Schaut auch gerne mal rein.
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Wenn ihr meine Arbeit unterstützen möchtet, würde ich mich freuen, euch bei Steady zu begrüßen. Mit einer Steady Mitgliedschaft bekommt ihr exklusive Updates von mir und die Gelegenheit, mich zwei Mal im Jahr persönlich zu treffen.
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Im Aufzug ist eine Produktion von Schönlein Media. Ich freue mich auf das nächste Mal hier im Aufzug.
Erwähnte Links:
Philipps Auftritt bei Disput Berlin
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Dieser Podcast ist eine Produktion von Schønlein Media.
Produktion: Fabian Gieske , Anna Germek
Schnitt und Post-Produktion: Jonatan Hamann
Coverart: Amadeus Fronk